Antwort der Bundesregierung auf die Kleine Anfrage der Abgeordneten Mario Brandenburg (Südpfalz), Katja Suding, Dr. Jens Brandenburg (Rhein-Neckar), weiterer Abgeordneter und der Fraktion der FDP – Drucksache 19/13881 – Stand der Synthetischen Biologie in Deutschland V o r b e m e r k u n g d e r F r a g e s t e l l e r An der Schnittstelle von Ingenieurwissenschaften, Chemie, Physik, Informatik und Biologie und Informatik bildet die Synthetische Biologie (Synbio) ein sich dynamisch entwickelndes Feld. Sie hat die Planung und Konstruktion neuer biologischer Teile und Anwendungen mit zuverlässig vorhersehbaren und zielgerichteten Eigenschaften zum Ziel, die es als solche in der Natur nicht gibt. Es wird zwischen Synbio im engeren Sinne (i. e. S.) und im weiteren Sinne (i. w. S.) differenziert. Die Synbio i. e. S. beinhaltet vom Menschen neu entworfene und konstruierte Zellen oder Organismen, etwa komplett synthetische Genome, Minimalzellen und die Verwendung von nicht natürlich vorkommenden Molekülen (Xenobiologie). Die Synbio i. w. S. beinhaltet zusätzlich die auf bestimmte Anwendungen zielgerichtete Veränderung von bekannten Organismen mit molekularbiologischen Methoden. Anwendungsbeispiele sind die Konstruktion neuer Synthesewege zur Chemikalienherstellung (z. B. Insulin) oder das Design genetischer Schaltkreise für sensorische und regulatorische Funktionen in existierenden Organismen (vgl. www.tab-beimbundestag .de/de/pdf/publikationen/tab-brief/TAB-Brief-046.pdf). Für Deutschland als ambitionierten Forschungsstandort birgt die Synbio ein enormes wissenschaftliches und wirtschaftliches Potenzial mit einer kaum überschaubaren Liste potenzieller Anwendungen. Weder im bisherigen Handeln der Bundesregierung, noch in der Hightech- Strategie 2025 lässt sich der Wille erkennen, dieses Potenzial zu heben. Entsprechend ist es nicht überraschend, dass sich im durch die Zentrale Kommission für biologische Sicherheit kontinuierlich vorgenommenen Monitoring bedeutsamer Synbiobezogener Veröffentlichungen im letzten Jahr nur eine mit deutscher Beteiligung findet. Die Mehrzahl stammt aus den USA und China, aber auch Dänemark hat einen größeren Anteil an den genannten Veröffentlichungen , als Deutschland (www.zkbs-onli-ne.de/ZKBS/DE/Syntheti sche%20Biologie/2019/2019_node.html;jsessionid=22F963FFE6334572 FE0DB76ED96B6F6A.1_cid332). Deutscher Bundestag Drucksache 19/14615 19. Wahlperiode 29.10.2019 Die Antwort wurde namens der Bundesregierung mit Schreiben des Bundesministeriums für Bildung und Forschung vom 24. Oktober 2019 übermittelt. Die Drucksache enthält – in kleinerer Schrifttype – den Fragetext. Vorabfassung - wird durch die lektorierte Version ersetzt.  1. Wie beurteilt die Bundesregierung das wirtschaftliche und gesellschaftliche Potenzial der Synbio für Deutschland? Zur Lösung welcher Probleme erwartet sie einen Beitrag aus der Synbio? Die Bundesregierung folgt der Einschätzung im Bericht des Büros für Technikfolgenabschätzung des Deutschen Bundestages, der Zentralen Kommission für die Biologische Sicherheit (ZKBS) und führender Wissenschaftsorganisationen, dass es sich bei der Synthetischen Biologie nicht um ein inhaltlich klar umrissenes und definiertes Forschungsfeld handelt. Die Erkenntnisse der Synthetischen Biologie können zu innovativen Anwendungen insbesondere in den Bereichen chemische Produktion, Energiegewinnung, Medizin und Umweltschutz führen. Aufgrund des frühen Entwicklungs- und Anwendungsstandes der Synthetischen Biologie lässt sich das wirtschaftliche und gesellschaftliche Potenzial noch nicht präzise abschätzen. Mögliche Nutzungspotenziale müssen mit möglichen Risiken für Mensch und Umwelt sowie hinsichtlich ethischer Fragen abgewogen werden.  2. Wie beurteilt die Bundesregierung die Wettbewerbsfähigkeit von Deutschlands Forschung speziell im Bereich der Synbio i. e. S., einschließlich der in Deutschland stattfindenden Forschung in Unternehmen ? Die Bundesregierung beobachtet die zunehmenden Forschungsaktivitäten im Bereich der Synthetischen Biologie in Deutschland mit hoher Aufmerksamkeit. Als aussichtsreiche Entwicklungen werden hierbei u. a. die Einrichtung neuer Lehrstühle und Forschungszentren wie das Centre for Biological Signalling Studies (BIOSS) der Universität Freiburg, das Zentrum für Synthetische Mikrobiologie (SYNMIKRO) in Marburg sowie die Etablierung interdisziplinärer Forschungsverbünde wie die Helmholtz-Initiative Synthetische Biologie der Helmholtz-Gemeinschaft und das Forschungsnetzwerk MaxSynBio der Max- Planck-Gesellschaft wahrgenommen. Auch die Gründung der German Association for Synthetic Biology (GASB) und die erfolgreiche Teilnahme deutscher Forscherteams am International Genetically Engineered Machine (iGEM)- Wettbewerb tragen zur Weiterentwicklung in diesem jungen Forschungsfeld bei. Aufgrund unspezifischer Definitionen und Abgrenzungen ist eine systematische Erhebung der Forschung speziell im Bereich der Synthetischen Biologie als Grundlage für eine Beurteilung der Wettbewerbsfähigkeit von Deutschlands Forschung in diesem Bereich jedoch nicht gegeben.  3. Welche strategischen Maßnahmen zur Weiterentwicklung Deutschlands als Standort für Synbio nimmt die Bundesregierung vor oder plant sie?  4. Welche Rolle spielt die Synbio in der Bio-Agenda der Bundesregierung? Die Fragen 3 und 4 werden im Zusammenhang beantwortet. Die Synthetische Biologie ist ein inhaltlich nicht klar umrissenes und definiertes Forschungsfeld. Die Synthetische Biologie verwendet unterschiedliche Methoden und Techniken mit unterschiedlichem Nutzen und Risikopotential sowie mit einer unterschiedlichen Entwicklungs- und Anwendungsreife. Die Meinungsbildung zur Rolle der Synthetischen Biologie in der Bio-Agenda ist in der Bundesregierung nicht abgeschlossen. Die Synthetische Biologie wird auch von der Bioökonomie-Politik der Bundesregierung erfasst. Derzeit wird die zugrundeliegende Strategie weiterentwickelt. Drucksache 19/14615 – 2 – Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode Vorabfassung - wird durch die lektorierte Version ersetzt.  5. Welche Projekte der Biosicherheitsforschung mit Bezug zur Synbio fördert die Bundesregierung aktuell (bitte nach Ressorts gegliedert)? Mit welchen Summen, und welcher Laufzeit? Wie hat sich die Förderung prozentual über die letzten sechs Jahre entwickelt (bitte nach Bundesministerium und Budget aufschlüsseln)? Das Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz und nukleare Sicherheit (BMU) fördert seit dem 1. November 2018 bis zum 31. Januar 2021 eine Risikobewertung synthetischer Gene-Drive-Systeme mit 299.118 Euro.  6. Wie viele im Bereich Synbio arbeitende Forschungseinrichtungen mit welchen Sicherheitsstufen gibt es derzeit in Deutschland (bitte nach Sicherheitsstufe aufschlüsseln)? Der Begriff „Synthetische Biologie“ beschreibt ein breites, nicht klar abzugrenzendes Forschungsgebiet. Der Bundesregierung liegt daher keine umfassende Übersicht dazu vor, wie viele Forschungseinrichtungen auf diesem Gebiet tätig sind. Eine Aufstellung ohne Anspruch auf Vollständigkeit von Forschungseinrichtungen , die in Deutschland im Bereich der Synthetischen Biologie tätig sind, bietet die German Association for Synthetic Biology (www.synthetischebi ologie.org/synbio-labs-in-germany). Zuständig für Anzeigen, Anmeldungen und Genehmigungen gentechnischer Arbeiten und Anlagen in Deutschland sind die Länder.  7. Wie lange dauert nach Kenntnisstand der Bundesregierung derzeit durchschnittlich die Entscheidung über die Zulassung von Forschungsprojekten im Bereich der Synbio nach der Antragstellung? Wie wird versucht, den Prozess zu verkürzen? Welche Stellen sind in die Entscheidung eingebunden? Welchen fachlichen Hintergrund haben die Entscheidenden? Welche Weiterbildungsangebote können sie wo nutzen? Anträge zur Durchführung von Forschungsarbeiten im Bereich der Synthetischen Biologie werden nicht explizit unter dem Begriff „Synthetische Biologie “ erfasst. Es ist jedoch davon auszugehen, dass Arbeiten der Synthetischen Biologie, die gentechnischen Arbeiten gleichzusetzen sind, von den zuständigen Behörden der Bundesländer entsprechend der Fristen für gentechnische Arbeiten bearbeitet werden. Viele Arbeiten der Sicherheitsstufe 1 und 2 müssen nicht genehmigt, sondern nur angezeigt oder aufgezeichnet werden. Ist ein höheres Gefährdungspotential nicht auszuschließen, wird die Zentrale Kommission für die Biologische Sicherheit (ZKBS) von den zuständigen Behörden der Bundesländer im Rahmen eines Genehmigungsverfahrens um eine Stellungnahme gebeten. Die ZKBS bearbeitet diese ebenfalls innerhalb der entsprechenden Fristen, die das Gentechnikgesetz (§ 10 GenTG) und die entsprechenden Verordnungen vorgeben. Arbeiten der Synthetischen Biologie, die nicht der Gentechnikregulierung unterliegen , werden entsprechend den Regularien der für sie geltenden Regelungsbereiche beschieden. Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode – 3 – Drucksache 19/14615 Vorabfassung - wird durch die lektorierte Version ersetzt.  8. Welche Firmen im Geschäftsfeld der Gensynthese sind der Bundesregierung in Deutschland bekannt?  9. Welche Firmen im Geschäftsfeld der Gensynthese sind der Bundesregierung darüber hinaus in Europa bekannt (bitte nach Ländern aufschlüsseln )? Die Fragen 8 und 9 werden im Zusammenhang beantwortet. Die Bundesregierung führt keine Statistik über Firmen im Geschäftsfeld der Gensynthese. 10. Spielt nach Kenntnis der Bundesregierung der Zugang zu digitalen Sequenzinformationen (DSI) bei ausländischen Firmen für die Entwicklung der deutschen Synbio-Forschung eine relevante Rolle? Stellt die geltende nationale oder europäische Rechtslage ein Hemmnis für den Zugang dar? Hierzu liegen der Bundesregierung keine spezifischen Informationen vor. 11. Sind der Bundesregierung Forschungsprojekte oder Anwendungen bekannt , die mit synthetisierten DNA-Sequenzen arbeiten, die so kombiniert nicht in der Natur vorkommen? Ja. Die Verwendung von synthetisch hergestellten DNA-Sequenzen im weitesten Sinne, auch solchen, die so kombiniert nicht in der Natur vorkommen, gehört mittlerweile zum Forschungsalltag in biologischen Laboratorien. Eine Übersicht über alle Anwendungen liegt jedoch nicht vor. 12. Sieht die Bundesregierung einen unterschiedlichen Bedarf in der Regulierung von synthetischer DNA, je nachdem ob sie eine Kopie von natürlich vorkommender DNA oder eine in der Natur nicht vorkommende Basenkombination ist? Laut § 3 GenTG ist ein gentechnisch veränderter Organismus (GVO) ein „Organismus , mit Ausnahme des Menschen, dessen genetisches Material in einer Weise verändert worden ist, wie sie unter natürlichen Bedingungen durch Kreuzen oder natürliche Rekombination nicht vorkommt“. Ein Organismus mit synthetisch hergestelltem Genom (XNA), der eine in der Natur nicht vorkommende Basenkombination aufweist, wäre demnach ein GVO. Zur Herstellung von GVO werden üblicherweise synthetisch hergestellte DNA- Sequenzen im weitesten Sinne statt identischer Kopien natürlich vorkommender DNA verwendet. So werden die eingeführten DNA-Sequenzen im Labor auf Basis der natürlichen DNA-Sequenz synthetisiert und für die Verwendung in Pflanzen oder anderen Organismen angepasst. Ein Beispiel sind die gentechnisch veränderten Bt-Maispflanzen, die ein Toxin des Mikroorganismus Bacillus thuringiensis produzieren. Sie enthalten eine im Labor angepasste und verkürzte Kopie der natürlichen DNA-Sequenz des bakteriellen Bt-oxins. Eine Ausnahme im Gentechnikrecht für synthetisch hergestellte DNA-Sequenzen, die auf Informationen von natürlichen DNA-Sequenzen beruhen, erfolgt nicht und ist auch nicht geplant. Drucksache 19/14615 – 4 – Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode Vorabfassung - wird durch die lektorierte Version ersetzt. 13. Welche Importbeschränkungen gelten nach Kenntnis der Bundesregierung für synthetische DNA? Wie oft wurde in den letzten sechs Jahren eine Einfuhr beantragt? Wie oft wurde diese nicht genehmigt? Welche rechtlichen Grundlagen werden bei der Beurteilung zugrunde gelegt , und welche Institutionen fällen die Entscheidung? 14. Welche Angaben sind nach Kenntnis der Bundesregierung beim Erwerb von synthetisierter DNA durch den Erwerber verpflichtend zu machen? Welche Überprüfung der Käufer wird vorgenommen? Wie lange müssen die Informationen vom Anbieter gespeichert werden? Die Fragen 13 und 14 werden im Zusammenhang beantwortet. Die Regelungen zur Kennzeichnung und Qualifikation des Empfängers hängen davon ab, welchem Rechtsgebiet synthetisierte DNA im Einzelfall zuzuordnen ist. Soweit es sich bei den in Rede stehenden Produkten um Arzneimittel handelt , richten sich die Kennzeichnung und die Qualifikation des Empfängers nach den arzneimittelrechtlichen Regelungen, insbesondere des Gesetzes über den Verkehr mit Arzneimitteln (AMG) und der Arzneimittel- und Wirkstoffherstellungsverordnung (AMWHV). Im Übrigen wird auf die Antwort zu Frage 27 verwiesen. Soweit es sich nicht um Organismen handelt, die von den gentechnikrechtlichen Regulierungen erfasst sind, liegen der Bundesregierung hierzu keine spezifischen Informationen vor. 15. Welche Fälle sind der Bundesregierung bekannt, in denen Exporte aus Deutschland mit Bezug zur Synbio von anderen Ländern nicht für die Einfuhr genehmigt wurden (bitte aufschlüsseln nach Produkt und Land und Zeitpunkt)? Hierzu liegen der Bundesregierung keine spezifischen Informationen vor. 16. Sind der Bundesregierung Projekte deutscher Synbio-Firmen bekannt, deren Verwertungsrechte im Erfolgsfall bei ausländischen Firmen oder Investoren liegen? Wenn ja, welche Firmen betrifft das, und wie groß ist das Investitionsvolumen ? Wie schätzt die Bundesregierung das Marktpotenzial der erforschten Produkte ein (vgl. www.handelsblatt.com/meinung/kommentare/kommentardeutschlands -biotech-f i rmen-haben-eine-grosse-schwaeche/ 24945978.html)? Hierzu liegen der Bundesregierung keine spezifischen Informationen vor. 17. Gibt oder gab es in der Bundesregierung Überlegungen zur Regulation synthetischer Gensequenzen über die für Gentechnik geltenden Bestimmungen hinaus, etwa durch die verpflichtende Nutzung von im künstlichen Gencode „festgeschriebenen“ Schutzebenen, die dem Organismus ein Überleben und/oder eine Vermehrung sowie eine Interaktion mit natürlichen Organismen außerhalb der Laborumgebung unmöglich machen? Es wird auf die Antwort zu den Fragen 26 und 27 verwiesen. Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode – 5 – Drucksache 19/14615 Vorabfassung - wird durch die lektorierte Version ersetzt. 18. Unter welchen Umständen sieht die Bundesregierung Raum für Ausnahmen von der RICHTLINIE 2009/41/EG bei der Freisetzung von Organismen mit synthetisierter DNA? Die Richtlinie 2009/41/EG bezieht sich auf die Anwendung genetisch veränderter Mikroorganismen in geschlossenen Systemen. Für Organismen, die unter die Definition dieser Richtlinie fallen, sind keine Ausnahmen vorgesehen und der Umgang ist nur im geschlossenen System möglich, sofern keine Freisetzungsgenehmigung oder Marktzulassung gemäß Richtlinie 2001/18/EG vorliegt . 19. Ab wann beurteilt die Bundesregierung einen synthetischen Organismus als lebenden Organismus? Es wird auf die Antwort zu den Fragen 26 und 27 verwiesen. 20. Wie bewertet die Bundesregierung die Patentfähigkeit von synthetisch geschaffenen lebenden Organismen? Für die Patentierung von Organismen werden einheitliche Maßstäbe angelegt, unabhängig davon, ob es sich um natürliche, gentechnisch veränderte natürliche oder „synthetische“ Organismen handelt. Die in der Fragestellung als synthetisch geschaffene, lebende Organismen bezeichneten Innovationen sind deshalb unter denselben Bedingungen und innerhalb derselben Grenzen patentierbar wie andere Organismen. Dies gilt auch für Einschränkungen der Patentierbarkeit , die durch die Richtlinie 98/44/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 6. Juli 1998 über den rechtlichen Schutz biotechnologischer Erfindungen vorgegeben sind, sowie für die Vorschriften des deutschen Patentgesetzes (insbesondere §§ 1a, 2, 2a PatG), mit denen die Vorgaben der Richtlinie umgesetzt werden. 21. Wie bewertet die Bundesregierung die Gültigkeit des Cartagena- Protokolls für Organismen, deren Basenpaare ganz oder teilweise nicht der natürlichen DNA entsprechen? Entwicklungen der Synthetischen Biologie fallen in den Geltungsbereich der Konvention über die Biologische Vielfalt (CBD). Organismen, die mithilfe der Synthetischen Biologie hergestellt werden, und die die Definition eines LMO („living modified organism“) erfüllen, fallen in den Anwendungsbereich des Cartagena-Protokolls. Demnach fällt ein Organismus, dessen Genom neu synthetisiert und modifiziert wurde, unter das Cartagena-Protokoll, sofern das Genom eine neuartige Kombination genetischen Materials enthält. Für das Einführen von sogenannten „Xenonucleic acids“ (XNA), die ein anderes Zuckerrückgrat als DNA und RNA enthalten, stellt die ZKBS in ihrem „2nd interim report of the German Committee on Biological Safety“ fest, dass dadurch eine genomische Veränderung entsteht, die natürlich nicht vorkommt und somit ein GVO erzeugt wird. Organismen mit XNA würden somit eine neuartige Kombination von genetischem Material aufweisen und demnach unter das Cartagena- Protokoll fallen. Drucksache 19/14615 – 6 – Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode Vorabfassung - wird durch die lektorierte Version ersetzt. 22. Von welchen xenobiologischen Forschungsprojekten in der EU hat die Bundesregierung Kenntnis? Im Rahmen der Forschungsrahmenprogramme der EU wurden mit KonStruktA (2011 bis 2014), METACODE (2012 bis 2015) und SYNPEPTIDE (2014 bis 2017) Vorhaben mit deutscher Beteiligung gefördert. Im ERA-Net SynBio wurden zwei xenobiologische Projekte ohne deutsche Beteiligung mit Partnern aus europäischen Ländern gefördert, „invivoXNA-Orthogonal biosystems based on phosphonate XNAs“ und „TNAepisome – Design and Synthesis of a Bioorthogonal Genetic System Based on Threose Nucleic acids In Vivo“. Darüber hinaus liegen der Bundesregierung neben den beispielsweise in der Projektdatenbank CORDIS der EU-Kommission (www.cordis.europa.eu/de) hinterlegten öffentlichen Informationen keine spezifischen Kenntnisse vor. 23. In welchen der von der Ad Hoc Technical Expert Group on Socioeconomic Considerations (AHTEG) in den bisherigen Reporten benannten Projekten aus dem Feld der Synbio waren deutsche Forscher beteiligt ? Welche Projekte wurden von der Bundesregierung gefördert? Aus der letzten Sitzung der Ad Hoc Technical Expert Group (AHTEG) on Socio-economic Considerations vom 9. bis 13. Oktober 2017 ist bisher der „Report of the Ad Hoc Technical Expert Group on Socio-economic Considerations ” mit der überarbeiteten „Guidance on the assessment of socio-economic considerations in the context of Article 26 of the Cartagena Protocol on Biosafety ” entstanden. Darin sind keine Projekte aus dem Feld der Synthetischen Biologie benannt. 24. Bewertet die Bundesregierung den „Report of the AHTEG on synthetic biology“ von der Tagung in Montreal, Kanada vom 4. bis 7. Juni 2019? Wenn ja, wie? Die Bundesregierung erkennt an, dass die AHTEG zur Synthetischen Biologie in ihrem Bericht die an sie durch die 14. Konferenz der Vertragsparteien zur CBD (CBD-COP 14) im Beschluss 14/19 festgelegen Fragen umfänglich adressiert hat. Der Bericht bildet eine gute Grundlage für die Verhandlungen beim 24. Treffen des Subsidiary Body on Scientific, Technical and Technological Advice (SBSTTA 24) in Montreal und bei der 15. Konferenz der Vertragsparteien zur CBD (COP 15) in Kunming. 25. Welche Positionen hat die Vertreterin Deutschlands zu den in Abschnitt VI von Anhang I des Reports genannten Kriterien a bis f vertreten? Die AHTEG zur Synthetischen Biologie setzt sich aus von Mitgliedstaaten aufgrund ihrer Expertise nominierten Expertinnen und Experten, Nichtregierungsorganisationen , Nichtmitgliedstaaten und Indigenous peoples and local communities (IPLC) zusammen. Die Auswahl der Expertinnen und Experten erfolgte nach dem modus operandi des Subsidiary Body on Scientific, Technical and Technological Advice (siehe Entscheidung UNEP/CBD/COP/DEC/VIII/10, Anhang III, www.cbd.int/doc/decisions/cop-08/cop-08-dec-10-en.pdf). Für die Region „Westeuropa und andere Staaten“ wurde neben anderen eine deutsche Expertin benannt. Sie hat an der AHTEG als Sachverständige und nicht als Vertreterin Deutschlands teilgenommen. Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode – 7 – Drucksache 19/14615 Vorabfassung - wird durch die lektorierte Version ersetzt. 26. Wären Experimente, wie die, die zur synthetischen Zelle Mycoplasma mycoides geführt haben, auch in Deutschland unter den geltenden Regulierungen möglich? Wenn nein, welche Regulierungen stünden dem entgegen? 27. Welche Vorschläge zur Deregulierung bzw. Regulierung der Synbio wurden an die Bundesregierung von Unternehmen, Forschungsinstituten oder Verbänden bzw. Nichtregierungsorganisationen (NGOs) herangetragen? Die Fragen 26 und 27 werden im Zusammenhang beantwortet. Die Synthetische Biologie verwendet unterschiedliche Methoden und Techniken , die unterschiedlichen Regulierungen unterfallen können. Von der Deutschen Forschungsgemeinschaft (DFG) wird Synthetische Biologie als ein Konzept verstanden. Es handelt sich nicht um ein inhaltlich klar abgrenzbares Forschungsfeld . Es gibt gegenwärtig keine allgemein anerkannte Definition von „Synthetischer Biologie“. Die meisten gegenwärtigen Arbeiten auf dem Gebiet der Synthetischen Biologie entsprechen überwiegend gentechnischen Arbeiten und unterliegen somit dem GenTG mit seinen entsprechenden Genehmigungs-, Anzeige- und Anmeldepflichten sowie Anforderungen an technische und biologische Sicherheitsmaßnahmen . Entsprechend gilt die Definition eines Organismus im Sinne des § 3 GenTG auch für synthetische Organismen. Daher hat die ZKBS synthetisch hergestellte Mycoplasma mycoides-Zellen als GVO eingestuft. Die ZKBS schlägt für Arbeiten zur Herstellung dieses synthetischen Organismus in Deutschland eine Durchführung in einer gentechnischen Anlage der Sicherheitsstufe 2 (angemessen der Risikogruppe 2 von M. mycoides) vor (ZKBS – Synthetische Biologie – Mycoplasmen, M. mycoides JCVI-syn1.0 [2010]). Einige Teilbereiche der Synthetischen Biologie, z. B. artifizielle Zellen (soweit nicht fähig, sich zu vermehren oder genetisches Material zu übertragen) oder die Herstellung synthetischer Gensequenzen, fallen nicht unter das GenTG. Diese Bereiche der Synthetischen Biologie sind u. a. über das Chemikaliengesetz , das Arbeitsschutzgesetz, das Infektionsschutzgesetz oder das Arzneimittelgesetz in eine Risikobewertung zum Schutz von Mensch und Umwelt einbezogen . Die DFG und die Nationale Akademie der Wissenschaften Leopoldina teilen die zuvor dargestellte Beurteilung der Bundesregierung zur Regulierung der Synthetischen Biologie. 28. Sieht die Bundesregierung Bedarf für die Regulierung der Integration künstlicher biologischer Systeme in den Menschen? Aus Sicht der Bundesregierung besteht kein Handlungsbedarf bezüglich der Regulierung der Integration künstlicher biologischer Systeme in den Menschen. 29. Welche Erkenntnissse über die Biohacking-Community in Deutschland liegen der Bundesregierung vor? Woher stammen die Erkenntnisse? Die Biohacking-Community umfasst Wissenschaftler und interessierte Laien, die allen interessierten Bürgern einen Zugang zur gentechnischen Forschung ermöglichen möchten. Der Ausschuss für Bildung, Forschung und Technikfolgenabschätzung des Deutschen Bundestages beschäftigte sich am 29. September 2016 in dem öffentlichen Fachgespräch „Synthetische Biologie, Genome Edi- Drucksache 19/14615 – 8 – Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode Vorabfassung - wird durch die lektorierte Version ersetzt. ting, Biohacking – Herausforderungen der neuen Gentechnologie“ ausführlich mit dem Thema. Unter den Aktivitäten in Deutschland sind z. B. das Startup Bio.Kitchen, ein öffentlich zugängliches Biotech-Labor, welches 2018 am Innovationszentrum der Technischen Universität München eröffnet wurde, oder der Verein Lab3, der ebenfalls öffentliche Laborflächen einrichtet, zu nennen. Weitere Informationen und Aktivitäten der Biohacking-Community werden beispielsweise über verschiedene einschlägige Internetplattformen verfolgt. 30. Sind der Bundesregierung Innovationen bekannt, die aus der deutschen und internationalen Biohacking-Szene hervorgingen? Der Bundesregierung liegen keine Informationen über entsprechende Innovationen aus Deutschland vor. 31. Wie bewertet die Bundesregierung die rechtliche Möglichkeit, Biohacking-Kurse an Abendschulen, in Universitäten oder durch Private anzubieten? Schulungs- und Studienmaterialen zur Synthetischen Biologie sind frei zugänglich und entsprechende Kenntnisse werden bereits in Kursen, Studiengängen etc. im Bereich der Naturwissenschaften vermittelt. Wie bei der studentischen Lehre an Universitäten und Hochschulen sind bei praktischen Kursen zur Synthetischen Biologie die gesetzlichen Vorgaben einzuhalten . Beispielsweise dürfen gentechnische Arbeiten gemäß § 8 Absatz 1 Satz 1 GenTG nur in gentechnischen Anlagen durchgeführt werden, also in geeigneten , behördlich überwachten Laboren unter Aufsicht eines sachkundigen Projektleiters. Für die Überwachung der genutzten Labore und durchgeführten Arbeiten sind in Deutschland die Bundesländer zuständig. Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode – 9 – Drucksache 19/14615 Vorabfassung - wird durch die lektorierte Version ersetzt. Vorabfassung - wird durch die lektorierte Version ersetzt. Vorabfassung - wird durch die lektorierte Version ersetzt. Gesamtherstellung: H. Heenemann GmbH & Co. KG, Buch- und Offsetdruckerei, Bessemerstraße 83–91, 12103 Berlin, www.heenemann-druck.de Vertrieb: Bundesanzeiger Verlag GmbH, Postfach 10 05 34, 50445 Köln, Telefon (02 21) 97 66 83 40, Fax (02 21) 97 66 83 44, www.betrifft-gesetze.de ISSN 0722-8333 Vorabfassung - wird durch die lektorierte Version ersetzt.