Antwort der Bundesregierung auf die Kleine Anfrage der Abgeordneten Andrej Hunko, Michel Brandt, Niema Movassat, weiterer Abgeordneter und der Fraktion DIE LINKE. – Drucksache 19/13496 – Sammlung und Verarbeitung biometrischer Daten in Hilfsprogrammen der Vereinten Nationen V o r b e m e r k u n g d e r F r a g e s t e l l e r Im Welternährungsprogramm (WFP) der Vereinten Nationen (UN) werden biometrische Daten von Hilfeempfängerinnen und Hilfeempfängern gesammelt , um diese zweifelsfrei zu identifizieren und Nahrung zu verteilen („Ohne Gesichts-Scan kein Essen“, www.sueddeutsche.de vom 6. August 2019). Die Hilfsbedürftigen müssen sich in einem biometrischen Authentifizierungssystem mit Fingerabdrücken sowie Iris- und Gesichtsscans registrieren. Jede weitere biometrische Datensammlung erhöht aus Sicht der Fragesteller die Gefahr des Zugriffs durch nicht berechtigte Personen. Medienberichten zufolge besteht beispielsweise die Huthi-Bewegung darauf, Zugang zu den erhobenen Daten zu erhalten. Das mögliche Hacken und Kopieren solcher Dateien durch staatliche und nichtstaatliche Verfolger von schutzbedürftigen Geflüchteten birgt weitere, nicht absehbare Gefahren. Aus Sicht der Fragestellerinnen und Fragesteller erinnert die beschriebene Praxis an die Kolonialzeit. Bedürftige und Schutzlose werden zur Preisgabe ihrer sensiblen Daten gezwungen, die Technik und Finanzierung dieser Biometrisierung stammt aus Industrieländern. Denkbar ist aus Sicht der Fragesteller auch, dass im Rahmen von UN-Hilfsprogrammen gesammelte Daten von Militärs oder Geheimdiensten aus NATO-Mitgliedstaaten genutzt werden. Eine solche Sammlung und Verarbeitung von „Daten von Kriegsschauplätzen“ (sog. battlefield data oder battlefield information) wird unter anderem von der Polizeiorganisation Interpol vorangetrieben (Bundestagsdrucksache 19/10080). Entsprechende Projekte sind aus Syrien und dem Irak bekannt. Weitere Möglichkeiten zur polizeilichen Nutzung militärischer und geheimdienstlicher Informationen hatte der EU-Terrorismusbeauftragte im Ratsdokument 6336/19 dargestellt. Deutscher Bundestag Drucksache 19/14653 19. Wahlperiode 31.10.2019 Die Antwort wurde namens der Bundesregierung mit Schreiben des Auswärtigen Amts vom 29. Oktober 2019 übermittelt. Die Drucksache enthält – in kleinerer Schrifttype – den Fragetext. Vorabfassung - wird durch die lektorierte Version ersetzt. V o r b e m e r k u n g d e r B u n d e s r e g i e r u n g Die Beantwortung der Fragen 21 und 22 kann nicht offen erfolgen. Zwar ist der parlamentarische Informationsanspruch grundsätzlich auf die Beantwortung gestellter Fragen in der Öffentlichkeit angelegt. Die Einstufung der Antworten auf die gegenständlichen Fragen als Verschlusssache (VS) mit dem Geheimhaltungsgrad „VS – Nur für den Dienstgebrauch“ ist aber im vorliegenden Fall im Hinblick auf das Staatswohl erforderlich. Nach § 3 Nummer 4 der Allgemeinen Verwaltungsvorschrift zum materiellen und organisatorischen Schutz von Verschlusssachen Verschlusssachenanweisung, VSA) sind Informationen, deren Kenntnisnahme durch Unbefugte für die Interessen der Bundesrepublik Deutschland oder eines ihrer Länder nachteilig sein können, entsprechend einzustufen . Eine Veröffentlichung von Einzelheiten betreffend solche Erkenntnisse würde die zur Verfügung stehenden Möglichkeiten zur Informationsgewinnung beeinträchtigen. Dies kann für die Interessen der Bundesrepublik Deutschland nachteilig sein. Diese Informationen werden daher gemäß § 3 Nummer 4 VSA als „VS – Nur für den Dienstgebrauch“ eingestuft und dem Deutschen Bundestag gesondert übermittelt.*  1. In welchen Projekten der Deutschen Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit (GIZ) GmbH werden nach Kenntnis der Bundesregierung biometrische Daten schutzbedürftiger Personen, Geflüchteter sowie Migrantinnen und Migranten verarbeitet oder eine solche Sammlung und Verarbeitung durch Behörden des Gastlandes unterstützt? Nach Kenntnis der Bundesregierung werden in Vorhaben, die die Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit (GIZ) im Auftrag der Bundesregierung durchführt, keine biometrischen Daten schutzbedürftiger Personen, Geflüchteter sowie Migrantinnen und Migranten verarbeitet. Auch wird deren Sammlung und Verarbeitung durch Behörden des Gastlands von der GIZ nicht unterstützt.  2. Welche Projekte des Auswärtigen Amts oder des „Polizeiprogramms Afrika “ beinhalten nach Kenntnis der Bundesregierung die Unterstützung bei der Sammlung und Verarbeitung biometrischer Daten (auch an neu eingerichteten Grenzstationen, vgl. Bundestagsdrucksachen 19/3594 und 19/10345, Anlage 1)? Das Auswärtige Amt unterstützt die Internationale Organisation für Migration (IOM) bei der Fähigkeitssteigerung des nigerianischen Grenzschutzes durch den Aufbau eines nationalen Datenerfassungssystems („Migration Information and Data Analysis System“ – MIDAS) an einigen Grenzschutzdienststellen.  3. Welche Dokumenten- und Urkundenschulungen haben die Projektbeteiligten in den verschiedenen Phasen des „Polizeiprogramms Afrika“ oder in anderen Projekten der GIZ nach Kenntnis der Bundesregierung zugunsten lokaler Polizei- und Grenzbehörden durchgeführt, und wie war die Bundespolizei daran beteiligt? Die GIZ hat im Rahmen des „Polizeiprogramms Afrika“ keine Dokumentenund Urkundenschulungen durchgeführt. Im Rahmen des Regionalvorhabens „Better Migration Management“, durchgeführt von der GIZ im Auftrag des Bundesministeriums für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (BMZ) und der EU in Äthiopien, Dschibuti, Eritrea, Kenia, Somalia, Südsudan, * Das Auswärtige Amt hat Teile der Antwort als „VS – Nur für den Dienstgebrauch“ eingestuft. Die Antwort ist im Parlamentssekretariat des Deutschen Bundestages hinterlegt und kann dort von Berechtigten eingesehen werden. Drucksache 19/14653 – 2 – Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode Vorabfassung - wird durch die lektorierte Version ersetzt. Sudan und Uganda, erfolgten insgesamt acht Schulungen zur Dokumentenüberprüfung und Identifizierung von Fälschungen: zwei Ausbildertrainings in Südsudan und Sudan sowie sechs Schulungen für Angehörige der Einwanderungsbehörde Kenias. Die Bundespolizei war an keiner der Aus- und Fortbildungen im Rahmen des Polizeiprogramms Afrika beteiligt.  4. Welche einzelnen Maßnahmen fördert das Auswärtige Amt im Rahmen des „Grenzmanagementprogramms Phase III ‚From Barriers to Bridges‘ „ in der Tschadsee-Region, und wer sind die begünstigten Behörden in den betreffenden Ländern (Bundestagsdrucksache 19/10345, Anlage 1)? In der aktuellen Phase III des Grenzmanagementprogramms „From Barriers to Bridges“ werden folgende Maßnahmen in der genannten Region (Länderkomponente Niger) durchgeführt: Unterstützung der nigrischen Grenzkommission und der gemeinsamen Kommission mit dem Tschad bei der Demarkierung der gemeinsamen Grenzen; Organisations- und Prozessberatung bei einer möglichen Reform der nigrischen Grenzkommission sowie für Forschungsinstitute und zivilgesellschaftliche Organisationen im Bereich Grenzkooperation (Bauernverbände , Nutzerkomitees von Schulen, Gesundheitszentren u. a.); Unterstützung der Zusammenarbeit von Grenzanrainergemeinden etwa mit dem Tschad zur Verbesserung des grenzübergreifenden Austauschs, Workshops und andere Maßnahmen zur institutionellen Stärkung der nigrischen Grenzkommission , Sensibilisierung der lokalen Grenzbevölkerung zum Thema Korruption im Zusammenhang mit Migration, Unterstützung zur Verbesserung der rechtlichen Rahmenbedingungen und Korruptionsprävention, Analyse der Zusammenhänge zwischen Korruption, Migration und Grenzmanagement, Unterstützung der Akteure des Grenzmanagements bei der Umsetzung der nationalen Antikorruptionsstrategie, Unterstützung von „Antikorruptions-Clubs“ bei der Einrichtung von Rechtshilfen und Beschwerdemechanismen.  5. An welchen Maßnahmen im Welternährungsprogramm der Vereinten Nationen , in denen biometrische Daten schutzbedürftiger Personen, Geflüchteter sowie Migrantinnen und Migranten verarbeitet oder eine solche Sammlung und Verarbeitung durch Behörden des Gastlandes unterstützt werden, ist die Bundesregierung in welchen Ländern mit welchem Personal , welcher Ausrüstung bzw. welchen finanziellen Mitteln beteiligt? Mit Stichtag 27. September 2019 hat das Welternährungsprogramm (WEP) der Vereinten Nationen in 32 Ländern biometrische Informationen von Begünstigten erhoben. Insgesamt hat das WEP biometrische Informationen von 11,4 Millionen Begünstigten gesammelt, davon Fingerabdrücke von neun Millionen Begünstigten . Eine Erfassung biometrischer Daten wird ausschließlich durchgeführt , wenn dies zur Verifikation oder Identifikation der Begünstigten notwendig ist und alternative Identifikationsmittel (z. B. Personalausweis) nicht vorhanden sind. Die Bundesregierung ist an entsprechenden Maßnahmen nicht mit eigenem Personal oder eigener Ausrüstung beteiligt. Die finanziellen Beiträge der Bundesregierung im laufenden Haushaltsjahr zu den WEP-Landesprogrammen mit biometrischer Datenerhebung sind der nachstehenden Tabelle zu entnehmen. Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode – 3 – Drucksache 19/14653 Vorabfassung - wird durch die lektorierte Version ersetzt. Land Finanzieller Beitrag der Bundesregierung 2019 (Stand 01.10.2019) zu WEP-Landesprogramm (EUR) Afghanistan 2.000.000 Äthiopien 2.500.000 Bangladesch 4.000.000 Bolivien 0 Burkina Faso 1.500.000 Burundi 5.000.000 Gambia 0 Ghana 0 Guatemala 0 Irak 22.000.000 Jemen 70.000.000 Kolumbien 1.000.000 Kongo, Demokratische Republik 10.000.000 Kongo, Republik 0 Liberia 0 Madagaskar 1.000.000 Mali 8.400.000 Mauretanien 4.100.000 Mosambik 8.000.000 Namibia 0 Niger 12.000.000 Nigeria 5.000.000 Philippinen 0 Sierra Leone 0 Somalia 31.500.000 Sri Lanka 0 Sudan 9.800.000 Südsudan 21.400.000 Syrien 50.000.000 Tschad 14.400.000 Uganda 4.575.000 Zentralafrikanische Republik 7.700.000  6. Was ist der Bundesregierung darüber bekannt, in welchen Ländern der Hohe Flüchtlingskommissar der Vereinten Nationen (UNHCR) ein „biometrisches Identitätsmanagement-System“ („Biometric Identity Management System“) eingerichtet hat (vgl. www.unhcr.org/protection/basic/ 550c304c9/biometric-identity-management-system.html)? Der Hohe Flüchtlingskommissar der Vereinten Nationen („United Nations High Commissioner on Refugees“ – UNHCR) hat nach eigenen Angaben bisher in seinen Programmen in folgenden Ländern ein „biometrisches Identitätsmanagement -System“ („Biometric Identity Management System“ – BIMS) eingerichtet : Ägypten, Äthiopien, Afghanistan, Algerien, Angola, Aserbaidschan, Bangladesch , Botsuana, Brasilien, Burkina Faso, Burundi, Costa Rica, Dominikanische Republik, Dschibuti, Eritrea, Haiti, Indien, Indonesien, Irak, Israel, Jordanien , Kamerun, Kenia, Kolumbien, Kuwait, Libanon, Lesotho, Madagaskar, Malawi, Malaysia, Mali, Marokko, Mauretanien, Mauritius, Mosambik, Namibia , Nepal, Niger, Nigeria, Pakistan, Peru, Republik Kongo, Demokratische Republik Kongo, Ruanda, Sambia, Saudi Arabien, Simbabwe, Somalia, Sri Lanka , Südafrika, Südsudan, Sudan, Swasiland, Syrien, Tansania, Thailand, Trini- Drucksache 19/14653 – 4 – Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode Vorabfassung - wird durch die lektorierte Version ersetzt. dad und Tobago, Tschad, Tunesien, Uganda, Ukraine, Vereinte Arabische Emirate und Zentralafrikanische Republik. a) Inwiefern handelt es sich dabei um ein zentrales oder dezentral vernetztes System, und wo ist dieses physisch angesiedelt? Es handelt sich dabei um ein zentrales vernetztes System. Angesichts der Einsatzbedingungen in Gebieten ohne dauerhafte Internetverbindung verwendet der UNHCR auch lokale Feldserver. Diese Feldserver verfügen über eine temporäre und verschlüsselte Kopie einer begrenzten, kontextbezogenen Datenbank , wie zum Beispiel Standorte von Flüchtlingslagern. Das erlaubt UNHCR tagsüber an Offline-Standorten weiterzuarbeiten um anschließend die Informationen mit dem zentralen Speicher zu synchronisieren. Aus Sicherheitsgründen teilt UNHCR keine Informationen über die Standorte der physischen Server. b) Welche Hard- und Software welcher Hersteller wird hierfür genutzt, und wer ist mit der Bereitstellung und Pflege beauftragt? Laut UNHCR ist der Hersteller der genutzten Software Accenture. Die Software von IrisGuard wird in fünf Ländern des Nahen Ostens für das Scannen der Iris genutzt. Die genutzte Hardware stammt nach Angaben von UNHCR von Greenbit (Fingerabdruckscanner), IriTech (Irisscanner) und Logitech (Webcams ). Die Webcams von Logitech sind nach Angaben des UNHCR allerdings kein essentieller Bestandteil der BIMS-Sets, da auch Webcams anderer Hersteller und die Webcams der Laptops, mit denen die Hardware angeschlossen wird, genutzt werden könnten. Die Pflege der Soft- und Hardware wird jeweils von den Herstellern übernommen. c) Welche Kosten sind für die Einrichtung des Systems entstanden, und wie werden diese getragen? Angaben über die Kosten für die Einrichtung des Systems liegen der Bundesregierung nicht vor. d) Welche biometrischen Daten werden in diesem System erhoben? Die erhobenen Daten im System beinhalten für jeden Schutzsuchenden ab fünf Jahren ein Gesichtsfoto, Fingerabdrücke beider Hände und Bilder beider Irides. e) Wie viele Fingerabdrücke, Gesichts- und Irisscans von wie vielen Erwachsenen und Kindern sind derzeit in dem System gespeichert? Mit Stand vom 1. September 2019 wurden die biometrischen Daten von 8,2 Millionen Erwachsenen und Kindern in dem System durch UNHCR erfasst und gespeichert.  7. Wer darf nach Kenntnis der Bundesregierung auf die Informationen im „biometrischen Identitätsmanagement-System“ der Vereinten Nationen zugreifen, und unter welchen Umständen ist eine Weitergabe an Regierungen sowie deren Polizeien, Geheimdienste oder Militärs erlaubt? Ein VN-weites, organisationsübergreifendes Identitätserfassungssystem ist der Bundesregierung nicht bekannt. Das umfassendste „biometrische Identitätsmanagement -System“ der Vereinten Nationen ist aufgrund des Mandats für den Schutz von Flüchtlingen bei UNHCR angesiedelt. Die Bundesregierung bezieht sich in ihren Antworten zu den Fragen 7, 8 und 9 daher auf das „biometrische Identitätsmanagement-System“ des UNHCR. Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode – 5 – Drucksache 19/14653 Vorabfassung - wird durch die lektorierte Version ersetzt. Grundsätzlich gilt, dass die Verantwortung für Identitätsfeststellung und Erfassung von Flüchtlingen primär beim aufnehmenden Staat liegt und Flüchtlinge von UNHCR nur dann erfasst werden, wenn die Regierung des Aufnahmelandes UNHCR offiziell darum bittet oder dies ausdrücklich erlaubt. Die Datenschutzregularien (sog. „Data Protection Policy“) des UNHCR regeln, unter welchen Umständen Daten an Polizei- und Ermittlungsbehörden sowie andere Sicherheitsorgane übermittelt werden dürfen und sind unter folgendem Link einsehbar: https://eur02.safelinks.protection.outlook.com/?url=https% 3A%2F % 2 F w w w . r e f w o r l d . o r g % 2 F p d f i d % 2 F 5 5 6 4 3 c 1 d 4 . p d f & d a t a = 0 2 % 7 C 0 1 % 7 C L A N G E H E N % 4 0 u n h c r . o r g % 7 C a 3 1 f 2 a c 3 4 1 7 4 4 2 d1b2e808d7468d6e19%7Ce5c37981666441348a0c6543d2af80be %7C0%7C0%7C637055446383532393&sdata=7ZyGmqKkkS34QE4Hu fUHm6B0pnNXvqhKSrqsDMSwOFM%3D&reserved=0.  8. Was ist der Bundesregierung darüber bekannt, welche weiteren Länder perspektivisch an dem „biometrischen Identitätsmanagement-System“ der Vereinten Nationen teilnehmen sollen? Der Bundesregierung liegen dazu keine Informationen vor.  9. Was weiß die Bundesregierung über Maßnahmen zur Datensicherheit des „biometrischen Identitätsmanagement-Systems“, und welche Defizite sind ihr bekannt geworden? Die Maßnahmen des UNHCR zur Datensicherheit des biometrischen Identitätsmanagement -Systems sind in den Datenschutzrichtlinien des UNHCR aufgeführt . Auf die Antwort zu Frage 7 wird verwiesen. Der Bundesregierung sind bisher keine Defizite bekannt geworden. 10. Was weiß die Bundesregierung über die geplante oder bereits erfolgte Einführung Blockchain-basierter Bezahlsysteme in Hilfsprogrammen der Vereinten Nationen? Nach Kenntnis der Bundesregierung führt das Welternährungsprogramm (WEP) in Jordanien im Bereich humanitäre Hilfe das Blockchain-Pilotvorhaben „Building Blocks“ durch. Durch diese Datenbanktechnologie werden Transaktionen schneller und kostengünstiger. 106.000 syrische Flüchtlinge erhalten kryptographisch gesicherte, elektronische Lebensmittelcoupons, mit denen sie in Supermärkten im Flüchtlingslager einkaufen können. „Building Blocks“ ist eine private, zentralisierte Blockchain, bei der Transaktionsdaten nur für autorisierte Teilnehmer einsehbar sind (derzeit WEP und UN Women). „Building Blocks“ benutzt zwar zur Authentifizierung biometrische Daten, hat selbst aber keinen Zugriff darauf, da diese vom UNHCR geliefert und verwaltet werden. Personenbezogene Daten unterliegen dabei einer Pseudonymisierung. In der Blockchain werden keine sensiblen Daten der Begünstigten gesammelt oder gespeichert. Drucksache 19/14653 – 6 – Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode Vorabfassung - wird durch die lektorierte Version ersetzt. 11. Welche Maßnahmen haben die EU-Kommission und deutsche Bundesministerien nach Kenntnis der Bundesregierung im Sudan gestoppt, nachdem offenkundig wurde, dass damit die Rapid Support Forces (RSF) unterstützt worden sind, die für Massaker verantwortlich sein sollen („EU stoppt Migrationspakt mit Sudan“, www.spiegel.de vom 19. August 2019)? Die „Rapid Support Forces“ wurden durch Vorhaben der Bundesregierung nicht unterstützt. Nach Kenntnis der Bundesregierung trifft dies auch auf die Vorhaben der EU zu. Aufgrund der Sicherheitslage während des Umsturzes in Sudan wurde die Umsetzung von einzelnen Maßnahmen verschoben und internationales Personal zeitweise evakuiert. a) Worum handelt es sich bei dem „Zentrum für Datenaustausch über Menschenhandel und Menschenschmuggel“ in Khartum, das ebenfalls bis auf Weiteres geschlossen worden sein soll? b) Auf welche Weise waren Bundesbehörden und die EU-Kommission in den Aufbau oder Betrieb dieses Zentrums involviert? Die Fragen 11a und 11b werden gemeinsam beantwortet. Bei dem im Artikel erwähnten „Zentrum für Datenaustausch über Menschenhandel und Menschenschmuggel “ handelt es sich nach dem Verständnis der Bundesregierung um das „Regional Operational Centre in Support of the Khartoum Process“ (ROCK). Hierzu wird auf die Antwort der Bundesregierung zu Frage 17 (samt Unterfragen) der Kleinen Anfrage der Fraktion DIE LINKE. auf Bundestagsdrucksache 19/3594 verwiesen. 12. Was ist der Bundesregierung über Vorschläge und Diskussionen bekannt, das Schengener Information System (SIS) verstärkt für den Austausch von Informationen unter Strafverfolgungsbehörden und Geheimdiensten zu „ausländischen Kämpfern“ bzw. „Gefechtsfeldinformationen“ zu nutzen (Ratsdokument 10991/19), und was ist ihr über Ergebnisse eines hochrangigen Treffens der EU-Kommission mit EU-Agenturen, der US- Regierung, Interpol und den Vereinten Nationen im Juli 2019 bekannt, um auch außerhalb der Europäischen Union die Sammlung, den Austausch und die Verarbeitung dieser Informationen zu verbessern (a. a. O.)? Innerhalb der gemeinsamen Sitzung der Ratsarbeitsgruppen Terrorismus und Schengen Angelegenheiten SIS/SIRENE am 3. Juli 2019 wurde unter finnischer Ratspräsidentschaft der bestehende Austausch zu „best practices“ im Bereich der Nutzung des SIS zur Strafverfolgung vornehmlich von so genannten ausländischen terroristischen Kämpfern („Foreign Terrorist Fighters“) fortgeführt , wobei vor allem die momentane Praxis der Mitgliedstaaten in diesem Bereich erhoben wurde. Zusätzlich wurden Meinungsbilder der Mitgliedstaaten zu möglichen künftigen Anpassungen eingeholt. In dem genannten hochrangigen Treffen im Juli 2019 ging es vor allem um den Austausch der unterschiedlichen Perspektiven zu Gefechtsfeldinformationen und damit einhergehende Herausforderungen wie Verfügbarkeit, Überprüfbarkeit und Zulässigkeit der Information . Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode – 7 – Drucksache 19/14653 Vorabfassung - wird durch die lektorierte Version ersetzt. 13. Was ist der Bundesregierung über die Fortführung von Interpol-Kontrollaktionen „Adwenpa“ bekannt, und in welchen afrikanischen Ländern wurden diese seit der Antwort der Bundesregierung zu Frage 17 auf Bundestagsdrucksache 18/11307 durchgeführt? Vom 16. bis 22. Juli 2019 führte das Interpol-Generalsekretariat in Kooperation mit 13 afrikanischen Staaten (Benin, Burkina Faso, Côte d’Ivoire, Gambia, Ghana, Guinea, Mali, Liberia, Niger, Nigeria, Senegal, Sierra Leone und Togo) die Kontrolloperation „Adwenpa IV“ durch. Ziel dieser Maßnahme war die Stärkung der Grenzkontrollen in diesen Ländern zur Eindämmung illegaler Migration und Schleusung. a) Welche Mittel hat die Bundesregierung zur Entwicklung und Durchführung der Interpol-Kontrollaktionen „Adwenpa“ bereitgestellt (bitte für die einzelnen Phasen darstellen), und welche weiteren Mittel sind geplant? Der Bundesregierung liegen hierzu keine Erkenntnisse vor. b) Welche Technik nutzt Interpol bei den Kontrollaktionen? Die für den Grenzschutz eingesetzten Kräfte der genannten Staaten wurden vom Interpol-Generalsekretariat teilweise mit mobiler Informationstechnik (Tablets) ausgestattet, um im Rahmen von Kontrollen direkt Abfragen in den Interpol-Fahndungsdatenbanken vornehmen zu können. 14. Was ist der Bundesregierung darüber bekannt, in welchen Ländern Interpol im Projekt FIRST („Facial Imaging, Recognition, Searching and Tracking “) lokale Behörden zur Erhebung biometrischer und biografischer Daten von Inhaftierten ausbildet oder ausrüstet (vgl. „Global police community approves measures to enhance global security“, Interpol vom 12. April 2018)? Das Projekt FIRST richtet sich an alle Interpol-Regionen. Die finanzielle Förderung des Projekts ist im ersten Quartal 2019 ausgelaufen. Zu einer möglichen Anschlussfinanzierung liegen der Bundesregierung keine Erkenntnisse vor. Darüber hinaus wird auf die Antwort der Bundesregierung zu den Fragen 15 bis 15b der Kleinen Anfrage der Fraktion DIE LINKE. auf Bundestagsdrucksache 19/10080 verwiesen. 15. Was ist der Bundesregierung über ein Interpol-Projekt „Iraq Battlefield evidence“ bekannt, und inwiefern nimmt sie daran teil (Bundestagsdrucksache 19/10080, Antwort zu Frage 13)? Auf die Antwort der Bundesregierung zu Frage 13 der Kleinen Anfrage der Fraktion DIE LINKE. auf Bundestagsdrucksache 19/10080 wird verwiesen. Darüber hinaus liegen der Bundesregierung keine Erkenntnisse vor. Drucksache 19/14653 – 8 – Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode Vorabfassung - wird durch die lektorierte Version ersetzt. 16. In wie vielen Fällen informierte das Bundeskriminalamt Interpol darüber, dass zu einem über die Polizeiorganisation verteilten Festnahmeersuchen (Red Notice) Strafklageverbrauch eingetreten ist, und es daher gegen das Verbot der Doppelbestrafung verstößt, wenn die Betroffenen vom ausschreibenden Staat mithilfe von Interpol weiterverfolgt und daher auch im EU-Ausland verhaftet und ausgeliefert werden können (Pressemitteilung des Verwaltungsgerichts – VG – Wiesbaden Nr. 10/2019 vom 3. Juli 2019; bitte für deutsche, EU- und ausländische Staatsangehörige getrennt ausweisen)? Wie soll das Verbot der Doppelbestrafung aus Sicht der Bundesregierung bei Interpol besser verankert werden, damit das Freizügigkeitsrecht für Staatsangehörige der EU-Mitgliedstaaten nicht ausgehebelt wird? Eine Statistik zur Anzahl der Fälle, in denen das Interpol-Generalsekretariat über die Möglichkeit eines Strafklageverbrauchs informiert wird, wird in der Bundesregierung nicht geführt. Die Verbesserung der Prüfprozesse im Interpol- Generalsekretariat in Bezug auf Interpol-Fahndungsersuchen wird fortlaufend auch in Interpol-Gremien erörtert. Auf die Antwort der Bundesregierung zu Frage 13a der Kleinen Anfrage der Fraktion DIE LINKE. auf Bundestagsdrucksache 19/4365 vom 17. September 2018 wird verwiesen. 17. Verfügt Interpol aus Sicht der Bundesregierung über ein angemessenes Datenschutzniveau im Sinne der Richtlinie (EU) 2016/680 oder liegen ihr entsprechende Garantien der Europäischen Union vor, dass europäische Strafverfolgungsbehörden mit Interpol bedenkenlos Daten austauschen können? Da die EU-Kommission in Bezug auf Interpol keinen Angemessenheitsbeschluss gemäß Artikel 36 Absatz 3 der Richtlinie 2016/680 EU gefasst hat, obliegt es den zuständigen Stellen der Mitgliedstaaten zu prüfen, ob die Übermittlung personenbezogener Daten an Interpol aufgrund geeigneter Garantien zum Schutz personenbezogener Daten gemäß Artikel 37 Absatz 1 der Richtlinie 2016/680 EU zulässig ist. Was die Bundesrepublik anbelangt, so wird die Beurteilung des Datenschutzniveaus durch das Bundeskriminalamt (BKA) vorgenommen . Das BKA ist zu der Auffassung gelangt, dass geeignete Garantien zum Schutz personenbezogener Daten bestehen. Hierüber wurde auch die zuständige Aufsichtsbehörde gemäß Artikel 37 Absatz 2 der Richtlinie 2016/680 informiert, die sich ebenfalls positiv zum Vorliegen geeigneter Garantien zum Schutz personenbezogener Daten bei Interpol geäußert hat. Die Rechtsgrundlagen von Interpol bieten aus Sicht der Bundesregierung geeignete Garantien für den Schutz personenbezogener Daten, die die Voraussetzungen für Datenübermittlungen gemäß Artikel 37 der Richtlinie 2016/680 erfüllen. 18. Welche Staaten nutzen nach Kenntnis der Bundesregierung die Fingerabdruckdatenbank Eurodac für Gefahrenabwehr- und Strafverfolgungszwecke (Kommissionsdokument COM (2018) 827 final vom 13. Dezember 2018)? Zugang zu Eurodac haben grundsätzlich die Mitgliedstaaten der EU, das Europäische Polizeiamt (Europol) sowie die Schweiz, Norwegen, Island und Liechtenstein . Bezüglich einer tatsächlichen Nutzung für Gefahrenabwehr- und Strafverfolgungszwecke liegen der Bundesregierung keine Erkenntnisse vor, die über die Angaben im frei zugänglichen „Eurodac-2018 annual report“ der Europäischen Agentur für das Betriebsmanagement von IT-Großsystemen im Raum der Freiheit, der Sicherheit und des Rechts (eu-LISA) hinausgehen. Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode – 9 – Drucksache 19/14653 Vorabfassung - wird durch die lektorierte Version ersetzt. 19. Was ist der Bundesregierung darüber bekannt, wo die „Kriminalitätsinformationszelle “ von Europol und Frontex zum Datentausch mit Geheimdiensten und Militär der EU-Mitgliedstaaten nach dem Umbau der EU- Militärmission EUNAVFOR MED zu einer ausschließlichen Operation mit bemannten und unbemannten Luftaufklärern angesiedelt war und ist, und was weiß die Bundesregierung über Pläne zum Abbruch oder zum Ausbau dieser „Kriminalitätsinformationszelle“ (vgl. Bundestagsdrucksache 19/353)? Die Kriminalitätsinformationszelle, die die Zusammenarbeit zwischen EUNAV- FOR MED Operation SOPHIA und den EU-Akteuren im Bereich Justiz und Inneres fördern soll, wurde im operativ-taktischen Hauptquartier (sogenanntes „Force Headquarter“ – FHQ) der Operation, an Bord des italienischen Führungsschiffes , eingerichtet. Mit der Suspendierung der seegehenden Einheiten ab dem 1. April 2019 wurde das FHQ samt der Kriminalitätsinformationszelle nach Rom verlegt. Die Kriminalitätsinformationszelle wurde am 21. Dezember 2018 nach einer sechsmonatigen Projektphase im Rahmen der Verlängerung des EU-Mandats von EUNAVFOR MED Operation SOPHIA verstetigt. Darüber hinausgehende Erkenntnisse im Sinne der Fragestellung liegen der Bundesregierung nicht vor. 20. Inwiefern nutzt Europol nach Kenntnis der Bundesregierung im Rahmen seines Mandates auch Gefechtsfeldinformationen, und welche Pläne oder Überlegungen sind ihr hierzu seit der Antwort zu Frage 3 auf Bundestagsdrucksache 19/10080 bekannt geworden? Auf die Antwort der Bundesregierung zu Frage 12 der Kleinen Anfrage der Fraktion DIE LINKE. auf Bundestagsdrucksache 19/3673 wird verwiesen. Darüber hinaus liegen der Bundesregierung keine Erkenntnisse vor. 21. In welchem Umfang hat sich die Bundesregierung seit der Antwort auf Bundestagsdrucksache 19/10080 an einen Attaché der US-Botschaft gewandt , um „Daten von Kriegsschauplätzen“ zu bestimmten Beschuldigten oder Verdächtigen zu erlangen? Es wird auf die Vorbemerkung der Bundesregierung verwiesen. 22. Welche biometrischen Informationen haben Bundesbehörden daraufhin von US-Behörden erlangt, und inwiefern betraf dies auch Daten unbekannter Personen? In Einzelfällen übermittelten US-Behörden Fotos von tatverdächtigen Personen an das Bundeskriminalamt. Biometrische Informationen „unbekannter Personen “ wurden nicht übersandt. Darüber hinaus wird auf die Vorbemerkung der Bundesregierung verwiesen. Drucksache 19/14653 – 10 – Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode Vorabfassung - wird durch die lektorierte Version ersetzt. Vorabfassung - wird durch die lektorierte Version ersetzt. Gesamtherstellung: H. Heenemann GmbH & Co. KG, Buch- und Offsetdruckerei, Bessemerstraße 83–91, 12103 Berlin, www.heenemann-druck.de Vertrieb: Bundesanzeiger Verlag GmbH, Postfach 10 05 34, 50445 Köln, Telefon (02 21) 97 66 83 40, Fax (02 21) 97 66 83 44, www.betrifft-gesetze.de ISSN 0722-8333 Vorabfassung - wird durch die lektorierte Version ersetzt.