Antwort der Bundesregierung auf die Kleine Anfrage der Abgeordneten Frank Schäffler, Christian Dürr, Dr. Florian Toncar, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der FDP – Drucksache 19/14527 – Regulatory Sandboxes für Finanztechnologieunternehmen und Blockchain-Anwendungen V o r b e m e r k u n g d e r F r a g e s t e l l e r „Regulatory Sandboxes“ sind von der Finanzaufsicht begleitete Programme, in denen Start-ups ihre Produkte in einem weniger regulierten Rahmen testen können. Damit soll verhindert werden, dass zu hohe aufsichtsrechtliche Anforderungen Innovationen behindern. Das System ist bereits in mehreren Ländern eingeführt worden. In der EU haben z. B. Großbritannien und Polen für ihren FinTech-Markt (FinTech = Finanztechnologie) Regulatory Sandboxes eingeführt (www.esma.europa.eu/sites/default/files/library/jc_2018_74_joint_re port_on_regulatory_sandboxes_and_innovation_hubs.pdf). Im September 2019 hat die Türkei angekündigt, Sandboxes speziell für Firmen mit Blockchain-Applikationen einzuführen (www.btc-echo.de/tuerkeiruft -regulatory-sandboxes-fuer-blockchain-ins-leben/). 1. In welchen Ländern gibt es nach Kenntnis der Bundesregierung Regulatory Sandboxes für Finanztechnologieunternehmen (FinTechs) bzw. für Technologieunternehmen allgemein? Ist die Bundesregierung der Auffassung, dass diese Länder durch die Regulatory Sandboxes für FinTechs bzw. für Technologieunternehmen derzeit einen Standortvorteil im Vergleich zu Deutschland haben? Nach Kenntnis der Bundesregierung verfügen in der Europäischen Union derzeit fünf Mitgliedstaaten über eine Regulatory Sandbox: Dänemark, Litauen, Niederlande, Polen und Großbritannien (www.eba.europa.eu/financial-innovati on-and-fintech/european-forum-for-innovation-facilitators). Auch außerhalb der Europäischen Union haben einzelne Länder Regulatory Sandboxes implementiert . Hierzu liegen der Bundesregierung vereinzelte Erkenntnisse vor. Einige Länder, die eine Regulatory Sandbox implementiert haben, sind im 2019 gegründeten Global Financial Innovation Network (GFIN) organisiert (www.fca.org.uk/firms/global-financial-innovation-network); so z. B. Bermuda , Guernsey und Jersey. Deutscher Bundestag Drucksache 19/15103 19. Wahlperiode 13.11.2019 Die Antwort wurde namens der Bundesregierung mit Schreiben des Bundesministeriums der Finanzen vom 11. November 2019 übermittelt. Die Drucksache enthält – in kleinerer Schrifttype – den Fragetext. Vorabfassung - wird durch die lektorierte Version ersetzt. Die unter dem Begriff „Regulatory Sandbox“ vermarkteten Tätigkeiten weichen zum Teil erheblich voneinander ab. Mit dem FinTech Action Plan hat die Europäische Kommission die Europäischen Aufsichtsbehörden (ESAs) aufgefordert , aufbauend auf ihren bisherigen Arbeiten zur Erfassung der Aktivitäten der nationalen Aufsichtsbehörden zur Einrichtung von FinTech-Moderatoren („Fintech Facilitators“), weitere Analysen durchzuführen, bewährte Praktiken zu ermitteln und gegebenenfalls Leitlinien zu diesen auszuarbeiten. In diesem Kontext haben die ESAs den Joint Report „Fintech: Regulatory Sandboxes and Innovation Hubs“ am 7. Januar 2019 veröffentlicht und der Europäischen Kommission zur Verfügung gestellt. In diesem Bericht werden die in den einzelnen Mitgliedstaaten bestehenden „Innovation Hubs“ und „Sandboxes“ analysiert. Der Bericht zeigt Optionen auf, um die Arbeiten der Mitgliedstaaten gesamteuropäisch im Bereich der „Innovation Hubs“ und „Sandboxes“ zu fördern. Diese Optionen umfassen i) die Entwicklung gemeinsamer Leitlinien der ESA- Initiative für die Zusammenarbeit und Koordination zwischen „Innovation Hubs“ und „Sandboxes“ und ii) die Schaffung eines EU-Netzwerks, um eine Brücke zwischen den unterschiedlichen „Innovation Hubs“ und „Sandboxes“ zu schlagen. Ein einheitlicher europäischer Regelungsrahmen für Sandbox- Regime schlagen die ESAs nicht vor. Auf Grundlage dieser Ergebnisse des o. g. Joint Reports hat die EU- Kommission gemeinsam mit den European Supervisory Authorities ein European Forum for Innovation Facilitators (EFIF) eingerichtet. Die BaFin ist Mitglied des EFIF. Die Bundesregierung befürwortet insbesondere einen intensiven Austausch zwischen den Innovation Hubs. Bereits vor der Gründung des EFIF befand sich die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht und das Bundesministerium der Finanzen in regem Austausch zu FinTech Themen mit europäischen Mitgliedstaaten. Daneben werden weitere Handlungsoptionen in der interministeriellen Arbeitsgruppe des Bundesministeriums für Wirtschaft und Energie geprüft, die sich themenübergreifend mit Reallaboren als Testräume für Innovation und Regulierung beschäftigt . Die tatsächlichen Auswirkungen von Regulatory Sandboxes lassen sich nicht sinnvoll messen. Dies liegt in der Heterogenität der Ausgestaltung der Regulatory Sandboxes begründet. Insofern kann die Bundesregierung hierzu keine Aussage treffen. 2. Wie hat sich der FinTech-Markt in den Ländern, in denen eine Sandbox eingeführt wurde, nach Kenntnis der Bundesregierung entwickelt? a) Wie hoch sind nach Kenntnissen der Bundesregierung die jährlichen Umsätze der Finanzprodukte in einer Sandbox weltweit? b) Wie hoch sind nach Kenntnissen der Bundesregierung die jährlichen Investitionen , die in die Finanzprodukte innerhalb einer Sandbox weltweit fließen? 3. Wie hat sich nach Kenntnissen der Bundesregierung der FinTech-Markt durch die Einführung der Sandbox in Taiwan entwickelt? a) Wie hoch sind nach Kenntnissen der Bundesregierung die jährlichen Umsätze der Finanzprodukte in der Sandbox in Taiwan? b) Wie hoch sind nach Kenntnissen der Bundesregierung die jährlichen Investitionen , die in die Finanzprodukte innerhalb der Sandbox in Taiwan fließen? Drucksache 19/15103 – 2 – Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode Vorabfassung - wird durch die lektorierte Version ersetzt. 4. Wie hat sich nach Kenntnissen der Bundesregierung der Fintech-Markt durch die Einführung der Sandbox in Singapur entwickelt? a) Wie hoch sind nach Kenntnissen der Bundesregierung die jährlichen Umsätze der Finanzprodukte in der Sandbox in Singapur? b) Wie hoch sind nach Kenntnissen der Bundesregierung die jährlichen Investitionen , die in die Finanzprodukte innerhalb der Sandbox in Singapur fließen? 5. Wie hat sich nach Kenntnissen der Bundesregierung der Fintech-Markt durch die Einführung der Sandbox in Großbritannien entwickelt? a) Wie hoch sind nach Kenntnissen der Bundesregierung die jährlichen Umsätze der Finanzprodukte in der Sandbox in Großbritannien? b) Wie hoch sind nach Kenntnissen der Bundesregierung die jährlichen Investitionen , die in die Finanzprodukte innerhalb der Sandbox in Großbritannien fließen? 6. Wie hat sich nach Kenntnissen der Bundesregierung der Fintech-Markt durch die Einführung der Sandbox in Polen entwickelt? a) Wie hoch sind nach Kenntnissen der Bundesregierung die jährlichen Umsätze der Finanzprodukte in der Sandbox in Polen? b) Wie hoch sind nach Kenntnissen der Bundesregierung die jährlichen Investitionen , die in die Finanzprodukte innerhalb der Sandbox in Polen fließen? Die Fragen 2 bis 6b werden gemeinsam beantwortet. Über die allgemein verfügbaren Informationen hinaus, liegen der Bundesregierung keine Erkenntnisse dazu vor. 7. Plant die Bundesregierung die Einführung von Regulatory Sandboxes für FinTechs? a) Wenn ja, welche konkreten Maßnahmen sind geplant? b) Wenn ja, mit welchem Zeitplan? c) Wenn nein, aus welchen Gründen lehnt die Bundesregierung Regulatory Sandboxes für FinTechs ab? Die Bundesregierung plant zurzeit keine Einführung einer Regulatory Sandbox für FinTechs. Sie verfolgt weiterhin ergebnisoffen die europäische Diskussion zu dem Thema. Für den Finanzmarkt bildet zunächst der Ansatz einer symmetrischen Regulierung das Grundgerüst. Das bedeutet, dass gleiche Geschäfte mit gleichen Risiken auch den gleichen Regeln unterliegen sollten. Bislang besteht kein Anlass, von diesem Grundsatz abzuweichen. Auch der FinTechRat beim BMF ist in seinen Empfehlungen vom 22. November 2017 zum Ergebnis gekommen, dass für alle Markteilnehmer die gleichen Regeln gelten sollten. Die Proportionalität gesetzlicher Anforderungen und der Finanzaufsicht seien dabei geeignete Maßnahmen, um der Heterogenität der unterschiedlichen Marktteilnehmer gerecht zu werden. Dabei stellt der Fin- TechRat klar, dass eine „Sandbox“ nicht geeignet sei, dieses Ziel umzusetzen, sondern zur Regulierungsarbitrage einlädt. Im Übrigen wird auf die Reallabore-Strategie des BMWi in der Antwort zu Frage 9 verwiesen. Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode – 3 – Drucksache 19/15103 Vorabfassung - wird durch die lektorierte Version ersetzt. 8. In welchen Ländern existieren nach Kenntnis der Bundesregierung bereits Regulatory Sandboxes, die speziell Blockchain-Anwendungen berücksichtigen ? Hat die Bundesregierung Kenntnisse darüber, wie viele Unternehmen derzeit unter die entsprechenden Sandbox-Regelungen fallen? In verschiedenen Ländern existieren bereits Regulatory Sandboxes, die auch speziell Blockchain-Anwendungen berücksichtigen, so etwa in Japan, Kanada und Singapur. Die konkrete Anzahl der teilnehmenden Unternehmen ist der Bundesregierung nicht bekannt. 9. Plant die Bundesregierung die Einführung von Regulatory Sandboxes für Blockchain-Anwendungen? a) Wenn ja, welche konkreten Maßnahmen sind geplant? b) Wenn ja, mit welchem Zeitplan? c) Wenn nein, aus welchen Gründen lehnt die Bundesregierung Regulatory Sandboxes für FinTechs ab? d) Wieso werden in der „Blockchain-Strategie“ Sandboxes nicht berücksichtigt ? Das Bundesministerium für Wirtschaft und Energie hat in Zusammenarbeit mit den weiteren Bundesressorts zum Ziel gesetzt, Reallabore als Testräume für Innovation und Regulierung systematisch in Deutschland zu etablieren (Reallabore-Strategie). Ähnlich wie beim Prinzip der Regulatory Sandboxes geht es in Reallaboren darum, Innovationen zeitlich und räumlich begrenzt unter der Ausnutzung rechtlicher Spielräume wie etwa Experimentierklauseln und mit explizitem regulatorischen Erkenntnisinteresse zu erproben. Wie auch im Rahmen der Blockchain-Strategie der Bundesregierung dargestellt , sieht sich die Bundesregierung durch die Ergebnisse der Online- Konsultation zur Blockchain-Strategie darin bestätigt, dass Pilotprojekte und Reallabore eine ideale Möglichkeit bieten, um den Einsatz der Technologie in der Praxis sowie Regulierungsansätze zu erproben. Im Rahmen der Reallabore- Strategie wird die Bundesregierung noch in diesem Jahr einen Wettbewerb zu Reallaboren als Testräume für Innovation und Regulierung starten, der allerdings innovationsoffen ist und sich nicht ausschließlich auf Blockchain- Anwendungen bezieht. Auch die weiteren Aktivitäten zur Vernetzung, Information und Stärkung von Reallaboren werden weiter vorangetrieben. Im Übrigen wird auf die Antwort zu Frage 7 verwiesen. Drucksache 19/15103 – 4 – Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode Gesamtherstellung: H. Heenemann GmbH & Co. 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