Antwort der Bundesregierung auf die Kleine Anfrage der Abgeordneten Konstantin Kuhle, Alexander Graf Lambsdorff, Grigorios Aggelidis, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der FDP – Drucksache 19/13834 – Situation des Schengen-Raums im Jahr 2019 V o r b e m e r k u n g d e r F r a g e s t e l l e r Der Schengen-Raum ist eine der größten Errungenschaften in der Geschichte Europas. Die Regelungen des Schengen-Besitzstandes stellen im Wesentlichen sicher, dass Menschen innerhalb der Binnengrenzen des Schengen-Raums ohne Grenzkontrollen reisen können. Sie sind damit ein Garant für die Grundfreiheit der Personenfreizügigkeit in der Europäischen Union. Doch seit einiger Zeit steht Schengen unter Druck. Große Migrationsströme offenbarten Schwachstellen an der Schengen-Außengrenze, woraufhin einzelne Mitgliedstaaten von ihrem Ausnahmerecht aus dem Schengener Grenzkodex auf Grundlage von Artikel 23 und 24 (Änderungs-)Verordnung (EU) Nummer 1051/2013 Gebrauch machten und wie Deutschland im Jahr 2015 vorübergehende Binnengrenzkontrollen einführten. Dieser durch die Mitgliedstaaten erklärte Ausnahmezustand hält bis heute an und wird bisher durch die Europäische Kommission akzeptiert. Kürzlich wurde bekannt, dass die Bundesregierung ein Ende der stationären Grenzkontrollen an der deutsch-österreichischen Grenze sondiert (vgl. www.welt.de/politik/deutschland/article199403160/Grenzkontrollen-zu- Oesterreich-Das-nahende-Ende-der-Kontrollen-die-nie-Kontrollen-wa ren.html, letzter Abruf 3. September 2019).  1. Wann, aufgrund welcher Rechtsgrundlagen, und warum verlängerte die Bundesregierung die Binnengrenzkontrollen an der deutsch-österreichischen Grenzen seit dem 20. Juli 2018 (bitte nach Datum, Rechtsgrundlage und Begründung aufschlüsseln)? Der Bundesminister des Innern, für Bau und Heimat hat für den Zeitraum vom 12. Mai 2018 bis zum 11. November 2018 Binnengrenzkontrollen an der deutsch-österreichischen Landgrenze aus migrations- und sicherheitspolitischen Gründen auf Grundlage von Artikel 25 bis 27 der Verordnung (EU) 2016/399 (Schengener Grenzkodex) vorübergehend wiedereingeführt. Deutscher Bundestag Drucksache 19/14639 19. Wahlperiode 30.10.2019 Die Antwort wurde namens der Bundesregierung mit Schreiben des Bundesministeriums des Innern, für Bau und Heimat vom 28. Oktober 2019 übermittelt. Die Drucksache enthält – in kleinerer Schrifttype – den Fragetext. Vorabfassung - wird durch die lektorierte Version ersetzt. Die weiteren, jeweils eigenständigen Neuanordnungen der vorübergehenden Wiedereinführung von Binnengrenzkontrollen an der deutsch-österreichischen Landgrenze mit Wirkung zum 12. November 2018, 12. Mai 2019 und 12. November 2019 jeweils für einen sechsmonatigen Zeitraum hat der Bundesminister des Innern, für Bau und Heimat aus migrations- und sicherheitspolitischen Gründen ebenfalls auf die Artikel 25 bis 27 der Verordnung (EU) 2016/399 (Schengener Grenzkodex) gestützt.  2. Welche bei der Europäischen Kommission notifizierten Binnengrenzkontrollen anderer EU-Mitgliedstaaten sind der Bundesregierung derzeit bekannt ? Auf welchen Rechtsgrundlagen basieren diese Kontrollen jeweils nach Kenntnis der Bundesregierung? Der Bundesregierung sind die nachstehend genannten, derzeit andauernden bzw. vorgesehenen vorübergehend wiedereingeführten Binnengrenzkontrollen anderer EU-/Schengen-Staaten bekannt. Dänemark: Ab 12. Mai 2019 für einen Zeitraum von sechs Monaten auf Grundlage von Artikel 25 und 27 der Verordnung (EU) 2016/399 Ab 12. November 2019 für einen Zeitraum von sechs Monaten auf Grundlage von Artikel 25 und 27 der Verordnung (EU) 2016/399 Frankreich: 1. Mai 2019 bis 31. Oktober 2019 auf Grundlage von Artikel 25 Absatz 1 und 27 der Verordnung (EU) 2016/399 1. November 2019 bis 30. April 2020 auf Grundlage von Artikel 25 Absatz 1 und 27 der Verordnung (EU) 2016/399 Norwegen: Ab 12. Mai 2019 für einen Zeitraum von sechs Monaten auf Grundlage von Artikel 25 und 27 der Verordnung (EU) 2016/399 Ab 12. November 2019 für einen Zeitraum von sechs Monaten auf Grundlage von Artikel 25 und 27 der Verordnung (EU) 2016/399 Österreich: Ab 12. Mai 2019 für einen Zeitraum von sechs Monaten (ohne Nennung der konkreten Rechtsgrundlage) Ab 13. November 2019 für einen Zeitraum von sechs Monaten auf Grundlage von Artikel 25 und 27 der Verordnung (EU) 2016/399 Schweden: Ab 12. Mai 2019 für einen Zeitraum von sechs Monaten auf Grundlage von Artikel 25 der Verordnung (EU) 2016/399 Ab 12. November 2019 für einen Zeitraum von sechs Monaten auf Grundlage von Artikel 25 der Verordnung (EU) 2016/399  3. Welche Anstrengungen und Maßnahmen hat die Bundesregierung zwischen den jeweiligen Verlängerungen unternommen, um das Ultima- Ratio-Prinzip aus dem Schengener Grenzkodex zu wahren (bitte nach Maßnahmen aufschlüsseln)? Auf die Antworten der Bundesregierung zu den Fragen 3 und 5 der Kleinen Anfrage der Fraktion der FDP auf Bundestagsdrucksache 19/3486 wird verwiesen . Drucksache 19/14639 – 2 – Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode Vorabfassung - wird durch die lektorierte Version ersetzt.  4. Welche Evaluationen hat die Bundesregierung über die Wiedereinführung der Binnengrenzkontrollen durchgeführt, und zu welchen Ergebnissen kamen diese? Auf die Antwort der Bundesregierung zu Frage 7 der Kleinen Anfrage der Fraktion der FDP auf Bundestagsdrucksache 19/3486 wird verwiesen.  5. Welche Schlüsse zieht die Bundesregierung aus den Plänen des Kommissionspräsidenten Jean-Claude Juncker, Rumänien und Bulgarien in den sogenannten Schengen-Raum aufzunehmen (vgl. www.tagesspiegel.de/ politik/europaeische-union-junckers-masterplan/20324710.html, letztes Abrufdatum 14. Juni 2018)? Die Zuständigkeit der Entscheidung über die Schengenvollanwendung für Rumänien und Bulgarien trifft der Rat der Justiz- und Innenminister der Europäischen Union einstimmig. Diese Entscheidung steht derzeit nicht auf der Tagesordnung .  6. Wie hoch war die Personalstärke der für die Durchführung der Binnengrenzkontrollen an der deutsch-österreichischen Grenze entsandten zusätzlichen Einsatzkräfte der Bundespolizei vom 20. Juli 2018 bis heute? Wie verteilt sich der Personaleinsatz auf die örtlichen Direktionen der Bundespolizei und auf Abteilungen der Bundesbereitschaftspolizei? Wie hoch war deren Stundeneinsatz jeweils (bitte nach Quartal aufschlüsseln )?  7. Wie viele weitere Kräfte wurden von den Bundespolizeidirektionen bzw. Bundespolizeiabteilungen, der Bundespolizeiakademie und dem Bundespolizeipräsidium im selben Zeitraum zusätzlich zur Bundespolizeidirektion München abgeordnet? Wie hoch war deren Stundeneinsatz (bitte nach Quartal aufschlüsseln)? Die Fragen 6 und 7 werden gemeinsam beantwortet. Hinsichtlich der konkreten Stärke bzw. der Anzahl der zur Unterstützung eingesetzten Polizeibeamtinnen und Polizeibeamten und deren Zugehörigkeit zur jeweiligen polizeilichen Einheit/Behörde wird darauf verwiesen, dass das verfassungsrechtlich verbürgte Frage- und Informationsrecht des Parlaments zwar auf Beantwortung gestellter Fragen in der Öffentlichkeit hin angelegt ist. Wenn das Informationsinteresse des Parlaments aber auf Auskünfte zielt, die zur Wahrung berechtigter Geheimhaltungsinteressen nicht öffentlich kundgegeben werden können, sind nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts Formen der Informationsvermittlung zu suchen, die beiden Interessen Rechnung tragen (vgl. BVerfGE 124, 161 [193]). Die Einstufung der Benennung der konkreten Stärke bzw. der Anzahl der zur Unterstützung eingesetzten Polizeibeamtinnen und Polizeibeamten und deren Zugehörigkeit zur jeweiligen polizeilichen Einheit /Behörde als Verschlusssache ist im vorliegenden Fall notwendig, da diese Angaben Rückschlüsse auf den polizeilichen Planungs- und Entscheidungsprozess sowie das polizeiliche Einsatzverhalten bei künftigen, vergleichbar schwerwiegenden Lagen zulassen. Eine Veröffentlichung kann die (grenz-) polizeiliche Aufgabenwahrnehmung zukünftig nachhaltig negativ beeinflussen. Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode – 3 – Drucksache 19/14639 Vorabfassung - wird durch die lektorierte Version ersetzt. Um gleichwohl dem parlamentarischen Informationsanspruch nachzukommen, werden die mit dem Geheimhaltungsgrad „VS-NUR FÜR DEN DIENSTGE- BRAUCH“ nach der Allgemeinen Verwaltungsvorschrift zum materiellen Geheimschutz (Verschlusssachenanweisung – VSA) eingestuften Antworten als Anlage übermittelt, die nicht zur Veröffentlichung bestimmt ist.*  8. Wie viele Überstunden wurden durch die Bundespolizei bzw. durch die Bundesbereitschaftspolizei zur Durchführung der Binnengrenzkontrollen von 2015 bis heute geleistet (bitte nach Jahr und Anzahl der Überstunden aufschlüsseln)? Eine Statistik bezüglich der Überstunden im unmittelbaren Zusammenhang mit den vorübergehend wiedereingeführten Binnengrenzkontrollen wird nicht geführt .  9. Wie viele Personenkontrollen wurden an der deutsch-österreichischen Grenze seit dem 20. Juli 2018 durchgeführt (bitte nach Quartal aufschlüsseln )? Die Anzahl der kontrollierten Personen im Sinne der Fragestellung ist in der nachstehenden Übersicht dargestellt. 3. Quartal 2018 4. Quartal 2018 1. Quartal 2019 2. Quartal 2019 3. Quartal 2019 Kontrollierte Personen 551.988 558.239 590.951 592.241 576.739 10. Wie viele Zurückweisungen hat es bei Kontrollen an der deutschösterreichischen Grenze seit dem 20. Juli 2018 gegeben (bitte nach Quartal aufschlüsseln)? Die Anzahl der Zurückweisungen im Sinne der Fragestellung ist in der nachstehenden Übersicht dargestellt. Das dritte Quartal 2018 enthält die Zurückweisungen für den gesamten Monat Juli 2018. 3. Quartal 2018 4. Quartal 2018 1. Quartal 2019 2. Quartal 2019 3. Quartal 2019 Zurückweisungen 1.511 1.853 1.658 1.476 1.433 11. Welche Grenzübergänge an der deutsch-österreichischen Grenze werden derzeit von der Bundesrepublik Deutschland im Zuge der wiedereingeführten Binnengrenzkontrollen kontrolliert? Wie hat sich diese Zahl seit dem 20. Juli 2018 verändert? Auf die Antwort der Bundesregierung zu Frage 26 der Kleinen Anfrage der Fraktion der FDP auf Bundestagsdrucksache 19/3486 wird verwiesen. * Das Bundesministerium des Innern, für Bau und Heimat hat die Antwort als „VS – Nur für den Dienstgebrauch“ eingestuft . Die Antwort ist im Parlamentssekretariat des Deutschen Bundestages hinterlegt und kann dort von Berechtigten eingesehen werden. Drucksache 19/14639 – 4 – Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode Vorabfassung - wird durch die lektorierte Version ersetzt. 12. Wie hoch war die durchschnittliche Wartezeit an den kontrollierten Grenzübergängen zu Hauptverkehrszeiten (wochentags zwischen 6 und 17 Uhr)? Daten im Sinne der Fragestellungen werden durch die Bundespolizei nicht erfasst . 13. Wie hoch schätzt die Bundesregierung die Dunkelziffer der nichtkontrollierten Grenzübertritte während der Durchführung stationärer Grenzkontrollen an der deutsch-österreichischen Grenze seit dem Jahr 2015? Hierbei handelt es sich um eine spekulative Frage, zu der die Bundesregierung keine Stellung nimmt. 14. Wie viele Eingaben gab es bei der Bundesregierung zu den stationären Grenzkontrollen an der deutsch-österreichischen Grenze seit 2015 von a) betroffenen Privatpersonen (bitte für die Jahre 2015 bis heute aufschlüsseln ), b) Verbänden (bitte Einzelangabe der Eingaben), und c) Vertretern betroffener Kommunen (bitte Einzelangabe der Eingaben)? Eine entsprechend aufgearbeitete Statistik wird nicht geführt. 15. Sondiert die Bundesregierung und insbesondere das Bundesministerium des Innern, für Bau und Heimat das Ende der stationären Grenzkontrollen an der deutsch-österreichischen Grenze (vgl. www.welt .de/poli t ik/ deutschland/article199403160/Grenzkontrollen-zu-Oesterreich-Dasnahende -Ende-der-Kontrollen-die-nie-Kontrollen-waren.html, letzter Abruf 3. September 2019)? Das grenzkontrollfreie Reisen innerhalb des Schengenraums ist eine zentrale Säule des europäischen Einigungsprozesses, die es zu erhalten gilt. Das Bundesministerium des Innern, für Bau und Heimat ist daher weiterhin bestrebt , zu grenzkontrollfreien Schengen-Binnengrenzen zurückzukehren, sofern dies migrations- und sicherheitspolitisch vertretbar ist. Im Übrigen wird auf die Antwort der Bundesregierung zu Frage 16 der Kleinen Anfrage der Fraktion der FDP auf Bundestagsdrucksache 19/3486 verwiesen. 16. Haben zu einem möglichen Ende der stationären Grenzkontrollen an der deutsch-österreichischen Grenze koordinierende Treffen der Bundesregierung mit Vertretern des Freistaates Bayern stattgefunden? Wenn ja, wann, und mit welchem Ergebnis (bitte aufschlüsseln)? Spezifische Treffen im Sinne der Fragestellung haben nicht stattgefunden. Die vorübergehend wiedereingeführten Binnengrenzkontrollen an der deutschösterreichischen Landgrenze sind gelegentlich Gegenstand von Gesprächen mit unterschiedlichen Gesprächspartnern. Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode – 5 – Drucksache 19/14639 Vorabfassung - wird durch die lektorierte Version ersetzt. 17. Wird die Bundesregierung auf die Aussage des Bayerischen Staatsministers des Innern, für Sport und Integration, Joachim Herrmann reagieren, wonach man mit einem Ende der stationären Kontrollen „ein völlig falsches Signal“ setzen würde (vgl. www.welt.de/politik/deutschland/arti cle199403160/Grenzkontrollen-zu-Oesterreich-Das-nahende-Ende-der- Kontrollen-die-nie-Kontrollen-waren.html, letzter Abruf 3. September 2019)? Wenn ja, wie? 18. Wird die Bundesregierung auf die Aussage des Bayerischen Staatsministers des Innern, für Sport und Integration, Joachim Herrmann reagieren, wonach die Bundesregierung nicht auf Maßnahmen wie die stationären Grenzkontrollen an der deutsch-österreichischen Grenze verzichten kann, bevor die EU-Außengrenzen wirksam geschützt sind (vgl. www.welt.de/ politik/deutschland/article199403160/Grenzkontrollen-zu-Oesterreich- Das-nahende-Ende-der-Kontrollen-die-nie-Kontrollen-waren.html, letzter Abruf 3. September 2019)? Wenn ja, wie? Die Fragen 17 und 18 werden gemeinsam beantwortet. Die Bundesregierung hat die Aussage des Bayerischen Staatsministers des Innern , für Sport und Integration zur Kenntnis genommen. Die Entscheidung über die vorübergehende Wiedereinführung von Binnengrenzkontrollen richtet sich nach der Verordnung (EU) 2016/399 (Schengener Grenzkodex) und wird durch das Bundesministerium des Innern, für Bau und Heimat getroffen. 19. Hat die Europäische Kommission die Bundesregierung darüber informiert , dass sie die Eröffnung eines Vertragsverletzungsverfahrens wegen unrechtmäßiger Binnengrenzkontrollen nach Artikel 258 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union (AEUV) prüft? Wenn ja, wann? Der Bundesregierung liegen keine entsprechenden Informationen vor. 20. Entfalten sogenannte Schleierfahndungen nach Auffassung der Bundesregierung die gleiche Wirkung wie stationäre Grenzkontrollen? Nein, da diese im Rahmen der Bestimmungen des Artikels 23 der Verordnung (EU) 2016/399 (Schengener Grenzkodex) erfolgen müssen. Drucksache 19/14639 – 6 – Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode Vorabfassung - wird durch die lektorierte Version ersetzt. Vorabfassung - wird durch die lektorierte Version ersetzt. Gesamtherstellung: H. Heenemann GmbH & Co. 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