Antwort der Bundesregierung auf die Kleine Anfrage der Abgeordneten Jörg Cezanne, Sabine Leidig, Ingrid Remmers, weiterer Abgeordneter und der Fraktion DIE LINKE. – Drucksache 19/14322 – Umgang mit Niedrigwasser V o r b e m e r k u n g d e r F r a g e s t e l l e r In den vergangenen Jahren traten Niedrigwasser am Rhein ausgeprägter auf als zuvor. So wurde der niedrigste bekannte Wasserstand am Pegel Köln am 23. Oktober 2018 mit 69 cm gemessen (vgl. www.elwis.de/DE/dynamisch/ g e w a e s s e r k u n d e / w a s s e r s t a e n d e / i n d e x . p h p ? t a r g e t = 2 & p e g e lId=a6ee8177-107b-47dd-bcfd-30960ccc6e9c). Erstmals seit Menschengedenken wurde der Verkehr für große Transportschiffe zeitweise eingestellt (vgl. Börsen-Zeitung, 26. Juli 2019), 132 Tage Niedrigwasser wurden 2018 am Rhein gezählt (vgl. Süddeutsche Zeitung, 29. Juli 2019). In den drei Jahren zuvor waren es jeweils 156 (2015), 104 (2016) bzw. 124 (2017) Tage Niedrigwasser (Schifffahrt und Technik, SUT Verlags GmbH, 5/2019). Am 4. Juli 2019 hat das Bundesministerium für Verkehr und digitale Infrastruktur einen Aktionsplan zum Umgang mit Niedrigwasser auf dem Rhein vorgelegt. Bei der Erarbeitung von Voraussetzungen, welche die Transportbedingungen auf dem Rhein plan- und beherrschbar gestalten sollen, waren mehrere von der Wasserstraße Rhein abhängige Unternehmen beteiligt. Demnach soll die Wasserstandvorhersage verbessert, der DAS-Basisdienst Klima & Wasser eingerichtet, Tiefeninformationen bereitgestellt, Transportkonzepte angepasst, die Realisierung der Abladeoptimierung Mittel- und Niederrhein beschleunigt, verstärkt Maßnahmengesetze genutzt, wasserbau- und wasserwirtschaftliche Optionen zur zuverlässig kalkulierbaren Transportbedingungen untersucht sowie ein gesellschaftlicher Dialog für mehr Akzeptanz notwendiger Infrastrukturmaßnahmen befördert werden (vgl. www.bmvi.de/ SharedDocs/DE/Artikel/WS/gemeinsame-erklaerung-acht-punkte-planniedrigwasser -rhein.html). Deutscher Bundestag Drucksache 19/14836 19. Wahlperiode 06.11.2019 Die Antwort wurde namens der Bundesregierung mit Schreiben des Bundesministeriums für Verkehr und digitale Infrastruktur vom 5. November 2019 übermittelt. Die Drucksache enthält – in kleinerer Schrifttype – den Fragetext.  1. Über welchen Grad der Genauigkeit verfügten nach Kenntnis der Bundesregierung die operationellen Wasserstandvorhersagen und Trendaussagen am Rhein in den vergangenen Jahren seit 2010? Durch die Verbesserung von Datengrundlagen und Modellen werden die Abflussmengen- und Wasserstandsvorhersagen kontinuierlich genauer. Für die ersten zwei Tage können die Wasserstände mit 80 %iger Sicherheit auf ± 10 cm genau vorhergesagt werden. Die Vorhersage am dritten und vierten Tag liegt in 80 % der Fälle bei ± 20 cm.  2. Welcher Grad der Genauigkeit soll nach Kenntnis der Bundesregierung mit der Verbesserung der Wasserstandvorhersage zukünftig erreicht werden ? Durch die Verbesserung der Wasserstandsvorhersagen soll eine Erweiterung des derzeitigen Vorhersageangebotes und eine Verlängerung des Vorhersagezeitraumes erzielt werden. Derzeit werden probabilistische 10-Tagesvorhersagen für ausgewählte Pegel am Rhein entwickelt, in der insbesondere die Unsicherheit der meteorologischen Niederschlagsvorhersage berücksichtigt wird.  3. Welche Maßnahmen wird die Bundesregierung bis wann ergreifen, um dieses Ziel zu erreichen?  4. Welche finanziellen und personellen Mittel werden nach Kenntnis der Bundesregierung zum Einsatz kommen, um diese Maßnahmen zu realisieren ? Die Fragen 3 und 4 werden aufgrund ihres Sachzusammenhangs gemeinsam beantwortet. Der Aktionsplan zum Umgang mit Niedrigwasser auf dem Rhein wurde am 4. Juli 2019 und der Masterplan Binnenschifffahrt am 14. Mai 2019 vom Bundesministerium für Verkehr und digitale Infrastruktur (BMVI) vorgelegt. Die Bereitstellung der probabilistischen 10-Tagesvorhersagen für die schifffahrtsrelevanten Pegel am Rhein wird vorbereitet. Die Bundesregierung unterstützt ein Forschungs- und Entwicklungsprojekt, das über den 10-Tageszeitraum hinausgeht und Trendvorhersagen des Wasserstandes für die nächsten sechs Wochen ermöglicht. Die Projektlaufzeit umfasst drei Jahre. Es werden insgesamt 550.000 Euro bereitgestellt. Der Personalbedarf beläuft sich auf zwei Dienstposten.  5. Bis wann soll der DAS-Basisdienst Klima & Wasser eingerichtet werden und den Nutzenden zur Verfügung stehen? Der konkrete Zeitpunkt steht noch nicht fest. Drucksache 19/14836 – 2 – Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode  6. Welche Daten soll der DAS-Basisdienst Klima & Wasser perspektivisch zur Verfügung stellen? Die Deutsche Anpassungsstrategie an den Klimawandel (DAS) bildet seit dem Jahr 2008 den strategischen Rahmen des Bundes für die Politik der Klimaanpassung . Sie wurde 2015 mit einem Kabinettsbeschluss fortgeschrieben und ist seither als Daueraufgabe etabliert. Sie beinhaltet u. a.: • Einen Aktionsplan Anpassung mit konkreten Maßnahmen des Bundes in den relevanten Handlungsfeldern, • die Gründung eines übergreifenden Behördennetzwerks aus 28 Bundesoberbehörden , • ein zyklisches, aufeinander aufbauendes Berichtswesen (Monitoringbericht, Vulnerabilitätsanalyse, Fortschrittsbericht, Evaluierung), • das „Deutsche Klimavorsorgeportal“ (KLiVO), das staatlich geprüfte und aktuelle Informationen und Daten zum Klimawandel in Deutschland bietet sowie Empfehlungen zur Vorsorge gegen Klimaschäden für die Verwaltungs - und Wirtschaftsakteure sowie für Bürgerinnen und Bürger. Der geplante DAS-Basisdienst „Klima & Wasser“ wird Projektions- (für den Zeitraum bis 2100), Vorhersage- und Beobachtungsdaten der Atmosphäre, der Hydrosphäre und der Ozeanosphäre in für Deutschland relevanten Gebieten bereitstellen . Dies sind beispielsweise Luftdruck, Lufttemperatur, Niederschlag, Luft- und Bodenfeuchte, Meeresspiegel, Seegang, Meeresoberflächentemperatur , Meereisaufkommen, Salzgehalt, Abfluss, Nähr- und Schadstoffe in Gewässern sowie fahrdynamische Daten, einschließlich aus diesen Basisdaten abgeleitete Daten und Produkte.  7. In welchem Turnus wird der DAS-Basisdienst Klima & Wasser aktualisierte Daten zur Verfügung stellen? Vom Weltklimarat (Intergovernmental Panel on Climate Change) erscheint alle sieben Jahre ein neuer Sachstandsbericht. Der DAS-Basisdienst „Klima und Wasser“ wird in diesem Rhythmus auf Basis der wissenschaftlichen Erkenntnisse die computergestützten Modelle fortentwickeln.  8. Bis wann wird die Bereitstellung aktueller Tiefeninformationen in der elektronischen Binnenschifffahrtskarte umgesetzt, sodass den Schiffsführenden eine bessere Ausnutzung der vorhandenen Fahrrinnentiefen möglich ist?  9. Aus welchen Gründen war bislang die Bereitstellung der entsprechenden Daten nicht möglich gewesen? Die Fragen 8 und 9 werden aufgrund ihres Sachzusammenhangs gemeinsam beantwortet. Erste Tests auf Rheinabschnitten haben gezeigt, dass die zusätzliche Bereitstellung aktueller Tiefeninformationen in der elektronischen Binnenschifffahrtskarte (bathymetrische Inland ENC) Anpassungen erfordert. Ab Mitte 2020 sollen diese Anpassungen angewendet werden. Eine Übertragung auf weitere Strecken soll sukzessive erfolgen. Um zuverlässige aktuelle Tiefeninformationen in der Inland ENC bereitstellen zu können, werden insbesondere die Prozesse zur Produkterstellung weitestgehend automatisiert. Eine Maßnahmenplanung ist veranlasst. Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode – 3 – Drucksache 19/14836 10. Welche ordnungspolitischen Maßnahmen plant die Bundesregierung bis wann zu ergreifen, um die Ausschöpfung von Verlagerungsmöglichkeiten und Lagerkapazitäten zu ergreifen? 12. Bis wann, in welcher Höhe und unter welchen Voraussetzungen wird die Bundesregierung fiskalische Unterstützung und Anreize implementieren, um die Schaffung von neuen Lagerkapazitäten zu befördern? 13. Bis wann, in welcher Höhe und unter welchen Voraussetzungen wird die Bundesregierung fiskalische Unterstützung und Anreize implementieren, um die Entwicklung von niedrigwassergeeigneten Schiffstypen zu befördern ? 14. Bis wann, in welcher Höhe und unter welchen Voraussetzungen wird die Bundesregierung fiskalische Unterstützung und Anreize implementieren, um die Entwicklung von neuartigen Leichtersystemen zu befördern? Die Fragen 10 und 12 bis 14 werden aufgrund ihres Sachzusammenhangs gemeinsam beantwortet. Die Ausschöpfung von Verlagerungsmöglichkeiten und Lagerkapazitäten liegt in der Verantwortung der Unternehmen. Ob und inwieweit fiskalische und ordnungspolitische Maßnahmen des Bundes für die Anpassung von Transportkonzepten und die Optimierung der Transport- und Ladungsgefäße sinnvoll sein könnten, wird die Bundesregierung zu gegebener Zeit prüfen. 11. Welche weiteren Maßnahmen plant die Bundesregierung bis wann zu ergreifen, um die Ausschöpfung von Verlagerungsmöglichkeiten und Lagerkapazitäten zu ergreifen? Im Masterplan Binnenschifffahrt ist ein Ziel, Schwergut- und Großraumtransporte mit dem Binnenschiff zu stärken. Die Voraussetzungen für eine Verlagerung von Verkehren in diesem Transportsegment auf die Wasserstraße werden in einer interdisziplinären Arbeitsgruppe erarbeitet. Erste Ergebnisse hierzu werden in 2020 erwartet. Im Übrigen wird auf die Antwort zu Frage 10 verwiesen. 15. Bis wann, in welcher Höhe und unter welchen Voraussetzungen wird die Bundesregierung fiskalische Unterstützung und Anreize implementieren, um die Digitalisierung der Binnenschifffahrt zu befördern? Zur Förderung der Digitalisierung in der Binnenschifffahrt sollen digitale Testfelder auf der Wasserstraße („autonomes Fahren auf der Elbe“ – Elbe 4.0) unterstützt werden. Der Industrie sollen die Erprobung von Systemen und die Entwicklung vollautomatisierter Navigation in der Binnenschifffahrt ermöglicht werden. Derzeit wird die Förderrichtlinie des BMVI – Digitale Testfelder an Wasserstraßen – erstellt. Im Übrigen wird auf die Finanzplanung der Bundesregierung verwiesen. Drucksache 19/14836 – 4 – Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode 16. Welche positiven Aspekte im Hinblick auf mögliche Niedrigwasser erwartet die Bundesregierung durch eine beschleunigte Realisierung der „Abladeoptimierung am Mittel- und Niederrhein“? Die geplanten Fahrrinnenanpassungen am Mittel- und Niederrhein erhöhen die Ablademöglichkeiten der Schifffahrt bei Niedrig- und Mittelwasser. Die Einschränkungen bei Niedrigwasserperioden werden verringert und die Wettbewerbsfähigkeit des Binnenschiffs gestärkt. 17. Welche weiteren infrastrukturellen Maßnahmen am Rhein kommen aus Sicht der Bundesregierung neben der „Abladeoptimierung am Mittel- und Niederrhein“ für den Erlass eines Maßnahmengesetzes in Betracht? Dies wird von der Bundesregierung derzeit geprüft. 18. Welche weiteren wasserbau- und wasserwirtschaftlichen Optionen erwägt die Bundesregierung zur Sicherstellung zuverlässig kalkulierbarer Transportbedingungen auf dem Rhein bis wann und unter Einsatz welcher finanziellen Mittel zu untersuchen? Die „Untersuchung wasserbaulicher und wasserwirtschaftlicher Optionen zur Sicherstellung zuverlässig kalkulierbarer Transportbedingungen am Rhein“ im Aktionsplan Niedrigwasser wird langfristige Lösungsansätze und Auswirkungen gegenüberstellen. Konkrete Angaben sind dazu noch nicht möglich. 19. Bis wann soll das Bündnis für den Lebensraum Rhein gegründet werden? 20. Steht das zu gründende Bündnis für den Lebensraum Rhein weiteren Akteurinnen und Akteuren über den Kreis der Unterzeichnenden des Aktionsplans Niedrigwasser hinaus offen und wird die Bundesregierung aktiv auf etwaige Partnerinnen und Partner zugehen (bitte die aus Sicht der Bundesregierung etwaigen weiteren Partnerinnen und Partner des Bündnisses für den Lebensraum Rhein benennen)? 21. Plant die Bundesregierung das zu gründende Bündnis für den Lebensraum Rhein organisatorisch, finanziell und/oder personell zu fördern? Wenn ja, in welcher Form, und in welchem Umfang? Wenn nein, warum nicht? Die Fragen 19 bis 21 werden aufgrund ihres Sachzusammenhangs gemeinsam beantwortet. Das „Bündnis für den Lebensraum Rhein“ wird vom BMVI und den weiteren Unterzeichnern der „Gemeinsamen Erklärung zur Sicherstellung zuverlässig kalkulierbarer Transportbedingungen am Rhein“ initiiert und richtet sich an alle Partner im gesellschaftlichen Dialog. Die Abstimmung der konkreten Ausgestaltung steht noch aus. Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode – 5 – Drucksache 19/14836 22. Beabsichtigt die Bundesregierung über den Aktionsplan Niedrigwasser hinaus weitere Maßnahme zu ergreifen, um einen zuverlässigen und kalkulierbaren Transport auf dem Rhein zu ermöglichen? Wenn nein, warum nicht? Die Ermöglichung und Förderung einer sicheren und leistungsfähigen Binnenschifffahrt ist eine Daueraufgabe, die die Bundesregierung an den Binnenwasserstraßen des Bundes – auch über den Rhein hinaus – mit Nachdruck verfolgt. Unter anderem sind in dem Anfang dieses Jahres veröffentlichten Masterplan Binnenschifffahrt zahlreiche Maßnahmen des BMVI auch für das Gebiet des Rheines enthalten, um eine Verkehrsverlagerung auf den Verkehrsträger Wasserstraße zu erreichen. 23. Erwägt die Bundesregierung vergleichbare Aktionspläne auch für andere schifffahrtsrelevante Flüsse zu vereinbaren? Wenn ja, für welche Flüsse wird dies erwogen? Wenn nein, welche Gründe sprechen dagegen? Die am Rhein gewonnenen Erkenntnisse und Lösungsansätze, beispielsweise bei „Informationsbereitstellung“ und „Transport und Logistik“, werden auf ihre Übertragbarkeit auf andere Wasserstraßen geprüft werden. 24. Nach welchen Kriterien wurde die Auswahl der von der Wasserstraße Rhein abhängigen Unternehmen für die Unterzeichnung des Aktionsplans Niedrigwasser getroffen? Die „Gemeinsame Erklärung zur Sicherstellung zuverlässig kalkulierbarer Transportbedingungen am Rhein“ basiert auf verschiedenen Gesprächen des BMVI mit Industrieunternehmen im Rheineinzugsgebiet im Zusammenhang mit der Niedrigwasserperiode 2018. Eine gezielte Auswahl wurde dabei nicht getroffen. Drucksache 19/14836 – 6 – Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode Gesamtherstellung: H. Heenemann GmbH & Co. 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