Antwort der Bundesregierung auf die Kleine Anfrage der Abgeordneten Uwe Witt, Martin Sichert, René Springer und der Fraktion der AfD – Drucksache 19/14351 – Kurzarbeitergeld als Mittel gegen Konjunktureinbruch und digitalen Strukturwechsel V o r b e m e r k u n g d e r F r a g e s t e l l e r In konjunkturell schwachen Phasen hat sich Kurzarbeit bewährt, die Belegschaft eines Unternehmens im Betrieb halten zu können. Kurzarbeit ist daher ein Mittel der Wahl, wenn Unternehmen trotz wirtschaftlich schwieriger Zeiten ihre Fachkräfte halten wollen. Aus gesamtwirtschaftlicher Perspektive ist das Kurzarbeitergeld einer der automatischen Stabilisatoren, der in einer konjunkturellen Schwächephase Lohn- und Gehaltseinbußen durch staatliche Leistungen zumindest teilweise ausgleicht (Drohender Abschwung in Zeiten der Digitalisierung: Brauchen wir ein Kurzarbeitergeld 4.0; http://ftp.iza. org/sp96.pdf). Zum jetzigen Zeitpunkt beantragen immer mehr Unternehmen für ihre Belegschaft Kurzarbeitergeld. Das Institut für Wirtschaft schätzt das Niveau ähnlich ein wie in den Jahren 2012 und 2013 www.fr.de/wirtschaft/ifo-umfrage-mehrkurzarbeit -deutschen-industrie-13042546.html). Auch wenn vergleichsweise die Lage auf dem Arbeitsmarkt noch komfortabel zu sein scheint, so lassen sich die Vorzeichen einer erneuten Krise bei genauem Hinschauen erkennen. Die Rufe nach staatlichen Investitionen, Interventionen und neuen Instrumenten werden zunehmend lauter. Nicht nur die sich anbahnende weltwirtschaftliche Krise und deren Auswirkungen auf den deutschen Wirtschaftsstandort und deutschen Arbeitsmarkt sind als problematisch anzusehen (vgl. www.sueddeutsche.de/wirtschaft/wirtschaftskrise-2020- rezession-1.4576139), sondern auch ein drohender Abschwung im Zuge der Digitalisierung könnte nach Ansicht der Fragesteller eine neue Herausforderung darstellen. Deutscher Bundestag Drucksache 19/14961 19. Wahlperiode 08.11.2019 Die Antwort wurde namens der Bundesregierung mit Schreiben des Bundesministeriums für Arbeit und Soziales vom 6. November 2019 übermittelt. Die Drucksache enthält – in kleinerer Schrifttype – den Fragetext. 1. Wie viele Unternehmen bezogen in den Jahren von 2008 bis 2019 Kurzarbeitergeld (bitte nach Betriebsgröße und Branche aufschlüsseln)? 2. Wie viele Mitarbeiter waren in den Jahren von 2008 bis 2019 auf Kurzarbeitergeld angewiesen (wie lange, und in welcher Höhe)? Die Fragen 1 und 2 werden gemeinsam beantwortet. Die erfragten Daten sind in der Publikation der Bundesagentur für Arbeit „Angezeigte und realisierte Kurzarbeit“ veröffentlicht, die im Internet unter https:// statistik.arbeitsagentur.de/nn_32018/SiteGlobals/Forms/Rubrikensuche/ Rubrikensuche_Form.html?view=processForm&pageLocale=de&topi cId=255298 verfügbar ist. Zur Frage, in welcher Höhe den einzelnen Beschäftigten Kurzarbeitergeld gezahlt worden ist, liegen keine Angaben vor. Die Höhe des Kurzarbeitergeldes ist definiert in § 105 des Dritten Buches Sozialgesetzbuch (SGB III). Danach erhalten Kurzarbeitende 60 Prozent des ausgefallenen pauschalierten Nettoentgelts . Lebt mindestens ein Kind im Haushalt, beträgt das Kurzarbeitergeld 67 Prozent. 3. Wie schätzt die Bundesregierung die derzeitige Entwicklung der Weltwirtschaft ein, und speziell welche drohenden Auswirkungen hat diese Entwicklung für die deutsche Wirtschaft und den Arbeitsmarkt? 4. Welche Maßnahmen erwägt die Bundesregierung einzuleiten, sollte sich die Konjunktur weiter abschwächen und mehr Kurzarbeit vonnöten sein? 5. Welche weiteren Maßnahmen sind geplant, sollte Deutschland in eine Rezession gelangen, wie es bereits 2008/2009 und 2012/2013 der Fall war? Die Fragen 3 bis 5 werden gemeinsam beantwortet. Gemäß ihrer Herbstprojektion von Oktober 2019 erwartet die Bundesregierung im Einklang mit der Einschätzung internationaler Organisationen im Prognosezeitraum eine leichte Belebung des Weltwirtschaftswachstums und des Welthandels . Diese Belebung wird sich positiv auf die Entwicklung der deutschen Ausfuhren auswirken und auch den Investitionen etwas Schub geben. Auch vor diesem Hintergrund erwartet die Bundesregierung in ihrer Herbstprojektion ein Wachstum des preisbereinigten Bruttoinlandsprodukts von 0,5 Prozent im Jahr 2019 und eine Belebung auf 1 Prozent im Jahr 2020. Die Gründe für die insgesamt verhaltene konjunkturelle Entwicklung im laufenden Jahr ergeben sich insbesondere aus dem außenwirtschaftlichen Umfeld. Die Binnennachfrage bleibt ein wichtiger Treiber der gesamtwirtschaftlichen Entwicklung. Die Konjunktur wird zudem maßgeblich von der Finanzpolitik gestützt. Die Finanzpolitik wird im Jahr 2020 deutlich – und in 2021 leicht – expansiv ausgerichtet sein. Insgesamt hat sich die konjunkturelle Dynamik im Jahr 2019 zwar abgeschwächt . Von einer Konjunkturkrise kann jedoch keine Rede sein, da sich die Binnenwirtschaft weiterhin robust zeigt und sich die Auslastung der Kapazitäten immer noch im Bereich der Normalauslastung befindet. Hierauf haben auch die Wirtschaftsforschungsinstitute der Projektgruppe Gemeinschaftsdiagnose in ihrem Herbstgutachten hingewiesen. Daher sollte das Wirken der automatischen Stabilisatoren ausreichend sein. Sollte sich die konjunkturelle Entwicklung schlechter zeigen als erwartet, wäre eine Neubewertung möglicher Maßnahmen zu treffen. Drucksache 19/14961 – 2 – Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode 6. Welche Anpassungen sind aus Sicht der Bundesregierung durch die Digitalisierung beim Transformationskurzarbeitergeld vorzunehmen, um die Finanzierung sicherzustellen und die Marktnotwendigkeiten flexibel abbilden zu können? 7. Plant die Bundesregierung im Zuge der Digitalisierung ein Transformationskurzarbeitergeld in Verbindung mit einer Weiterbildungsoffensive, so dass Mitarbeiter und Angestellte sich während des Bezugs von Kurzarbeitergeld individuell weiterbilden können? Wenn ja, gibt es hierzu schon konkrete Vorstellungen, die über das Qualifizierungschancengesetz hinausgehen? Die Fragen 6 und 7 werden gemeinsam beantwortet. Das SGB III kennt kein Instrument „Transformationskurzarbeitergeld“. Die Bundesregierung plant auch nicht die Einführung eines solchen Instruments. Das Bundesministerium für Arbeit und Soziales prüft zurzeit, ob und inwieweit in die Regelungen zum Bezug von Kurzarbeitergeld ein Anreiz zur Nutzung von Zeiten der Kurzarbeit für Qualifizierungen der Beschäftigten aufgenommen werden kann. 8. Wie viele Unternehmen haben in der Vergangenheit während des Bezugs von Kurzarbeitergeld davon Gebrauch gemacht, ihre Belegschaft weiter zu qualifizieren? Die Qualifizierung Beschäftigter – und damit auch solcher in Kurzarbeit – liegt grundsätzlich in der Verantwortung der Unternehmen. Sie ist seit Einführung des Qualifizierungschancengesetzes zum 1. Januar 2019 förderfähig. Lediglich im Zusammenhang mit der Finanzkrise 2008/2009 war 2009 ein Sonderprogramm „Qualifizierung bei Kurzarbeit“ aufgelegt worden, mit dem Beschäftigte während des Bezugs von (konjunkturellem) Kurzarbeitergeld und Saisonkurzarbeitergeld bei Teilnahme an Qualifizierungsmaßnahmen gefördert werden konnten. An diesem Förderprogramm haben bis zu seinem Auslaufen Ende März 2012 knapp 172.000 Beschäftigte teilgenommen. Zur Frage, ob und wenn ja, in welchem Ausmaß, Unternehmen Beschäftigte mit Arbeitsausfall auf eigene Kosten qualifiziert haben, liegen der Bundesregierung keine Informationen vor. Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode – 3 – Drucksache 19/14961 Gesamtherstellung: H. Heenemann GmbH & Co. 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