Antwort der Bundesregierung auf die Kleine Anfrage der Abgeordneten Ulla Jelpke, Dr. André Hahn, Gökay Akbulut, weiterer Abgeordneter und der Fraktion DIE LINKE. – Drucksache 19/13969 – Rechtsextrem beeinflusste Bürgerwehren V o r b e m e r k u n g d e r F r a g e s t e l l e r In mehreren deutschen Städten sind seit der sogenannten Flüchtlingskrise im Jahr 2015 selbsternannte Bürgerwehren entstanden, die durch Stadtviertel patrouillieren , sich als Hüter von Sicherheit und Ordnung aufspielen und gegen Geflüchtete, Migranten und die demokratische Ordnung hetzen. Viele dieser Vereinigungen, die sich etwa „Bruderschaft Deutschland“, „Begleitschutz Köln e. V.“, „Besorgte Bürger Herne“ oder „First Class Crew Steeler Jungs“ nennen, werden von Rechtsextremisten sowie Personen aus dem Hooligan-, Kampfsport- und Rockermilieu dominiert. Verbindungen bestehen nach Ansicht von Sicherheitsbehörden zur neonazistischen Partei „Die Rechte“ sowie zur „Identitären Bewegung“. Auch bekannte Mitglieder der „Alternative für Deutschland“ (AfD) nahmen laut einem Bericht des Innenministeriums Nordrhein-Westfalens (NRW) an Veranstaltungen von führenden Bürgerwehrakteuren teil, so beispielsweise an einer Kundgebung gegen den Migrationspakt der Vereinten Nationen im November 2018 (www.focus.de/politik/ deutschland/zahl-radikaler-buergerwehren-steigt-fuer-fremdenhass-undgegen -die-demokrat ie-s taatsschuetzer- in-sorge-vor-buergerweh ren_id_11183850.html). Am 8. September 2019 zogen ca. 700 Mitglieder und Sympathisanten solcher Bürgerwehren, darunter allein 16 solcher Truppen aus Nordrhein-Westfalen und Süddeutschland gegen vermeintlich von Migranten verübte Gewalttaten durch Mönchengladbach. Dabei wurden Parolen wie „Multikulti Endstation“ und „Merkel muss weg“ skandiert. Ein Sprecher forderte von der Bühne zum „Widerstand gegen das Unrechtsregime“ auf. Organisator des Aufzuges war Dominik Roeseler, ein Ex-Funktionär von „pro NRW“ und Mitbegründer der „Hooligans gegen Salafisten“ (HoGeSa), der heute den rechtsextremen Verein „Mönchengladbach steht auf“ leitet (www.bnr.de/artikel/aktuelle-meldungen/ ultrarechte-wutb-rger-szene-formiert-sich;%20https:/blog.zeit.de/stoerungsmel der/2019/09/09/neustart-fuer-neonazi-bewegung_28957). Deutscher Bundestag Drucksache 19/14618 19. Wahlperiode 30.10.2019 Die Antwort wurde namens der Bundesregierung mit Schreiben des Bundesministeriums des Innern, für Bau und Heimat vom 28. Oktober 2019 übermittelt. Die Drucksache enthält – in kleinerer Schrifttype – den Fragetext. Vorabfassung - wird durch die lektorierte Version ersetzt.  1. Welche Kenntnisse hat die Bundesregierung über die Bildung rechtsextrem beeinflusster selbsternannter Bürgerwehren in deutschen Städten? Rechtsextremisten haben in der Vergangenheit immer wieder auf die vermeintliche Notwendigkeit zur Bildung von „Bürgerwehren“ hingewiesen oder entsprechende Gruppierungen gegründet. Sie versuchen mit dieser leicht zu realisierenden Aktionsform, eine Anschlussfähigkeit rechtsextremistischer Positionen an die bürgerlich-demokratische Mehrheitsgesellschaft herzustellen. Dies soll aus rechtsextremistischer Sicht nicht nur suggerieren, dass der Staat außerstande sei, die öffentliche Sicherheit und Ordnung zu gewährleisten und deshalb seine Legitimation verloren habe. Vielmehr sollen Fremde oder politische Gegner durch die Präsenz von rechtsextremistischen „Bürgerwehren“ vor Ort gezielt eingeschüchtert werden. a) In welchen Städten existieren seit wann solche Bürgerwehren mit wie vielen Mitgliedern, und welche besonderen regionalen Schwerpunktregionen sind der Bundesregierung bekannt? b) Von wem ging nach Kenntnis der Bundesregierung jeweils die Initiative zur Gründung dieser Bürgerwehren aus? Die Fragen 1a und 1b werden wegen ihres Sachzusammenhangs gemeinsam beantwortet. Eine abschließende Auflistung rechtsextremistisch beeinflusster Bürgerwehren liegt der Bundesregierung nicht vor, da es sich häufig um rein regionale Gruppierungen handelt, die im Zuständigkeitsbereich der jeweiligen Landesbehörden bearbeitet werden. Als einzige bundesweit agierende und parteiungebundene Gruppierung ist der Bundesregierung die „Soldiers of Odin Germany“ bekannt. Sie unterhält Divisionen in Brandenburg, Baden-Württemberg, Bayern, Hamburg, Mecklenburg- Vorpommern, Nordrhein-Westfalen, Sachsen, Sachsen-Anhalt, Schleswig- Holstein und Thüringen. Erstmals traten die „Soldiers of Odin Germany“ im Jahr 2017 in Erscheinung und haben circa 150 Mitglieder. Die „Soldiers of Odin“ wurden im Jahr 2015 in Finnland durch einen bekannten finnischen Rechtsextremisten gegründet und breiteten sich von dort auch nach Deutschland aus. In Baden-Württemberg existiert ein Ableger von „Wodans Erben Germanien“ (W.E.G.). Die Anzahl der Mitglieder und regionale Schwerpunkte sind nicht bekannt. In Bayern ist ebenfalls die rechtsextremistische Bürgerwehr „Wodans Erben Germanien – Division Bayern“ bekannt. Es sind Mitglieder aus München und Aktionen in München und Nürnberg bekannt. Über die genaue Mitgliederzahl ist nichts bekannt. Außerdem ist die rechtsextremistische Bürgerwehr „Vikings Security Germania Division Bayern“ bekannt. In Hessen besteht eine Bürgerwehr „Kassel passt auf“ seit dem Jahr 2016 mit dem regionalen Schwerpunkt Kassel. Zu einer konkreten Mitgliederzahl kann keine Aussage getroffen werden. In Nordrhein-Westfalen gibt es etwa seit dem Jahr 2016 in Düsseldorf die „Bruderschaft Deutschland“ mit einer mittleren zweistelligen Mitgliederzahl und in Essen die „Firstclass Crew – Steeler Jungs“, deren Mitgliederzahl sich im oberen zweistelligen Bereich bewegt und die seit Anfang 2018 existiert. Von wem die Gründung der „Bruderschaft Deutschland“ bzw. der „Firstclass Crew – Steeler Jungs“ ausging, kann nicht gesagt werden. Des Weiteren formiert sich derzeit (seit September 2019) in Herne eine Bürgerwehr, über deren Mitgliederzahl jedoch noch keine gesicherten Erkenntnisse vorliegen. Drucksache 19/14618 – 2 – Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode Vorabfassung - wird durch die lektorierte Version ersetzt. In Rheinland-Pfalz existiert ein Ableger der „Vikings Security Germania“, die Division Rheinland-Pfalz. Zur Anzahl der Mitglieder ist nichts bekannt. Zu im Zusammenhang mit rechtsextremistischen Parteien gegründeten „Bürgerwehren “ liegen der Bundesregierung folgende Informationen vor: Der Themenkomplex der „Bürgerwehren“ („Schutzzonen-Kampagne“) ist für die NPD ein zentrales Thema und an zentraler Stelle in ihre politischagitatorische Ausrichtung integriert. Trotz geringer Resonanz hat die Partei es in den Monaten August/September 2019 vermocht, circa 20 derartiger Aktionen durchzuführen. Regionaler Schwerpunkt sind die beiden ostdeutschen Bundesländer Sachsen und Brandenburg. Auch Anhänger der Partei „Die Rechte“ haben im Februar 2019 die Bürgerstreife „GEschützt“ gegründet. „GEschützt“ versteht sich nach Angaben der Partei als eine Art „Bürgerwehr bzw. Stadtschutz“. Laut „GEschützt“ laufe man einmal in der Woche Streife in Stadtteilen von Gelsenkirchen. Bereits 2014 organisierte der Dortmunder Kreisverband der Partei „Die Rechte “ die Bürgerwehr „Rechter Stadtschutz Dortmund“, welche durch ihre gelben T-Shirts auffiel und verschiedene öffentlichkeits-wirksame Aktionen durchführte . Akteure der Partei „Der III. Weg“ traten in den vergangenen Monaten vereinzelt als Bürgerwehr in Erscheinung. Diese Aktionen wurden von den lokalen Partei-Stützpunkten initiiert und gesteuert – eine Koordination auf überregional-gesamtparteilicher Ebene fand nach aktueller Erkenntnislage nicht statt. Folgende Streifengänge – im Partei-Jargon zumeist als „Nationalrevolutionäre Streifen“ bezeichnet – fanden seit Anfang dieses Jahres statt: – Augsburg (BY, Stützpunkt [SP] München/Oberbayern) – Schwedt (BB, SP Uckermark) – Montabaur (RP, SP Westerwald) – Berlin (BE, SP Berlin) – Petershausen (BY, SP München/Oberbayern) – Angermünde (BB, SP Uckermarck) c) Bei welchen dieser Bürgerwehren besteht nach Kenntnis der Bundesregierung eine rechtsextreme Einflussnahme oder Dominanz? Bei allen in der Antwort auf die Fragen 1a und 1b genannten Bürgerwehren bestehen tatsächliche Anhaltspunkte für eine rechtsextreme Einflussnahme oder Dominanz. d) Inwieweit kam es nach Kenntnis der Bundesregierung zu welcher Art von Straftaten durch Mitglieder dieser Bürgerwehren? Der Bundesregierung liegen hierzu keine Erkenntnisse vor. Der Begriff „Bürgerwehr “ ist kein Katalogwert im Rahmen des Kriminalpolizeilichen Meldedienstes in Fällen Politisch motivierter Kriminalität (KPMD-PMK), weshalb die Polizeibehörden der Länder bei der Meldung politisch motivierter Straftaten an das Bundeskriminalamt (BKA) keine derartigen Informationen in standardisierter Weise übermitteln. Der Begriff „Bürgerwehr“ ist darüber hinaus kein recherchefähiges Kriterium in der der BKA-Fallzahlendatei LAPOS (Lage – Abbildung politisch motivierte Straftaten). Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode – 3 – Drucksache 19/14618 Vorabfassung - wird durch die lektorierte Version ersetzt. e) Inwieweit sind diese Bürgerwehren oder einzelne ihrer Mitglieder nach Kenntnis der Bundesregierung bewaffnet? Um welche Arten von Bewaffnung handelt es sich dabei ggf. (bitte für die einzelnen Bürgerwehren ausführen)? Hierzu liegen der Bundesregierung keine Informationen vor. f) Inwieweit und mit welchem Erfolg gibt es nach Kenntnis der Bundesregierung Versuche zur länderübergreifenden oder sogar bundesweiten Vernetzung solcher Bürgerwehren? Nach Kenntnis der Bundesregierung gelang es keinem der in der Antwort zu Frage 1b genannten Organisatoren, über die engen Wirkgrenzen der eigenen Partei hinaus eine nennenswerte Zahl freier Kräfte für die Teilnahme an entsprechenden Aktionen zu gewinnen und damit nachhaltig öffentliche Aufmerksamkeit zu generieren. Einzelne Mitglieder von rechtsextremistischen Parteien nahmen an Veranstaltungen von „Bürgerwehren“ in Herne sowie der „First Class Crew-Steeler Jungs“ teil. Ein sich in steigendenden Teilnehmerzahlen (sowohl parteiintern wie auch extern) ausdrückender Zulauf sowie eine zunehmende Vernetzung mit Bürgerwehren anderer Gruppierungen (in Form von gemeinsamen Aktionen oder Absprachen hinsichtlich der Termine bzw. Orte) können nicht festgestellt werden. Die „Soldiers of Odin Germany“ verfügen über Unterabteilungen (Divisionen) in fast allen Bundesländern und nehmen mit ihren Abordnungen an einer Vielzahl von Veranstaltungen der rechtsextremen Szene im ganzen Bundesgebiet teil. Die Gruppierungen aus Nordrhein-Westfalen besuchen sich gegenseitig bei ihren Veranstaltungen und nehmen gemeinsam an Demonstrationen teil. Die Division Rheinland-Pfalz der „Vikings Security Germania“ steht im Kontakt mit den weiteren Divisionen der „Vikings Security Germania“ in Deutschland .  2. Was sind nach Kenntnis der Bundesregierung die Ursachen, die zur Bildung solcher selbsternannten Bürgerwehren geführt haben? Es wird auf die Antwort zu Frage 1 verwiesen.  3. Welche Rolle spielt nach Kenntnis der Bundesregierung die Bildung solcher Bürgerwehren in der internen und öffentlichen Strategiedebatte rechtsextremer und neonazistischer Parteien und Organisationen? Die Partei „Die Rechte“ erklärt dazu auf ihrer Homepage: „Gelsenkirchen ist eine Stadt mit vielen Problembezirken und Hochrisikobereichen, auch als No- Go-Areas bekannt. Von Jahr zu Jahr werden die Probleme immer brisanter, Gewaltdelikte immer exzessiver und die soziale Ungleichheit nimmt immer mehr zu. Auch die Einschleusung von Asylanten in die Bundesrepublik hat den demographischen Wandel stark geprägt“. (…) „Wir werden nicht mehr weiter dem Zerfall zuschauen, sondern auch in Gelsenkirchen den Bürgerprotest organisieren . Ein Blick nach Essen-Steele, Altenessen oder Herne, sind Modelle, die man gerne auch nach Gelsenkirchen übertragen kann“. In diese Richtung argumentiert auch die Nationaldemokratische Partei Deutschlands (NPD). Die Kampagne der NPD wurde explizit als Bestandteil von zu bildenden Schutzzonen betrachtet, da aus Sicht der Partei die Zunahme von Ge- Drucksache 19/14618 – 4 – Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode Vorabfassung - wird durch die lektorierte Version ersetzt. waltkriminalität und Einbrüchen und der gleichzeitige Abbau von Stellen innerhalb der Polizei zu einer Kapitulation des Rechtsstaates geführt habe und dadurch die Bürger aufgefordert seien, selbst für „Schutz“ zu sorgen. Die Partei „Der III. Weg“ bezieht sich bei ihrer Argumentation auf die „Flüchtlingswelle “. Nach Meinung führender Parteifunktionäre besteht gerade nach der „Flüchtlingswelle“ des Jahres 2015 in der Bevölkerung das Gefühl eines zunehmenden Sicherheitsverlusts im unmittelbaren Lebensumfeld. Dieses soll im Rahmen einer übergeordneten Parteistrategie an möglichst vielen Orten genutzt werden, um als „Kümmerer-Partei“ mit den von den lokalen Partei- Stützpunkten koordinierten Streifengängen einen Brückenschlag zur deutschen Mehrheitsgesellschaft zu vollziehen. Insgesamt dienen die genannten Kampagnen aus Sicht der Bundesregierung den Parteien als Möglichkeit, in der Öffentlichkeit sowohl auf den Straßen als auch im Netz (durch eine zumeist bildreiche Dokumentation im Nachgang der Aktionen) Präsenz zu zeigen und Aufmerksamkeit zu erregen.  4. Welche Haltung nehmen die verschiedenen rechtsextremen und neonazistischen Parteien und Organisationen gegenüber den selbsternannten Bürgerwehren ein? Inwieweit bestehen Kontakte zwischen den Bürgerwehren und solchen Parteien und Organisationen? Es wird auf die Antwort zu Frage 1b verwiesen.  5. Inwieweit bestehen bei diesen Bürgerwehren Kontakte ins Rocker-, Hooligan- und Kampfsportmilieu (bitte für jede einzelne Bürgerwehr die Art der Kontakte angeben und ggf. konkrete Rocker- oder Hooligangruppierungen benennen)? Der Bundesregierung ist bekannt, dass einzelne Mitglieder der Düsseldorfer „Bruderschaft Deutschland“ Kontakt zu den lokalen Hooliganorganisationen und Rockerclubs haben. Die „Viking Security Germania Division Rheinland-Pfalz“ orientiert sich organisatorisch am Vorbild eines Rockerclubs und strukturiert sich in Chapter und adaptiert auch die für Rockerclubs typische Aufnahme von „Anwärtern“.  6. In welchem Verhältnis stehen die selbsternannten Bürgerwehren nach Kenntnis der Bundesregierung zur Polizei? Die Sicherheitsbehörden des Bundes stehen in keiner Kooperation mit einer Bürgerwehr. Bürgerwehren gehören nicht der Polizei an und haben keine weitergehenden Befugnisse als andere Bürger, insbesondere haben sie keine polizeilichen Befugnisse. Ob und inwieweit Kooperationen zwischen Polizeibehörden und Bürgerwehren oder ähnlichen Organisationsformen auf lokaler Ebene bestehen, ist der Bundesregierung nicht bekannt. Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode – 5 – Drucksache 19/14618 Vorabfassung - wird durch die lektorierte Version ersetzt.  7. Inwiefern, wann und zu welchem Anlass waren die selbsternannten Bürgerwehren Thema im Gemeinsamen Terrorismus- und Extremismusabwehrzentrum ? Im „Gemeinsamen Extremismus- und Terrorismusabwehrzentrum – Phänomenbereich Rechtsextremismus/-terrorismus“ (GETZ-R) wurden selbsternannte Bürgerwehren in den vergangenen zwei Jahren (14. Oktober 2017 bis 15. Oktober 2019) achtmal thematisiert.  8. Welche Schlussfolgerungen zieht die Bundesregierung aus der Bildung von selbsternannten Bürgerwehren, und inwieweit sieht sie in solchen Gruppierungen eine Gefahr für die öffentliche Sicherheit und Ordnung? Innerhalb der als „Bürgerwehren“ auftretenden Gruppierungen können sich Ansätze für rechtsterroristische Potenziale herausbilden. Es scheint ein fließender Übergang vom Aufruf zur Bildung von „Bürgerwehren“ hin zu einem eigenmächtigen Eintreten für Sicherheit und Ordnung abseits des staatlichen Gewaltmonopols oder gar hin zu gewalttätigem Handeln zu sein.  9. Gegen welche möglichen Straftatbestände kann das öffentliche Agieren einer selbsternannten Bürgerwehr nach Kenntnis der Bundesregierung verstoßen, und welche möglichen rechtlichen Möglichkeiten sieht die Bundesregierung, um gegen die Bildung bzw. das Auftreten solcher Gruppierungen vorzugehen? Die Bundesregierung sieht grundsätzlich von der rechtlichen Bewertung rein hypothetischer Sachverhalte ab. Im Übrigen ist es je nach konkreter Fallgestaltung Aufgabe der zuständigen Strafverfolgungsbehörden, über das Vorliegen eines strafprozessualen Anfangsverdachts (§ 152 Absatz 2 der Strafprozessordnung – StPO) wegen einer verfolgbaren Straftat zu entscheiden. In einem Beschluss vom 7. Mai 2019 (BGH AK 13-14, 16-19/19) hat der Bundesgerichtshof im Zusammenhang mit dem Agieren einer „Bürgerwehr“ den dringenden Verdacht von Straftaten nach § 129a des Strafgesetzbuchs (StGB) und der §§ 125, 125a StGB bejaht. 10. Welche Kenntnisse hat die Bundesregierung über gegenwärtige Entwicklungen im rechtsextrem beeinflussten Hooliganmilieu? Der Bundesregierung ist bekannt, dass einzelne Hooligangruppierungen an Veranstaltungen von anderen Gruppen des rechten Spektrums teilnehmen. a) Wie hat sich die Bewegung „Hooligans gegen Salafisten“ (HoGeSa) entwickelt, und welche Abspaltungen und Nachfolgegruppierungen mit welcher Stärke und welchen Aktivitäten sind der Bundesregierung bekannt? Eine Weiterentwicklung der Bewegung „Hooligans gegen Salafisten“ (HoGe- Sa) ist derzeit nicht zu beobachten. Momentan sind weder ein Plan, noch eine Koordination erkennbar. Das Gremium aus Mitgliedern verschiedener Fußballvereine ist derzeit inaktiv. Mitglieder der Gruppierung nehmen jedoch bundesweit an Veranstaltungen von anderen Gruppen des rechten Spektrums wie etwa in Mönchengladbach, Hamburg und Berlin teil. Eine Abspaltung von HoGeSa war das „Bündnis Deutscher Hooligans“ (BDH) in Berlin mit ca. 90 Personen. Das Bündnis nahm 2015 und 2016 hauptsächlich Drucksache 19/14618 – 6 – Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode Vorabfassung - wird durch die lektorierte Version ersetzt. an Veranstaltungen des Berliner PEGIDA-Ablegers „Bärgida“ teil und ist seitdem nicht mehr in Erscheinung getreten. b) Welche Versuche und Tendenzen zum bundesweiten vereinsübergreifenden Zusammenschluss rechtsextremer und rechtsextrem beeinflusster Hooligangruppierungen zu politischen Zielen sind der Bundesregierung innerhalb der letzten fünf Jahre bekannt geworden? Von wem, bzw. von welcher Gruppierung gingen diese Versuche aus? Wie entwickelten sie sich jeweils? Ein bekannter Bremer Hooligan, Führungsperson von HoGeSa, gründete parallel zum BDH die Organisation „Gemeinsam Stark Deutschland“ (GSD). Die Gruppe war in den Jahren 2015 und 2016 sehr aktiv mit der bundesweiten Durchführung von Demonstrationen, Kundgebungen und Konzerten in Ludwigshafen , Erfurt, Magdeburg, Bremen, Dresden und Dortmund. Nach dem Tod dieser Führungsfigur im Jahr 2018 fanden keine eigenen Aktionen mehr statt. Im Jahr 2019 ist die Teilnahme von einzelnen Mitgliedern der Organisation bei Veranstaltungen von „Mönchengladbach steht auf“ zu beobachten. Dem Bündnis sind ca. 60 Personen zuzurechnen, die jedoch nicht alle aktiv sind. Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode – 7 – Drucksache 19/14618 Vorabfassung - wird durch die lektorierte Version ersetzt. Gesamtherstellung: H. Heenemann GmbH & Co. KG, Buch- und Offsetdruckerei, Bessemerstraße 83–91, 12103 Berlin, www.heenemann-druck.de Vertrieb: Bundesanzeiger Verlag GmbH, Postfach 10 05 34, 50445 Köln, Telefon (02 21) 97 66 83 40, Fax (02 21) 97 66 83 44, www.betrifft-gesetze.de ISSN 0722-8333 Vorabfassung - wird durch die lektorierte Version ersetzt.