Antwort der Bundesregierung auf die Kleine Anfrage des Abgeordneten Dr. Anton Friesen und der Fraktion der AfD – Drucksache 19/14548 – Probleme bei der Durchsetzung von Entschädigungsansprüchen von Holocaust- Überlebenden gegenüber der Bundesrepublik Deutschland V o r b e m e r k u n g d e r F r a g e s t e l l e r Die Bundesrepublik Deutschland hat bislang umgerechnet 73 Mrd. Euro für Entschädigungen für Holocaust-Überlebende aufgewendet (www.deutschland funkkultur.de/entschaedigung-von-holocaustueberlebenden-der-langekampf .976.de.html?dram:article_id=456254). Allerdings gibt es nach Kenntnis der Fragesteller noch immer Probleme bei der Durchsetzung von Entschädigungsansprüchen . Beispielsweise können einige Holocaust-Überlebende aufgrund von fehlenden Unterlagen ihre Ansprüche nicht geltend machen. Bei ihrer Flucht aus Europa verfügten sie aus nachvollziehbaren Gründen oftmals nicht über Ausweispapiere. Hinzu kommt, dass viele Holocaust-Überlebende trotz Entschädigungsansprüchen in Armut leben. Allein in Israel leben schätzungsweise noch ca. 45.000 Shoah-Überlebende an oder unter der Armutsgrenze (www.deutschlandfunkkultur.de/holocaust-wiedergutmachung-schaebi ges-spiel-auf-zeit.1079.de.html?dram:article_id=377508). V o r b e m e r k u n g d e r B u n d e s r e g i e r u n g Die von den Fragestellern erbetenen Informationen zu Entschädigungsleistungen sind hinsichtlich der betragsmäßig inzwischen wichtigsten Regelungen bereits öffentlich verfügbar. So werden in dem alle zwei Jahre vorgelegten Bericht der Bundesregierung über den Stand der Abwicklung des Fonds für Wiedergutmachungsleistungen an jüdische Verfolgte, zuletzt am 1. Oktober 2019 auf Bundestagsdrucksache 19/13700 mit Stand zum 30. Juni 2019 aktualisiert, die Leistungen aufgrund des zwischen dem Bundesministerium der Finanzen und der Conference on Jewish Material Claims Against Germany (JCC) am 29. Oktober 1992 abgeschlossenen und 2012 neugefassten Abkommen nach Artikel 2 der Zusatzvereinbarung vom 18. September 1990 zum Einigungsvertrag zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der früheren DDR vom 31. August 1990 (Artikel 2 Abkommen) dargestellt. Da ausdrücklich nach Entschädigungen an Holocaust-Überlebende gefragt wird, geht die Bundesregierung in ihrer Antwort davon aus, dass darunter nur Zahlungen an die Gruppe Deutscher Bundestag Drucksache 19/15106 19. Wahlperiode 13.11.2019 Die Antwort wurde namens der Bundesregierung mit Schreiben des Bundesministeriums der Finanzen vom 8. November 2019 übermittelt. Die Drucksache enthält – in kleinerer Schrifttype – den Fragetext. Vorabfassung - wird durch die lektorierte Version ersetzt. der als jüdisch verfolgten Opfer des NS-Unrechtsregimes gemeint sein sollen. Gemäß der für das deutsche Entschädigungsrecht zentralen Norm § 1 des Bundesentschädigungsgesetzes (BEG), nach dem Opfer der nationalsozialistischen Verfolgung im Sinne des BEG ist, wer aus Gründen politischer Gegnerschaft gegen den Nationalsozialismus oder aus Gründen der Rasse, des Glaubens oder der Weltanschauung durch nationalsozialistische Gewaltmaßnahmen verfolgt worden ist, richten sich die Entschädigungsleistungen allerdings auch an die weiteren Gruppen der NS-Verfolgten. Die Bundesregierung hat seit 1949 eine Fülle gesetzlicher und außergesetzlicher Regelungen für unterschiedliche Personenkreise, die von nationalsozialistischem Unrecht betroffen waren, geschaffen. Grundlegendes Werk war dabei das Luxemburger Abkommen von 1952 zwischen Deutschland und Israel, in dem Deutschland 3 Mrd. Deutsche Mark an den Staat Israel und 450 Mio. Deutsche Mark an die JCC zusagte. Alle an der Gesetzgebung und der Durchführung der Wiedergutmachungsgesetze Beteiligten waren sich dabei stets bewusst , dass eine vollständige „Wiedergutmachung“ im Wortsinn nicht möglich sei. Das unermessliche Leid, das den überlebenden Opfern von NS-Unrecht zugefügt wurde, kann nicht durch Geld oder andere Leistungen aufgewogen werden . Das materielle Unrecht aber zu lindern und das angetane Leid anzuerkennen , waren die wichtigsten Ziele der deutschen Wiedergutmachung. Vor dem Hintergrund dieser Ziele hat sich im Laufe der Jahrzehnte eine umfangreiche Entschädigungsarchitektur entwickelt, in der einzelne Regelungen immer wieder neu eingefügt oder angepasst wurden, um festgestellte Lücken zu schließen. Das Dokumentenerbe dieser vielfältigen Regelungen wird im Archivierungsprojekt des Bundesministeriums der Finanzen nun zusammengefasst und mittelfristig digital bereitgestellt werden, um die in den Akten enthaltenen individuellen Verfolgungsschicksale besser sichtbar zu machen und damit auch Holocaust-Leugnung und Antisemitismus deutlich entgegenzutreten. 1. Wie viele Anträge auf Entschädigungszahlungen von Holocaust- Überlebenden gingen bei der Bundesregierung seit 2010 ein (bitte auch die jeweilige Rechtsgrundlage, wie z. B. das Gesetz zur Zahlbarmachung von Renten aus Beschäftigungen in einem Ghetto – ZRBG – oder das Bundesgesetz zur Entschädigung für Opfer der nationalsozialistischen Verfolgung – BEG –, angeben und nach Jahren aufschlüsseln)? Hinsichtlich des von den Fragestellern angeführten Gesetzes zur Zahlbarmachung von Renten aus Beschäftigungen in einem Ghetto (ZRBG) ist einleitend darauf hinzuweisen, dass es sich dabei nicht um eine Entschädigungsleistung, sondern vielmehr um eine Sozialleistung im Sinne von § 11 Satz 1 des Ersten Buches Sozialgesetzbuch handelt. Für Verfolgte, die in einem Ghetto einer Beschäftigung nachgegangen sind, können Beitragszeiten nach dem ZRBG und Ersatzzeiten nach § 250 Absatz 1 Nummer 4 des Sechsten Buches Sozialgesetzbuch (SGB VI) anerkannt werden. Basierend auf diesen rentenrechtlichen Zeiten und ggf. weiteren Versicherungszeiten in der deutschen Rentenversicherung (z. B. Beitragszeiten vor Beginn der Verfolgung) werden nach den allgemeinen Voraussetzungen des SGB VI Alters- und Hinterbliebenenrentenansprüche geprüft, die – sofern die jeweiligen Voraussetzungen erfüllt sind – ab dem 1. Juli 1997 gezahlt werden. Die Anspruchsprüfung erfolgt ggf. unter Anwendung des über- und zwischenstaatlichen Rechts (wie dem deutschisraelischen Sozialversicherungsabkommen oder der Verordnung (EG) Nr. 883/2004 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 29. April 2004 zur Koordinierung der Systeme der sozialen Sicherheit), das heißt, durch Zusammenrechnung mit ausländischen Versicherungszeiten, falls dies im Einzel- Drucksache 19/15106 – 2 – Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode Vorabfassung - wird durch die lektorierte Version ersetzt. fall erforderlich ist und dadurch die erforderliche Mindestversicherungszeit für einen deutschen Rentenanspruch erfüllt wird. Hinsichtlich des BEG gilt gemäß Artikel VIII Absatz 1 Satz 1 des Zweiten Gesetzes zur Änderung des Bundesentschädigungsgesetzes (BEG-Schlussgesetz), dass nach dem 31. Dezember 1969 Ansprüche nach dem BEG und nach dem BEG-Schlussgesetz nicht mehr angemeldet werden konnten. Neuanträge auf Entschädigungszahlungen hat es für den hier erfragten Zeitraum ab dem Jahr 2010 damit nicht mehr geben können. Anträge auf eine laufende Beihilfe nach dem Artikel 2-Abkommen wurden zwischen dem 1. Januar 2010 und dem 30. September 2019 21.885 gestellt. Aus dem Härtefonds wurden im erfragten Zeitraum 168.954 Anträge auf Einmalbeihilfen zur Abgeltung von Härten im Einzelfall bewilligt. Aus dem erst nach 2010 aufgelegten Härtefonds für NS-Opfer, die als Juden verfolgt wurden und die am 1. Januar 1928 oder später geboren wurden (Child-Survivor-Fonds), wurden 74.150 Einmalleistungen bewilligt. Nach der Richtlinie der Bundesregierung über eine Anerkennungsleistung an Verfolgte für Arbeit in einem Ghetto, die keine Zwangsarbeit war vom 1. Oktober 2007 in der Fassung vom 12. Juli 2017 (Anerkennungsrichtlinie) wurden seit dem 1. Januar 2010 36.080 Anträge auf Anerkennungsleistung und Rentenersatzzuschlag gestellt. Im Bundesamt für zentrale Dienste und offene Vermögensfragen (BADV) sind vereinzelt nach 2010 noch Anträge auf Rückübertragung/Entschädigung für verfolgungsbedingte Vermögensverluste auf dem Gebiet der ehemaligen DDR zwischen dem 30. Januar 1933 und dem 8. Mai 1945 nach § 1 Absatz 6 des Gesetzes zur Regelung offener Vermögensfragen (VermG) in Verbindung mit dem NS-Verfolgtenentschädigungsgesetz (NS-VEntschG) eingegangen. § 30 a Absatz 1 VermG bestimmt, dass Rückübertragungs- bzw. Entschädigungsansprüche nach dem 31. Dezember 1992, für bewegliches Vermögen nach dem 30. Juni 1993, nicht mehr angemeldet werden können. Auf Leistungen nach dem Härtefonds für rassisch Verfolgte nicht jüdischen Glaubens in der Fassung vom 15. September 1966, Bundesanzeiger Nr. 178 vom 22. September 1966, (HNG) gingen seit 2010 59 Anträge ein. Auf die Vorbemerkung wird an dieser Stelle hingewiesen. Bei dieser Verfolgtengruppe handelt es sich um von den Nürnberger Gesetzen betroffene Menschen. a) In welchen Staaten waren die Antragsteller dabei wohnhaft? Für Anträge auf Anerkennungsleistung und Rentenersatzzuschlag ergeben sich die genauen Zahlen nach Ländern aufgeschlüsselt aus der Anlage 1. Hinsichtlich der Daten zum ZRBG wird auf die Anlage 2 verwiesen. Anträge auf Leistungen nach dem HNG gingen aus den Niederlanden, USA, Israel , Deutschland, Spanien, Brasilien, England, Kanada, Dänemark und Australien ein. b) Wie lang waren dabei die jeweiligen durchschnittlichen Bearbeitungszeiten ? Zur Bearbeitungsdauer von Anträgen nach dem ZRBG kann keine allgemeine Aussage getroffen werden. Es ist aber anzumerken, dass die überwiegende Anzahl der Antragsteller durch Bevollmächtigte vertreten wird, durch die regelmäßig gut vorbereitete Anträge eingereicht werden, über die dann zeitnah seitens der Rentenversicherungsträger eine Sachentscheidung getroffen werden kann. Gleichwohl nimmt die Bearbeitung von ZRBG-Anträgen im Einzelfall einige Zeit in Anspruch, da die Rentenversicherungsträger neben den Angaben der Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode – 3 – Drucksache 19/15106 Vorabfassung - wird durch die lektorierte Version ersetzt. Antragsteller unter anderem auch Unterlagen der Entschädigungsämter sowie der JCC zur Prüfung der geltend gemachten Ghettobeschäftigung heranziehen. Zu den durchschnittlichen Bearbeitungszeiten für Anträge nach der Anerkennungsrichtlinie können insbesondere keine Aussagen getroffen werden, da, weil der Antrag noch zu Lebzeiten des Verfolgten gestellt werden muss, zur Sicherung der Ansprüche oftmals zunächst formlose Anträge eingereicht werden, die in der Regel noch keine konkreten Angaben enthalten, die eine Prüfung der Anspruchsvoraussetzungen zulassen würden. Auch bezüglich der weiteren Entschädigungsleistungen werden keine durchschnittlichen Bearbeitungszeiten erfasst. c) Wie hoch waren dabei die jeweiligen Anerkennungsquoten? Die Anzahl der bewilligten Anträge nach der Anerkennungsrichtlinie ist ebenfalls der beigefügten Anlage 1 zu entnehmen. Hinsichtlich der Daten zum ZRBG wird auf die Anlage 2 verwiesen. Die Anerkennungsquote für Anträge auf eine laufende Beihilfe nach dem Artikel 2-Abkommen betrug 74,61 Prozent. Weitere Anerkennungsquoten wurden nicht erfasst. d) Wie viele Anträge sind derzeit (Stichtag 1. September 2019) noch offen ? Am 1. September 2019 waren von Anträgen auf Leistungen nach der Anerkennungsrichtlinie 1.150 Anträge auf Anerkennungsleistung und 105 Anträge auf einen Rentenersatzzuschlag noch nicht erledigt. Für VermG/NS-VEntschG sind derzeit noch ca. 1.500 Anträge privater Erbengemeinschaften anhängig, zu deren Mitgliedern auch Holocaust-Überlebende gehören könnten. Entsprechende Zahlen hierzu werden nicht gesondert erfasst. Hinsichtlich der Daten zum ZRBG wird auf die Anlage 2 verwiesen. Noch nicht beschieden sind im HNG insgesamt 13 Fälle, davon elf aus den Niederlanden und jeweils ein Antrag aus den USA und Deutschland. e) Wie viele Beamte und Angestellte sind derzeit (Stichtag 1. September 2019) für die Bearbeitung der Anträge in welcher Behörde eingeteilt? Bezüglich der Bearbeitung von ZRBG-Anträgen durch die Träger der Deutschen Rentenversicherung ist anzumerken, dass diese in den Leistungsabteilungen der Träger bearbeitet werden. Dort gibt es regelmäßig keine spezielle Sachbearbeitung für diese Anträge; sie werden von allen Beschäftigten der jeweiligen Bereiche bearbeitet, da es sich im Ergebnis um die Prüfung von Leistungsansprüchen nach dem SGB VI handelt. Da der überwiegende Teil der Antragssteller im Ausland lebt, erfolgt die Bearbeitung der Anträge in den Auslandsabteilungen der Rentenversicherungsträger. Anträge aus Israel werden zum Beispiel bei der Deutschen Rentenversicherung Rheinland, der Deutschen Rentenversicherung Knappschaft-Bahn-See und der Deutschen Rentenversicherung Bund – den drei deutschen Verbindungsstellen nach dem deutsch-israelischen Sozial-versicherungsabkommen – bearbeitet. In der Arbeitsgruppe Anerkennungsleistungen im BADV waren zum Stand 1. September 2019 22 Beschäftigte (11 Sachbearbeiter und 11 Mitarbeiter) unter anderem mit der hier erfragten Bearbeitung tätig. Von den 22 Beschäftigten gehören 7 zur Gruppe der Beamten und 15 zu den Tarifbeschäftigten. Hinsichtlich VermG/NS-VEntschG sind im BADV derzeit noch rund 40 Beschäftigte Drucksache 19/15106 – 4 – Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode Vorabfassung - wird durch die lektorierte Version ersetzt. tätig, die ebenfalls unter anderem mit der Bearbeitung der offenen Vermögensfragen befasst sind. f) Sind die derzeitigen personellen Kapazitäten nach Auffassung der Bundesregierung ausreichend, um eine zügige Bearbeitung der Anträge zu gewährleisten? Ja, nach Auffassung der Bundesregierung sind die derzeitigen personellen Kapazitäten ausreichend, um eine zügige Bearbeitung der Anträge auf Leistungen, für die Neuanträge möglich sind, zu gewährleisten. 2. Wie viele Holocaust-Überlebende erhielten nach Kenntnis der Bundesregierung auf welcher Rechtsgrundlage (z. B. BEG oder ZRBG) seit Inkrafttreten der jeweiligen Gesetze eine Entschädigung in welcher Höhe? Zu einer Gesamtübersicht der Leistungen der öffentlichen Hand auf dem Gebiet der Wiedergutmachung wird auf die Broschüre des Bundesministeriums der Finanzen , „Entschädigung von NS-Unrecht – Regelungen zur Wiedergutmachung “, S. 26, verwiesen, zugänglich unter www.bundesfinanzministerium.de/ Content/DE/Downloads/Broschueren_Bestellservice/2018-03-05-entschaedi gung-ns-unrecht.pdf. Nicht für alle Entschädigungsleistungen wurde dauerhaft erfasst, zu welcher Gruppe von Verfolgten ein Leistungsempfänger gehörte. Auf die Vorbemerkung der Bundesregierung wird verwiesen. Aufgrund unterschiedlicher Statistikquellen kann die Nennung der erbrachten Gesamtleistungen in Euro oder auch in Mio. bzw. Mrd. Euro erfolgen. Im Hinblick auf das ZRBG wurden bisher insgesamt ca. 66.500 Bewilligungen ausgesprochen. Da das ZRBG kein eigenes Leistungsgesetz ist, sondern vielmehr nur die Regelungen des SGB VI ergänzt und die Berechtigten folglich individuelle Rentenansprüche nach dem SGB VI basierend auf den für sie anrechenbaren Versicherungszeiten erhalten, gibt es keine einheitliche Leistungshöhe . Eine durchschnittliche Altersrente unter Berücksichtigung von Zeiten nach dem ZRBG betrug ca. 210 Euro und eine durchschnittliche Hinterbliebenenrente circa 170 Euro monatlich. Nach dem BEG erfolgten bis zum 31. Dezember 2018 Gesamtleistungen in Höhe von 48.313 Mio. Euro. Der Anteil von Leistungen an Holocaust- Überlebende ist, wie auch die Anzahl der Leistungsempfänger, nicht insgesamt erfasst worden. Der oben genannten Bundestagsdrucksache 19/13700 ist zu entnehmen, dass für laufende Beihilfen nach dem Artikel 2-Abkommen inkl. der laufenden Beihilfen nach der Vereinbarung mit der JCC zur Entschädigung von in Mittelund Osteuropa oder der ehemaligen Sowjetunion lebenden jüdischen Verfolgten (Central-Eastern-and-Europe-Fund – CEEF) bis zum 30. Juni 2019 132.972 Bewilligungen erfolgten, mit Zahlungen in Höhe von insgesamt 4.902 Mio. Euro . Einmalbeihilfen zur Abgeltung von Härten im Einzelfall wurden bis zum 30. Juni 2019 insgesamt 421.554 bewilligt, daraus folgten Zahlungen in Höhe von 1.073 Mio. Euro. Vor Abschluss des Artikel 2-Abkommens 1992 wurden der JCC in der Zeit von 1980 bis 1992 bereits nach den vorherigen außergesetzlichen Wiedergutmachungsregelungen insgesamt 250,69 Mio. Euro (490,31 Mio. Deutsche Mark) für die Gewährung von 98.061 Einmalbeihilfen zur Verfügung gestellt. Im Child-Survivor-Fonds sind insgesamt 74.150 Anträge mit einer Gesamthöhe der Auszahlungen bis 31. August 2019 von 185,35 Mio. Euro erfolgt. Auf der Grundlage der Anerkennungsrichtlinie wurden zum Stand 30. September 2019 etwa 118 Mio. Euro an 59.000 Berechtigte ausgezahlt. Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode – 5 – Drucksache 19/15106 Vorabfassung - wird durch die lektorierte Version ersetzt. Die im Jahr 2000 von der Deutschen Wirtschaft und dem Bund errichtete öffentlich-rechtliche Stiftung „Erinnerung, Verantwortung und Zukunft“ (EVZ) hat keine Informationen und Erhebungen zu verfolgungsbedingten Angaben der Personen, die eine Leistung wegen Zwangsarbeit oder Sonstiger Personenschäden erhalten haben, erhoben oder gemacht. Aus diesem Grund können bezüglich der Auszahlungen zu Zwangsarbeit (vgl. § 11 Absatz 1 und 2 Gesetz zur Errichtung einer Stiftung „Erinnerung, Verantwortung und Zukunft“ (EVZStift G)) und Sonstigen Personenschäden (vgl. § 11 Absatz 3 EVZStiftG) nur die Auszahlungen der JCC aufgeführt werden, die ausschließlich an jüdische Antragsteller gezahlt wurden. Die anderen Partnerorganisationen (mit Ausnahme der International Organization for Migration (IOM)) haben gleichfalls an jüdische Antragsteller ausgezahlt. Hierzu liegen jedoch keine Informationen vor. Im Rahmen der Tätigkeit der EVZ erfolgten über die JCC Auszahlungen zum Ausgleich von Zwangsarbeit an 157.097 Leistungsempfänger in einer Höhe von insgesamt 1.147.860.848,02 Euro; Auszahlungen zum Ausgleich von sonstigen Personenschäden bei der JCC an 2.691 Leistungsempfänger in einer Höhe von insgesamt 11.419.850,52 Euro; Auszahlungen zum Ausgleich von Vermögensschäden , vgl. § 9 Absatz 4 und § 11 Absatz 3 EVZStiftG, an 1.330 jüdische Leistungsempfänger in einer Höhe von insgesamt 21.340.892,22 Euro und Auszahlungen zum Ausgleich von Versicherungsschäden im Rahmen des Abkommens mit der International Commission on Holocaust Era Insurance Claims (ICHEIC) an 48.729 Leistungsempfänger in Höhe von insgesamt etwa 304.025.000 Euro (306.254.000 US-Dollar); zu allen Zahlen der EVZ vgl. Sechster und abschließender Bericht der Bundesregierung über den Abschluss der Auszahlungen und die Zusammenarbeit der Stiftung „Erinnerung, Verantwortung und Zukunft“ mit den Partnerorganisationen, Bundestagsdrucksache 16/9963 vom 9. Juli 2008. Nach dem HNG haben bisher insgesamt 8866 Personen laufende Leistungen erhalten , davon derzeit 28 Personen. Bei den Richtlinien für eine ergänzende Regelung über Entschädigungen für Opfer des Nationalsozialismus im Beitrittsgebiet (RL/B) vom 13. Mai 1992 (Bundesanzeiger Nr. 95 vom 21. Mai 1992, Seite 4185) wurde die Religionszugehörigkeit statistisch nicht erfasst. Ebenso wenig erfolgte dies im Lastenausgleich . Hier konnten Holocaust-Überlebende auch Leistungen nach dem Lastenausgleichsgesetz (LAG) erhalten. Nach § 11 Absatz 2 LAG galten Personen, die nach dem 30. Januar 1933 Deutschland oder die späteren Vertreibungsgebiete verlassen hatten, weil sie wegen ihres Glaubens verfolgt wurden, als Vertriebene . Voraussetzung für Leistungen nach den Lastenausgleichsgesetzten waren die deutsche Staatsangehörigkeit oder die deutsche Volkszugehörigkeit, § 11 Absatz 1 LAG. Allerdings wurde im Lastenausgleich nicht erfasst, welcher Glaubensgemeinschaft die Leistungsempfänger angehörten. Es gibt daher keine Zahlen dazu, in welcher Höhe Personen jüdischen Glaubens Leistungen nach den Gesetzen zum Lastenausgleich erhalten haben. Es ist nicht bekannt, wie viele Anträge von Holocaust-Überlebenden auf Rückübertragung /Entschädigung von verfolgungsbedingten Vermögensverlusten auf dem Gebiet der ehemaligen DDR nach § 1 Absatz 6 VermG in Verbindung mit dem NS-VEntschG insgesamt seit 1990 gestellt wurden. Diese Zahl wurde in keiner Statistik erfasst. Der ganz überwiegende Anteil der Anträge wurde aber von Rechtsnachfolgern der ursprünglich Geschädigten gestellt. Das BADV zahlt seit 1995 aus dem Entschädigungsfonds Entschädigungsleistungen nach dem NS-VEntschG an die Opfer nationalsozialistischer Verfolgung aus. Die Auszahlungen sind in der Anlage 3 aufgeführt. Entschädigung nach dem NS- VEntschG wird aber nicht nur an rassisch Verfolgte gezahlt, sondern auch an die anderen in § 1 Absatz 6 VermG genannten Verfolgtengruppen. Es wird dazu auf die Vorbemerkung der Bundesregierung verwiesen. Eine Auswertung nach Drucksache 19/15106 – 6 – Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode Vorabfassung - wird durch die lektorierte Version ersetzt. Verfolgtengruppen ist anhand der Unterlagen des Entschädigungsfonds nicht möglich und wurde statistisch auch nicht erfasst. Das BADV schätzt aber, dass mehr als die Hälfte der Auszahlungen für rassisch Verfolgte geleistet wurden. Anträge nach § 1 Absatz 6 VermG wurden aber nicht nur von Holocaust- Überlebenden oder deren Rechtsnachfolgern gestellt, sondern etwa die Hälfte dieser Anträge wurden von der JCC als Rechtsnachfolgerin für nicht beanspruchtes jüdisches Vermögen gestellt. Das BADV geht daher davon aus, dass etwa 1/3 der 2,6 Mrd. Euro Entschädigungsleistung nach dem NS-VEntschG an Holocaust-Überlebende oder deren Rechtsnachfolger gezahlt wurde und ein weiteres Drittel an die JCC. 3. Welche Hürden sind der Bundesregierung bekannt, die einer Entschädigung von Holocaust-Überlebenden im Wege stehen, und welche Schritte plant die Bundesregierung, um jene Hürden abzubauen? Die einzelnen Entschädigungsregelungen haben jeweils unterschiedliche tatbestandliche Voraussetzungen, welche sich insbesondere aus den unterschiedlichen Anknüpfungsschicksalen ergeben. Allgemeine Hürden, die einer Beantragung von Entschädigungsleistungen im Wege stehen, sind der Bundesregierung nicht bekannt. 4. Wie viele Holocaust-Überlebende leben nach Kenntnis der Bundesregierung in welchen Staaten in relativer Armut (Einkommen beträgt weniger als die Hälfte des Durchschnittseinkommens des jeweiligen Landes)? Der Bundesregierung liegen keine Daten über das genaue Einkommen von Empfängern von Entschädigungsleistungen in deren Wohnsitzländern vor, sodass sie auch keine Aussagen über deren relative Einkommensverhältnisse treffen kann. 5. Inwiefern gibt es seitens der Bundesregierung Überlegungen, Holocaust- Überlebende, die in Deutschland oder im Ausland in Armut leben, zu unterstützen ? Wie in der Antwort zu Frage 1 angeführt, gibt es auch heute noch Entschädigungszahlungen , mit denen die Bundesregierung Holocaust-Überlebende in Deutschland und im Ausland unterstützt. Darüber hinaus werden unter dem Artikel 2-Abkommen in der Neufassung von 2012 Maßnahmen der medizinischen Pflege wie auch der Altenpflege für Holocaust-Überlebende in ihrer häuslichen Wohnumgebung über eine institutionelle Förderung unterstützt. In den vergangenen Jahren ist dieser Bedarf an häuslicher Pflege immens gestiegen. Es werden circa 200 Institutionen weltweit gefördert, die den jüdischen Verfolgten im häuslichen Bereich Unterstützungsleistungen zukommen lassen. Dafür standen für das Jahr 2018 bis zu 405 Mio. Euro bereit. In der Zeit von 1980 bis 1992 wurden der JCC bereits nach den vorherigen außergesetzlichen Wiedergutmachungsregelungen insgesamt rund 15,3 Mio. Euro (30 Mio. Deutsche Mark) für die Förderung von Institutionen für hilfsbedürftige betagte jüdische Verfolgte zur Verfügung gestellt. Für weitere Informationen wird auf Bundestagsdrucksache 19/13700, S. 10 ff., verwiesen. Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode – 7 – Drucksache 19/15106 Vorabfassung - wird durch die lektorierte Version ersetzt. 6. Welche Projekte finanziert die Bundesregierung derzeit (Stand: 1. September 2019) in welcher Höhe im Hinblick auf Holocaust-Überlebende (bitte nach Projekttitel, Projektträger, Höhe der Bundesmittel, Soll/Ist-Angabe, Zeitraum und Haushaltstitel aufschlüsseln)? 7. Welche Organisationen fördert die Bundesregierung derzeit (Stand: 1. September 2019) finanziell in welcher Höhe, die Holocaust-Überlebende betreuen , beraten oder in anderer Form unterstützen (bitte nach Organisationsname , Höhe der Bundesmittel, Soll/Ist-Angabe, Zeitraum und Haushaltstitel aufschlüsseln)? Die Fragen 6 und 7 werden gemeinsam beantwortet. Wie in der Antwort zu Frage 2. ausgeführt, hat das BADV seit 1995 etwa 1/3 der ca. 2,6 Mrd. Euro, das heißt 890 Mio. Euro Entschädigungsleistung nach dem NS-VEntschG an die JCC gezahlt. Dabei handelt es sich jedoch nicht um eine institutionelle Förderung, sondern um einen gesetzlichen Anspruch der JCC. Mit den erhaltenen Mitteln unterstützt die JCC ebenfalls Holocaust- Überlebende. Abgesehen von den Projekten geförderter jüdischer Organisationen, die sich meist ausschließlich an jüdische Holocaust-Überlebende richten, kann von der rechtlich selbständigen Stiftung EVZ im für die Beantwortung der Kleinen Anfrage möglichen Zeitraum nicht eruiert werden, ob und in welchem Umfang jüdische Holocaust-Überlebende auch in anderen Projekten betreut oder begleitet werden. Deshalb sind in der beigefügten Übersicht in der Anlage 4 zum Programm „Treffpunkt Dialog“ (Projekte in Russland, Ukraine, Belarus) ausschließlich die geförderten jüdischen Organisationen aufgeführt. In der Übersicht in der Anlage 5 zum Programm „Partnerschaften für NS-Opfer“ sind ebenfalls Großteils Projekte in Deutschland, Polen und Israel aufgeführt, die ausschließlich jüdische Holocaust-Überlebende erreichen. Das Internationale Auschwitz Komitee wird seit 2004 vom Bundesministerium des Innern, für Bau und Heimat institutionell gefördert; im Haushaltsjahr 2019 mit einer Summe von 197.000 Euro aus dem Titel 0601 685 14. Unter den institutionell vom Bund geförderten NS-Gedenkstätten und Dokumentationszentren beziehen insbesondere die Stiftung Denkmal für die ermordeten Juden Europas und die KZ-Gedenkstätten (Gedenkstätte Bergen-Belsen, KZ-Gedenkstätte Buchenwald, KZ-Gedenkstätte Mittelbau-Dora, Gedenkstätte und Museum Sachsenhausen, Mahn- und Gedenkstätte Ravensbrück, KZ- Gedenkstätte Dachau, KZ-Gedenkstätte Flossenbürg, KZ-Gedenkstätte Neuengamme ) Holocaust-Überlebende intensiv in ihre Arbeit ein. Diese Einbeziehung reicht von der Bearbeitung von Anfragen (z. B. von Angehörigen) zu den Schicksalen bestimmter Häftlinge über die anwendungsbezogene Forschung zu den Häftlingen der ehemaligen Konzentrationslager bis hin zu regelmäßigen Veranstaltungen und Projekten mit Überlebenden des Holocaust (etwa bei den jährlich begangenen Befreiungstagen, im Rahmen der Bildungsarbeit mit jungen Menschen (Begegnungen mit Zeitzeuginnen und Zeitzeugen) oder in Form sog. Zeitzeugengespräche). Bei Veranstaltungen, an denen Holocaust- Überlebende partizipieren, leisten die Einrichtungen eine intensive Betreuung und unterstützen etwa bei Anreise und Unterbringung. Anlässlich des 75. Jahrestages der Befreiung der Häftlinge der Konzentrationslager im Jahr 2020 stellt die Bundesregierung den genannten KZ-Gedenkstätten (zusätzlich zur institutionellen Förderung) Sondermittel in Höhe von 1,2 Mio. Euro zur Ausrichtung der Gedenkveranstaltungen sowie der Betreuung, Unterbringung und Anreise der Überlebenden zur Verfügung. Drucksache 19/15106 – 8 – Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode Vorabfassung - wird durch die lektorierte Version ersetzt. 8. Inwiefern gibt es nach Kenntnis der Bundesregierung noch Handlungsbedarf bei der Entschädigung von Holocaust-Überlebenden? Gerade im Bereich der über die Entschädigungszahlungen hinausgehenden Unterstützung von Holocaust-Überlebenden ergibt sich auch heute noch immer wieder Bedarf nach Anpassungen. Das für das Recht der Wiedergutmachung von NS-Unrecht zuständige Bundesministerium der Finanzen prüft daher kontinuierlich , wie den hochbetagten Menschen effektiv und angemessen geholfen werden kann. Es bleibt der erklärte Wille der Bundesregierung, insbesondere den Überlebenden des Horrors in den Konzentrationslagern und Ghettos weiterhin Beistand zu leisten und ihnen einen Lebensabend in Würde zu ermöglichen . Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode – 9 – Drucksache 19/15106 Vorabfassung - wird durch die lektorierte Version ersetzt. Drucksache 19/15106 – 10 – Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode Vorabfassung - wird durch die lektorierte Version ersetzt. Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode – 11 – Drucksache 19/15106 Vorabfassung - wird durch die lektorierte Version ersetzt. Drucksache 19/15106 – 12 – Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode Vorabfassung - wird durch die lektorierte Version ersetzt. Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode – 13 – Drucksache 19/15106 Vorabfassung - wird durch die lektorierte Version ersetzt. Drucksache 19/15106 – 14 – Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode Vorabfassung - wird durch die lektorierte Version ersetzt. Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode – 15 – Drucksache 19/15106 Vorabfassung - wird durch die lektorierte Version ersetzt. Drucksache 19/15106 – 16 – Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode Vorabfassung - wird durch die lektorierte Version ersetzt. Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode – 17 – Drucksache 19/15106 Vorabfassung - wird durch die lektorierte Version ersetzt. Drucksache 19/15106 – 18 – Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode Vorabfassung - wird durch die lektorierte Version ersetzt. Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode – 19 – Drucksache 19/15106 Vorabfassung - wird durch die lektorierte Version ersetzt. Drucksache 19/15106 – 20 – Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode Gesamtherstellung: H. Heenemann GmbH & Co. KG, Buch- und Offsetdruckerei, Bessemerstraße 83–91, 12103 Berlin, www.heenemann-druck.de Vertrieb: Bundesanzeiger Verlag GmbH, Postfach 10 05 34, 50445 Köln, Telefon (02 21) 97 66 83 40, Fax (02 21) 97 66 83 44, www.betrifft-gesetze.de ISSN 0722-8333 Vorabfassung - wird durch die lektorierte Version ersetzt.