Antwort der Bundesregierung auf die Kleine Anfrage der Abgeordneten Udo Theodor Hemmelgarn, Marc Bernhard, Frank Magnitz, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der AfD – Drucksache 19/14355 – Schriftform befristeter Gewerbemietverträge V o r b e m e r k u n g d e r F r a g e s t e l l e r Neben den Wohnraummietverträgen bilden die Gewerbemietverträge die zweite große Gruppe gesetzlich geregelter Mietverträge. Der Zentrale Immobilien Ausschuss (ZIA) geht in seinem Frühjahrsgutachten 2019 davon aus, dass sich allein die Größe der Verkaufsflächen im Einzelhandel mittlerweile auf 119,8 Mio. m² beläuft www.zia-deutsch-land.de/fileadmin/Redaktion/ Meta_Service/PDF/Immoweisen_2019_web.pdf, Seite 180). Die Flächen der Büro-, Industrie- und Logistikimmobilien würden nach Ansicht der Fragesteller als Flächen, die den Regelungen des Gewerbemietrechts unterfallen, noch dazukommen. Gewerbemietverträge haben somit erhebliche volkswirtschaftliche Bedeutung, da ein großer Teil der Wertschöpfung auf denjenigen Flächen stattfindet, über die diese Verträge geschlossen werden. Allein in den TOP-7 Standorten (Berlin, Hamburg, München, Frankfurt am Main, Köln, Düsseldorf und Stuttgart) beliefen sich die Einzelhandelsflächen auf 16.882.000 m² (https://de.statista.com/statistik/daten/studie/946745/ umfrage/bestand-an-einzelhandelsflaechen-an-den-groessten-standorten-indeutschland /). Die Gesamtgröße der Gewerbemietflächen in Deutschland, einschließlich Büro-, Logistik- und Industrieflächen wird nach Ansicht der Fragesteller ein Vielfaches dieser Größe betragen. Nach den Regelungen der §§ 550, 578 Absatz 2 des Bürgerlichen Gesetzbuchs (BGB) müssen Gewerbemietverträge, die für eine längere Zeit als ein Jahr abgeschlossen werden, die Schriftform des § 126 BGB einhalten. Die Wahrung der gesetzlichen Schriftform ist dabei für alle Beteiligten von hohem wirtschaftlichem Interesse. Kleinere Gewerbemieter hängen oftmals mit ihrer wirtschaftlichen Existenz vom Bestand des Mietverhältnisses ab. Größere Gewerbemieter haben ebenfalls ein Interesse daran, ihr Unternehmen auf den angemieteten Flächen zu betreiben. Ein Verlust des Mietvertrages führt nach Ansicht der Fragesteller zur Aufgabe der wirtschaftlichen Tätigkeit und zum Verlust von Arbeitsplätzen. Für den Eigentümer entscheidet die Kontinuität der Mieteinnahmen über die Werthaltigkeit der Immobilie und auch über die Kreditwürdigkeit gegenüber den Banken. Im Fall des Verkaufs der Immobilie ist die Frage nach der Stabilität der Mieteinnahmen von entscheidendem Interesse für die Bestimmung des Kaufpreises. Deutscher Bundestag Drucksache 19/15026 19. Wahlperiode 11.11.2019 Die Antwort wurde namens der Bundesregierung mit Schreiben des Bundesministeriums für Wirtschaft und Energie vom 6. November 2019 übermittelt. Die Drucksache enthält zusätzlich – in kleinerer Schrifttype – den Fragetext. Zur Frage der Einhaltung der Schriftform hat sich dabei eine umfangreiche Judikatur des Bundesgerichtshofs (BGH) entwickelt (vgl. nur BGH-Urteile vom 27. September 2017, XII ZR 114/16 und BGH-Urteil vom 30. April 2014, XII ZR 146/12). Die Rechtsprechung des BGH hat nach Ansicht der Fragesteller dabei zu erheblichen Unsicherheiten im Hinblick auf die Einhaltung der gesetzlichen Schriftform in diesem Bereich geführt. Oftmals kann auch im Rahmen einer juristischen Prüfung nicht mit Sicherheit festgestellt werden, ob die erforderliche Schriftform eingehalten wurde oder nicht (www.linkedin.com/pulse/dring ender-reformbedarf-im-gewerbemietrecht-johannes-conradi). Im Ergebnis versuchen die Parteien eines befristeten Gewerbemietvertrages immer häufiger , sich unter Berufung auf einen Mangel der Schriftform von unliebsamen Verträgen zu lösen. Je nach wirtschaftlicher Ausgangssituation kann dieser Versuch vom Mieter ausgehen – sofern der angemietete Gewerberaum bestimmte Erwartungen im Hinblick auf Kundenfrequenz oder Umsatz nicht erreicht , oder vom Vermieter, der sich im Falle einer Neuvermietung einen deutlich höheren Mietpreis verspricht. Die Vorschrift des § 550 BGB ist dabei nach einhelliger Meinung eine Schutzvorschrift zu Gunsten eines potenziellen Erwerbers (vgl. Palandt/Weidenkaff § 550 BGB Rn. 1; Münchener Kommentar zum BGB/Bieber § 550 BGB Rn. 1 ff.). Diesem soll es ermöglicht werden, anhand der jeweiligen Vertragsurkunden , den Wert der bestehenden Mietverträge, und damit letztendlich auch den Wert der Immobilie an sich, zu ermitteln. In der Rechtswirklichkeit sorgt das Schriftformerfordernis dafür, dass der Erwerber die Wirksamkeit einer Befristung oftmals nicht mit der erforderlichen Sicherheit ermitteln kann. Er läuft somit nach Ansicht der Fragesteller Gefahr, den Wert der Immobilie falsch einzuschätzen und sich nach Erwerb Einwänden gegen den Fortbestand des Mietverhältnisses ausgesetzt zu sehen. Insgesamt besteht nach Ansicht der Fragesteller in diesem Bereich derzeit eine hohe Rechtsunsicherheit. Die Fragesteller möchten in Erfahrung bringen, ob dem Statistischen Bundesamt auch Daten zur Fläche und Anzahl der Gewerbeimmobilien vorliegen sowie zu den weiteren Informationen, zu denen die nachfolgenden Fragen gestellt werden. V o r b e m e r k u n g d e r B u n d e s r e g i e r u n g Dem Statistischen Bundesamt liegen keine Daten zur Fläche und Anzahl der Gewerbeimmobilien sowie zu den sonstigen angefragten Daten vor. Mit der neuen EU-Verordnung für Unternehmensstatistiken, die zurzeit das Rechtsetzungsverfahren auf EU-Ebene durchläuft und am 1. Januar 2021 in Kraft treten soll, erweitert sich der Erfassungsbereich der Erzeugerpreise für Dienstleitungen. Damit wird u. a. auch die Bereitstellung von Erzeugerpreisindizes für das Grundstücks- und Wohnungswesen verpflichtend. Das Statistische Bundesamt konzipiert derzeit Erhebungen in diesem Bereich, u. a. auch für Gewerbemieten. Eine regelmäßige Erhebung ist ab dem nächsten Basisjahr 2021 geplant, die Veröffentlichung gemäß der o. g. Verordnung erstmals im Juni 2024. Zweck der Erhebungen ist die Darstellung der Preisentwicklung im Zeitverlauf. Daher wird die Veröffentlichung in Form von Indizes erfolgen. Drucksache 19/15026 – 2 – Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode  1. Wie groß sind nach Kenntnis der Bundesregierung die Gewerbemietflächen in Deutschland insgesamt? Zum Flächenbestand von Wirtschaftsimmobilien gibt es in Deutschland keine statistische Erfassung. Schätzungen gehen für die Hauptkategorien (Büro-, Einzelhandels-, Industrieunternehmen etc.) von ca. 3,1 Mrd. Quadratmetern Fläche aus. Eine Unterscheidung nach Gewerbemietflächen und eigentümergenutzten Flächen ist hierbei nicht möglich.  2. Wie hoch ist nach Kenntnis der Bundesregierung die durchschnittliche Miete pro m² für Gewerbemietflächen in Deutschland? Eine amtliche Statistik zu den Mieten von Gewerbemietflächen existiert in Deutschland nicht. Der Gewerbepreisspiegel des Immobilienverbands (IVD) unterscheidet nach Büromieten und Einzelhandelsmietflächen. Die Büromieten in Deutschland bewegen sich je nach Nutzwert der Büroimmobilie zwischen 6,81 Euro (einfacher Nutzwert) und 13,02 Euro je Quadratmeter (guter Nutzwert ) (Jahr 2018). Bei größeren Ladenflächen im Einzelhandel mit ca. 150 m² weisen die Daten des IVD-Gewerbepreisspiegels je nach Städtegrößen in 1a-Lagen eine Quadratmetermiete von 8,80 Euro (Kleinstädte) bis 111 Euro (Großstädte) je Quadratmeter (Jahr 2018) aus. Bei kleineren Ladenflächen mit ca. 60 m² weisen die Daten des IVD-Gewerbepreisspiegels je nach Städtegrößen in 1a-Lagen eine Quadratmetermiete von 11,70 Euro (Kleinstädte) bis 162 Euro (Großstädte) je Quadratmeter (Jahr 2018) aus. Bei 1b-Lagen bewegen sich die Mieten zwischen 5,80 Euro und 49 Euro (je nach Stadtgröße und Ladenfläche).  3. Wie hoch ist nach Kenntnis der Bundesregierung der Wert der Gewerbeimmobilien in Deutschland insgesamt einzuschätzen?  4. Wie hoch ist nach Kenntnis der Bundesregierung die Anzahl der befristeten Gewerbemietverhältnisse in Deutschland?  5. Wie hoch ist nach Kenntnis der Bundesregierung das wirtschaftliche Volumen der in Deutschland bestehenden befristeten Gewerbemietverhältnisse in Euro?  6. Hat die Bundesregierung Kenntnis darüber, wie viele dieser Verträge von einem Schriftformmangel betroffen sind oder sein könnten, und wie hoch das wirtschaftliche Volumen in Euro ist?  7. Wie hoch ist nach Kenntnis der Bundesregierung die Anzahl der betroffenen Gewerbeimmobilien?  8. Wie hoch ist nach Kenntnis der Bundesregierung der Wert der betroffenen Gewerbeimmobilien?  9. Wie hoch sind nach Kenntnis der Bundesregierung die Darlehensverbindlichkeiten , die über diese Gewerbeimmobilien abgesichert werden? 10. Wie verteilen sich nach Kenntnis der Bundesregierung die entsprechenden Zahlen auf die Bundesländer? Die Bundesregierung verfügt zu den Fragen 3 bis 10 über keine Daten. Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode – 3 – Drucksache 19/15026 Gesamtherstellung: H. Heenemann GmbH & Co. KG, Buch- und Offsetdruckerei, Bessemerstraße 83–91, 12103 Berlin, www.heenemann-druck.de Vertrieb: Bundesanzeiger Verlag GmbH, Postfach 10 05 34, 50445 Köln, Telefon (02 21) 97 66 83 40, Fax (02 21) 97 66 83 44, www.betrifft-gesetze.de ISSN 0722-8333