Antwort der Bundesregierung auf die Kleine Anfrage der Abgeordneten Dr. Marc Jongen, Martin Erwin Renner, Dr. Götz Frömming, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der AfD – Drucksache 19/13860 – Finanzplanung für das Bauvorhaben Museum des 20. Jahrhunderts am Berliner Kulturforum V o r b e m e r k u n g d e r F r a g e s t e l l e r Im November 2014 beschloss der Deutsche Bundestag, der Stiftung Preußischer Kulturbesitz (SPK) 200 Mio. Euro für einen Neubau für die Kunst des 20. Jahrhunderts am Berliner Kulturforum bereitzustellen. Das „Museum des 20. Jahrhunderts“ soll die „bestehende Lücke zwischen der Neuen Nationalgalerie und der Philharmonie schließen“. Die Eröffnung des Museums war nach ursprünglicher Planung für 2021 geplant (www.preussischer-kulturbe sitz.de/standorte/bauvorhaben/nationalgalerie-am-kulturforum/museumdes -20-jahrhunderts.html und www.morgenpost.de/berlin/article210325577/ Petition-gegen-Museum-des-20-Jahrhundert-gestartet.html). Die Notwendigkeit für diesen Neubau wird mit dem Platzmangel der Nationalgalerie begründet, deren Exponate zur Kunst des 20. Jahrhunderts deshalb nur in Ausschnitten gezeigt werden könnten (www.preussischer-kulturbe sitz.de/standorte/bauvorhaben/nationalgalerie-am-kulturforum/museumdes -20-jahrhunderts.html). Aus einem Realisierungswettbewerb ging im Oktober 2016 der von Anfang an umstrittene, mittlerweile überarbeitete Entwurf des Schweizer Architekturbüros Herzog & de Meuron als Sieger hervor, der in den Medien unter anderem als „Kultur-“ oder „Museumsscheune“ bewitzelt wird (www.morgenpost.de/kultur/article210748775/Die-Musik-kommt-voninnen .html und www.welt.de/kultur/architektur/plus200407304/Kostenexplosi on-in-Berlin-Museumsscheune-wird-doppelt-so-teuer.html). Aktuellen Medienberichten zufolge sollen sich die Kosten für das Museum auf bis zu 600 Mio. Euro verdreifachen. Demgegenüber erklärte eine Sprecherin der Kulturstaatsministerin, die neuen Zahlen sei „spekulativ bzw. unzutreffend “. Eine Verdreifachung der Kosten sei „völlig aus der Luft gegriffen“ (www.tagesspiegel.de/kultur/museum-der-moderne-die-kosten-fuer-das-neuemuseum -am-kulturforum-verdreifachen-sich/25010566.html). Die Staatsministerin für Kultur und Medien Monika Grütters informierte die für den Kulturetat zuständigen Abgeordneten des Haushaltsausschusses des Deutschen Bundestages am 16. September 2019 über die Termin- und Kostenplanung für das „Museum des 20. Jahrhunderts“. Den Planungen zufolge sollen sich die Gesamtkosten nun auf ca. 450 Mio. Euro belaufen. Dass die Ge- Deutscher Bundestag Drucksache 19/14534 19. Wahlperiode 28.10.2019 Die Antwort wurde namens der Bundesregierung mit Schreiben der Beauftragten der Bundesregierung für Kultur und Medien vom 24. Oktober 2019 übermittelt. Die Drucksache enthält – in kleinerer Schrifttype – den Fragetext. Vorabfassung - wird durch die lektorierte Version ersetzt. samtkosten jetzt erstmals „konkret und mit belastbaren Zahlen beziffert“ werden können, wird von der Kulturstaatsministerin als „Meilenstein“ kommuniziert (www.bundesregierung.de/breg-de/suche/termin-und-kostenplan-fuermuseum -der-moderne-steht-kulturstaatsministerin-gruetters-riesenchancefuer -die-kunst-des-20-jahrhunderts-in-deutschland--1671496). Angesichts der tatsächlichen Kosten, die für andere Großprojekte der SPK (z. B. James-Simon-Galerie oder Pergamonmuseum) durch nicht vorsehbare Schwierigkeiten z. B. bei den Gründungsarbeiten zu konstatieren sind, besteht aus Sicht der Fragesteller hinreichend Grund zur Skepsis, dass es tatsächlich bei den Gesamtkosten von 450 Mio. Euro bleiben wird (www.morgenpost.de/ bezirke/mitte/article216005499/Berlin-hat-jetzt-die-teuerste-Garderobe-der- Welt.html und www.morgenpost.de/kultur/article208621631/Kostenexplosi on-beim-Pergamonmuseum-Parzinger-schockiert.html). 1. Aufgrund welcher Entwicklungen ist es laut Bundesregierung erst seit Kurzem möglich, die Baukosten für das „Museum des 20. Jahrhunderts“ am Berliner Kulturforum „konkret und mit belastbaren Zahlen zu beziffern “ (www.bundesregierung.de/breg-de/suche/termin-und-kostenplanfuer -museum-der-moderne-steht-kulturstaatsministerin-gruetters-riesen chance-fuer-die-kunst-des-20-jahrhunderts-in-deutschland--1671496)? Die Weiterentwicklung des Wettbewerbsergebnisses hin zu einer durchgeplanten Bauunterlage erfolgt in einem intensiven, fortlaufenden Planungsprozess. Auf Basis der aktuellen vertieften Entwurfsplanung, die insbesondere bei komplexen , großen Bauvorhaben notwendig ist, liegt nun die aktuelle Kostenberechnung der Architekten Herzog & de Meuron und der Ingenieurbüros vor, die sich einschließlich Bauindexsteigerung und Risikokostenvorsorge auf 450 Mio. Euro belaufen. Die Kosten können erstmalig zu diesem Zeitpunkt mit belastbaren Zahlen benannt werden, da nun rund ein Viertel der gesamten Planungsleistung mit einer ausreichenden Planungstiefe als Basis für diese Kostenberechnung erbracht ist. 2. Welche Kenngrößen liegen mit Blick auf die zu erwartenden Baukosten den Berechnungen für die künftigen Baupreisindexsteigerungen (52,2 Mio. Euro) und den Berechnungen der Risikokosten (33,8 Mio. Euro) zugrunde (www.bundesregierung.de/breg-de/suche/termin-und-kostenplan-fuermuseum -der-moderne-steht-kulturstaatsministerin-gruetters-riesenchancefuer -die-kunst-des-20-jahrhunderts-in-deutschland--1671496)? Der geplante Neubau fällt in eine Zeit, in der die Baupreise so hoch sind wie nie zuvor und die Konjunktur zudem für weitere extreme Preissteigerungen im Baugewerbe sorgt. Seit dem Kostenansatz der Variantenuntersuchung für einen Standort des Museumneubaus im Winter 2012 bis zur Kostenberechnung der ES-/EW-Bau liegen allein fast sieben Jahre, in denen ein stetiger, teils sprunghafter Anstieg der Baupreise zwischen 3 bis 7 Prozent im Jahr, insbesondere in Berlin, zu verzeichnen war. Mit diesen Werten wurde die prognostizierte Baupreissteigerung ermittelt. Im Verlauf einer jeden Baumaßnahme können auch bei einem guten Projektmanagement und solider Planung Projektrisiken eintreten, die in der Regel zu Mehrkosten und Terminverzögerungen führen. Im Rahmen einer Risikobetrachtung werden daher die Risiken systematisch ermittelt und bewertet. Dabei unterscheidet die Risikobewertung zwei Risikogruppen: Projektspezifische (z. B. unvorhersehbare Erschwernisse im Baugrund, Baurecht, Nachbarn) und Nicht-Projektspezifische (z. B. Marktsituation, Marktauslastung, Insolvenzen oder Gesetzesänderungen). Die Risiken wurden nach aktuellem Kenntnisstand Drucksache 19/14534 – 2 – Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode Vorabfassung - wird durch die lektorierte Version ersetzt. zum Zeitpunkt der Entwurfsplanung ermittelt und im Hinblick auf Eintrittswahrscheinlichkeit abgeschätzt. 3. Hat sich die Bundesregierung vor dem Hintergrund der Tatsache, dass die ebenfalls von dem Schweizer Architekturbüro Herzog & Meuron realisierte Elbphilharmonie in Hamburg gut zehnmal so viel Kosten wie ursprünglich geplant verursachte, dazu gezwungen gesehen, Schlussfolgerungen im Hinblick auf die Bewertung der Baukosten des „Museums des 20. Jahrhunderts “ zu ziehen (www.ndr.de/nachrichten/hamburg/Elbphilharmoniesoll -789-Millionen-Euro-kosten,elbphilharmonie821.html)? a) Wenn ja, welcher Art sind diese Schlussfolgerungen? b) Wenn nein, warum nicht? Die Beauftragung des Architekturbüros Herzog & de Meuron resultiert aus dem Ergebnis des anonymen internationalen Realisierungswettbewerbs, der in einem zweistufigen Verfahren gemäß den Richtlinien für Planungswettbewerbe durch die Stiftung Preußischer Kulturbesitz (SPK) durchgeführt wurde. Ein unabhängiges Preisgericht hat Ende 2016 den ersten Preis an Herzog & de Meuron mit Vogt Landschaftsarchitekten vergeben. Wettbewerbsergebnis und die Richtlinien für die Durchführung von Bauaufgaben des Bundes (RBBau) bilden die Basis der Projektabwicklung. Rahmenbedingungen und Vorgehensweise der Bauvorhaben Elbphilharmonie in Hamburg und Museum des 20. Jahrhunderts in Berlin sind nicht vergleichbar . Die Schlussfolgerungen aus den Problemen beim Bau der Elbphilharmonie , die auch eingegangen sind in den Endbericht der Reformkommission Bau von Großprojekten des damaligen Bundesministeriums für Verkehr und digitale Infrastruktur von 2015, wurden für die Planung des Museums des 20. Jahrhunderts berücksichtigt. 4. Aufgrund welcher Argumente kann die Bundesregierung Medienberichte entkräften, die von einer möglichen Verdreifachung der Kosten auf bis zu 600 Mio. Euro für das geplante „Museum des 20. Jahrhunderts“ ausgehen (www.tagesspiegel.de/kultur/museum-der-moderne-die-kosten-fuer-dasneue -museum-am-kulturforum-verdreifachen-sich/25010566.html)? Warum sind diese Zahlen „völlig aus der Luft gegriffen“ (Zitat siehe Vorbemerkung der Fragesteller)? Es wird auf die Antwort zu Frage 1 verwiesen. 5. Aus welchen Kenngrößen der Planung leitet die Bundesregierung ab, dass die Fertigstellung des Gebäudes für 2026 wahrscheinlich ist (www.bundes regierung.de/breg-de/suche/termin-und-kostenplan-fuer-museum-dermoderne -steht-kulturstaatsministerin-gruetters-riesenchance-fuer-diekunst -des-20-jahrhunderts-in-deutschland--1671496)? Die voraussichtliche bautechnische Fertigstellung des Gebäudes 2026 beruht nicht auf Kenngrößen, sondern auf der aktuellen Terminplanung der Architekten Herzog & de Meuron zusammen mit den weiteren Ingenieurbüros. Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode – 3 – Drucksache 19/14534 Vorabfassung - wird durch die lektorierte Version ersetzt. 6. Sieht die Bundesregierung vor dem Hintergrund der aktuellen Finanzplanung die bereits Anfang April 2017 erhobene Kritik der von namhaften Architekten und Stadtplanern getragenen Initiative #forumskultur:kulturforum bestätigt, dass die ursprüngliche Finanzplanung, die auf 200 Mio. Euro budgetiert war, „nicht zu verwirklichen“ sei (www.marlowes.de/kul turforum-berlin-petition-fuer-eine-oeffentliche-diskussion/)? Wenn die Bundesregierung die Kritik nicht bestätigt sieht, warum nicht? Zum genannten Zeitpunkt fehlte eine vertiefte Planung samt Kostenberechnung wie sie heute vorliegt. Deshalb waren Äußerungen zur Kostenfrage rein spekulativ . Die Bundesregierung hat stets deutlich gemacht, dass belastbare Zahlen erst mit einer vertieften Entwurfsplanung und Kostenberechnung genannt werden können. Dies ist nun der Fall. 7. Aus welchen Annahmen leitet die Bundesregierung ab, dass das „neue Museum ein Publikumsmagnet für Kulturbegeisterte aus aller Welt“ sein werde (www.bundesregierung.de/breg-de/aktuelles/termin-und-kostenplanfuer -museum-der-moderne-steht-kulturstaatsministerin-gruetters-riesen chance-fuer-die-kunst-des-20-jahrhunderts-in-deutschland--1671496)? Die Nationalgalerie gehört mit ihren international vielbeachteten Wechselausstellungen und ihren wegweisenden Sammlungspräsentationen schon jetzt zu den bestbesuchten Museumssammlungen in Berlin. Zur Kunst des 20. Jahrhunderts finden sich rund 4.000 Werke in der Sammlung. Hinzu kommen die Sammlung Marx, die Sammlung Ulla & Heiner Pietzsch sowie Teile der bei den Staatlichen Museen verankerten Sammlung Marzona. Die Bestände der Nationalgalerie zur Kunst des 20. Jahrhunderts dokumentieren alle wesentlichen Kunstrichtungen Europas und Nordamerikas. Wie in keiner anderen Sammlung zur Moderne in Deutschland spiegeln sich hier auch die durch die deutsche Geschichte bedingten Brüche und die Konfrontation zwischen Ost und West nach 1945. Es ist eine überaus komplexe, breit gefächerte Sammlung. In den letzten Jahrzehnten konnte die Kunst des 20. Jahrhunderts nur sehr ausschnitthaft und in wechselnden Präsentationen gezeigt werden. Mit dem Neubau am Kulturforum wird es nunmehr möglich sein, die Bestände zum 20. Jahrhundert dem lokalen wie internationalen Publikum umfassend zu präsentieren, mit großen Werkgruppen u. a. von Ernst Ludwig Kirchner, Max Beckmann, Pablo Picasso, Hannah Höch, Werner Tübke, Wolfgang Mattheuer, Joseph Beuys, Nam June Paik, Anselm Kiefer, Isa Genzken, Andreas Gursky, Jason Rhoades oder Pipilotti Rist und Meisterwerken von Otto Dix, Rudolf Belling, Lotte Laserstein, Barnett Newman, Cy Twombly, Andy Warhol, Jenny Holzer, Georg Baselitz oder Rebecca Horn. Für die Werke Gerhard Richters ist ein eigener Raum im neuen Museum geplant. Zusammen mit den Beständen der Kunstbibliothek und des Kupferstichkabinetts zum 20. Jahrhundert, die ebenfalls Ausstellungsflächen im Neubau erhalten, entsteht am Kulturforum eine hochattraktive Präsentation zur Kunst der Moderne in der deutschen Hauptstadt , die mit Sicherheit ein breites, internationales Publikum finden wird. Drucksache 19/14534 – 4 – Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode Gesamtherstellung: H. Heenemann GmbH & Co. KG, Buch- und Offsetdruckerei, Bessemerstraße 83–91, 12103 Berlin, www.heenemann-druck.de Vertrieb: Bundesanzeiger Verlag GmbH, Postfach 10 05 34, 50445 Köln, Telefon (02 21) 97 66 83 40, Fax (02 21) 97 66 83 44, www.betrifft-gesetze.de ISSN 0722-8333 Vorabfassung - wird durch die lektorierte Version ersetzt.