Die Antwort wurde namens der Bundesregierung mit Schreiben des Bundesministeriums des Innern, für Bau und Heimat vom 26. März 2018 übermittelt. Die Drucksache enthält zusätzlich – in kleinerer Schrifttype – den Fragetext. Deutscher Bundestag Drucksache 19/1435 19. Wahlperiode 28.03.2018 Antwort der Bundesregierung auf die Kleine Anfrage der Abgeordneten Andrej Hunko, Anke Domscheit-Berg, Ulla Jelpke, weiterer Abgeordneter und der Fraktion DIE LINKE. – Drucksache 19/993 – „Entschlüsselungsplattform“ bei Europol V o r b e m e r k u n g d e r F r a g e s t e l l e r Die EU-Polizeiagentur Europol soll weitere 5 Mio. Euro zur Entwicklung von Fähigkeiten zum Auslesen verschlüsselter Inhalte erhalten (dreizehnter Fortschrittsbericht der Europäischen Kommission „Auf dem Weg zu einer wirksamen und echten Sicherheitsunion“, http://gleft.de/26q). Die Europäische Kommission hatte die Gelder bereits im zwölften Fortschrittsbericht zugesagt, deren Höhe jedoch erst am 24. Januar 2018 veröffentlicht. Zuvor hatten die EU-Innenminister auf ihrer Dezember-Tagung auf weitere Unterstützung gedrungen. Die Agentur soll „die technischen und rechtlichen Aspekte der Rolle der Verschlüsselung “ untersuchen und regelmäßig bewerten. Am 5. Februar 2018 fand hierzu bei Europol in Den Haag ein Workshop mit Polizeien der Mitgliedstaaten statt (siehe Antwort der Bundesregierung auf die Schriftliche Frage 19 des Abgeordneten Dr. Diether Dehm, Bundestagsdrucksache 19/695). Beim „European Cybercrime Centre“ (EC3), das ebenfalls bei Europol angesiedelt ist, existiert eine „Entschlüsselungsplattform“ (Ratsdokument 12711/17). Sie soll einen „Werkzeugkasten“ mit entsprechender Hard- und Software zusammenstellen . Europol erhält hierzu 19 neue Stellen. Für die Ausbildung nationaler Experten stellt die Europäische Union 0,5 Mio. Euro bereit, Ausbildungsinhalte werden von der EU-Polizeiakademie CEPOL entwickelt. In den Mitgliedstaaten könnten dazu nationale Kompetenzzentren errichtet werden, deren Aufbau über Gelder aus dem Inneren Sicherheitsfonds (ISF) der Europäischen Union gefördert werden könnte. Europol könnte die Koordinierung der nationalen Zentren übernehmen. Der Rat der Europäischen Union, in dem sich die Regierungen der Mitgliedstaaten zusammenschließen, geht sogar noch weiter: Die zuständigen Behörden sollen demnach „Schwächen bei Algorithmen und Implementierungen“ untersuchen , um mögliche „Fehler“ ausnutzen zu können (Ratsdokument 12711/17). Zur Entwicklung von Fähigkeiten zur Entschlüsselung soll die Europäische Kommission die Zusammenarbeit mit dem Privatsektor intensivieren. Die Firmen könnten „spezielle Hard- und Software mit angemessener Rechenleistung“ bereitstellen, um durch „intelligentere Analysen“ Passwörter zu knacken. Zum Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Drucksache 19/1435 – 2 – Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode Brechen schwacher Verschlüsselung sollen die Behörden in Ermittlungsverfahren darauf achten, Hinweise zu „Passphrasen, Phrasensegmente[n], Zeichensatz , Passwortlänge“ zu sammeln. 1. Was ist der Bundesregierung über Planungen von Mitgliedstaaten der Europäischen Union zur Einrichtung von nationalen Kompetenzzentren zur polizeilichen Entschlüsselung von Telekommunikation und Geräten bekannt? a) Welche Mitgliedstaaten verfügen nach Kenntnis der Bundesregierung über ein solches Zentrum? b) Wo könnte ein solches Zentrum bei deutschen Polizeibehörden angesiedelt sein? c) Was ist der Bundesregierung über Vorschläge bekannt, wonach Europol die Koordinierung der nationalen Zentren übernehmen könnte? Die Fragen 1 bis 1c werden gemeinsam beantwortet. Der Bundesregierung liegen hierzu keine über die im 11. Fortschrittsbericht von der Europäischen Kommission dargelegten Erwägungen hinausgehenden Erkenntnisse vor. d) Wie bewertet die Bundesregierung die Möglichkeit einer solchen Koordinierung durch Europol? Der Bundesregierung sind keine konkreten diesbezüglichen Vorschläge bekannt. Die Bundesregierung sieht davon ab, hypothetische Überlegungen zu kommentieren . 2. Was ist der Bundesregierung inzwischen über die Ausgestaltung eines von der Europäischen Kommission vorgeschlagenen „Netzes von Fachwissenszentren “ zur Unterstützung der Strafverfolgungs- und Justizbehörden bei Verschlüsselungsverfahren bekannt (Bundestagsdrucksache 19/159, Antwort zu Frage 4)? Sofern die Bundesregierung hierzu weiterhin keine Kenntnis hat, wo wird der Vorschlag derzeit erörtert oder vertieft? Der Bundesregierung liegen keine über die Antwort zu Frage 4 auf Bundestagsdrucksache 19/159 hinausgehenden Erkenntnisse vor. Dies gilt auch für die Frage, wo der Vorschlag derzeit erörtert oder vertieft wird. 3. Welche Defizite sieht die Bundesregierung hinsichtlich des Umgangs mit verschlüsselten Inhalten bei Europol, und wofür sollte die Agentur diesbezüglich weitere Finanzmittel erhalten? Verschlüsselung stellt die Sicherheitsbehörden in der Europäischen Union vor wachsende Herausforderungen bei den Ermittlungen. Daher ist es notwendig, dass Europol den betroffenen Sicherheitsbehörden die erforderliche Unterstützung zukommen lassen kann. Dies geht kann auch mit der Ausstattung von Europol mit Finanzmitteln einhergehen. Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode – 3 – Drucksache 19/1435 a) Welche Europol-Abteilung erhält nach Kenntnis der Bundesregierung 5 Mio. Euro zur Entwicklung von Fähigkeiten zum Umgehen bzw. Auslesen verschlüsselter Inhalte? Nach Kenntnis der Bundesregierung soll das European Cybercrime Center (EC3) bei Europol die Mittel erhalten. b) Für welche konkreten Maßnahmen sollen die Gelder aufgewendet werden ? Nach Kenntnis der Bundesregierung umfassen die Maßnahmen die Ausstattung des forensischen Bereichs mit neuen Software- und Hardwareprodukten zur Verbesserung der Sicherung von Datenträgern, der Entschlüsselung von Daten durch Erhöhung der Rechenleistung sowie der Unterstützung der EU-Mitgliedstaaten bei Ermittlungen und der Umsetzung von polizeilichen Maßnahmen der Telekommunikationsüberwachung . Darüber hinaus sollen die Aus- und Fortbildungsangebote für Strafverfolgungsbehörden der EU-Mitgliedstaaten gefördert werden . 4. Welche weiteren technischen Fragen standen bei einem Workshop auf der Tagesordnung, den die Polizeiagentur Europol am 5. Februar 2018 zu Verschlüsselung veranstaltete, zu dem die Bundesregierung lediglich mitteilte, dass dort „ein Erfahrungsaustausch über die Auswirkungen von Verschlüsselung auf die Telekommunikationsüberwachung“ (Antwort auf die Schriftliche Frage 19 des Abgeordneten Dr. Diether Dehm, Bundestagsdrucksache 19/695) behandelt werden sollte? Außer einem Erfahrungsaustausch über die Auswirkungen von Verschlüsselung auf die Telekommunikationsüberwachung standen keine weiteren technischen Fragen auf der Tagesordnung des Workshops, den Europol am 5. Februar 2018 zu Verschlüsselung veranstaltete (vgl. Antwort der Bundesregierung auf die Schriftliche Frage 19 des Abgeordneten Diether Dehm auf Bundestagsdrucksache 19/695). 5. Welche weiteren Anstrengungen, die über den von der Europäischen Kommission veröffentlichten elften Fortschrittsbericht zur Sicherheitsunion hinausgehen , müssen aus Sicht der Bundesregierung unternommen werden, um die Herausforderungen von Verschlüsselung auf europäischer Ebene anzugehen , bzw. wie hat sich die Bundesregierung hierzu in Ratsarbeitsgruppen positioniert? Auf die Antwort der Bundesregierung auf die weitgehend wortgleiche Schriftliche Frage 19 des Abgeordneten Diether Dehm auf Bundestagsdrucksache 19/695 wird verwiesen. 6. Woraus besteht nach Kenntnis der Bundesregierung die „Entschlüsselungsplattform “, die bei Europol angesiedelt ist (Ratsdokument 12711/17)? a) Welcher Europol-Abteilung ist diese zugeordnet? Die Fragen 6 und 6a werden gemeinsam beantwortet. Nach Kenntnis der Bundesregierung ist mit dem im Ratsdokument 12711/17 verwendeten Begriff „Entschlüsselungsplattform“ gemeint, dass das European Cybercrime Center (EC3) den Mitgliedstaaten Unterstützung im Umgang mit Verschlüsselung im Rahmen der Strafverfolgung anbietet. Das European Cybercrime Center (EC3) ist der Abteilung „Operations Department“ bei Europol zugeordnet. Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Drucksache 19/1435 – 4 – Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode b) Wie viele bereits vorhandene und wie viele neue Stellen sollen im Rahmen der „Entschlüsselungsplattform“ bzw. entsprechender Fähigkeiten eingerichtet werden? Hierzu liegen der Bundesregierung keine Erkenntnisse vor. c) Auf welche Weise beteiligt sich die Bundesregierung an der „Entschlüsselungsplattform “, und inwiefern nutzt sie deren Fähigkeiten? Es wird verwiesen auf die Antwort zu den Fragen 6 und 6a. Nach Kenntnis der Bundesregierung werden in herausragenden Fällen die Rechenkapazitäten von Europol für die Fallbearbeitung des Bundeskriminalamts in Anspruch genommen . Eine Beteiligung der Bundesregierung an der Europol-„Entschlüsselungsplattfom “ findet nicht statt. 7. Welche Hard- und Software soll der „Werkzeugkasten“ enthalten, den die „Entschlüsselungsplattform“ bereitstellt (bitte die Fähigkeiten erläutern)? Hierzu liegen der Bundesregierung keine Erkenntnisse vor. 8. Welche Haltung vertritt die Bundesregierung zur Frage, inwiefern die zuständigen Behörden der Mitgliedstaaten vermehrt „Schwächen bei Algorithmen und Implementierungen“ suchen sollten, um mögliche „Fehler“ ausnutzen zu können (Ratsdokument 12711/17)? Für die Bundesregierung ist eine sichere, vertrauliche und nicht manipulierbare elektronische Kommunikation ein grundlegendes Anliegen. Gleichwohl kann aus Sicht der Bundesregierung die Suche nach „Schwächen bei Algorithmen und Implementierungen“ sowie die Ausnutzung möglicher Fehler ausnahmsweise erforderlich sein, damit Strafverfolgungsbehörden auch in Anbetracht verschlüsselter Beweismittel ihren gesetzlichen Aufgaben nachkommen können. 9. Welche „spezielle Hard- und Software mit angemessener Rechenleistung“ existiert bei Bundesbehörden, um durch „intelligentere Analysen“ Passwörter zu oder schwache Verschlüsselung zu brechen? a) Sofern eine solche Technik nicht selbst betrieben wird, inwiefern haben Bundesbehörden in der Vergangenheit jemals von „Supercomputern“ zur Entschlüsselung von Daten und Passwörtern Gebrauch gemacht (Sächsischer Landtag, Drucksache 6/12423)? Die Fragen 9 und 9a werden gemeinsam beantwortet. Im Bereich des Bundeskriminalamts und bei der Zollverwaltung werden zur Entschlüsselung in Ermittlungsverfahren eigene Computersysteme, teilweise mit Unterstützung durch Prozessoren auf Grafikkarten, eingesetzt. Bei der Bundespolizei und bei dem Bundesamt für den Militärischen Abschirmdienst kommt keine gesonderte Hard- oder Software im Sinne der Fragestellung zum Einsatz. „Supercomputer“ wurden und werden bei den vorgenannten Behörden nicht eingesetzt . Soweit parlamentarische Anfragen Umstände betreffen, die aus Gründen des Staatswohls geheimhaltungsbedürftig sind, hat die Bundesregierung zu prüfen, Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode – 5 – Drucksache 19/1435 ob und auf welche Weise die Geheimhaltungsbedürftigkeit mit dem parlamentarischen Informationsanspruch in Einklang gebracht werden kann. Die Bundesregierung ist nach sorgfältiger Abwägung zu der Auffassung gelangt, dass die Fragen 9 und 9a aus Geheimhaltungsgründen teilweise nicht in dem für die Öffentlichkeit einsehbaren Teil beantwortet werden können. Zwar ist der parlamentarische Informationsanspruch grundsätzlich auf die Beantwortung gestellter Fragen in der Öffentlichkeit angelegt. Soweit sich die Fragen 9 und 9a auf beim Bundesamt für Verfassungsschutz oder beim Bundesnachrichtendienst vorhandene Systeme oder Fähigkeiten beziehen, kann eine Antwort nicht offen erfolgen. Die erbetenen Auskünfte würden Informationen zu Aufklärungsaktivitäten, Analysemethoden und zur aktuellen Aufgabenerfüllung des Bundesamtes für Verfassungsschutz und des Bundesnachrichtendienstes preisgeben. Arbeitsmethoden und Vorgehensweisen des Bundesamtes für Verfassungsschutz und des Bundesnachrichtendienstes sind im Hinblick auf die künftige Auftragserfüllung besonders schutzbedürftig, ihre Veröffentlichung ließe Rückschlüsse auf die Fähigkeiten, Methoden und Aufklärungsschwerpunkte zu. Eine Veröffentlichung von Einzelheiten betreffend solcher Fähigkeiten würde zu einer wesentlichen Schwächung der den Nachrichtendiensten zur Verfügung stehenden Möglichkeiten zur Informationsgewinnung führen. Dies könnte die Effektivität der nachrichtendienstlichen Aufklärung beeinträchtigen , was wiederum für die Interessen der Bundesrepublik Deutschland schädlich sein kann. Deshalb sind die entsprechenden Informationen als Verschlusssache gemäß der Allgemeinen Verwaltungsvorschrift des Bundesministeriums des Innern zum materiellen und organisatorischen Schutz von Verschlusssachen (VS- Anweisung – VSA) mit dem VS-Grad „VS-Vertraulich“ eingestuft und dem Deutschen Bundestag gesondert zur Hinterlegung übermittelt.* 10. Welche Ausbildungsmaßnahmen wird die Bundesregierung seitens der Europäischen Polizeiakademie CEPOL hinsichtlich des Umgangs mit Verschlüsselung in Anspruch nehmen? Der Bundesregierung liegen hierzu keine Informationen vor. Aus-und Fortbildungsmaßnahmen werden durch die DHPOL (Deutsche Hochschule der Polizei) initiiert, vermittelt und koordiniert. * Das Bundesministerium des Innern, für Bau und Heimat hat die Antwort als „VS – Vertraulich“ eingestuft. Die Antwort ist in der Geheimschutzstelle des Deutschen Bundestages hinterlegt und kann dort nach Maßgabe der Geheimschutzordnung eingesehen werden. Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Satz: Satzweiss.com Print, Web, Software GmbH, Mainzer Straße 116, 66121 Saarbrücken, www.satzweiss.com Druck: Printsystem GmbH, Schafwäsche 1-3, 71296 Heimsheim, www.printsystem.de Vertrieb: Bundesanzeiger Verlag GmbH, Postfach 10 05 34, 50445 Köln, Telefon (02 21) 97 66 83 40, Fax (02 21) 97 66 83 44, www.betrifft-gesetze.de ISSN 0722-8333