Antwort der Bundesregierung auf die Kleine Anfrage der Abgeordneten Dr. Anton Friesen, Armin-Paulus Hampel, Dr. Roland Hartwig, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der AfD – Drucksache 19/14199 – Stabilisierungsengagement der Bundesregierung im Hinblick auf Syrien V o r b e m e r k u n g d e r F r a g e s t e l l e r Seit 2011 unterstützt die Bundesregierung im Zuge ihres sog. Stabilisierungsengagements syrische Oppositionsgruppen wie beispielsweise die „Syrische Oppositionskoalition“ (SOC) und die „Syrische Verhandlungskommission“ (SNC). Ziel sei es, einen nachhaltigen Frieden in Syrien und eine „politische Transition“ zu erreichen. Dafür wurden im Zeitraum von 2011 bis 2018 Bundesmittel in Höhe von über 200 Mio. Euro zur Verfügung gestellt. Für das Jahr sind weitere 40 Mio. Euro für diesen Zweck eingeplant. Dies geht aus zwei schriftlichen Einzelfragen des Bundestagsabgeordneten Dr. Anton Friesen hervor (vgl. Schriftliche Frage Nr. 59 auf Bundestagsdrucksache 19/4317 und auf die Schriftliche Frage 27 auf Bundestagsdrucksache 19/13254). Darüber hinaus unterstützt die Bundesregierung seit 2016 die sog. Weißhelme in Syrien mit knapp 20 Mio. Euro. Allein im Jahr 2016 stellte Deutschland sechseinhalb Mio. Euro für diese Organisation zur Verfügung. Aktuell ist Syrien zwar wieder weitestgehend unter Kontrolle der Assad-Regierung, allerdings sollen dieses Jahr trotzdem noch drei Mio. Euro an den selbsternannten „Syrischen Zivilschutz“ („Syria Civil Defence“) fließen (vgl.Antwort auf die Schriftliche Frage 26 auf Bundestagsdrucksache 19/13254). Nach Auffassung der Fragesteller ist es grundsätzlich zu hinterfragen, regierungskritische Gruppierungen in Syrien zu finanzieren. Insbesondere aufgrund der fehlenden deutsche Auslandsvertretung vor Ort, welche die Mittelverwendung zumindest überprüfen könnte. Dass sich die Lage in Syrien auch ohne deutsche Unterstützung der Assad- Regierung immer mehr stabilisiert, wurde jüngst auch vom tschechischen Präsidenten Andrej Babiš bestätigt. Er forderte deswegen eine gemeinsame, internationale Initiative zur Rückkehr der syrischen Flüchtlinge in ihre Heimat (www.sana.sy/en/?p=173664). Im Gegensatz zur Bundesrepublik verfügt die Tschechische Republik über eine Botschaft in Syrien und kann die Lage vor Ort daher sehr gut beurteilen. Deutscher Bundestag Drucksache 19/15237 19. Wahlperiode 14.11.2019 Die Antwort wurde namens der Bundesregierung mit Schreiben des Auswärtigen Amts vom 12. November 2019 übermittelt. Die Drucksache enthält zusätzlich – in kleinerer Schrifttype – den Fragetext. Auch die Regierung in Damaskus stellt bereits die Weichen für die Rückkehr der syrischen Flüchtlinge. Am 15. September 2019 unterzeichnete Präsident Assad ein Dekret, welches eine umfassende Generalamnestie für alle vor dem 14. September begangenen Verbrechen vorsieht (www.reuters.com/article/ussyria -security-amnesty/syrias-assad-issues-amnesty-reducing-punishment-forcrimes -idUSKBN1W00IN). Nach Angaben der syrischen Nachrichtenagentur SANA kehrten seit der Wiedereröffnung des syrisch-jordanischen Grenzübergangs Nasib im letzten Oktober mehr als 28.000 Syrer in ihre Heimat zurück (www.sana.sy/en/?p=173620). V o r b e m e r k u n g d e r B u n d e s r e g i e r u n g Die Beantwortung der Fragen 6, 7 und 9 kann nicht offen erfolgen. Die Einstufung der Antworten auf die gegenständlichen Fragen als Verschlusssache (VS) mit dem Geheimhaltungsgrad „VS – Nur für den Dienstgebrauch“ ist im Hinblick auf das Staatswohl erforderlich. Nach § 3 Nummer 4 der Allgemeinen Verwaltungsvorschrift zum materiellen und organisatorischen Schutz von Verschlusssachen (Verschlusssachenanweisung, VSA) sind Informationen, deren Kenntnisnahme durch Unbefugte für die Interessen der Bundesrepublik Deutschland oder eines ihrer Länder nachteilig sein können, entsprechend einzustufen . Eine Veröffentlichung von Einzelheiten betreffend solche Erkenntnisse würde zu einer wesentlichen Schwächung der dem BND zur Verfügung stehenden Möglichkeiten zur Informationsgewinnung führen. Dies kann für die wirksame Erfüllung der gesetzlichen Aufgaben der Nachrichtendienste und damit für die Interessen der Bundesrepublik Deutschland nachteilig sein. Diese Informationen werden daher gemäß § 3 Nummer 4 VSA als „VS – Nur für den Dienstgebrauch“ eingestuft und dem Deutschen Bundestag gesondert übermittelt .* 1. Welche syrischen Oppositionsgruppen wurden seit 2011 im Zuge des sog. Stabilisierungsengagements der Bundesregierung durch Bundesmittel in welcher Höhe gefördert (bitte nach Empfänger Einzelpersonen/Organisation , Verwendungszweck, Mittelhöhe, Soll-Ist-Angaben, Haushaltstitel und Jahren aufschlüsseln)? Es wird auf die Antwort der Bundesregierung auf die Schriftliche Frage des Abgeordneten Dr. Anton Friesen auf Bundestagsdrucksache 19/13254 verwiesen . 2. Welche Projekte wurden seit 2010 im Zuge des sog. Stabilisierungsengagements der Bundesregierung durch Bundesmittel in welcher Höhe gefördert (bitte nach Projekttitel, Projektträger, Verwendungszweck, Mittelhöhe, Soll-Ist-Angaben, Haushaltstitel und Jahren aufschlüsseln)? Die Bundesregierung unterstützt in Syrien gezielte Stabilisierungsmaßnahmen aus den Haushaltstiteln für Krisenprävention, Stabilisierung und Friedensförderung (Kapitel 0501 Titel 687 34) und für Demokratisierungs- und Ausstattungshilfe , Maßnahmen zur Förderung der Menschenrechte (Kapitel 0501 Titel 687 23). Zur Gesamthöhe der geleisteten Bundesmittel wird auf die Antworten der Bundesregierung auf die Schriftlichen Fragen des Abgeordneten Dr. Anton Friesen auf Bundestagsdrucksache 19/13254 sowie auf Bundestagsdrucksache 19/4317 verwiesen. * Das Auswärtige Amt hat Teile der Antwort als „VS – Nur für den Dienstgebrauch“ eingestuft. Die Antwort ist im Parlamentssekretariat des Deutschen Bundestages hinterlegt und kann dort von Berechtigten eingesehen werden. Drucksache 19/15237 – 2 – Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode Fokus der Stabilisierungsmaßnahmen ist die Förderung des politischen Prozess unter Leitung der Vereinten Nationen. Schwerpunkte der Projektarbeit sind die Unterstützung der Genfer Gespräche, die Erhaltung von Basisdienstleistungen und Stärkung zivilgesellschaftlicher Akteure in Oppositionsgebieten, die Förderung von Initiativen zur Konfliktbewältigung und Vergangenheitsarbeit sowie die Stabilisierung in ehemaligen IS-Gebieten. Sie sollen die Teilnahme der Opposition am Friedensprozess ermöglichen, Lebensbedingungen vor Ort stabilisieren , Perspektiven für politische Transition schaffen und die Aufarbeitung von im Syrienkonflikt begangenen Verbrechen ermöglichen, um so eine Grundlage für Versöhnung zu schaffen. Die Bundesregierung arbeitet dafür mit unterschiedlichen Projektträgern zusammen , insbesondere Organisationen der Vereinten Nationen, Nichtregierungsorganisationen und der Deutschen Gesellschaft für Internationalen Zusammenarbeit (GIZ) GmbH. Darüber hinausgehende Angaben zu den einzelnen Projektmaßnahmen und -trägern macht die Bundesregierung nicht, wegen erheblicher Sicherheitsbedenken im besonderen Kontext der komplexen Gefahrenlage in den syrischen Gebieten, in denen die Stabilisierungsmaßnahmen durchgeführt werden. Eine Veröffentlichung der Namen einzelner Projektpartner könnte diese unmittelbar einer erhöhten Sicherheitsgefährdung aussetzen und eine Gefahr für Leib und Leben der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter darstellen. Bei einer Veröffentlichung weiterer Informationen besteht demnach vorliegend das Risiko einer schwerwiegenden Grundrechtsverletzung der betroffenen Personen. Nach gründlicher Abwägung des parlamentarischen Informationsinteresses und des Grundrechtsschutzes Dritter veröffentlicht die Bundesregierung keine weiteren Details. 3. Nach welchen Konditionen wurden die Fördermittel aus Frage 1 und 2 vergeben, und wie stellt die Bundesregierung die korrekte Mittelverwendung gemäß den Konditionen sicher? a) Welche projektspezifischen Sicherheitsvorkehrungen hat die Bundesregierung getroffen, um eine korrekte Mittelverwendung in Syrien zu gewährleisten? b) Über welche Monitoringsysteme verfügt die Bundesregierung, um die Einhaltung der projektspezifischen Sicherheitsvorkehrungen sicherzustellen ? c) In welchen Fällen wurden bislang nach Kenntnis der Bundesregierung Verstöße gegen die Richtlinien der Förderung bekannt, und welche Konsequenzen hat die Bundesregierung daraus gezogen? Die Fragen 3 bis 3c werden gemeinsam beantwortet. Die Fördermittel für Stabilisierung in Syrien werden auf der Grundlage des Konzepts zur Förderung von Projekten der Krisenprävention, Konfliktbewältigung , Stabilisierung und Friedensförderung und auf der Grundlage der Bundeshaushaltsordnung bewilligt und kontrolliert. Die vorgesehenen Mechanismen zur Sicherstellung der ordnungsgemäßen Mittelverwendung, wie zum Beispiel die Bonitätsprüfung der Antragssteller, Auflagen zur Berichterstattung sowie die Durchführung von Erfolgskontrollen und Prüfung der Verwendungsnachweise , werden durchgehend angewandt. Zudem sind die Überwachung durch die Durchführungspartner und externe Evaluierungen vorgesehen. Bei etwaigen Verstößen gegen zuwendungsrechtliche Auflagen prüft die Bundesregierung einzelfallbezogen die Rückforderung von Zuwendungsmitteln oder andere Sanktionen. Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode – 3 – Drucksache 19/15237 4. Welchen Einfluss hat die „Syrische Oppositionskoalition“ (SOC) nach Kenntnis der Bundesregierung in Syrien? Nach Kenntnis der Bundesregierung ist die Syrische Oppositionskoalition ein zentraler Bestandteil der syrischen Opposition. Ihr Einfluss innerhalb Syriens beschränkt sich im Wesentlichen auf Teile der von der Opposition kontrollierten Gebiete. 5. Welchen Einfluss hat die „Syrische Verhandlungskommission“ (SNC) nach Kenntnis der Bundesregierung in Syrien? Das Verhandlungskomitee der Syrischen Opposition (SNC) vertritt die syrische Opposition bei den politischen Verhandlungen im Rahmen der Resolution des Sicherheitsrats der Vereinten Nationen (VNSR) Nr. 2254 unter Leitung der Vereinten Nationen in Genf. 6. Welche bewaffneten, moderaten Oppositionsgruppen sind nach Kenntnis der Bundesregierung derzeit (Stand: 1. September 2019) noch in Syrien aktiv? 7. Welche unbewaffneten, moderaten Oppositionsgruppen sind nach Kenntnis der Bundesregierung derzeit (Stand: 1. September 2019) noch in Syrien aktiv? Die Fragen 6 und 7 werden gemeinsam beantwortet. Es wird auf die Vorbemerkung der Bundesregierung verwiesen. 8. Falls keine moderaten Oppositionsgruppen mehr in Syrien aktiv sein sollten , wieso hält die Bundesregierung noch an der Unterstützung der SNC fest? Es wird auf die Antworten zu den Fragen 5 und 7 verwiesen. 9. Welche nicht-moderaten Oppositionsgruppen (z. B. Dschihadisten) sind nach Kenntnis der Bundesregierung derzeit (Stand: 1. September 2019) noch in Syrien aktiv? Auf die Vorbemerkung der Bundesregierung wird verwiesen. 10. Welche „unabhängigen Projektpartner“ überwachen und evaluieren die Förderung des SNC und der SOC (vgl. Antwort zu Frage 13 auf Bundesdrucksache 19/5733)? Monitoring und Evaluierung der Projektumsetzung obliegt der GIZ. Drucksache 19/15237 – 4 – Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode 11. Was versteht die Bundesregierung unter „politischer Transition“ (siehe Vorbemerkung der Fragesteller)? a) Wie soll jene „politische Transition“ umgesetzt werden? b) Inwiefern soll nach Auffassung der Bundesregierung die Assad- Regierung an jener „politischen Transition“ partizipieren? Die Fragen 11 bis 11b werden gemeinsam beantwortet. Die Bundesregierung unterstützt den politischen Prozess in Genf unter Leitung der Vereinten Nationen gemäß Resolution 2254 des VN-Sicherheitsrates und des Genfer Kommuniqués von 2012. 12. Welche Umstände müssten gegeben sein, damit die Bundesregierung ihre Auslandsvertretung bzw. ihre Auslandsvertretungen in Syrien wieder eröffnet ? Auf die Antwort zu Frage 11 wird verwiesen. 13. Wie beurteilt die Bundesregierung die Aussage des tschechischen Präsidenten , eine gemeinsame, internationale Aktion zur Rückkehr der syrischen Flüchtlinge zu initiieren (siehe Vorbemerkung der Fragesteller)? Die Bundesregierung teilt die Einschätzung des UNHCR, dass die Bedingungen in Syrien für eine großflächig organisierte freiwillige Rückkehr von syrischen Staatsangehörigen in Sicherheit und Würde derzeit nicht gegeben sind. 14. Inwiefern begrüßt die Bundesregierung das Dekret des syrischen Präsidenten , welches eine umfassende Generalamnestie für begangene Verbrechen vorsieht (siehe Vorbemerkung der Fragesteller)? Nach Kenntnis der Bundesregierung bleibt das Dekret bislang wirkungslos, eine Amnestie wird nicht umgesetzt. 15. Inwiefern kann die Bundesregierung bestätigen, dass seit der Wiedereröffnung des syrisch-jordanischen Grenzübergangs Nasib im letzten Oktober mehr als 28.000 Syrer in ihre Heimat zurückgekehrt sind (siehe Vorbemerkung der Fragesteller)? Nach Angaben des UNHCR sind vom 15. Oktober 2018 (Wiederöffnung der Grenze) bis zum 16. Oktober 2019 34.000 syrische Flüchtlinge, die beim UNHCR registriert waren, nach Syrien zurückgekehrt. Über den weiteren Verbleib dieser zurückgekehrten Personen hat UNHCR keine Erkenntnisse. 16. Welche eigenen Erkenntnisse verfügt die Bundesregierung über die Anzahl der aus Jordanien, Libanon und der Türkei nach Syrien zurückgekehrten Syrer seit dem Jahr 2011 (bitte jeweils nach Staat, Anzahl der syrischen Rückkehrer und Jahren aufschlüsseln)? Die Bundesregierung verfügt über keine eigenen Erkenntnisse im Sinne der Fragestellung. Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode – 5 – Drucksache 19/15237 Gesamtherstellung: H. Heenemann GmbH & Co. KG, Buch- und Offsetdruckerei, Bessemerstraße 83–91, 12103 Berlin, www.heenemann-druck.de Vertrieb: Bundesanzeiger Verlag GmbH, Postfach 10 05 34, 50445 Köln, Telefon (02 21) 97 66 83 40, Fax (02 21) 97 66 83 44, www.betrifft-gesetze.de ISSN 0722-8333