Antwort der Bundesregierung auf die Kleine Anfrage der Abgeordneten Dr. Florian Toncar, Christian Dürr, Frank Schäffler, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der FDP – Drucksache 19/14233 – Aktuelle Fragen zum Referentenentwurf zur Anzeigepflicht von Steuergestaltungen V o r b e m e r k u n g d e r F r a g e s t e l l e r Der Referentenentwurf des Bundesministeriums der Finanzen (BMF) für ein Gesetz zur Einführung einer Pflicht zur Mitteilung von Steuergestaltungen vom 30. Januar 2019 ist öffentlich geworden (www.umsatzsteuerrecht.de/ media/GestAnzG_RefE.pdf). Bislang konnte hierzu keine Einigung im Bundeskabinett dahingehend erfolgen, dass ein oder gar zwei Regierungsentwürfe eingebracht werden (www.sueddeutsche.de/wirtschaft/steuern-reform-soligrundsteuer -1.4569766). Der Bundesminister für Wirtschaft und Energie hat am 29. August 2019 seine Eckpunkte für eine Mittelstandsstrategie („Wertschätzung – Stärkung – Entlastung “) vorgestellt und darin seine Ablehnung einer Anzeigepflicht für Steuergestaltungen erklärt, die über die durch die EU-Richtlinie zur Anzeigepflicht für grenzüberschreitende Steuergestaltungen hinausgeht (dort S. 5). Am 23. August 2019 hat die AG Finanzen der CDU/CSU-Bundestagsfraktion ein Papier für eine „Modernisierung der Unternehmensbesteuerung in Deutschland“ verabschiedet. Auch sie lehnt wegen bürokratischer Mehrbelastungen eine gesonderte Anzeigepflicht für nationale Steuergestaltungen ab (dort. S. 9). In der EU-Richtlinie bezüglich des verpflichtenden automatischen Informationsaustauschs im Bereich der Besteuerung über meldepflichtige grenzüberschreitende Gestaltungen (https://linklaters.de/fileadmin/redaktion/Steuer recht/Gesetzesmaterialien/Offenlegung_grenz%C3%BCberschreitender_steu erlicher_Gestaltungsmodelle__EU_/20180605_Offenlegungspflich ten_EU_Abl_L_139-1_de.pdf) heißt es zur Meldeverpflichtung in Artikel 8ab Absatz 5 unter anderem: „Jeder Mitgliedstaat kann die erforderlichen Maßnahmen ergreifen, um den Intermediären das Recht auf Befreiung von der Pflicht zu gewähren, Informationen über ein meldepflichtiges grenzüberschreitendes Modell vorzulegen, wenn mit der Meldepflicht nach dem nationalen Recht dieses Mitgliedstaats gegen die Privilegien der Angehörigen von Rechtsberufen verstoßen würde. In solchen Fällen ergreift jeder Mitgliedstaat die erforderlichen Maßnahmen, um die Intermediäre zu verpflichten, die anderen Intermediäre oder, falls es keine solchen gibt, den relevanten Steuerpflich- Deutscher Bundestag Drucksache 19/14800 19. Wahlperiode 05.11.2019 Die Antwort wurde namens der Bundesregierung mit Schreiben des Bundesministeriums der Finanzen vom 1. November 2019 übermittelt. Die Drucksache enthält – in kleinerer Schrifttype – den Fragetext. tigen unverzüglich über ihre Offenlegungspflichten gemäß Absatz 2a zu unterrichten . 1. Wie bewertet die Bundesregierung, dass das Bundesministerium für Wirtschaft und Energie die Einführung einer gesonderten Anzeigepflicht für nationale Steuergestaltungen ablehnt? 2. Existiert zur Frage der Notwendigkeit der Einführung einer gesonderten Anzeigepflicht für nationale Steuergestaltungen bereits eine ressortabgestimmte Position innerhalb der Bundesregierung? Wenn nein, welche Ressorts haben sich gegen eine Anzeigepflicht für nationale Steuergestaltungen ausgesprochen? Die Fragen 1 und 2 werden gemeinsam beantwortet. Der vorliegende Regierungsentwurf eines Gesetzes zur Einführung einer Pflicht zur Mitteilung grenzüberschreitender Steuergestaltungen ist das Ergebnis eines Abstimmungs- und Willensbildungsprozesses innerhalb der Bundesregierung. Die Regierungsvorlage ist jetzt Gegenstand der parlamentarischen Beratungen. Zur Frage der Einführung einer Mitteilungspflicht auch für rein innerstaatliche Steuergestaltungen sind die Beratungen innerhalb der Bundesregierung nicht abgeschlossen. 3. Welche Mitgliedstaaten setzen nach Kenntnis der Bundesregierung über die EU-Richtlinie zur Einführung von grenzüberschreitenden Steuergestaltungen hinaus zusätzlich eine Anzeigepflicht für rein nationale Steuergestaltungen um? 4. Hält es die Bundesregierung für eine gelungene Vereinfachungsmaßnahme, dass die Steuerpflichtigen im Falle zusätzlicher Anzeigepflichten für nationale Steuergestaltungen im Detail bis zu 28 unterschiedliche Meldesysteme innerhalb der EU beachten müssen, und wie verträgt sich das mit dem Ziel des Bürokratieabbaus? Die Fragen 3 und 4 werden gemeinsam beantwortet. Der Bundesregierung liegen keine Erkenntnisse dazu vor, welche Mitgliedstaaten über die Umsetzung der Richtlinie hinaus eine Anzeigepflicht für rein nationale Steuergestaltungen einführen werden. Nur vor dem Hintergrund konkreter gesetzlicher Regelungen können weitergehende Fragen beantwortet werden. Im Übrigen wird auf die Antwort zu den Fragen 1 und 2 verwiesen. 5. Wird die Abgabe einer Mitteilung nach den Planungen des Bundesministeriums der Finanzen auch in englischer Sprache möglich sein? Es ist vorgesehen, dass die Mitteilungen in deutscher Sprache abzugeben sind. 6. Welche Maßnahmen sind auf EU-Ebene und/oder auf nationale Ebene bereits in Planung, um die Meldepflicht EU-weit möglichst einheitlich und praxistauglich zu implementieren (z. B. EU-weit abgestimmte Auslegungshilfen , BMF-Schreiben etc.)? Der von der Bundesregierung vorgelegte Gesetzentwurf orientiert sich insbesondere hinsichtlich der Kennzeichen eng am Wortlaut der Richtlinie (EU) Drucksache 19/14800 – 2 – Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode 2018/822, um so zu einer EU-weit möglichst einheitlichen Umsetzung der Vorgaben der Richtlinie beizutragen. Des Weiteren haben sich in der Vergangenheit Regierungsvertreter der Mitgliedstaaten in der so genannten Working Party IV der EU-Kommission getroffen, um die nationalen Umsetzungsmaßnahmen zu diskutieren. Naturgemäß ist eine umfassende Koordinierung bei der Umsetzung nicht vor Abschluss der 28 Gesetzgebungsverfahren möglich. Welche konkreten Maßnahmen auf nationaler Ebene erforderlich sind, um eine möglichst einheitliche und praxistaugliche Handhabung der Regelungen zu ermöglichen , hängt maßgeblich von dem erst nach Abschluss des Gesetzgebungsvorhabens feststehenden Gesetzestext und den sich hieraus ergebenden Fragestellungen ab. Soweit erforderlich, wird die Bundesregierung zeitnah geeignete Maßnahmen ergreifen, um Unsicherheiten bei der Auslegung der Vorschriften entgegenzuwirken. 7. Rechnet die Bundesregierung post Brexit mit einer (fortgesetzten) Teilnahme des Vereinigten Königreichs am DAC6-Informationsaustausch? Wenn ja, wie könnte dies nach Einschätzung der Bundesregierung aussehen ? Wenn nein, welche Auswirkungen würden sich daraus nach Einschätzung der Bundesregierung ergeben? Die Teilnahme des Vereinigten Königreichs am DAC6-Informationsaustausch dürfte maßgeblich davon abhängen, ob es zu einem harten Brexit kommt. Im Falle eines geregelten Brexits rechnet die Bundesregierung damit, dass das Vereinigte Königreich am DAC 6-Informationsaustaausch teilnehmen wird. Die genaue Ausgestaltung dieses Informationsaustausches wird in den kommenden Monaten auf EU-Ebene entschieden werden. 8. Setzt der § 138f Absatz 5 AO entsprechend des Referentenentwurfs nach Auffassung der Bundesregierung die Vorgabe des Artikels 8ab der EU- Richtlinie unionskonform um? a) Ergreift nach Ansicht der Bundesregierung ein Mitgliedstaat alle „erforderlichen Maßnahmen“ zur angemessenen Beachtung der berufsständischen Verschwiegenheitspflichten, wenn der § 138f Absatz 5 AO-E bei Einschlägigkeit einer Verschwiegenheitsverpflichtung für die betroffenen Intermediäre die Meldeverpflichtung nach § 138f Absatz 3 AO-E aufrecht erhält? b) Teilt die Bundesregierung die Ansicht, dass in diesen Fällen eine Meldeverpflichtung des Intermediärs nach § 138f Absatz 3 AO-E sowie eine daneben tretende Meldeverpflichtung des Nutzers nach § 138f Absatz 5 i. V. m. Absatz 4 AO-E besteht? Wenn ja, aus welchen Gründen hält die Bundesregierung eine solche Doppelmeldung für sinnvoll? Die Fragen 8 bis 8b werden gemeinsam beantwortet. § 138f Absatz 3 AO-E beschreibt den inhaltlich durch die geänderte EU- Amtshilferichtlinie vorgegebenen Datensatz. Dieser ist grundsätzlich vom Intermediär an das Bundeszentralamt für Steuern zu übermitteln. Nach Artikel 8ab Absatz 5 der durch die Richtlinie (EU) 2018/822 geänderten EU-Amtshilferichtlinie „kann“ jeder Mitgliedstaat die erforderlichen Maßnahmen ergreifen, um den Intermediären das Recht auf Befreiung von der Mitteilungspflicht zu gewähren, wenn mit der Meldepflicht gegen eine gesetzliche Verschwiegenheitspflicht verstoßen würde. Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode – 3 – Drucksache 19/14800 Der Referentenentwurf sieht hierzu Folgendes vor: • Die Meldung der („abstrakten“) Angaben zur Steuergestaltung obliegt auch in diesen Fällen dem Intermediär, da eine Steuergestaltung durch denjenigen mitgeteilt werden sollte, der über die größte fachliche Expertise verfügen dürfte. Die dem Intermediär insoweit obliegende Mitteilungspflicht führt aus der Sicht der Bundesregierung nicht zu einem Verstoß gegen eine Verschwiegenheitspflicht . • Die Verpflichtung zur Mitteilung der den Nutzer einer Steuergestaltung betreffenden persönlichen Angaben (§ 138 Absatz 3 Satz 1 Nummer 2, 3 und 10 AO-E) geht auf den Nutzer über, wenn der Intermediär einer gesetzlichen Pflicht zur Verschwiegenheit unterliegt (vgl. § 138f Absatz 6 AO-E zu den weiteren Voraussetzungen zum Übergang der Mitteilungspflicht). Die Pflicht zur Mitteilung der in § 138f Absatz 3 AO-E genannten Angaben wird in diesen Fällen zwischen Intermediär und Nutzer aufgeteilt, eine Verpflichtung zur Doppelmeldung wird durch § 138f AO-E jedoch nicht normiert. • Der Nutzer kann den Intermediär – im Hinblick auf seine persönlichen Daten – auch von der bestehenden Verschwiegenheitspflicht entbinden. In diesen Fällen kann die vollständige Mitteilung einer Steuergestaltung in einem Datensatz durch den Intermediär übermittelt werden und muss nicht partiell durch den Nutzer einer Steuergestaltung vervollständigt werden. Die Bundesregierung geht davon aus, dass der Nutzer den Intermediär im Regelfall von der Verschwiegenheitspflicht befreien wird. Drucksache 19/14800 – 4 – Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode Gesamtherstellung: H. Heenemann GmbH & Co. KG, Buch- und Offsetdruckerei, Bessemerstraße 83–91, 12103 Berlin, www.heenemann-druck.de Vertrieb: Bundesanzeiger Verlag GmbH, Postfach 10 05 34, 50445 Köln, Telefon (02 21) 97 66 83 40, Fax (02 21) 97 66 83 44, www.betrifft-gesetze.de ISSN 0722-8333