Antwort der Bundesregierung auf die Kleine Anfrage der Abgeordneten Torsten Herbst, Frank Sitta, Oliver Luksic, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der FDP – Drucksache 19/14237 – Abfluss von Investitionsmitteln in die Verkehrsinfrastruktur V o r b e m e r k u n g d e r F r a g e s t e l l e r Eine moderne und gut ausgebaute Verkehrsinfrastruktur ist nicht nur wesentliche Voraussetzung für funktionierende Wertschöpfungs- und Logistikketten innerhalb der deutschen Volkswirtschaft, sondern auch Grundlage dafür, die Mobilitätsbedürfnisse der Bürger zu erfüllen. Als Exportnation in der Mitte Europas ist Deutschland in hohem Maße von leistungsfähigen Verkehrsträgern abhängig. Lange Zeit galten die fehlenden finanziellen Mittel als limitierender Faktor im Ausbau von Straßen-, Schienen- und Wasserstraßeninfrastruktur. Jedoch wird der notwendige Erhalt und fristgerechte Ausbau der Verkehrsinfrastruktur heute aus Sicht der Fragesteller nicht mehr nur von der Bereitstellung entsprechender Haushaltsmittel ausgebremst, sondern auch immer mehr von mangelnden Planungskapazitäten sowie einem nicht mehr zeitgemäßen Planungsrecht. In den vergangenen Jahrzehnten ist das Planungsrecht, nicht zuletzt durch immer höhere Umweltauflagen, zunehmend komplexer geworden. Dies hat dazu geführt, dass die Schaffung neuer oder der Ersatz alter Infrastruktur immer langsamer gelingt. So gehen Infrastrukturprojekte insbesondere im Verkehrsbereich heute oftmals erst Jahrzehnte nach Beschluss über ihre Umsetzung in die Bauphase. Dies führt letztendlich auch dazu, dass bereits bewilligte Investitionsmittel nicht abfließen können, weil die entsprechende Herbeiführung von Baurecht nicht fristgerecht gelingt. Deutscher Bundestag Drucksache 19/14770 19. Wahlperiode 06.11.2019 Die Antwort wurde namens der Bundesregierung mit Schreiben des Bundesministeriums für Verkehr und digitale Infrastruktur vom 4. November 2019 übermittelt. Die Drucksache enthält – in kleinerer Schrifttype – den Fragetext. Vorabfassung - wird durch die lektorierte Version ersetzt. 1. Wie hoch waren die durch den Bund bereitgestellten Investitionsmittel für die Verkehrsinfrastruktur in den letzten zehn Jahren (bitte nach Jahren sowie nach Bundesschienenwegen, Bundesfernstraßen und Bundeswasserstraßen aufschlüsseln)? Folgende Tabelle stellt die Höhe der bereitgestellten Investitionsmittel für die Verkehrsinfrastruktur in den Jahren von 2009 bis 2018 (SOLL-Zahlen) aufgeschlüsselt nach den Verkehrsträgern dar (in T Euro): Jahr Bundesschienenwege Bundesfernstraßen Bundeswasserstraßen 2009 4.069.745 5.749.200 1.169.800 2010 4.328.010 5.289.062 1.013.526 2011 3.883.142 4.827.190 886.289 2012 4.062.723 5.404.902 942.200 2013 4.236.169 5.355.428 1.011.475 2014 4.229.447 5.091.104 1.005.064 2015 4.603.547 5.058.351 996.662 2016 4.649.047 5.707.990 923.646 2017 6.064.047 6.501.002 1.056.546 2018 5.631.584 7.684.960 943.680 2. Welcher Anteil der bereitgestellten Investitionsmittel für Verkehrsinfrastrukturprojekte ist in den letzten zehn Jahren für die Finanzierung entsprechender Projekte abgeflossen (bitte nach Jahr und Höhe sowie nach Bundesschienenwegen, Bundesfernstraßen und Bundeswasserstraßen aufschlüsseln )? Folgende Tabelle stellt die Höhe des Abflusses der bereitgestellten Investitionsmittel für die Verkehrsinfrastruktur in den Jahren von 2009 bis 2018 (IST- Zahlen) aufgeschlüsselt nach den Verkehrsträgern dar (in T Euro): Jahr Bundesschienenwege Bundesfernstraßen Bundeswasserstraßen 2009 4.145.013 5.887.812 1.070.507 2010 4.307.774 5.221.845 935.258 2011 4.045.542 4.907.503 792.221 2012 4.206.731 5.357.765 777.356 2013 4.386.828 5.429.541 752.624 2014 3.993.974 5.478.663 785.275 2015 4.599.171 5.261.965 760.120 2016 5.203.173 5.546.047 736.326 2017 6.525.421 6.261.284 730.400 2018 6.382.968 7.711.464 771.213 Drucksache 19/14770 – 2 – Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode Vorabfassung - wird durch die lektorierte Version ersetzt. 3. Welcher Anteil der überjährigen, in den vergangenen zehn Jahren für die Verkehrsinfrastruktur bereitgestellten Investitionsmittel ist zum jetzigen Zeitpunkt noch nicht abgeflossen (bitte nach Höhe und für Bundesschienenwege , Bundesfernstraßen und Bundeswasserstraßen aufschlüsseln)? Nachfolgende Tabelle umfasst die Ausgabereste bei den Verkehrsinvestitionen gemäß dem Regierungsentwurf 2020 zum Bundeshaushalt (In Mio. Euro): Schiene (einschl. NE-Bahnen) Straße (ohne Maut) Wasserstraße Summe Ausgabereste bei den Verkehrsinvestitionen 856* 157 725 1.738 * nicht berücksichtigt sind rd. 171 Mio. € übertragbare Mittel aus dem Ende 2018 ausgelaufenen ZIP, Bereich Schiene Die Ausgabereste für die Schiene stehen weiterhin für die Bedarfsplaninvestitionen der Schiene zur Verfügung und sollen in den nächsten Jahren sukzessive abgebaut werden. Die Ausgabereste beim Verkehrsträger Straße sind im Wesentlichen Folge der seit dem Jahr 2018 geänderten Vorgaben für die Rechnungslegung. Demnach sind – anders als in den Vorjahren – nicht verausgabte EU-Einnahmen bei den entsprechenden Ausgabetiteln als übertragbare Mittel bzw. Ausgabereste auszuweisen . Die Ausgabereste werden in den Jahren 2019 und 2020 verausgabt. Die Ausgabereste im Bereich der Bundeswasserstraßen werden im Laufe des Finanzplanungszeitraums bis 2023 verwendet für die Ausfinanzierung der • Fahrrinnenanpassung der Unter- und Außenelbe, • Neubau der 5. Schleusenkammer in Brunsbüttel und • Ersatzneubauten für die Gewässerschutzschiffe „Mellum“ und „Scharhörn“ im Rahmen der maritimen Notfallvorsorge 4. Was sind nach Auffassung der Bundesregierung die Gründe für Verzögerungen beim Abfluss der Investitionsmittel? • Im Bereich der Neu- und Ausbaumaßnahmen der Schiene tragen insbesondere die im Rahmen der Öffentlichkeitsbeteiligung erörterten Themen Lärmvorsorge , Trassenfindung und Ausbauvarianten zu zeitlichen Verzögerungen bei der Realisierung der Vorhaben bei. Vor allem die eingetretenen Verzögerungen bei der Baurechtserlangung wirkten sich in den letzten Jahren wiederholt auf den Mittelabfluss aus. • Im Bereich der Bundesfernstraßen wurden die vom Bund in den vergangenen Jahren bereitgestellten Investitionsmittel ohne Verzögerungen in voller Höhe verausgabt. • Bei den Bundeswasserstraßen kam es u.a. zu Verzögerungen bei der Schaffung des Baurechts, wobei einzelne Großprojekte teilweise über Jahre vor dem Bundesverwaltungsgericht anhängig waren. Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode – 3 – Drucksache 19/14770 Vorabfassung - wird durch die lektorierte Version ersetzt. 5. Welche Investitionsmittel sind für die Jahre 2020 bis 2025 jeweils vorgesehen , und wie will die Bundesregierung den fristgerechten Abfluss der Mittel zukünftig verbessern? Gemäß der mittelfristigen Haushaltsplanung sind bis zum Jahr 2023 folgende Investitionsmittel in die Verkehrsinfrastruktur vorgesehen (Soll in Mio. Euro): 2020 2021 2022 2023 Verkehrsinvestitionslinie (Straße–Schiene [inclusive LuFV III] – Wasserstraße – KV u. a.)* 15.414,8 16.103,0 16.906,6 17.156,4 * Für das Jahr 2020 sind die nach Kabinettsbeschluss erfolgten Anpassungen des Regierungsentwurfes zum Haushalt 2020 infolge des EUGH-Urteils vom 18. Juni 2019 zur Infrastrukturabgabe bereits berücksichtigt. Die Auswirkungen in den Folgejahren werden Gegenstand der Haushaltsaufstellung 2021 und des Finanzplans bis 2024 sein. Für die Jahre 2024 und 2025 können noch keine Aussagen über die Höhe der Investitionsmittel getroffen werden. • Bei den Neu- und Ausbaumaßnahmen der Schiene sollen Verbesserungen im Mittelabfluss in den nächsten Jahren vor allem durch die Erschließung von Beschleunigungspotenzialen in den Planungs- und Baurechtserlangungsprozessen sowie Abbau von Hemmnissen im Finanzierungsprozess erreicht werden. Neben anderen Maßnahmen des Planungsbeschleunigungsgesetzes wird insbesondere die Zusammenlegung der Anhörungsbehörden beim Eisenbahn-Bundesamt ein wirksames Mittel zur Verfahrensbeschleunigung sein. Mit dem Inkrafttreten der Bedarfsplanumsetzungsvereinbarung am 1. Januar 2018 konnten bislang bestehende Restriktionen im Finanzierungsprozess im Sinne einer zügigen Vorhabenumsetzung bereits aufgelöst werden . Die entsprechenden Effekte werden sich in den kommenden Jahren bemerkbar machen. • Für den Bereich der Bundesfernstraßen wird auf die Antwort auf Frage 4 verwiesen. • Bei den Bundeswasserstraßen liegt ein Schlüssel für die Steigerung des Investitionsumsatzes in der Steigerung der Planungsressourcen. Mit dem schrittweisen Aufbau ergänzender Personalkapazitäten in der Wasserstraßenund Schifffahrtsverwaltung (WSV) wurde seit 2014 begonnen. Daneben werden alle Möglichkeiten ergriffen, die zur Beschleunigung der Planungs-, Vergabe- und Bauprozesse beitragen können. 6. Wie bewertet die Bundesregierung den Einfluss des im Jahr 2018 beschlossenen Gesetzes zur Beschleunigung von Planungs- und Genehmigungsverfahren im Verkehrsbereich hinsichtlich des schnelleren Abflusses von Investitionsmitteln? Eine Bewertung ist zu diesem frühen Zeitpunkt noch nicht möglich. Eine Evaluierung erfolgt acht Jahre nach Inkrafttreten des Gesetzes. Die Frist von acht Jahren ergibt sich aus den langen Planungsvorläufen und aus der Tatsache, dass die Zusammenlegung von Anhörungs- und Planfeststellungsbehörde im Bereich des Verkehrsträgers Schiene erst zwei Jahre nach Verkündung des Gesetzes in Kraft tritt. Drucksache 19/14770 – 4 – Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode Vorabfassung - wird durch die lektorierte Version ersetzt. 7. In welchem Maße sind die Baukosten im Verkehrsbereich in den letzten zehn Jahren gestiegen (bitte in Prozent angeben und nach Jahren aufschlüsseln )? Baukostensteigerungen (Angabe in Prozent) Jahr Bundesschienenwege Bundesfernstraßen Bundeswasserstraßen 2009 Siehe nachfolgende Erläuterungen 1,9 1,8 2010 0,7 0,7 2011 2,7 2,8 2012 3,2 3,1 2013 2,1 2,3 2014 1,2 1,2 2015 0,9 0,9 2016 1,0 0,9 2017 3,8 3,8 2018 6,0 6,0 * gem. Baupreisentwicklung für den Wasserbau in der WSV. Für den Bereich der Neu- und Ausbauvorhaben der Schiene liegen keine Zahlen vor, da bei eingetretenen Kostenänderungen keine Differenzierung nach Baukostensteigerungen und inhaltlichen Änderungen erfolgt. Für den Bereich der Ersatzinvestitionen in die Eisenbahninfrastruktur liegen lediglich für die gesamthaften Ersatzinvestitionen (Beschaffung inkl. Abriss und Neubau) kumulierte Informationen über den Zeitraum der LuFV II (2015 bis 2019) vor. Demnach stiegen die Preise in diesem Zeitraum um durchschnittlich 9 Prozent. 8. Inwiefern tragen steigende Baukosten zu Verzögerungen in der Planung und Genehmigung von Verkehrsinfrastrukturprojekten bei? • Bei den Neu- und Ausbaumaßnahmen der Schiene haben steigende Baukosten bislang keine Auswirkungen auf die Planung und Genehmigung. • Die Baukostenentwicklung hat auf den Planungs- und Genehmigungslauf von Bundesfernstraßenprojekten keinen Einfluss. • Die Baupreisentwicklung hat keine verzögernde Wirkung auf die Planung und Genehmigung von Verkehrsinfrastrukturprojekten an den Bundeswasserstraßen . 9. Welche Maßnahmen wird die Bundesregierung ergreifen, um einen weiteren Anstieg der Baukosten zu vermeiden? • Mit der geplanten langfristigen Verstetigung der Haushaltsmittel für die Investitionen in das Bestandsnetz sowie den Neu- und Ausbau der Bundesschienenwege hat die Bundesregierung die Grundlage für eine Planungssicherheit der Bauindustrie geschaffen. Im Rahmen des Zukunftsbündnisses Schiene wurde dies mit dem Aufruf an die Bauindustrie kommuniziert, den Investitionshochlauf mit einem entsprechenden Kapazitätsaufbau zu antizipieren . Wie dies vor dem Hintergrund des gegenwärtigen allgemeinen Fachkräftemangels konkret erfolgen kann, ist Gegenstand der laufenden Diskussionen im Zukunftsbündnis Schiene. • Zur Finanzierung von Ersatzinvestitionen in das bestehende Netz plant die Bundesregierung eine 10-jährige Leistungs- und Finanzierungsvereinbarung III. Diese soll ein Zeichen der Nachhaltigkeit an die Bauwirtschaft dar- Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode – 5 – Drucksache 19/14770 Vorabfassung - wird durch die lektorierte Version ersetzt. stellen, um Planungs- und Baukapazitäten aufzubauen, die wiederum langfristig eine positive Auswirkung auf den Anstieg der Baukosten haben. • Um die Baupreisentwicklung zu stabilisieren, soll durch eine Verstetigung der Investitionskosten im Bereich der Bundesfernstraßen auf weiterhin hohem Niveau eine Konsolidierung des Marktes erreicht und so ein Anreiz für die Bauwirtschaft geschaffen werden, weitere Kapazitäten aufzubauen. • Bei den Bundeswasserstraßen liegt ein wesentlicher Schlüssel zur Vermeidung von Baukostensteigerungen in der sorgfältigen Planung und Bauvorbereitung , der Vermeidung von nachträglichen Umplanungen sowie einer realistischen Zeitplanung. Drucksache 19/14770 – 6 – Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode Vorabfassung - wird durch die lektorierte Version ersetzt. Vorabfassung - wird durch die lektorierte Version ersetzt. Gesamtherstellung: H. Heenemann GmbH & Co. KG, Buch- und Offsetdruckerei, Bessemerstraße 83–91, 12103 Berlin, www.heenemann-druck.de Vertrieb: Bundesanzeiger Verlag GmbH, Postfach 10 05 34, 50445 Köln, Telefon (02 21) 97 66 83 40, Fax (02 21) 97 66 83 44, www.betrifft-gesetze.de ISSN 0722-8333 Vorabfassung - wird durch die lektorierte Version ersetzt.