Antwort der Bundesregierung auf die Kleine Anfrage der Abgeordneten Steffi Lemke, Dr. Bettina Hoffmann, Sylvia Kotting-Uhl, weiterer Abgeordneter und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Drucksache 19/14634 – Wilderei, Elfenbeinhandel und Vollzug in Deutschland V o r b e m e r k u n g d e r F r a g e s t e l l e r Mit der „Operation Thunderball“ von Interpol und der Weltzollorganisation wurde nach Ansicht der Fragesteller Anfang Juli 2019 wiederholt das Ausmaß von Umweltkriminalität insgesamt und insbesondere Wilderei und Wildtierschmuggel deutlich (www.interpol.int/News-and-Events/News/2019/Wildlifetrafficking -organized-crime-hit-hard-by-joint-INTERPOL-WCO-globalenforcement -operation). Bereits im Frühjahr 2019 hatte die Operation Blizzard mit Fokus auf Reptilien zur Beschlagnahme von fast 1.500 Tieren allein in der EU geführt (www.europol.europa.eu/newsroom/news/global-actionagainst -wildlife-crime-4-400-reptiles-saved-criminal-hands). Der illegale Tierhandel bringt jährlich weltweit Milliardengewinne ein und ist in der international organisierten Umweltkriminalität fest verankert, mit laut UN zuletzt deutlich steigenden Fallzahlen mit fatalen Auswirkungen auf unser Ökosystem (vgl. The Rise of Environmental Crime – A Growing Threat to Natural Resources Peace, Development And Security. Nellemann et al; UNEP, 2016). Eine Analyse der Nichtregierungsorganisation (NGO) Global Finance Integrity beschrieb illegalen Wildtierhandel als Brennpunkt transnationaler Verbrechen mit einem Wert von bis zu 23 Mrd. US-Dollar jährlich, mit steigender Prognose (Transnational Crime and the Developing World. May, 2017 via https://gfintegrity.org/report/transnational-crime-and-the-developingworld /). Auch um das globale Artensterben in der Tier- und Pflanzenwelt aufzuhalten , braucht es nach Ansicht der Fragesteller dringend ein forciertes Vorgehen gegen illegalen Wildtierhandel, forderte der Weltbiodiversitätsrat IP- BES (IPBES, 2019 via www.ipbes.net/sites/default/files/downloads/spm_un edited_advance_for_posting_htn.pdf). Für einige Arten wie Elefanten und Nashörner stellt die Wilderei sogar die größte Bedrohung dar, Wilderer töten jährlich circa 20.000 Elefanten und 1.000 Nashörner und sind damit eine große Gefahr für den Fortbestand dieser Arten. Besonders der Elfenbeinhandel steht hier im Fokus (ZEIT online, 2017; via www.zeit.de/wissen/umwelt/ 2017-05/wilderei-elefanten-nashoerner-afrika-paul-allen). Auch Deutschland und die EU sind Schauplatz des illegalen Wildtierhandels, wie konzertierte Einsätze gegen Reptilienschmuggel in Europa von Europol und Interpol deutlich zeigen (www.europol.europa.eu/newsroom/news/global- Deutscher Bundestag Drucksache 19/15267 19. Wahlperiode 18.11.2019 Die Antwort wurde namens der Bundesregierung mit Schreiben des Bundesministeriums für Umwelt, Naturschutz und nukleare Sicherheit vom 13. November 2019 übermittelt. Die Drucksache enthält zusätzlich – in kleinerer Schrifttype – den Fragetext. action-against-wildlife-crime-4-400-reptiles-saved-criminal-hands). Für die Fragesteller ist damit deutlich, dass auch im Artenschutzvollzug in Deutschland und Europa Handlungsbedarf besteht.  1. Hat sich die Bundesregierung zu einem nicht nur EU-weiten sondern auch nationalem umfassenden Verbot von Handel mit Elfenbein mit nur wenigen Ausnahmen (für Musikinstrumente und Objekte von herausragendem historischen oder künstlerischen Wert) positioniert – auch mit Blick auf ihre Positionierung innerhalb der EU, und wenn ja, wie? Die Vermarktung von Elfenbein ist in der Europäischen Union (EU) verboten. Dieses Verbot hat wenige Ausnahmen, insbesondere für Elfenbein, das vor der erstmaligen Unterschutzstellung des Elefanten unter dem Washingtoner Artenschutzabkommen rechtmäßig eingeführt wurde. Da Deutschland jedoch kein Zielland des illegalen Elfenbeinhandels ist, werden zusätzliche Beschränkungen im Inland keinen Effekt auf den weltweiten illegalen Elfenbeinhandel haben , der sich vor allem auf Afrika und Asien konzentriert. Die Bundesregierung setzt sich jedoch dafür ein, dass auf EU-Ebene mögliche Regelungslücken und Vollzugsdefizite im Zusammenhang mit dem Handel von Elfenbein in der EU und aus der EU geschlossen werden (siehe hierzu auch die Antwort zu den Fragen 4 und 5). Es wird im Übrigen auf die Antwort der Bundesregierung zu den Fragen 11 und 19 der Kleinen Anfrage „Handel mit Elfenbein“ auf Bundestagsdrucksache 19/3257 sowie zu Frage 4 der Kleinen Anfrage „Kampf gegen Wilderei geschützter Arten und insbesondere Schutz von Elefanten und Nashörnern“ auf Bundestagsdrucksache 18/1243 verwiesen.  2. Besteht eine Bewertung der Bundesregierung über Ausmaß und Auswirkungen des Handels von verarbeitetem Elfenbein von vor 1947, und wenn ja, welche? Welche Erkenntnisse liegen der Bundesregierung über seinen Umfang und Anteil am gesamten Elfenbeinhandel vor? Antike Elfenbeingegenstände (sog. Antiquitäten im Sinne des Artikel 2 Buchstabe w) der Verordnung (EG) Nr. 338/97 des Rates vom 9. Dezember 1996 über den Schutz von Exemplaren wildlebender Tier- und Pflanzenarten durch Überwachung des Handels (EG-Artenschutzverordnung) haben in der Regel einen künstlerischen oder kulturellen Eigenwert, der den Wert des reinen Elfenbeins übersteigt. Zum anderen ist der Anteil des Elfenbeins in Bezug auf den gesamten Gegenstand in vielen Fällen sehr gering. Damit ist die Gefahr, dass der legale Handel in der EU mit Antiquitäten einen Anreiz zur Wilderei setzt oder aber Antiquitäten genutzt werden, um illegal erworbenes Elfenbein zu legalisieren , sehr gering. Derzeit ist der Handel mit Elefanten-Elfenbein innerhalb der EU zu kommerziellen Zwecken nur für sog. „Antiquitäten“ ohne Vermarktungsbescheinigung erlaubt. Ebenfalls ist der Handel zu nichtkommerziellen Zwecken (z. B. private oder wissenschaftliche Zwecke) erlaubt, sofern die notwendigen Ein- bzw. Ausfuhrdokumente erteilt wurden. Die (Wieder-)Ausfuhr von Rohelfenbein aus der gesamten EU ist seit Juli 2017 verboten. Damit wurde der Umfang des Elfenbeinhandels aus der EU erheblich eingeschränkt. Eine Gegenüberstellung des Handels mit Antiquitäten einerseits und anderen Elfenbeingegenstände andererseits erscheint nicht aussagekräftig, da Vergleichsgrößen fehlen. Der verarbeitete Elfenbein-Anteil ist zum einen bei den legal gehandelten Antiquitäten häufig nicht gewichtsmäßig bekannt. Darüber hinaus liegen der Bundesregie- Drucksache 19/15267 – 2 – Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode rung aufgrund der fehlenden Bescheinigungspflicht keine validen Daten über den innereuropäischen Handel mit Antiquitäten vor.  3. Besteht bezüglich der bislang bestehenden Möglichkeit, verarbeitetes Elfenbein von vor 1947 zu handeln, eine Einschätzung für die Gefahr bzw. die Sorge eines sogenanntes Schlupfloches, über das jüngeres Elfenbein auf den deutschen bzw. europäischen Markt gelangen könne – u. a. vor dem Hintergrund der Untersuchung der NGO Avaaz (www.spiegel.de/ wissenschaft/natur/elfenbein-in-europa-grossteil-der-artefakte-ist-illegala -1217138.html), und wenn ja, wie fällt diese aus? Es ist nach derzeitigem Sachstand nicht belegt, dass durch die Ausnahmen für den innergemeinschaftlichen Handel mit sog. Antiquitäten jüngeres Elfenbein legal bzw. illegal auf den deutschen/europäischen Markt gelangen konnte. Die Qualität der AVAAZ-Studie wurde auf EU-Ebene von den europäischen Mitgliedstaaten kritisiert. Die Studie enthielt u. a. Abbildungen von Gegenständen , die nicht aus Elefanten-Elfenbein hergestellt waren. Zur Altersbestimmung wurde die nur noch unter bestimmten Bedingungen aussagekräftige Radiokarbonmethode angewendet. Diese bisher genutzte Radiokarbonmethode kann nicht zuverlässig zwischen Vorerwerbselfenbein und frisch gewildertem Elfenbein unterscheiden. Nur durch die Analyse weiterer Radioisotope, insbesondere eines bestimmten Thorium-Verhältnisses, gelingt eine eindeutige Bestimmung des Alters (siehe: www.ivoryid.org). Es ist jedoch nicht auszuschließen, dass Vorerwerbs-Elfenbein, d. h. legal vor der erstmaligen Unterschutzstellung unter dem Washingtoner Artenschutzabkommen erlangtes Elfenbein, ohne die erforderliche Vermarktungsbescheinigung als sog. „Antiquität“ falsch deklariert und verkauft wurde. Deshalb setzt sich die Bundesregierung für striktere Regelungen auf EU-Ebene für den Handel mit sog. Antiquitäten ein.  4. Hat sich die die Bundesregierung mit Blick auf „vollständig verarbeitete Antiquitäten“ positioniert, und wenn ja, wie? Hat sich die Bundesregierung, wie in der Antwort auf Bundestagsdrucksache 19/3257 geäußert, zum Konzept unter anderem „vollständig verarbeitete Antiquitäten“ von Verboten und Beschränkungen auszunehmen, positioniert, und wenn ja, wie (begründet sie diese)?  5. Hat sich die Bundesregierung bezüglich eines Verbots des Handels mit verarbeitetem Elfenbein von vor 1947 – auch mit Blick auf ihre Positionierung in der EU – positioniert, und wenn ja, wie? Die Fragen 4 und 5 werden gemeinsam beantwortet. Die Bundesregierung setzt sich dafür ein, dass auf EU-Ebene mögliche Regelungslücken und Vollzugsdefizite geschlossen werden, um sicherzustellen, dass der innergemeinschaftliche Handel mit Elfenbein und die (Wieder-)Ausfuhr von Elfenbein aus der EU weder die Wilderei auf Elefanten in Afrika noch den illegalen Handel mit Elfenbein mit verursacht oder erleichtert. Unter diesem Aspekt sind die bestehenden Regelungen zum Handel mit bearbeitetem Elfenbein , wie „Antiquitäten“, stärker einzuschränken. Die konkrete Ausgestaltung dieser Regelungen ist Gegenstand aktueller Verhandlungen auf EU-Ebene, in die sich die Bundesregierung aktiv einbringt. Verbote und Ausnahmen müssen allerdings in einem angemessenen Verhältnis zum Regelungsziel stehen. Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode – 3 – Drucksache 19/15267  6. Welche Kenntnisse liegen der Bundesregierung über die Ergebnisse zu den Ermittlungen vom am 20. Mai 2016 im Flughafen Berlin-Schönefeld beschlagnahmten 625 Kilogramm illegalen Elfenbeins und den Ende August 2016 in Koblenz in einer illegalen Schnitzwerkstatt durch den Zoll beschlagnahmten 570 Kilogramm sowie zur Herkunft und zum Alter des Elfenbeins, zu dessen Bestimmungsort sowie zum Netzwerk der Täter vor? Die Bundesregierung nimmt zu Ermittlungsverfahren in der Sachleitungskompetenz von Staatsanwaltschaften der Bundesländer grundsätzlich keine Stellung .  7. Hat die Bundesregierung, wie in einer Entschließung des Washingtoner Artenschutzübereinkommens gefordert, den Bestand von Elfenbein in Staatsbesitz und Privatbesitz an das Sekretariat des Abkommens gemeldet , und wenn ja, welche Angaben wurden dort konkret gemacht zu Anzahl , Gewicht, Herkunft des Elfenbeins sowie Veränderungen im Bestand ? Auf die Antwort der Bundesregierung zu Frage 4 auf Bundestagsdrucksache 18/10738 wird verwiesen. Der Bundesregierung liegen zum gegenwärtigen Zeitpunkt keine Kenntnisse über eine Veränderung in den Beständen vor.  8. Welche Kenntnisse liegen der Bundesregierung über die Ergebnisse und Funde der „Operation Blizzard“ und der „Operation Thunderball“ mit Blick auf Deutschland und Europa als Ziel- und Umschlagplatz von illegalem Wildtierhandel vor, und welche Schlüsse zieht sie daraus? Zu den Ergebnissen und Funden der o. g. Operationen wird auf die Antwort zu Frage 8a verwiesen. Beide Operationen geben einen Hinweis darauf, dass Deutschland und Europa weniger Herkunfts-, jedoch durchaus Transit- und auch Bestimmungsregionen von Exemplaren und Erzeugnissen geschützter Arten sind. Insbesondere weisen die Funde darauf hin, dass bevorzugt tote Exemplare sowie zunehmend sog. Exoten, wie Reptilien, in die EU und nach Deutschland eingeführt werden. a) Wie viele Tiere welcher Arten wurden in beiden Operationen in Deutschland aufgegriffen, und erfolgte die Beschlagnahme bei Händler oder Tierhaltern? Neben diversen Sicherstellungen von z. B. Schuhen, Geldbeuteln, Armbändern oder Handtaschen aus Krokodil- oder Schlangenleder (31 Produkte aus Pythonleder , drei Produkte aus Krokodilleder), die von geschützten Arten stammten, konnten einige lebende Exemplare eingezogen werden. Besonders hervorzuheben ist hier die Sicherstellung eines Varanus spenceri, einer seltenen und streng geschützten Riesenechse. Außerdem wurden 280 Tabletten mit Bestandteilen der Königskobra, ein totes Exemplar einer Zierschildkröte sowie eine Flasche sog. Schlangenwein (Kobra enthaltend) aufgegriffen. Darüber hinaus wurden einige weitere artenschutzrelevante Zufallsfunde verzeichnet . So wurden durch die Polizei Hessen ca. 4,5 kg Elfenbein sowie zwei Ozelot-Pelzmäntel beschlagnahmt. Es wurden zudem verschiedene lebendige exotische Vögel, ein Tigerzahn, sog. „Medizinprodukte“ (hergestellt aus geschützten Pflanzenarten) sowie ein Mungoschädel beschlagnahmt. Drucksache 19/15267 – 4 – Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode Weltweit wurden nach Angaben von Interpol insgesamt 4.503 lebende Tiere sowie 152 Tierprodukte sichergestellt. Bei der Operation „Thunderball“ erfolgten in Deutschland Aufgriffe von geschützten Pflanzen- und Tierarten sowie von Teilen und Erzeugnissen. Bei einem Großteil davon handelte es sich um Nahrungsergänzungsmittel und Kosmetikprodukte . Des Weiteren wurden auch bei dieser Operation Lederwaren aus Schlangen- bzw. Krokodilhaut (15 Produkte aus Krokodilleder, fünf Produkte aus Schlangenleder) entdeckt und sichergestellt. Zudem wurden 356 Korallen und Bruchstücke, 120 Federn des Ährenträgerpfaus, acht lebende Exemplare der Boa, drei lebende Exemplare der Python, ein Produkt mit Bestandteilen der Kobra („Snake Balm“), neun Dosen Kaviar des Störs, zwei tote Exemplare geschützter Schmetterlinge, eine lebende Schildkröte, eine Walsalami und ein Ziergegenstand aus Walrossknochen aufgegriffen. Weltweit wurden nach Angaben von Interpol insgesamt 582 Tatverdächtige festgenommen und im Rahmen von 1.828 Einzelmaßnahmen u. a. 545 kg Elfenbein und 1.422 lebende Reptilien beschlagnahmt. Zu der Teilfrage, ob die Sicherstellungen bei Händlern oder Tierhaltern erfolgten , liegen der Bundesregierung keine Informationen vor. b) Welche und wie viele strafrechtliche Verfahren haben sich nach Kenntnis der Bundesregierung in Deutschland aus der „Operation Blizzard“ ergeben? Nach Kenntnis der Bundesregierung wurden in Hessen laut dem Abschlussbericht zur Operation „Blizzard“ fünf Ermittlungsverfahren wegen Verstößen gegen das Bundesnaturschutzgesetz (BNatSchG) eingeleitet. c) Welche und wie viele strafrechtliche Verfahren haben sich nach Kenntnis der Bundesregierung in Deutschland aus der „Operation Thunderball“ ergeben? Aus den o. g. Sicherstellungen während der Operation „Thunderball“ ergaben sich zwei Ermittlungsverfahren. Beiden liegt der mutmaßlich illegale Besitz von artgeschützten Reptilien zugrunde.  9. Liegen der Bundesregierung Kenntnisse über den Stellenwert von illegalem Wildtierhandel in Deutschland im Bereich Umweltkriminalität vor, und welche Konsequenzen zieht sie daraus? Eine Studie des Umweltbundesamtes (www.umweltbundesamt.de/publikatio nen/umweltdelikte-2016-auswertung-von-statistiken) legt dar, dass die im Jahr 2016 nach dem Bundesnaturschutzgesetz begangenen Straftaten 2,5 Prozent der gesamten Umweltstraftaten umfassten. Der Bundesregierung liegen jedoch keine Erkenntnisse über den Stellenwert für den Teilbereich des illegalen Wildtierhandels in Deutschland im Bereich der Umweltkriminalität vor. Zur Adressierung dieses Problems bestehen auf internationaler Ebene zahlreiche miteinander verzahnte Initiativen und Arbeitsgruppen. Bei Interpol ist die „Wildlife Crime Working Group“ (WCWG) Teil des Environmental Security Programme (ENS). Auf europäischer Ebene ist Umweltkriminalität inkl. Wildlife Crime eine EMPACT Priorität innerhalb des EU Policy Cycle. Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode – 5 – Drucksache 19/15267 10. Hat die Bundesregierung den deutschen und europäischen Rechtsrahmen mit Blick auf illegalen Wildtierhandel bewertet, und wenn ja, wie fällt diese aus, und welche Konsequenzen zieht sie daraus a) mit Blick auf einzelne Themenfelder, in denen die Bundesregierung Verbesserungsbedarf sieht; b) mit Blick auf einzelne Felder, in denen die Bundesregierung Kontrolldefizite in Deutschland und Europa sieht? Auf die Antwort zu den Fragen 1 bis 5 sowie 9 wird verwiesen. Die Bundesregierung erachtet die vorhandene deutsche Gesetzgebung und den europäischen Rechtsrahmen zur Bekämpfung des illegalen Wildtierhandels für ausreichend . Bei Bedarf, beispielsweise infolge von Umsetzungsbedarf aufgrund internationaler Verpflichtungen und von Deutschland mitgetragener internationaler Beschlüsse, wird die Bundesregierung prüfen, ob Weiterentwicklungen der bestehenden Rechtslage erforderlich sind. Der Bericht über Umweltkriminalität des vom europäischen Netzwerk „Environmental Crime Network“ (EnviCrimeNet) und EUROPOL durchgeführten Projekts „Intelligence Project on Environmental Crime“ (IPEC) vom 20. Februar 2015 (IPEC-Bericht) weist darauf hin, dass Kontrolldefizite in der EU die Bekämpfung von Umweltkriminalität und auch des illegalen Wildtierhandels erschweren. 11. Von wie vielen illegal getöteten Vögeln in Deutschland geht die Bundesregierung jährlich aus, und welche Vogelarten sind besonders betroffen? Welche Erkenntnisse über Auswirkungen auf Ökosysteme liegen der Bundesregierung vor? Für eine Gesamtzahl illegal getöteter Vögel liegen der Bundesregierung keine eigenen Erkenntnisse vor. Für Greifvögel wurde im Rahmen der Verbändeförderung von 2015 bis 2018 das Projekt EDGAR („Erfassungs- und Dokumentationsstelle für Greifvogelverfolgung und Artenschutzkriminalität“) durchgeführt und die seit 2005 in Deutschland bekannt gewordenen Fälle illegaler Greifvogelverfolgung im Rahmen eines bundesweiten Monitorings erfasst. Am häufigsten als Opfer von Verfolgung nachgewiesen wurden der Mäusebussard (Buteo buteo, 890 getötete Individuen), gefolgt von Rotmilan (Milvus milvus, 200), Habicht (Accipiter gentilis , 157), Turmfalke (Falco tinnunculus, 78), Seeadler (Haliaeetus albicilla, 65), Wanderfalke (Falco peregrinus, 51), Sperber (Accipiter nisus, 41), Rohrweihe (Circus aeruginosus, 23), Schwarzmilan (Milvus migrans, 22) und Fischadler (Pandion haliaetus, elf). Unter den Eulen waren Uhu (Bubo bubo, 30 getötete Individuen) und Waldohreule (Asio otus, elf) die am häufigsten betroffen Arten. Vor allem bei Greifvögeln ergeben sich Hinweise, dass sich illegale Verfolgung durch Fang, Abschuss oder Vergiftung deutlich negativ auf Populationen auswirken kann. Regional niedrige Siedlungsdichten bis hin zu landes- oder gar bundesweit messbaren Bestandsabnahmen, wie sie etwa beim Habicht dokumentiert wurden, lassen sich kaum anders erklären. Drucksache 19/15267 – 6 – Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode 12. Wo sieht die Bundesregierung weitere Schwerpunkte in der Wilderei bzw. im illegalen Artenhandel in Deutschland; siehe beispielsweise www.stutt garter-nachrichten.de/inhalt.ehemaliges-china-restaurant-in-essenfahnder -heben-stuetzpunkt-internationaler-aal-schmuggler-aus.b3bf485fcedd -4e62-bba7-e3c738509e27.html (bitte nach verschiedenen Lebensräumen aufschlüsseln)? Der illegale Handel, vor allem die illegale Ausfuhr, von Glasaalen (Anguilla anguilla) bildet einen Schwerpunkt der Bundesregierung bei der Bekämpfung des illegalen Artenhandels. Andere Schwerpunkte beziehen sich auf den Handel mit Reptilien und Amphibien (sog. Exoten), die vermehrt für den Heimtierbedarf in die EU und nach Deutschland gehandelt werden. 13. Wie viele Ermittlungsverfahren waren nach Kenntnis der Bundesregierung in den Jahren 2010 bis 2019 in Deutschland im Bereich Artenschutzrecht bzw. illegaler Wildtierhandel mit Blick auf international geschützten Arten (die EU-Artenschutzverordnung 338/97) jeweils anhängig , und welche Aufklärungsquote wurde in den einzelnen Jahren jeweils erreicht? Ermittlungsverfahren werden sowohl vom Zoll als auch von den Polizeibehörden der Bundesländer geführt. Die Polizeiliche Kriminalstatistik (PKS) enthält u. a. die der Polizei bekannt gewordenen rechtswidrigen Straftaten einschließlich der mit Strafe bedrohten Versuche. Der PKS-Schlüssel 743010 enthält die erfassten Fälle für „Verstöße gegen das Bundesnaturschutzgesetz“. Eine Untergliederung nach international geschützten Arten ist nicht möglich. Die Zahlen stellen sich folgendermaßen dar: Jahr: Fälle: Aufklärungsquote (in Prozent): 2010 683 82,1 2011 367 76,6 2012 336 79,5 2013 325 74,5 2014 427 71,9 2015 461 71,6 2016 488 68,4 2017 372 66,7 2018 395 65,6 Die Bundesregierung hat zudem Kenntnisse zum illegalen Handel mit geschützten Tier- und Pflanzenarten innerhalb Deutschlands, soweit Bundes- (Ein-, Aus- und Durchfuhr) bzw. Landesbehörden über nach dem Bundesnaturschutzgesetz eingeleitete Strafverfahren berichten. Verfügbare Übersichten stellt das Bundesamt für Naturschutz (BfN), z. B. zu „Verstöße gegen Artenschutzbestimmungen und ihre Ahndung“, getrennt nach Bundes- oder Landesbehörden , unter www.bfn.de/themen/Washingtoner Artenschutzabkommen/ statistik/andere-statistiken.html zur Verfügung. Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode – 7 – Drucksache 19/15267 Eine Zusammenfassung/Übersicht über die Jahre 2010 bis 2018 wurde angefertigt : Verfahrensstand bezogen auf Beschlagnahmejahr (Stand: 05.11.2019) 2010 2011 2012 2013 2014 2015 2016 2017 2018 offene Verfahren 11 11 4 20 14 12 16 9 46 Einstellungen durch das BfN 1239 946 821 780 626 1047 608 636 652 Verwarnungen, Verwarnungsgeld 87 127 115 114 118 174 181 203 376 Bußgeldbescheide 156 137 141 143 124 147 127 131 221 Ermittlungen wegen Straftatverdachts 0 1 2 2 3 1 1 5 21 Einstellungen durch Staatsanwaltschaft , 60 61 73 61 36 36 35 33 28 davon nach § 153a StPO (Geldzahlung) 30 38 27 26 14 20 21 22 16 Strafbefehle und Urteile 29 11 17 12 8 13 13 10 3 Gesamtverfahren 1.582 1.294 1.173 1.132 929 1.430 981 1.027 1.347 Quelle: BfN Verstöße in diesem Zusammenhang beruhen zumeist auf Aufgriffen der Zollbehörden , weil vorgeschriebene artenschutzrechtliche Dokumente bei der Ein-, Ausfuhr- und Durchfuhr nicht präsentiert werden konnten. Der Verstoß kann, abhängig von der Qualität im Einzelfall, als Ordnungswidrigkeit oder Straftat geahndet werden. Der Übersicht kann nicht entnommen werden, ob zunächst Ermittlungen wegen Straftatverdachts eingeleitet wurden, da nur die abschließenden Entscheidungen berücksichtigt werden. 14. Wie viele Ab- und Verurteilungen wegen Straftaten im Bereich Artenschutzrecht bzw. illegaler Wildtierhandel mit Blick auf international geschützten Arten (die EU-Artenschutzverordnung 338/97) aus den Jahren 2010 bis 2019 sind der Bundesregierung bekannt? Eine Angabe zu Ab- und Verurteilungen nach den strafrechtlichen Nebengesetzen des Bundesnaturschutzgesetzes ist nicht möglich, da die Statistik „Strafverfolgung “ sämtliche Tatbestände dieser Nebengesetze nur aggregiert erfasst und somit einzelne Tatbestände nicht gesondert ausweist. 15. Welche Straftaten im Bereich Artenschutzrecht bzw. illegaler Wildtierhandel mit Blick auf international geschützten Arten (die EU- Artenschutzverordnung 338/97) wurden nach Kenntnis der Bundesregierung in den Jahren seit 2010 jeweils vermehrt begangen? Daten über begangene Straftaten werden sowohl vom Zoll als auch von den Polizeibehörden der Bundesländer geführt. Straftaten gegen das Bundesnaturschutzgesetz werden statistisch nicht nach Arten aufgeschlüsselt und bundesweit nicht für alle beteiligten Strafverfolgungsbehörden zentral registriert. Daher liegen der Bundesregierung keine entsprechenden Daten zu begangenen Straftaten vor. Drucksache 19/15267 – 8 – Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode 16. Welche Strafen wurden bei den aufgeführten Straftaten im Bereich Artenschutzrecht bzw. illegaler Wildtierhandel mit Blick auf international geschützten Arten (die EU-Artenschutzverordnung 338/97) bei einer Verurteilung ausgesprochen? a) Wie hoch war der Anteil der Geldstrafen daran, wie hoch waren die Geldstrafen durchschnittlich und im Median? b) Welches Strafmaß wurde nach Kenntnis der Bundesregierung für das hier schwerste Vergehen ausgesprochen? Die Fragen 16 bis 16b werden gemeinsam beantwortet. Es wird auf die Antwort zu Frage 13 verwiesen. Soweit die in der Antwort zu Frage 13 genannten Zahlen betroffen sind, kann die Anzahl der ausgesprochenen Geld- und Freiheitsstrafen der Tabelle entnommen werden. Der Bundesregierung liegt keine Analyse der ausgesprochenen Strafen vor. Auf folgende vorläufige Erkenntnisse wird insoweit hingewiesen: Im Zeitraum von 2010 bis 2016 wurden Freiheitsstrafen im Rahmen von sechs Monaten bis zu zwei Jahren von Gerichten ausgesprochen. Der Anteil der Freiheitsstrafen wird auf ca. 25 Prozent der als „Strafbefehle und Urteile“ ausgewiesenen Verfahren geschätzt . Angesichts der Aggregation dieser Daten kann eine durchschnittliche Höhe der Geldstrafen wegen Verurteilungen nicht angegeben werden. 17. Hat die Bundesregierung eine Bewertung über den Vollzug des Artenschutzrechtes in Deutschland – u. a. mit Blick auf die in dieser Anfrage erfragten Zahlen – vorgenommen, und wenn ja, welche? Es wird auf die Antwort zu den Fragen 13 bis 16 verwiesen. Die vom BfN zusammengefassten Zahlen lassen erkennen, dass der Zoll zahlreiche Verstöße an den Außengrenzen aufdeckt. Die Höhe oder die Qualität der Strafe hängt, wie auch in anderen Rechtsgebieten, von den Umständen des Einzelfalls ab. Da Strafverfahren mehrere Jahre andauern können, konnten abschließende Entscheidungen zu den Verfahren der letzten Jahre nicht in der Übersicht (siehe Antwort zu Frage 13) dargestellt werden. 18. Welche Kenntnisse liegen der Bundesregierung darüber vor, dass in anderen europäischen Ländern Vogelarten gejagt werden dürfen, die hierzulande auf der Roten Liste stehen, und welche Konsequenzen für ihren Erhaltungszustand erwartet die Bundesregierung (bitte auch anhand von Beispielen aufführen)? Grundlage für die Jagdausübung in den Mitgliedstaaten der Europäischen Union ist der Anhang II der Richtlinie 79/409/EWG des Rates vom 2. April 1979 über die Erhaltung der wildlebenden Vogelarten (Vogelschutzrichtlinie), in dem Arten aufgeführt sind, die entweder in allen Mitgliedstaaten der EU (Teil A des Anhangs II) oder in bestimmten Mitgliedstaaten (Teil B des Anhangs II) bejagt werden dürfen. In Anhang II befinden sich zahlreiche Arten, die in Deutschland auf der Roten Liste stehen und deren Zugwege durch Gebiete von Mitgliedstaaten verlaufen, in jenen die Jagd auf sie erlaubt ist. Darunter befindet sich beispielsweise die Turteltaube, aber auch zahlreiche Enten- und Watvogelarten, wie Knäkente, Goldregenpfeifer, Uferschnepfe und Großer Brachvogel, die auf den Roten Listen der Brutvögel (Grüneberg et al. 2015) bzw. der Roten Liste der wandernden Vogelarten Deutschlands (Hüppop et al. 2013) in einer Gefährdungskategorie aufgeführt werden. Die Konsequenzen dieser Jagd auf den Erhaltungszustand der betroffenen Arten lassen sich nur schwer beurteilen, da häufig nicht einmal das Ausmaß der Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode – 9 – Drucksache 19/15267 legalen Entnahme durch Jagd bekannt ist. In vielen Ländern werden keine nach Arten aufgeschlüsselten, keine zuverlässigen oder gar keine Jagdstreckenstatistiken geführt. Vorhandene Zahlen werden in der Regel nicht auf ihre Richtigkeit oder Zuverlässigkeit geprüft (Hirschfeld & Attard 2017). 19. Welche Initiativen hat die Bundesregierung bereits ergriffen oder sind in Planung, um dem illegalen Artenhandel bzw. der Wilderei in Deutschland und Europa entgegenzutreten? Auf die Antwort der Bundesregierung zu den Fragen 6 und 17 der Kleinen Anfrage „Wilderei in Deutschland“ auf Bundestagsdrucksache 19/5358 wird verwiesen . Im Rahmen des Nationalen Aktionsplans zur Umsetzung des EU Aktionsplans zum illegalen Artenhandel sollen die Ergebnisse des von der Bundesregierung geförderten Projekts EDGAR umgesetzt werden (siehe Antwort der Bundesregierung zu Frage 11 sowie Antwort der Bundesregierung zu Frage 9 der Kleinen Frage „Wilderei in Deutschland“ auf Bundestagsdrucksache 19/5358). Die Ergebnisse dieses Projekts wurden zudem mit den Ländern geteilt, um auf Vollzugsdefizite hinzuweisen und um diesen durch effiziente Vollzugsschwerpunkte , Qualifizierung des Personals und stärkere Zusammenarbeit der zuständigen Landesbehörden zu begegnen. Seit 2017 läuft ein Forschungs- und Entwicklungsvorhaben, in welchem Empfehlungen und Strategien entwickelt werden, die geeignet sind, die Nachfrage von als Heimtieren gehaltenen Reptilien, Amphibien und kleinen Säugetieren (sog. Exoten) in Deutschland zu verringern. Die Bundesregierung wird im Hinblick auf die Ergebnisse der Studie prüfen, ob und welche Maßnahmen zur Reduktion der Nachfrage erforderlich sind. Im Rahmen der Verbändeförderung wird ein Projekt zur Stärkung des Bewusstseins für Wildartenkriminalität in der Zivilgesellschaft Deutschlands sowie ausgewählter Herkunfts- und Abnehmerländer durchgeführt. Die Bundesregierung unterstützt die im Rahmen verschiedener internationaler Abkommen (v. a. Übereinkommen über die Erhaltung der europäischen wildlebenden Pflanzen und Tiere und ihrer natürlichen Lebensräume – Berner Konvention –, Übereinkommen zum Schutz wandernder wildlebender Arten – Bonner Konvention –, Afrikanisch-eurasisches Wasservogelübereinkommen – AE- WA) stattfindenden Beratungen und Beschlüsse zur Eindämmung des illegalen Vogelfangs, v. a. im Mittelmeerraum. Drucksache 19/15267 – 10 – Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode Gesamtherstellung: H. Heenemann GmbH & Co. KG, Buch- und Offsetdruckerei, Bessemerstraße 83–91, 12103 Berlin, www.heenemann-druck.de Vertrieb: Bundesanzeiger Verlag GmbH, Postfach 10 05 34, 50445 Köln, Telefon (02 21) 97 66 83 40, Fax (02 21) 97 66 83 44, www.betrifft-gesetze.de ISSN 0722-8333