Antwort der Bundesregierung auf die Kleine Anfrage der Abgeordneten Ulla Jelpke, Dr. André Hahn, Gökay Akbulut, weiterer Abgeordneter und der Fraktion DIE LINKE. – Drucksache 19/14406 – Entwicklungen in der türkischen Flüchtlingspolitik im Kontext des EU-Türkei-Flüchtlingsabkommens V o r b e m e r k u n g d e r F r a g e s t e l l e r In den letzten Wochen fand eine Verschärfung der Flüchtlingspolitik in der Türkei statt und es häufen sich Berichte von Abschiebungen von Schutzsuchenden nach Syrien, unter anderem nach Idlib und in die türkisch besetzte Region Afrin (www.zdf.de/nachrichten/heute/die-tuerkei-und-die-fluechtlingeabschiebungen -ins-kriegsgebiet-100.html). Die türkische Regierung hat mehrfach bekundet, die etwa 3,6 Millionen. syrischen Schutzsuchenden, die sich in der Türkei aufhalten, in Syrien in einer „Sicherheitszone“ unterzubringen (www.zeit.de/politik/ausland/2019-08/tuerkische-grenze-usa-tuerkei-sicher heitszone-nordsyrien-kritik). Zuletzt war die Ankündigung solcher Pläne auch Teil von Gesprächen zwischen US-amerikanischen und türkischen Militärdelegationen (https://anfdeutsch.com/aktuelles/sicherheitszone-usa-und-ankarageben -gleiche-erklaerung-ab-13098). Insbesondere in Istanbul finden seit Mitte Juli 2019 systematische Razzien gegenüber Schutzsuchenden statt. Offiziell sollen diese in die Provinzen zurückgeschoben werden, in denen sie registriert sind, jedoch häufen sich Berichte, nach denen sie gezwungen werden, Erklärungen zur „freiwilligen“ Ausreise zu unterzeichnen, um dann unter menschenunwürdigen Bedingungen – unter anderem ist von Verweigerung von Nahrung die Rede – nach Syrien abgeschoben zu werden. Gerry Simpson, stellvertretender Direktor der Abteilung für Krisengebiete der Menschenrechtsorganisation Human Rights Watch (HRW), sagt: „Die Türkei behauptet, Syrern dabei zu helfen, freiwillig in ihr Herkunftsland zurückzukehren. Tatsächlich drohen die Behörden damit, sie einzusperren, wenn sie nicht zurückgehen wollen. Sie werden gezwungen, Formulare zu unterschreiben, und in ein Kriegsgebiet verfrachtet – das ist weder freiwillig noch rechtmäßig“ (www.hrw.org/de/news/2019/08/02/tuerkeischiebt -syrische-fluechtlinge-kriegsgebiet-ab). Die HRW legt Berichte vor, denen zufolge syrische Flüchtlinge durch Schläge , Drohungen und Täuschungen dazu gezwungen werden, diese Einverständniserklärungen zur „freiwilligen“ Ausreise zu unterzeichnen, und dokumentiert Fälle von Schutzsuchenden, die infolge dessen nach Idlib und Afrin abgeschoben wurden. Die Region Idlib wird in großen Teilen vom Al-Qaida- Ableger Hayat Tahrir al-Sham (HTS) kontrolliert (www.tagesschau.de/aus Deutscher Bundestag Drucksache 19/15248 19. Wahlperiode 15.11.2019 Die Antwort wurde namens der Bundesregierung mit Schreiben des Auswärtigen Amts vom 13. November 2019 übermittelt. Die Drucksache enthält zusätzlich – in kleinerer Schrifttype – den Fragetext. land/idlib-waffenstillstand-101.html), die Region Afrin ist von der Türkei und mit ihr verbündeten, teilweise dschihadistischen Milizen besetzt. Gefechte mit örtlichen kurdischen Widerstandskräften sind dort an der Tagesordnung. Schutzsuchende sollen dort nach Ansicht der Fragestellerinnen und Fragesteller als Mittel der demographischen Veränderung der Region im Interesse der Türkei eingesetzt werden. (vgl. https://anfdeutsch.com/rojava-syrien/kulturel le-vernichtung-und-vertreibung-in-efrin-5986). Das Vorgehen der Türkei gegenüber Geflüchteten aus Syrien stellt nach Auffassung der Fragestellerinnen und Fragesteller einen eklatanten Verstoß gegen den Artikel 33 der Genfer Flüchtlingskonvention dar, nach dem niemand an einen Ort zurückgeschickt werden darf, an dem die reale Gefahr besteht, verfolgt, gefoltert, anderweitig misshandelt oder getötet zu werden. Der HRW zufolge waren auch Schutzsuchende von solchen erpressten „freiwilligen Ausreisen“ betroffen, die von der türkischen Küstenwache an der Ägäis aufgegriffen wurden. Hier stellt sich nach Auffassung der Fragesteller die Frage, ob auch im Rahmen des EU- Türkei-Abkommens an die Türkei rücküberstellte Schutzsuchende von dieser rechtswidrigen Praxis betroffen sind. Die Europäische Union vereinbarte am 18. März 2016 mit der Türkei ein Flüchtlingsabkommen, welches die Einreise von Flüchtlingen über die Türkei in die EU verhindern soll (https://eur-lex.europa.eu/legal-content/DE/ TXT/PDF/?uri=CELEX:22014A0507(01)&from=ET). Durch eine Verstärkung ihres Grenzschutzes soll die Türkei dazu befähigt werden, die mit Hilfe von Schleppern erfolgende Einreise von Flüchtlingen auf griechische Inseln (und damit in das Territorium der Europäischen Union) zu vereiteln. Im Gegenzug sollten der Türkei von der Europäischen Union (EU) zur Verbesserung der Lebensumstände von Geflüchteten bis zu 6 Mrd. Euro zur Verfügung gestellt werden (www.zeit.de/politik/ausland/2017-02/fluechtlingsabkommentuerkei -eu-inhalt). Bislang haben die Europäische Union sowie einzelne EU- Mitgliedstaaten 50 Prozent dieser vereinbarten Summe an die Türkei ausgezahlt . Das seitens der EU zur Verfügung gestellte Geld soll ausschließlich für Projekte in den Bereichen Bildung, Gesundheit, Sicherheit, Unterkünfte und Lebensmittelversorgung genutzt werden (vgl. www.euractiv.de/section/euaussenpolitik /news/kommission-ist-sich-des-erneuten-anstiegs-von-gefluechte ten-bewusst/). Gleichzeitig sollen syrische Flüchtlinge, die in der EU keinen Anspruch auf Asyl haben, da sie illegal eingereist sind, von den griechischen Inseln zurück in die Türkei abgeschoben werden. Bis zum 5. Dezember 2018 wurden insgesamt 2.224 Schutzsuchende von Griechenland in die Türkei zurückgewiesen (https://ec.europa.eu/home-affairs/sites/homeaffairs/files/what-we-do/policies/ european-agenda-migration/press-material/docs/state_of_play_-_eu-tur key_en.pdf). Die europäischen Länder haben sich dazu verpflichtet, im Gegenzug für jeden dieser abgeschobenen Flüchtlinge einen syrischen Flüchtling aus der Türkei aufzunehmen. In der Türkei gibt es kein funktionierendes Asylsystem . Die Türkei hat die Genfer Flüchtlingskonvention (GFK) mit regionalem Vorbehalt ratifiziert, was bedeutet, dass diese nur für Flüchtlinge aus Europa gilt (www.proasyl.de/news/rechtsgutachten-von-pro-asyl-tuerkei-ist-keinsicherer -staat-fuer-fluechtlinge/). Daher haben Schutzsuchende in der Türkei praktisch keine Chance auf einen Flüchtlingsstatus, sondern im besten Fall auf Zuerkennung eines eingeschränkten „temporären Schutzstatus“ (www.bpb.de/ gesellschaft/migration/laenderprofile/229957/die-asylpolitik-der-tuerkei). Die geschilderte aktuelle Gefährdung von Schutzsuchenden durch Abschiebungen nach Syrien bzw. deren erzwungene „freiwillige“ Ausreise stellen die Sicherheit von Schutzsuchenden in der Türkei und damit das EU-Türkei- Abkommen nach Auffassung der Fragestellerinnen und Fragesteller einmal mehr in Frage. Drucksache 19/15248 – 2 – Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode V o r b e m e r k u n g d e r B u n d e s r e g i e r u n g Die Beantwortung der Fragen 14e bis 14j und 14l kann aus Gründen des Staatswohls nicht offen erfolgen. Arbeitsmethoden und Vorgehensweisen der Nachrichtendienste des Bundes sowie Einzelheiten zur nachrichtendienstlichen Erkenntnislage sind im Hinblick auf die künftige Erfüllung des gesetzlichen Auftrags aus § 1 Absatz 2 BNDG besonders schutzwürdig. Eine Veröffentlichung von Einzelheiten betreffend solche Erkenntnisse würde zu einer Schwächung der dem BND zur Verfügung stehenden Möglichkeiten zur Informationsgewinnung führen und ließe Rückschlüsse auf Aufklärungsschwerpunkte zu. Insofern könnte die Offenlegung entsprechender Informationen für die Sicherheit und die Interessen der Bundesrepublik Deutschland nachteilig sein. Deshalb sind die entsprechenden Informationen als Verschlusssache gemäß der Verschlusssachenanweisung VSA mit dem VS-Grad „VS – Nur für den Dienstgebrauch“ eingestuft.*  1. Wie viele Schutzsuchende wurden nach Kenntnis der Bundesregierung im ersten Halbjahr 2019 im Rahmen des EU-Türkei-Abkommens in die Türkei abgeschoben bzw. sind „freiwillig“ aus griechischen Hotspots in die Türkei ausgereist (bitte zwischen Abschiebungen und „freiwilligen“ Ausreisen differenzieren und nach den 15 wichtigsten Herkunftsländern aufschlüsseln)? Zwischen Januar und Juni 2019 gab es 79 Rückführungen gemäß der EU- Türkei-Erklärung. 45 Prozent aller seit Inkrafttreten der EU-Türkei-Erklärung von den griechischen Inseln in die Türkei zurückgeführten Personen haben kein Asyl beantragt oder einen entsprechenden Asylantrag zurückgezogen. Nähere Informationen hierzu können über folgenden Link abgerufen werden: https:// data2.unhcr.org/en/documents/details/70127. Zwischen Januar und Juni 2019 sind zudem 334 Personen mit Unterstützung der Internationalen Organisation für Migration (IOM) von den griechischen Inseln freiwillig in ihre Herkunftsländer zurückgekehrt. Nähere Informationen hierzu finden sich unter: https:// greece.iom.int/en/assisted-voluntary-return-and-reintegration-programs-avrr. a) Welche Kenntnisse hat die Bundesregierung über den Verbleib dieser Schutzsuchenden im Besonderen und allgemein über den von Schutzsuchenden , die im Rahmen des EU-Türkei-Abkommens in die Türkei zurückgeschoben worden sind? Der Bundesregierung liegen keine über die Medienberichterstattung hinausgehenden Kenntnisse im Sinne der Fragestellung vor. b) Welche Kenntnisse hat die Bundesregierung über die aktuelle Entwicklung der Unterbringungssituation von Schutzsuchenden in der Türkei? Nach Angaben der türkischen Regierung sind derzeit weniger als zwei Prozent der registrierten syrischen Flüchtlinge in staatlich organisierten Flüchtlingslagern untergebracht. Die anderen leben in Unterkünften, die sie auf dem freien Wohnungsmarkt anmieten. * Das Auswärtige Amt hat Teile der Antwort als „VS – Nur für den Dienstgebrauch“ eingestuft. Die Antwort ist im Parlamentssekretariat des Deutschen Bundestages hinterlegt und kann dort von Berechtigten eingesehen werden. Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode – 3 – Drucksache 19/15248 c) Welche Kenntnisse hat die Bundesregierung über die aktuelle Entwicklung der Möglichkeiten des Zugangs von Schutzsuchenden zu medizinischer Versorgung und sozialen Leistungen in der Türkei? Nach Kenntnis der Bundesregierung haben registrierte Flüchtlinge in der Türkei Zugang zu kostenloser ärztlicher Versorgung; Kinder im schulpflichtigen Alter können eine öffentliche Schule besuchen. Darüber hinaus wird mit Mitteln der EU-Fazilität für Flüchtlinge in der Türkei eine Vielzahl von Angeboten zur Verbesserung der Situation von Flüchtlingen geschaffen. d) Sind der Bundesregierung Fälle von Schutzsuchenden bekannt, die im Rahmen des EU-Türkei-Abkommens in die Türkei abgeschoben wurden oder „freiwillig“ ausgereist (bitte differenzieren) sind, die nach Syrien weitergeschoben oder „freiwillig“ nach Syrien aus der Türkei ausgereist sind, und welche Konsequenzen zieht sie ggf. daraus? Der Bundesregierung sind keine derartigen Fälle bekannt. e) Werden nach Kenntnis der Bundesregierung EU-Mittel oder Bundesmittel für die „freiwillige“ Rückkehr von Flüchtlingen aus der Türkei in ihre Herkunftsstaaten, insbesondere nach Syrien, aufgewandt (wenn ja, bitte ausführen)? Falls nein, kann die Bundesregierung eine solche Verwendung von EU- und Bundesmitteln ausschließen? Welche Mittel wurden von welchen EU-Mitgliedstaaten für die Finanzierung des EU-Türkei-Abkommens bisher aufgewandt, und Mittel in welcher Höhe wurden bisher an die Türkei ausgezahlt? Nach Kenntnis der Bundesregierung werden weder EU- noch Haushaltsmittel des Bundes für Rückführungen aus der Türkei in ihre Herkunftsländer aufgewandt . Die im Kontext der EU-Türkei-Erklärung vom März 2016 eingerichtete EU-Türkei-Flüchtlingsfazilität umfasst zwei Tranchen in Höhe von jeweils 3 Mrd. Euro. Die erste Tranche soll bis 2021, die zweite bis 2025 zur vollständigen Auszahlung gelangen. Im Rahmen der ersten Tranche werden 2 Mrd. Euro von den Mitgliedstaaten und 1 Mrd. Euro aus dem EU-Haushalt bereitgestellt ; im Rahmen der zweiten Tranche werden 2 Mrd. Euro aus dem EU- Haushalt und 1 Mrd. von den Mitgliedstaaten bereitgestellt. Nach Kenntnis der Bundesregierung sind von den insgesamt 6 Mrd. Euro bislang ca. 5,8 Mrd. Euro verbindlich programmiert, für ca. 3,7 Mrd. Euro sind Verträge abgeschlossen , ca. 2,6 Mrd. Euro sind ausbezahlt.  2. Welche Kenntnisse hat die Bundesregierung über Maßnahmen türkischer staatlicher Akteure gegen Läden mit arabischsprachiger Aufschrift in Städten in der Türkei, und inwiefern weisen die Ereignisse aus Sicht der Bundesregierung auf eine Verschlechterung des Klimas für Schutzsuchende in der Türkei hin, und fließen diese Tatsachen in die Bewertung der Bundesregierung als sicher für Schutzsuchende mit ein (www.al-moni tor.com/pulse/originals/2019/07/turkey-syria-refugees-governmentremoves -arabic-shop-signs.html)? Nach Kenntnis der Bundesregierung entspricht es der türkischen Gesetzeslage, dass bei Geschäften 75 Prozent der öffentlich sichtbaren Beschriftungen in türkischer Sprache gehalten sein müssen. Drucksache 19/15248 – 4 – Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode  3. Welche Konsequenzen zieht die Bundesregierung aus den Darstellungen u. a. von Human Rights Watch, dass in der Türkei „freiwillige“ Ausreisen nach Syrien unter Zwang und Täuschungen durchgesetzt werden, und inwieweit ist in diesem Kontext das Völkerrecht weiterhin „uneingeschränkt gewahrt“ (www.consilium.europa.eu/de/press/press-releases/ 2016/03/18/eu-turkey-statement/)? Der Bundesregierung liegen keine eigenen Erkenntnisse über den geschilderten Sachverhalt vor. Das Flüchtlingshilfswerk der Vereinten Nationen (UNHCR) hat seit 2016 Befragungen im Rahmen von freiwilliger Rückkehr von insgesamt 79.393 Personen (39.831 Familien) begleitet. UNHCR steht darüber hinaus mit den türkischen Behörden im Kontakt, um konkrete Fälle aufzuklären, in denen Vorwürfe von unfreiwilligen Ausreisen erhoben wurden. Die Bundesregierung tritt mit Nachdruck dafür ein, dass entsprechend den UNHCR- Kriterien die Zivilbevölkerung geschützt wird.  4. Welche Konsequenzen zieht die Bundesregierung aus den wiederholten Drohungen aus der türkischen Regierung die EU-Türkei Erklärung aufzukündigen , und besteht nach Ansicht der Bundesregierung ein Zusammenhang mit den verstärkten Ankünften von Schutzsuchenden auf griechischen Inseln (www.dailysabah.com/eu-affairs/2019/07/23/readmissionagreement -with-eu-no-longer-functional-ankara-says?fbclid=iwar3bky gisvmcresrr2dirlpq0ctp4vlaahafuyxnjaa9ayzb2lfmx5vaadm&sour ce=post_page%20, www.n-tv.de/politik/Erdogan-droht-erneut-mit- Grenzoeffnung-article21259236.html)? Die Bundesregierung steht unverändert zur EU-Türkei-Erklärung vom 18. März 2016, die wesentlich dazu beiträgt, dass sich die Zahl der Ankünfte auf den griechischen Inseln im Vergleich zum Zeitraum vor März 2016 deutlich verringert hat. Die Ankunftszahlen auf den griechischen Inseln liegen erheblich unterhalb der Ankunftszahlen vor Inkrafttreten der EU-Türkei-Erklärung (Januar 2016: 67.415 Personen, Februar 2016: 57.066 Personen). Auch die Türkei setzt die EU-Türkei-Erklärung weiterhin um. Nach Kenntnis der Bundesregierung kontrolliert die Türkei die Seegrenzen nach wie vor mit hoher Intensität und hat im Oktober 2019 bislang (Stand: 20. Oktober 2019) durchschnittlich täglich 437 irreguläre Grenzübertritte auf dem Seeweg verhindert.  5. Gab es irgendwelche bilateralen oder multilateralen Gespräche mit Beteiligung der Bundesregierung zum Fortbestehen des EU-Türkei- Abkommens mit türkischen Vertretern, insbesondere nach den in Frage 4 dargestellten Äußerungen, und falls ja, welchen Inhalts waren diese, und wurden Zugeständnisse an die Türkei gemacht? Die Umsetzung der EU-Türkei-Erklärung ist regelmäßig Thema bei bilateralen und multilateralen Gesprächen von Vertretern der Bundesregierung mit der Türkei. Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode – 5 – Drucksache 19/15248  6. Was waren Inhalt und Ergebnis des Telefongesprächs zwischen der Bundeskanzlerin Dr. Angela Merkel und dem türkischen Staatschef Recep Tayyip Erdoğan am 11. September 2019, inwiefern wurde dabei die Errichtung einer „Sicherheitszone“ und die Ansiedlung von Schutzsuchenden in Nordsyrien thematisiert, und wie hat sich Präsident Erdogan zu seinen Ankündigungen das EU-Türkei-Abkommen zu beenden verhalten (www.zeit.de/gesellschaft/2019-09/lesbos-griechenland-giannis-balbaka kis-registrierlager-fluechtlinge-ruecktritt)? Zum Inhalt vertraulicher Gespräche äußert sich die Bundesregierung grundsätzlich nicht.  7. Wie viele Personen wurden nach Kenntnis der Bundesregierung seit dem 1. Januar 2016 aus der Türkei abgeschoben (bitte nach Herkunftsländern und Jahren differenzieren)? Der Bundesregierung liegen keine entsprechenden Statistiken vor. a) Welche Konsequenzen zieht die Bundesregierung aus dem vom Verwaltungsgericht München getätigten Urteil (M 11S 19.50722, S. 7), mit dem im Eilverfahren die Dublin-Überstellung eines Syrers nach Griechenland gestoppt wurde, weil ihm im Rahmen des EU-Türkei- Abkommens eine Kettenabschiebung in die Türkei drohe? Aus dem Beschluss des Verwaltungsgerichts München vom 17. Juli 2019 ergeben sich keine über den betreffenden Einzelfall hinausgehenden Konsequenzen. Das Ergebnis des Hauptsacheverfahrens bleibt abzuwarten. b) Welche Maßnahmen hat die Bundesregierung oder hat nach Kenntnis der Bundesregierung die EU getroffen, um zu verhindern, dass im Rahmen des EU-Türkei-Abkommens in die Türkei abgeschobene Schutzsuchende nicht zum Ziel von Kettenabschiebungen werden (vgl. https://ec.europa.eu/neighbourhood-enlargement/sites/near/ files/20170906_seventh_report_on_the_progress_in_the_implementa tion_of_the_eu-turkey_statement_en.pdf)? Nach der EU-Türkei-Erklärung werden alle irregulär auf die ägäischen Inseln eingereisten Personen nach den einschlägigen internationalen Standards und in Bezug auf den Grundsatz der Nichtzurückweisung geschützt. Im Übrigen wird auf die Antwort der Bundesregierung zu den Fragen 5a und 5d der Kleinen Anfrage der Fraktion DIE LINKE. auf Bundestagsdrucksache 19/8028 verwiesen. c) Welche Konsequenzen zieht die Bundesregierung aus der Feststellung des Verwaltungsgerichts München (Az. M 11S 19.50722), dass die drohende Weiterschiebung von im Rahmen des EU-Türkei- Abkommens in die Türkei abgeschobenen Schutzsuchenden nach Syrien einen Verstoß gegen die Europäische Menschenrechtskonvention darstelle, und welche Folgen hat dies für das EU-Türkei-Abkommen im Allgemeinen, und wurde diese Problematik im Rahmen von bilateralen oder multilateralen Gesprächen über das EU-Türkei-Abkommen mit Beteiligung der Bundesregierung von einer Seite thematisiert, und falls ja, von welcher (bitte ausführen)? Auf die Antwort zu Frage 7a wird verwiesen. d) Wie viele Schutzsuchende befinden sich nach Kenntnis der Bundesregierung in den geschlossenen Bereichen welcher „Hotspots“ auf den griechischen Inseln, wie lange ist die dortige durchschnittliche Verweildauer , und bei wie vielen Inhaftierten wird eine Zurückschickung Drucksache 19/15248 – 6 – Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode im Rahmen des EU-Türkei-Abkommens geprüft (bitte seit Anfang 2018 halbjährlich aufführen, http://dm-aegean.bordermonitoring.eu/ 2018/09/23/the-prison-within-the-prison-within-the-prison-thedetention -complex-of-moria-camp/)? Nach Angaben der EU-Kommission befanden sich mit Stand 29. September 2019 auf Lesbos 43 Personen im dortigen „pre-removal detention centre“. Auf Kos befanden sich zum gleichen Zeitpunkt 374 Personen im Abschiebebereich des dortigen „Hotspots“. Im Übrigen wird auf die Antwort zu Frage 17 der Kleinen Anfrage der Fraktion DIE LINKE. auf Bundestagsdrucksache 19/8028 verwiesen. Der Bundesregierung liegen keine darüber hinaus gehenden Erkenntnisse vor. e) Wie hoch ist nach Kenntnis der Bundesregierung bei ankommenden Schutzsuchenden in den EU-Hotspots der prozentuale Anteil von vulnerablen Personen (www.msf.ie/article/greece-vulnerable-peoplepaying -price-eu-policies), und welche Einschätzung hat die Bundesregierung zu Abschiebungen von vulnerablen, also besonders schutzbedürftigen , Menschen in die Türkei? Die Vulnerabilitätsprüfung wird auf den ägäischen Inseln durch die griechische Seite mit Unterstützung des Europäischen Unterstützungsbüros für Asylfragen (EASO) durchgeführt. Der prozentuale Anteil vulnerabler Personen an der Gesamtzahl der auf den ägäischen Inseln befindlichen Personen unterliegt unter anderem durch die vermehrten Transfers von Flüchtlingen und Migranten von den ägäischen Inseln auf das Festland Schwankungen. Die Richtlinie 2013/33/EU vom 26. Juni 2013 legt die Bestimmungen für schutzbedürftige Personen und spezifische Unterstützungsmaßnahmen für diese Personengruppe fest. f) Welche Konsequenzen zieht die Bundesregierung aus der Tatsache, dass der „Hotspot“ Moria weiterhin chronisch überbelegt ist und die Polizei dort Tränengas gegen Flüchtlingskinder einsetzt (www.faz.net/ aktuell/politik/ausland/griechische-polizei-setzt-traenengas-gegenfluechtlingskinder -auf-lesbos-ein-16369454.html), und plant die Bundesregierung, Griechenland auch angesichts des nahendes Winters zu entlasten, und falls ja, wie, und falls nein, warum nicht? Die Bundesregierung beobachtet die Situation in den „Hotspots“ auf den ägäischen Inseln mit großer Aufmerksamkeit und steht dazu in engem Kontakt mit der griechischen Seite. Die Bundesregierung unterstützt die Bemühungen der griechischen Regierung, die Lage auf den Inseln zu verbessern. Hierzu wurden der griechischen Regierung konkrete Hilfsangebote unterbreitet. Derzeit (Stand: Oktober 2019) sind 27 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter über das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (BAMF) über das Europäische Unterstützungsbüro für Asylfragen (EASO) in Griechenland unterstützend im Einsatz. Deutschland unterstützt mit Stand 21. Oktober 2019 mit 23 Polizeivollzugsbeamtinnen und Beamten der Bundespolizei und der Polizeien der Länder sowie zwei Schiffen der Bundespolizei Einsätze der Europäischen Grenz- und Küstenwache Frontex in der Ägäis bei der Seegrenzüberwachung zur Türkei sowie in den Hotspots. Weiterhin sind 20 deutsche Polizeivollzugsbeamtinnen und Beamte in anderen Teilen Griechenlands für Frontex eingesetzt, unter anderem an der Grenze zu Nordmazedonien, der Türkei und Albanien. Außerdem unterstützt die Bundespolizei Griechenland bilateral an den Flug- und Seehäfen mit derzeit neun Einsatzkräften. g) Wie viele Personen welcher anderen Staatsbürgerschaft als der syrischen wurden nach Kenntnis der Bundesregierung im Rahmen des Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode – 7 – Drucksache 19/15248 EU-Türkei-Rücknahmeabkommens aus Griechenland in die Türkei abgeschoben (vgl. Antwort der Bundesregierung zu Frage 21 auf Bundestagsdrucksache 19/8028; bitte ab 2016 halbjährlich aufschlüsseln)? Das Rückübernahmeabkommen zwischen der EU und der Türkei vom 16. Dezember 2013 findet nach Kenntnis der Bundesregierung bisher nur auf türkische Staatsangehörige Anwendung. Auf die Antwort der Bundesregierung zu Frage 21 der Kleinen Anfrage der Fraktion DIE LINKE. (Bundestagsdrucksache 19/8028) wird verwiesen.  8. Wurden nach Kenntnis der Bundesregierung Bundes- oder EU-Mittel zum Ausbau der türkisch-syrischen, türkisch-irakischen oder türkischiranischen Außengrenzen verwendet, und falls ja, wo, und in welcher Form, und in welchem Rahmen?  9. Für welche sicherheitstechnischen oder militärischen Einrichtungen oder Gerätschaften mit welchem Einsatzgebiet wurden nach Kenntnis der Bundesregierung Gelder aus den Heranführungshilfen für die Türkei aktuell verwendet (www.spiegel.de/politik/ausland/eu-unterstuetzt-tuerkeibei -der-aufruestung-ihrer-grenzen-a-1199535.html)? Die Fragen 8 und 9 werden gemeinsam beantwortet. Die EU-Kommission unterstützt nach Kenntnis der Bundesregierung Grenzschutz und -sicherheit an den südöstlichen Grenzen der Türkei im Rahmen der Heranführungshilfe. Nach Kenntnis der Bundesregierung wurden die Gelder der EU-Heranführungshilfen (IPA I und IPA II) für Ausstattungen im Rahmen der Projekte „Socioeconomic Development through Demining and Increasing the Border Surveillance Capacity at the Eastern Borders of Turkey“ (Prävention grenzüberschreitender Kriminalität) sowie „Increasing Border Surveillance Capacity at Borders between Turkey and the EU and at Eastern Borders Phase I and II“ eingesetzt. Die Projekte wurden jeweils in den Programmjahren 2011/2012 sowie 2014/2015/2016 beschlossen und befinden sich zum Teil weiter in der Umsetzung. Nähere Informationen finden sich in den entsprechenden Aktionsdokumenten der EU-Kommission unter folgenden Links: https://ec.europa.eu/neighbourhood-enlargement/sites/near/files/pdf/tur key/ipa/2014/ipa2014-031-874.8-tr-home-affairs.pdf https://ec.europa.eu/neighbourhood-enlargement/sites/near/files/pdf/tur key/ipa/2015/ipa2015-038-404.5-home_affairs_new.pdf https://ec.europa.eu/neighbourhood-enlargement/sites/near/files/6- ipa_2016_home_affairs_ad_-_final_for_ipa_committee_v2_clean.pdf https://ec.europa.eu/neighbourhood-enlargement/sites/near/files/ad_ha_2.pdf. Im Jahresprogramm für 2016 wurden zudem Mittel für ein Programm zur Minenräumung bereitgestellt. Im Übrigen wird auf die Antwort der Bundesregierung zu Frage 24 der Kleinen Anfrage der Fraktion DIE LINKE. auf Bundestagsdrucksache 19/8028 verwiesen. Drucksache 19/15248 – 8 – Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode 10. Haben Mitglieder deutscher oder nach Kenntnis der Bundesregierung von EU-Behörden Mitglieder der türkischen Polizei oder des Militärs ausgebildet , und falls ja, in welchem Bereich? Derzeit findet keine Ausbildung von Mitgliedern der türkischen Polizei oder des Militärs durch die Bundeswehr statt. Im Übrigen wird auf die Antworten der Bundesregierung zu den quartalsweisen Kleinen Anfragen der Fraktion DIE LINKE. zu Polizei- und Zolleinsätzen im Ausland verwiesen (zuletzt auf Bundestagsdrucksache 19/12554). 11. Inwiefern wurden oder werden nach Kenntnis der Bundesregierung Mittel , die im Rahmen des EU-Türkei-Abkommens für die Kommunen in der Türkei vorgesehen sind, an Stadtverwaltungen unter Treuhandschaft ausgezahlt , und welche Kenntnisse hat die Bundesregierung über die Verwendung der Gelder? Nach Kenntnis der Bundesregierung werden keine Mittel im Rahmen der EU- Türkei-Flüchtlingsfazilität direkt an Kommunen vergeben. Nach Kenntnis der Bundesregierung sind unter der ersten Tranche der EU-Türkei-Fazilität keine direkten Gelder für Kommunen vorgesehen gewesen. Für Maßnahmen der zweiten Tranche der EU-Türkei-Fazilität ist dies geplant. Die Gelder sollen nach Kenntnissen der Bundesregierung in diesem Fall von der Weltbank verwaltet werden. 12. Welche Kenntnisse hat die Bundesregierung über die Einrichtung einer „Sicherheitszone“ in Nordsyrien und die geplante Unterbringung von Schutzsuchenden dort? Der Bundesregierung sind öffentliche Äußerungen von türkischen Regierungsvertretern zur Ansiedlung von syrischen Flüchtlingen in türkisch kontrollierten Gebieten in Nordsyrien bekannt. In Folge der türkischen Militäroffensive gegen die „Syrian Democratic Forces/YPG“ in Nordost-Syrien einigten sich die Türkei und Russland am 22. Oktober 2019 auf die Einrichtung einer gemeinsam patrouillierten Zone entlang der syrisch-türkischen Grenze. Laut Vereinbarung beabsichtigen beide Seiten, eine sichere und freiwillige Flüchtlingsrückkehr zu ermöglichen. 13. Betrachtet die Bundesregierung die türkische Präsenz im nordsyrischen Kanton Afrin als Besatzung, und falls ja, welche Konsequenzen zieht sie daraus, und falls nein, wie bewertet die Bundesregierung die türkische Präsenz in Afrin, und welche Konsequenzen zieht sie daraus? Die Bundesregierung hat sich wiederholt kritisch gegenüber der fortgesetzten türkischen Präsenz in Afrin geäußert und die Türkei aufgefordert, das humanitäre Völkerrecht, insbesondere die Verpflichtungen zum Schutz der Zivilbevölkerung , zu achten sowie ihre Militärpräsenz im Raum Afrin so schnell wie möglich zu beenden. Die Bundesregierung hat zudem die jüngste türkische Militäroperation in Nordostsyrien auf das Schärfste verurteilt und zu einer sofortigen Beendigung aufgerufen. Im Übrigen hat die Bundesregierung wiederholt darauf verwiesen, dass sie zu Vorfällen, zu denen die notwendige umfassende Faktenkenntnis nicht vorliegt, keine abschließende völkerrechtliche Einordnung vornimmt. Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode – 9 – Drucksache 19/15248 14. Welche Konsequenzen zieht die Bundesregierung aus den Abschiebungen von Schutzsuchenden aus der Türkei nach Syrien (vgl. www.hrw.org/de/ news/2019/08/02/tuerkei-schiebt-syrische-fluechtlinge-kriegsgebiet-ab)? Sind die von der türkischen Armee kontrollierten Gebiete Idlib, Afrin, Jarablus , Azaz und Al-Bab nach Einschätzung der Bundesregierung für Schutzsuchende sicher? a) Welche Kenntnisse hat die Bundesregierung über die Bemühungen der Türkei, Schutzsuchende in Idlib, Afrin und anderen syrischen Regionen unterzubringen, und teilt die Bundesregierung die Bedenken der Fragestellerinnen und Fragesteller, dass die Gefahr besteht, dass diese Schutzsuchenden insbesondere in Afrin als Mittel zur demographischen Veränderung zu Lasten der kurdischen Bevölkerung nach türkischen Interessen eingesetzt werden, und welche Konsequenzen zieht die Bundesregierung daraus? b) Welche Konsequenzen zieht die Bundesregierung aus dem Bericht des UN-Menschenrechtsrats zur Lage in Syrien in Bezug auf die Ansiedlung von Schutzsuchenden in der Region (www.ohchr.org/EN/HRBo d i e s / H R C / R e g u l a r S e s s i o n s / s e s s i o n 4 2 / D o c u m e n t s / A_HRC_42_1_AEV.docx)? Die Fragen 14 bis 14b werden gemeinsam beantwortet. Die Bundesregierung teilt die Einschätzung des UNHCR, dass die Sicherheitslage in Syrien eine Rückkehr syrischer Staatsangehöriger in Sicherheit und Würde derzeit nicht zulässt. Die Rückkehr syrischer Flüchtlinge, sofern die Bedingungen dafür erfüllt sein sollten, kommt für die Bundesregierung nur im Rahmen eines VN-koordinierten Prozesses unter Achtung des Non- Refoulement-Prinzips, freiwillig sowie ohne gezielte Veränderung der demographischen Struktur vor Ort in Betracht. Die Bundesregierung teilt die gemeinsame EU-Position, wie sie in der Erklärung der Hohen Vertreterin im Namen der EU am 9. Oktober 2019 formuliert wurde: Die EU wird keinerlei Hilfe für Stabilisierung oder Entwicklung in Gebieten leisten, in denen die Rechte der lokalen Bevölkerung nicht gewahrt werden. Die Erklärung kann unter folgendem Link abgerufen werden: www.consilium.europa.eu/en/press/pressreleases /2019/10/09/declaration-by-the-high-representative-on-behalf-of-theeu -on-recent-developments-in-north-east-syria/?utm_source=dsms-au to&utm_medium=email&utm_campaign=Declaration+by+the+High+Represen tative+on+behalf+of+the+EU+on+recent+developments+in+north-east+Syria. c) Welche Konsequenzen zieht die Bundesregierung daraus, dass der UN-Menschenrechtsrat Gründe für die Annahme hat, dass in Afrin weiterhin Kriegsverbrechen begangen werden und diese nach Zeugenaussagen durch die türkischen Behörden zumindest straflos bleiben, und inwiefern hat sie dieses Vorgehen gegenüber der Türkei thematisiert , und falls nein, warum nicht (www.ohchr .org/EN/HRBo d i e s / H R C / R e g u l a r S e s s i o n s / s e s s i o n 4 2 / D o c u m e n t s / A_HRC_42_1_AEV.docx)? Der Bundesregierung sind die Berichte der internationalen unabhängigen Untersuchungskommission zur Menschenrechtslage in Syrien der Vereinten Nationen bekannt. Die Situation und Menschenrechtslage in Afrin ist regelmäßig Thema bei bilateralen und multilateralen Gesprächen von Vertretern der Bundesregierung mit der Türkei. Drucksache 19/15248 – 10 – Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode d) Welche Kenntnisse hat die Bundesregierung über die Sicherheitslage in den Regionen Idlib, Afrin sowie die im Zuge der Operation Schutzschild Euphrat von der türkischen Armee besetzte Region zwischen Jarablus, Azaz und Al-Bab in Syrien, und sind diese Regionen nach Auffassung der Bundesregierung zur Aufnahme von Schutzsuchenden geeignet? Auf die Antwort zu den Fragen 14 bis 14b wird verwiesen. e) Hat die Bundesregierung Kenntnis über Entführungen oder Menschenrechtsverletzungen in Afrin durch türkische Truppen oder mit ihnen verbündete Milizen, und wenn ja, welche, und was unternimmt die Bundesregierung, um zu verhindern, dass Mittel der Bundesregierung direkt oder indirekt in eine Konsolidierung der Besatzung fließen ? f) Welche Milizen übernehmen nach Kenntnis der Bundesregierung welche Aufgaben im besetzten Kanton Afrin? g) Mit welchen Kampfverbänden arbeitet die Türkei nach Kenntnis der Bundesregierung zurzeit in Afrin zusammen, und welche dieser Gruppen haben Mitglieder in Deutschland, sind dort aktiv, und wie werden diese Gruppen in Deutschland eingestuft? h) Welche Kenntnisse hat die Bundesregierung über die Unterstützung in Vergangenheit oder Gegenwart von Hayat Tahrir al-Sham, Ahrar al- Sham, Faylaq al-Sham, Jaysh Usud al-Sharqiya und Nur al-Din al- Zenki durch Staaten der Region, insbesondere durch die Türkei, und welche Konsequenzen zieht die Bundesregierung daraus (www.tages schau.de/ausland/idlib-waffenstillstand-101.html)? i) Welche Kenntnisse hat die Bundesregierung über etwaige Kriegsverbrechen der „Syrischen Nationalarmee“ in Afrin und ihre Verbindungen zum türkischen Staat? j) Welche Kenntnis hat die Bundesregierung über zur Nationalen Koalition ETILAF gehörende Milizen bzw. die „Syrische Nationalarmee“ in Afrin? Zu den Fragen 14e bis 14j wird auf die Vorbemerkung der Bundesregierung verwiesen. k) Hat die Bundesregierung offizielle oder inoffizielle Kontakte zu Vertretern der sog. Syrischen Nationalarmee gehabt, und falls ja, in welchem Zusammenhang? Nein. l) Welche Kampfverbände in Syrien werden nach Kenntnis der Bundesregierung von der Türkei oder von anderen Staaten unterstützt, und welche von ihnen sind als terroristisch oder dschihadistisch eingestuft, und welche Konsequenzen zieht die Bundesregierung daraus? Es wird auf die Vorbemerkung der Bundesregierung verwiesen. Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode – 11 – Drucksache 19/15248 m) Welche Kenntnisse hat die Bundesregierung über die Zusammenarbeit des Kurdischen Nationalrats (ENKS) mit der türkischen Regierung und protürkischen Milizen, unter anderem auch der sog. Syrischen Nationalarmee, insbesondere im Kontext der Besetzung von Afrin und eine möglicherweise bevorstehenden Invasion in weiteren Regionen in Nordsyrien (https://anfdeutsch.com/rojava-syrien/enks-und-mit-pla nen-gemeinsam-besatzung-13442)? Nach Kenntnis der Bundesregierung hat sich der Kurdische Nationalrat sowohl gegen die türkische Militäroperation in Afrin als auch die jüngste Offensive in Nordostsyrien ausgesprochen. Am 13. Oktober 2019 verkündete er, seine Teilnahme an Sitzungen der Syrischen Oppositionskoalition ETILAF auszusetzen, deren sogenannter Syrischen Übergangsregierung die sogenannte Syrische Nationalarmee nominell untergeordnet ist. n) Welche Projekte des ENKS oder des „Europäischen Zentrums für kurdische Studien“ oder anderen mit diesen Einrichtungen verbundenen Gruppen hat die Bundesregierung im Jahr 2019 gefördert, beziehungsweise plant diese in welcher Höhe zu fördern? Die Bundesregierung hat im Jahr 2019 keine Projekte des Kurdischen Nationalrats (ENKS) gefördert. Das vom Auswärtigen Amt finanzierte Programm „zivik “ des Instituts für Auslandsbeziehungen (ifa) unterstützte ein Projekt des „Europäischen Zentrums für kurdische Studien“ (EZKS) 2019 mit einer Zuwendung in Höhe von 317.932 Euro für ein Projekt zur Stärkung syrischer Minderheiten innerhalb der syrischen Opposition im Rahmen der politischen Verhandlungen unter der Ägide der Vereinten Nationen. Drucksache 19/15248 – 12 – Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode Gesamtherstellung: H. Heenemann GmbH & Co. KG, Buch- und Offsetdruckerei, Bessemerstraße 83–91, 12103 Berlin, www.heenemann-druck.de Vertrieb: Bundesanzeiger Verlag GmbH, Postfach 10 05 34, 50445 Köln, Telefon (02 21) 97 66 83 40, Fax (02 21) 97 66 83 44, www.betrifft-gesetze.de ISSN 0722-8333