Antwort der Bundesregierung auf die Kleine Anfrage der Abgeordneten Frank Schäffler, Christian Dürr, Dr. Florian Toncar, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der FDP – Drucksache 19/13956 – Nichtabschaffung des Solidaritätszuschlags bei der Abgeltungsteuer V o r b e m e r k u n g d e r F r a g e s t e l l e r Private Kapitalerträge, die den Sparer-Pauschbetrag von 801 Euro für Alleinstehende bzw. 1.602 Euro für Verheiratete übersteigen, werden mit der Abgeltungsteuer in Höhe von 25 Prozent besteuert. Dazu kommen Solidaritätszuschlag (SolZ) und ggf. Kirchensteuer. Das Bundesministerium der Finanzen hat angekündigt, dass der Solidaritätszuschlag ab 1. Januar 2021 in Teilen abgeschafft werden soll. Nicht entfallen soll der Solidaritätszuschlag jedoch bei der Abgeltungsteuer (www.wiwo.de/ politik/deutschland/abgeltungsteuer-der-soli-faellt-weg-nicht-fuer-sparer/ 24931272.html). Auch künftig werden aus 25 Prozent Abgeltungsteuer so mindestens 26,375 Prozent Steuerbelastung (25 Prozent zzgl. 5,5 Prozent SolZ zzgl. ggf. Kirchensteuer). Entsprechend müsste z. B. jemand, der Telekom- oder Allianz-Aktien im Wert von 19.000 Euro besitzt (bei einer derzeitigen Dividendenrendite von 4,7 Prozent ) auch zukünftig Solidaritätszuschlag zahlen. Bei Daimler würde (bei einer derzeitigen Dividendenrendite von 6,1 Prozent) ein Aktiendepot im Wert von 13.500 Euro ausreichen, um weiterhin den Solidaritätszuschlag zahlen zu müssen.  1. Wie hoch ist nach Kenntnis der Bundesregierung das jährliche Steueraufkommen aus der Abgeltungsteuer (bitte für die letzten fünf Jahre angeben )?  2. Wie hoch ist nach Kenntnis der Bundesregierung das zukünftige Steueraufkommen aus der Abgeltungsteuer (bitte für die nächsten fünf Jahre angeben )? Die Fragen 1 und 2 werden wegen des Sachzusammenhangs gemeinsam beantwortet . Die genaue Höhe der Einnahmen aus der Abgeltungsteuer ist der Bundesregierung nicht bekannt, da der statistische Nachweis in der „Statistik der kassenmäßigen Steuereinnahmen“ nicht der steuerrechtlichen Abgrenzung folgt. In der Deutscher Bundestag Drucksache 19/14585 19. Wahlperiode 29.10.2019 Die Antwort wurde namens der Bundesregierung mit Schreiben des Bundesministeriums der Finanzen vom 25. Oktober 2019 übermittelt. Die Drucksache enthält – in kleinerer Schrifttype – den Fragetext. Vorabfassung - wird durch die lektorierte Version ersetzt. Statistik der kassenmäßigen Steuereinnahmen werden die Einnahmen aus der Abgeltungsteuer aufgeteilt auf die Steuerarten „Abgeltungsteuer auf Zins- und Veräußerungserträge“ und „nicht veranlagte Steuern vom Ertrag“ erfasst. Die beiden Steuerarten beinhalten das Aufkommen der im Abzugsverfahren an der Quelle erhobenen Kapitalertragsteuern. Hierzu zählen auch die Erträge aus der Veräußerung von Wertpapieren. Eine abgeltende Wirkung des Steuerabzugs – und somit die begriffliche Einordnung als „Abgeltungsteuer“ – tritt jedoch nur für Kapitalerträge ein, die nicht zu den Einkünften aus Land- und Forstwirtschaft , aus Gewerbebetrieb, aus selbständiger Arbeit oder aus Vermietung und Verpachtung gehören. Zudem werden neben der Kapitalertragsteuer auf Dividenden unter dem Titel „nicht veranlagte Steuern vom Ertrag“ auch weitere im Abzugsverfahren erhobene Steuern vereinnahmt. Der Anteil der Kapitalertragsteuer überwiegt, ist aber nicht genau bekannt (ca. 97- 98 Prozent). In der nachfolgenden Tabelle werden die Einnahmen aus den Steuerarten „Abgeltungsteuer auf Zins- und Veräußerungserträge“ und „nicht veranlagte Steuern vom Ertrag“ in den Jahren 2014 bis 2018 sowie die vom Arbeitskreis „Steuerschätzungen“ in seiner Sitzung vom Mai 2019 geschätzten Einnahmen für die Jahre 2019 bis 2023 dargestellt: Jahr in Mio. Euro Abgeltungsteuer auf Zins- und Veräußerungserträge nicht veranlagte Steuern vom Ertrag Summe Ist 2014 7.812 17.423 25.235 2015 8.259 17.945 26.204 2016 5.940 19.452 25.392 2017 7.333 20.918 28.251 2018 6.893 23.176 30.069 Schätzung Arbeitskreis „Steuerschätzungen“ Mai 2019 2019 4.731 24.120 28.851 2020 4.650 22.500 27.150 2021 4.750 23.200 27.950 2022 4.850 25.150 30.000 2023 4.900 25.900 30.800  3. Wie viele Personen zahlen nach Kenntnis der Bundesregierung jährlich Abgeltungsteuer (bitte für die letzten fünf Jahre angeben)?  4. Wie viele Personen haben nach Kenntnis der Bundesregierung jährlich Kapitaleinkünfte unterhalb des Sparer-Pauschbetrages von derzeit 801 Euro für Alleinstehende bzw. 1.602 Euro für Verheiratete (bitte für die letzten fünf Jahre angeben)? Die Fragen 3 und 4 werden wegen des Sachzusammenhangs gemeinsam beantwortet . Der Bundesregierung liegen keine Angaben über die Gesamtzahl der Steuerpflichtigen und die individuellen Einkünfte aus Kapitalvermögen vor. Drucksache 19/14585 – 2 – Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode Vorabfassung - wird durch die lektorierte Version ersetzt.  5. Wie hoch ist nach Kenntnis der Bundesregierung die durchschnittliche Dividendenrendite im Dax bzw. MDax? Welchen Wert müsste entsprechend ein Aktiendepot haben, dass der Besitzer auch zukünftig Solidaritätszuschlag zahlen muss? Wenn man die für 2019 nach Pressemitteilungen erwartete durchschnittliche Dividendenrendite von 3,7 Prozent im DAX und von 3,0 Prozent im MDAX zugrunde legt (www.dws.de/informieren/maerkte/aktien/dividende-grundein kommen-mit-aktien/), würde ein DAX-Depotwert über 21.650 Euro bzw. ein MDAX-Depotwert von mehr als 26.700 Euro jeweils Dividendeneinkünfte generieren , die über dem für einen Steuerpflichtigen geltenden Sparerpauschbetrag von 801 Euro liegen und damit ab diesem Betrag der Abgeltungsteuer und dem Solidaritätszuschlag unterliegen. Für zusammen veranlagte Ehegatten verdoppeln sich die Beträge entsprechend.  6. Wie hoch ist nach Kenntnis der Bundesregierung das jährliche Steueraufkommen aus dem Solidaritätszuschlag auf die Abgeltungsteuer (bitte für die letzten fünf Jahre angeben)?  7. Wie hoch ist nach Kenntnis der Bundesregierung das zukünftige Steueraufkommen aus dem Solidaritätszuschlag auf die Abgeltungsteuer (bitte für die nächsten fünf Jahre angeben)? Die Fragen 6 und 7 werden wegen des Sachzusammenhangs gemeinsam beantwortet . Hinsichtlich der Erfassung des Solidaritätszuschlags auf die Abgeltungsteuer in der „Statistik der kassenmäßigen Steuereinnahmen“ gelten die gleichen in der Antwort zu den Fragen 1 und 2 in Bezug auf die Erfassung der Abgeltungsteuer dargestellten Einschränkungen. In der nachfolgenden Tabelle werden die Einnahmen aus dem Solidaritätszuschlag auf die Abgeltungsteuer auf Zins- und Veräußerungserträge und die nicht veranlagten Steuern vom Ertrag in den Jahren 2014 bis 2018 sowie die vom Arbeitskreis „Steuerschätzungen“ in seiner Sitzung vom Mai 2019 geschätzten Einnahmen für die Jahre 2019 bis 2023 dargestellt: Jahr in Mio. Euro Solidaritätszuschlag auf die Abgeltungsteuer auf Zinsund Veräußerungserträge Solidaritätszuschlag auf die nicht veranlagten Steuern vom Ertrag Summe Ist 2014 416 878 1.294 2015 448 931 1.379 2016 326 1.007 1.332 2017 401 1.016 1.417 2018 379 1.189 1.568 Schätzung Arbeitskreis „Steuerschätzungen“ Mai 2019 2019 260 1.205 1.465 2020 255 1.190 1.445 2021 260 1.225 1.485 2022 265 1.260 1.525 2023 270 1.295 1.565 Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode – 3 – Drucksache 19/14585 Vorabfassung - wird durch die lektorierte Version ersetzt.  8. Wie begründet die Bundesregierung die Nichtabschaffung des Solidaritätszuschlags bei der Abgeltungsteuer? Für private Kapitaleinkünfte gilt ein besonderer, günstigerer Abgeltungsteuersatz i. H. v. 25 Prozent. Steuerpflichtige haben mit der sog. Günstigerprüfung gemäß § 32d Absatz 6 des Einkommensteuergesetzes (EStG) die Möglichkeit, dass die Kapitaleinkünfte (Einnahmen oberhalb des Sparerpauschbetrages) mit dem niedrigeren individuellen Einkommensteuersatz besteuert werden. In diesem Fall werden die Kapitaleinkünfte bei der Ermittlung der veranlagten Einkommensteuer berücksichtigt, auf die die Freigrenze angewendet wird. Neben der vom Kapitalgläubiger zuviel einbehaltenen Kapitalertragsteuer wird dann auch der entsprechende Solidaritätszuschlag erstattet. In allen anderen Fällen (individuelle Einkommensteuer ist höher) profitieren die Steuerpflichtigen von dem niedrigeren Abgeltungsteuersatz. Die Kapitaleinkünfte werden in diesem Fall nicht bei der veranlagten (höheren) Einkommensteuer berücksichtigt. Folglich scheidet eine Anwendung der höheren Freigrenze auch auf diese Kapitaleinkünfte dann aus. a) Kommt es trotz der Nichtabschaffung des Solidaritätszuschlags bei der Abgeltungsteuer überhaupt zu einer Abschaffung des Solidaritätszuschlags „für rund 90 Prozent der Soli-Zahler“ (vgl. www.bundes reg ie rung .de / resource /b lob /656734/847984/5b8bc23590 d4cb2892b31c987ad672b7/2018-03-14-koalitionsvertrag-data.pdf? download=1)? Nach dem am 21. August 2019 von der Bundesregierung beschlossenen Entwurf eines Gesetzes zur Rückführung des Solidaritätszuschlags 1995 werden im ersten Schritt der Rückführung des Solidaritätszuschlags rund 90 Prozent der Zahler zur Lohnsteuer und veranlagten Einkommensteuer durch Anhebung der Freigrenzenregelung in § 3 des Solidaritätszuschlaggesetzes 1995 vollständig entlastet. b) Teilt die Bundesregierung die Auffassung der Fragesteller, dass sich die Abschaffung des Solidaritätszuschlags bei der Abgeltungsteuer positiv auf die private Altersvorsorge auswirken würde? c) Teilt die Bundesregierung die Auffassung der Fragesteller, dass sich die Abschaffung des Solidaritätszuschlags bei der Abgeltungsteuer positiv auf Mitarbeiter-Kapitalbeteiligungen auswirken würde? Die Fragen 8b und 8c werden zusammenfassend beantwortet. Nicht alle Erträge aus der privaten Altersvorsorge unterliegen der Abgeltungsteuer . Hiervon ausgenommen sind z. B. Zinserträge aus staatlich geförderten, privaten Altersvorsorgeprodukten (sog. Riester- oder Rürup-Produkte), die in der Ansparphase zunächst dem Altersvorsorgekonto des Sparers gutgeschrieben und erst später – nach Erreichen der gesetzlichen Altersgrenze – ausgekehrt werden (§ 22 EStG). Die Abschaffung des Solidaritätszuschlags bei der Abgeltungsteuer hätte in diesen Fällen keine Auswirkung. Kapitaleinkünfte i. S. v. § 20 EStG aus anderen privaten Anlageformen unterliegen dagegen grundsätzlich der Abgeltungsteuer. Dies gilt auch für Erträge aus Mitarbeiter-Kapitalbeteiligungen, wenn die Beteiligung zu Einkünften nach § 20 EStG führt (z. B. Erträge aus Belegschaftsaktien). Darüber hinaus haben Steuerpflichtige – wie in der Antwort zu Frage 8 bereits ausgeführt – die Möglichkeit der sog. Günstigerprüfung gemäß § 32d Absatz 6 EStG. Für diese Option mit Rückerstattung zu viel einbehaltener Kapitalertragsteuer ist der ergänzende Solidaritätszuschlag nicht der ausschlaggebende Faktor . Drucksache 19/14585 – 4 – Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode Vorabfassung - wird durch die lektorierte Version ersetzt. Demzufolge würde sich die Abschaffung des Solidaritätszuschlags bei der Abgeltungsteuer nur unwesentlich auf private Altersvorsorge und Mitarbeiter- Kapitalbeteiligungen auswirken. Dies gilt erst recht für Fälle, in denen der Abgeltungsteuersatz zu einer insgesamt niedrigeren Besteuerung der Kapitaleinkünfte führt.  9. Wie bewertet die Bundesregierung die Verfassungskonformität der Nichtabschaffung des Solidaritätszuschlags bei der Abgeltungsteuer? Die Regelungen im Entwurf eines Gesetzes zur Rückführung des Solidaritätszuschlags 1995 sind aus Sicht der Bundesregierung verfassungskonform. Im Zusammenhang mit der Abgeltungsteuer ist zu beachten, dass Steuerpflichtige mit niedrigen Einkommen die Möglichkeit haben, dass die Kapitaleinkünfte mit dem niedrigeren individuellen Einkommensteuersatz besteuert werden. In diesem Fall werden die Kapitaleinkünfte bei der Ermittlung der veranlagten Einkommensteuer berücksichtigt, auf die die Freigrenze angewendet wird. 10. Erhalten Zahler der Abgeltungsteuer, die sich zur Einkommensteuer veranlagen lassen, nach den Plänen der Bundesregierung den Solidaritätszuschlag zurück, sofern sie mit ihrem gesamten zu versteuernden Einkommen unterhalb der geplanten Freigrenze für den Solidaritätszuschlag (Entwurf eines Gesetzes zur Rückführung des Solidaritätszuschlages) liegen ? a) Wenn ja, gibt es Alternativen für nicht zur Einkommensteuer veranlagte Personen? b) Wenn nein, wie wird diese Schlechterstellung von Personen unterhalb der geplanten Freigrenze für den Solidaritätszuschlag (Entwurf eines Gesetzes zur Rückführung des Solidaritätszuschlages) begründet? Auf die Verpflichtung Solidaritätszuschlag zu zahlen, kommt es hierbei nicht an. Maßgeblich ist vielmehr die Höhe des individuellen Einkommensteuersatzes . Auf die Antwort zu Frage 8 wird verwiesen. 11. Plant die Bundesregierung, den Solidaritätszuschlag auf die Abgeltungsteuer zukünftig abzuschaffen? Wenn ja, wann? Auf die Antwort der Bundesregierung zu Frage 16 der Kleinen Anfrage der Fraktion der FDP „Entwurf eines Gesetzes zur Rückführung des Solidaritätszuschlags 1995“ auf Bundestagsdrucksache 19/13785 wird hingewiesen. 12. Plant die Bundesregierung, die Abgeltungsteuer abzuschaffen (www.rponline .de/politik/deutschland/olaf-scholz-eine-grundrente-fuernur -100000-menschen-ist-keine-grundrente_aid-36953969)? a) Wenn ja, welchen Zeitplan verfolgt die Bundesregierung dabei? b) Wenn ja, welche Steuermehreinnahmen bzw. Steuermindereinnahmen erwartet die Bundesregierung aus einer entsprechenden Gesetzesänderung ? Die Abschaffung der Abgeltungsteuer auf Zinserträge mit der Etablierung des automatischen Informationsaustausches ist Inhalt des Koalitionsvertrages zwischen CDU, CSU und SPD. Umgehungstatbestände sollen dabei verhindert Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode – 5 – Drucksache 19/14585 Vorabfassung - wird durch die lektorierte Version ersetzt. werden. Bevor über Änderungen bei der Besteuerung von Kapitaleinkünften entschieden werden kann, muss zunächst der automatische internationale Informationsaustausch über Finanzkonten nach dem gemeinsamen OECD- Meldestandard CRS (Common Reporting Standard) etabliert sein. Derzeit erfolgt eine schrittweise Abarbeitung der IT-Anforderungen. Die Umsetzung ist planmäßig und fristgerecht. Drucksache 19/14585 – 6 – Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode Vorabfassung - wird durch die lektorierte Version ersetzt. Vorabfassung - wird durch die lektorierte Version ersetzt. Gesamtherstellung: H. Heenemann GmbH & Co. KG, Buch- und Offsetdruckerei, Bessemerstraße 83–91, 12103 Berlin, www.heenemann-druck.de Vertrieb: Bundesanzeiger Verlag GmbH, Postfach 10 05 34, 50445 Köln, Telefon (02 21) 97 66 83 40, Fax (02 21) 97 66 83 44, www.betrifft-gesetze.de ISSN 0722-8333 Vorabfassung - wird durch die lektorierte Version ersetzt.