Antwort der Bundesregierung auf die Kleine Anfrage der Abgeordneten Dr. Marc Jongen, Petr Bystron, Martin Erwin Renner, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der AfD – Drucksache 19/13754 – Haltung der Bundesregierung zur Studie des Instituts für Auslandsbeziehungen „Transnationale Auswärtige Kulturpolitik – Jenseits der Nationalkultur“ V o r b e m e r k u n g d e r F r a g e s t e l l e r Die Bundesregierung hat in Gestalt der Staatsministerin für Auswärtige Kultur- und Bildungspolitik am 28. Februar 2019 in einer Rede angekündigt, die „grundlegende Strategie der Bundesregierung für die Auswärtige Kulturund Bildungspolitik“, die „Konzeption 2000“, 2020 durch eine neue Strategie ersetzen zu wollen. Darin soll die Frage beantwortet werden, wie die Bundesregierung ihre internationale Kultur- und Bildungspolitik für die nächsten Jahre „aufstellen“ will. Es sei Zeit für eine Kulturpolitik, bei der es darum gehe, „die alten nationalstaatlichen Begrenzungen zu überwinden“. Es müsse „so etwas wie ein neues Grundsatzprogramm“ her. Am Ende soll eine „europäisch ausgerichtete Kulturpolitik“ stehen, „die von den neuen digitalen und kommunikativen Möglichkeiten Gebrauch“ mache und auf die „Einbindung der Zivilgesellschaft“ setze (www.auswaertiges-amt.de/de/newsroom/muente fering-europa-kreativ/2194078). Im August 2019 veröffentlichte das Institut für Auslandsbeziehungen (IFA) eine Studie mit dem Titel „Transnationale Auswärtige Kulturpolitik – Jenseits der Nationalkultur. Voraussetzungen und Perspektiven der Verschränkung von Innen und Außen“ der Literaturwissenschaftlerin Sigrid Weigel, die im Auftrag des IFA entstand (www.ifa.de/wp-content/uploads/2019/05/ifa_ifa_stu die_weigel_transnationale-auswaertige_kulturpolitik.pdf = Studie). Adressat dieser Studie ist das Auswärtige Amt. Darin stellt die Autorin unter anderem fest, dass es „kein Zurück zu einer autochthon, deutschen Kultur“ gebe, „die ohnehin nie existierte“ (a. a. O., S. 108). Die „Vorstellung einer kollektiven Identität“ erklärt Weigel für „widersinnig“ (a. a. O., S. 79). Die deutsche Nationalkultur erklärt sie zum Konstrukt des 19. Jahrhunderts (a. a. O., S. 83). „Nationale Kultur“ und „nationale Identität“ hätten „historisch so nie existiert “, denn diese „Konzepte sind das Produkt von Erzählungen am Leitfaden der Einheit, die im 19. Jahrhundert von den Geisteswissenschaften hervorgebracht wurden“ (a. a. O., S. 11). Diese „Konzepte“ stehen heute offenbar, so der Tenor des hier präsentierten Narrativs, einer auswärtigen Kulturpolitik entgegen, die sich „künftig postnationalstaatlich und verstärkt europäisch orientieren“ soll, um Europa in der „Welt eine stärkere Stimme zu verleihen“ (a. a. O., S. 5). Deutscher Bundestag Drucksache 19/14318 19. Wahlperiode 22.10.2019 Die Antwort wurde namens der Bundesregierung mit Schreiben des Auswärtigen Amts vom 18. Oktober 2019 übermittelt. Die Drucksache enthält – in kleinerer Schrifttype – den Fragetext. Vorabfassung - wird durch die lektorierte Version ersetzt. Die Fragesteller sehen durch diese Studie mit Blick auf die deutsche Nationalkultur grundsätzliche Fragen der Kulturpolitik berührt. Es ist deshalb von Interesse , wie sich die Bundesregierung zur IFA-Studie stellt.  1. Aus welchen Gründen wurde die IFA-Studie „Transnationale Auswärtige Kulturpolitik – Jenseits der Nationalkultur. Voraussetzungen und Perspektiven der Verschränkung von Innen und Außen“ (ifa-Edition Kultur und Außenpolitik, Stuttgart 2019) in Auftrag gegeben? Die Studie wurde vom Institut für Auslandsbeziehungen (ifa) im Rahmen des ifa-Forschungsprogrammes „Kultur und Außenpolitik“ in Auftrag gegeben. Die Auswahl der Themen durch das Auswärtige Amt erfolgte auf Vorschlag des ifa- Forschungsprogrammes unter Berücksichtigung der Empfehlungen eines Forschungsbeirats .  2. Was waren die Gründe dafür, die Literatur- und Kulturwissenschaftlerin Sigrid Weigel mit der Ausarbeitung dieser IFA-Studie zu beauftragen? Die Auswahl von Expertinnen und Experten zur Durchführung entsprechender Studien erfolgt auf Grundlage öffentlicher Ausschreibung und Interviews durch das ifa-Forschungsprogramm.  3. Auf welche Summe war das Budget für die Ausarbeitung der IFA-Studie veranschlagt? Für den Forschungsauftrag wurde ein Budget in Höhe von 12.000 Euro für ein achtmonatiges Forschungsprojekt veranschlagt.  4. Steht diese Studie im Zusammenhang mit dem Bestreben der Bundesregierung , im Jahr 2020 eine neue Strategie für die Auswärtige Kulturund Bildungspolitik vorlegen zu wollen (siehe Vorbemerkung der Fragesteller )? Ziel des ifa-Forschungsprogrammes ist es, in konzeptionellen Fragen zu Handlungsfeldern der Auswärtigen Kultur- und Bildungspolitik (AKBP) Impulse zu geben, zu informieren, zu beraten und zu koordinieren sowie Themen der AKBP praxisorientiert und interdisziplinär wissenschaftlich zu bearbeiten. Verschiedene Forschungsergebnisse und Studien unabhängiger Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler finden bei konzeptionellen Überlegungen zur AKBP entsprechende Berücksichtigung. Das Auswärtige Amt rezipiert die Studien aufmerksam und reflektiert deren Ergebnisse in seinen Überlegungen. a) Wenn ja, welche Aspekte und Handlungsempfehlungen der Studie erachtet die Bundesregierung als maßgeblich im Hinblick auf die neue Strategie für die Auswärtige Kultur- und Bildungspolitik, die 2020 vorgestellt werden soll? Hierzu befindet sich die Bundesregierung derzeit im Abstimmungsprozess. b) Wenn nein, warum nicht? Auf die Antwort zu Frage 4a wird verwiesen. Drucksache 19/14318 – 2 – Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode Vorabfassung - wird durch die lektorierte Version ersetzt.  5. Treffen Medienberichte zu, dass diese Studie erst mit „monatelanger Verspätung auf der Website des IFA veröffentlicht wurde“ (www.sueddeut sche.de/kultur/auswaertige-kulturpolitik-deutsche-nationalkul tur-1.4576458)? Wenn ja, warum wurde die Studie erst mit erheblicher zeitlicher Verzögerung veröffentlicht? Nach Abgabe des Manuskripts erfolgte der übliche redaktionelle Bearbeitungsprozess . Im Anschluss daran wurde die Studie Mitte Mai 2019 auf der Website des ifa veröffentlicht. Eine zeitliche Verzögerung im Sinne der Fragestellung ist der Bundesregierung nicht bekannt.  6. Teilt die Bundesregierung die im Vorwort der Studie formulierte Prognose , nach der sich „auswärtige Kulturpolitik“ „künftig post-nationalstaatlich und verstärkt europäisch orientieren“ müsse (siehe Vorbemerkung der Fragesteller sowie a. a. O., S. 5)? a) Wenn ja, was versteht die Bundesregierung in diesem Zusammenhang unter „post-nationalstaatlich“? b) Wenn nein, warum teilt die Bundesregierung diese Einschätzung nicht? Die Fragen 6, 6a und 6b werden gemeinsam beantwortet. Die Bundesregierung verfolgt eine Kulturpolitik, die auf den europäischen Einigungsprozess und multilaterale Zusammenarbeit ausgerichtet ist.  7. Stimmt die Bundesregierung mit der in der Studie erhobenen Behauptung überein, die Bezeichnung Deutschlands als „Kulturnation“ impliziere die Aussage, „dass andere Nationen keine Kultur haben“; sie unterstelle „die Überlegenheit einer Kulturnation gegenüber Nationen, denen dieser Titel nicht zukommt“ (a. a. O., S. 85)? Nein. a) Wenn ja, inwieweit und warum stimmt die Bundesregierung mit dieser Behauptung überein? Auf die Antwort zu Frage 7b wird verwiesen. b) Wenn nein, warum stimmt die Bundesregierung nicht mit dieser Behauptung überein? Die Bundesregierung stimmt nicht mit dieser Behauptung überein, denn sie begreift Kulturpolitik als Dialog auf Augenhöhe.  8. Stimmt die Bundesregierung mit der in der Studie erhobenen Behauptung überein, „nationale Kultur“ und „nationale Identität“ hätten „historisch so nie existiert“, denn diese Konzepte seien „das Produkt von Erzählungen am Leitfaden der Einheit, die im 19. Jahrhundert von den Geisteswissenschaften hervorgebracht wurden“ (a. a. O., S. 11)? a) Wenn ja, inwieweit und warum stimmt die Bundesregierung mit dieser Behauptung überein? b) Wenn nein, warum stimmt die Bundesregierung nicht mit dieser Behauptung überein? Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode – 3 – Drucksache 19/14318 Vorabfassung - wird durch die lektorierte Version ersetzt. Die Fragen 8, 8a und 8b werden gemeinsam beantwortet. Die Bundesregierung nimmt diese kulturwissenschaftliche These zur Kenntnis und verweist auf die Antwort zu Frage 4.  9. Stimmt die Bundesregierung mit der in der Studie erhobenen Behauptung überein, die „unter dem Titel einer Leitkultur geführten Debatten“ stellten den Versuch dar, „etwas zu erhalten oder zu verteidigen, was in dieser Form so niemals existiert hat“ (a. a. O., S. 77)? a) Wenn ja, inwieweit und warum stimmt die Bundesregierung mit dieser Behauptung überein? b) Wenn nein, warum stimmt die Bundesregierung nicht mit dieser Behauptung überein? Die Fragen 9, 9a und 9b werden gemeinsam beantwortet. Auf die Antwort zu Frage 4 wird verwiesen. 10. Stimmt die Bundesregierung mit der in der Studie erhobenen Behauptung überein, dass der Begriff Kulturnation „belastet“ sei, und zwar einmal durch das „prekäre Erbe eines geistig-kulturellen Überlegenheits-Phantasmas “ und zum anderen durch seine „Verknüpfung mit der Rolle des Volksbegriffs“, seien doch die „‚Einheit des Volkes‘ und ‚Kulturnation‘ zwei Seiten einer Medaille der im 19. Jahrhundert konstruierten deutschen Nationalkultur“ (a. a. O., S. 83)? a) Wenn die Bundesregierung mit dieser Behauptung übereinstimmt, inwieweit tut sie dies, und welche Konsequenzen hat das für die „moralischen Verpflichtungen“, die Deutschland daraus erwachsen, dass es als „Kulturnation“ sein „kulturelles Erbe“ und seine „gesellschaftlichen Fundamente“ zu achten habe (Das Neue Kulturgutschutzgesetz. Handreichung für die Praxis, hrsg. von der Beauftragten der Bundesregierung für Kultur und Medien, März 2017, S. 13)? b) Wenn nein, warum stimmt die Bundesregierung nicht mit dieser Behauptung überein? Die Fragen 10, 10a und 10b werden gemeinsam beantwortet. Die Bundesregierung lässt sich bei ihrem Kulturverständnis von völker- und verfassungsrechtlichen Zielsetzungen leiten. Diese ergeben sich etwa aus dem Übereinkommen über den Schutz und die Förderung der Vielfalt kultureller Ausdrucksformen der Organisation der Vereinten Nationen für Bildung, Wissenschaft , Kultur und Kommunikation (UNESCO) von 2005. Auch aus der Kunstfreiheit des Grundgesetzes hat das Bundesverfassungsgericht (BVerfG) in seiner Rechtsprechung abgeleitet, dass der moderne Staat, „der sich im Sinne einer Staatszielbestimmung auch als Kulturstaat versteht, zugleich die Aufgabe hat, ein freiheitliches Kunstleben zu erhalten und zu fördern“ (vgl. BVerfG Entscheidungen 36, 321, 331). Drucksache 19/14318 – 4 – Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode Vorabfassung - wird durch die lektorierte Version ersetzt. 11. Stimmt die Bundesregierung mit der in der Studie erhobenen Behauptung überein, dass eine „autochthon, deutsche Kultur […] ohnehin nie existierte “ (a. a. O., S. 108)? a) Wenn ja, inwieweit und warum stimmt die Bundesregierung mit dieser Behauptung überein? b) Wenn nein, warum stimmt die Bundesregierung nicht mit dieser Behauptung überein? Die Fragen 11, 11a und 11b werden gemeinsam beantwortet. Auf die Antworten zu Frage 4 und 8 wird verwiesen. 12. Teilt die Bundesregierung die in der Studie erhobene Anregung, einen deutschen Universitätsverlag zu gründen und zu fördern, der deutschsprachige geistes- und kulturwissenschaftliche Forschung für den internationalen englischsprachigen Buchmarkt übersetzt, produziert und vertreibt (a. a. O., S. 93)? a) Wenn ja, warum stimmt die Bundesregierung mit dieser Anregung überein? b) Wenn nein, warum stimmt die Bundesregierung nicht mit dieser Anregung überein? Die Fragen 12, 12a und 12b werden gemeinsam beantwortet. Auf die Antworten zu Frage 4 und 8 wird verwiesen. 13. Gibt es mit Blick auf die neue Auswärtige Kultur- und Bildungspolitik, die im Jahr 2020 vorgestellt werden soll, seitens der Bundesregierung bereits Überlegungen dazu, ob und ggf. wie zivilgesellschaftliche Gruppen in die Auswärtige Kultur- und Bildungspolitik einzubinden sind? a) Wenn ja, welcher Art sind diese Überlegungen? b) Wenn nein, warum nicht? ??????? Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode – 5 – Drucksache 19/14318 Vorabfassung - wird durch die lektorierte Version ersetzt. Vorabfassung - wird durch die lektorierte Version ersetzt. Vorabfassung - wird durch die lektorierte Version ersetzt. Gesamtherstellung: H. Heenemann GmbH & Co. KG, Buch- und Offsetdruckerei, Bessemerstraße 83–91, 12103 Berlin, www.heenemann-druck.de Vertrieb: Bundesanzeiger Verlag GmbH, Postfach 10 05 34, 50445 Köln, Telefon (02 21) 97 66 83 40, Fax (02 21) 97 66 83 44, www.betrifft-gesetze.de ISSN 0722-8333 Vorabfassung - wird durch die lektorierte Version ersetzt.