Antwort der Bundesregierung auf die Kleine Anfrage der Abgeordneten Ulrike Schielke-Ziesing, Uwe Witt, Martin Sichert, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der AfD – Drucksache 19/14221 – Geplante Umsatzsteuerpflicht für Weiterbildungsangebote als Bildungshindernis – Volkshochschulen als neue Steuerquelle V o r b e m e r k u n g d e r F r a g e s t e l l e r Nach dem Entwurf eines Gesetzes zur weiteren steuerlichen Förderung der Elektromobilität und zur Änderung weiterer steuerlicher Vorschriften (www.b undesfinanzministerium.de/Content/DE/Gesetzestexte/Gesetze_Gesetzesvorha ben/Abteilungen/Abteilung_IV/19_Legislaturperiode/Gesetze_Verordnungen/ G-E-Mobilitaet/2-Regierungsentwurf.pdf?__blob=publicationFile&v=2) sind auch Neuregelungen der Umsatzsteuerbefreiung für Bildungsleistungen geplant . Nach Artikel 10 des Gesetzentwurfs wird § 4 Nummer 21 Buchstabe a des Umsatzsteuergesetzes (UStG) neu gefasst und der bisherige § 4 Nummer 22 Buchstabe a UStG entfällt. Ab 2021 soll eine Zuordnung zum Bereich des Schul- und Hochschulunterrichtes bzw. der unmittelbare berufliche Bezug der Weiterbildung für eine Steuerbefreiung maßgeblich sein. Steuerpflichtig sollen dagegen Leistungen sein, „die nach ihrer Zielsetzung der reinen Freizeitgestaltung dienen“. Nach der Begründung im Regierungsentwurf sollen damit Vorgaben des EU-Rechts (Mehrwertsteuer-Systemrichtlinie) und der Rechtsprechung des EuGH umgesetzt werden (vgl. Entwurf eines Gesetzes zur weiteren steuerlichen Förderung der Elektromobilität und zur Änderung weiterer steuerlicher Vorschriften zu Artikel 10 Weitere Änderung des Umsatzsteuergesetzes S. 187 f.). Die „Träger der öffentlich verantworteten Weiterbildung“ und insbesondere der Deutsche Volkshochschul-Verband e. V. (DVV) haben in ihrer ausdifferenzierten Stellungnahme vom 12. August 2019 (www.dvv-vhs.de/fileadmin/user _upload/3_Der_Verband/Presse/Gemeinsame_Stellungnahme_UStG_Schluss fassung_120819.pdf) ihre erheblichen Bedenken zum Gesetzesvorhaben mitgeteilt . V o r b e m e r k u n g d e r B u n d e s r e g i e r u n g Der Deutsche Bundestag hat am 7. November 2019 auf Vorschlag der Koalitionsfraktionen das Gesetz zur weiteren steuerlichen Förderung der Elektromobilität und zur Änderung weiterer steuerlicher Vorschriften ohne die im Gesetzentwurf enthaltene Änderung von § 4 Nummer 21 und 22 des Umsatz- Deutscher Bundestag Drucksache 19/15278 19. Wahlperiode 19.11.2019 Die Antwort wurde namens der Bundesregierung mit Schreiben des Bundesministeriums der Finanzen vom 15. November 2019 übermittelt. Die Drucksache enthält – in kleinerer Schrifttype – den Fragetext. steuergesetzes (UStG) beschlossen. Dies wurde bei der Beantwortung der Fragen berücksichtigt. 1. Wie hoch werden nach Kenntnis der Bundesregierung schätzungsweise die anteiligen Steuermehreinnahmen durch die Neufassung des § 4 Nummer 21 Buchstabe a UStG bzw. die Streichung von § 4 Nummer 22 Buchstabe a UStG sein? 2. Wie hoch werden aufgrund der Neufassung des § 4 Nummer 21 Buchstabe a UStG nach Kenntnis der Bundesregierung die Mehreinnahmen sein, die auf die Träger der öffentlich verantworteten Weiterbildung und insbesondere die Volkshochschulen entfallen (bitte jeden Bildungsträger einzeln auflisten)? Die Fragen 1 und 2 werden zusammen beantwortet. Durch die in dem Gesetzentwurf auf Bundestagsdrucksache 19/13436 vorgesehene Neufassung des § 4 Nummer 21 und 22 UStG wurden keine Steuermehreinnahmen erwartet, da diese Regelung nur eine Klarstellung bei der Umsatzsteuerbefreiung von Erziehungs- und Bildungsleistungen der Volkshochschulen und vergleichbarer Anbieter vorsah. Die von Volkshochschulen erbrachten Bildungsleistungen wären auch nach der gesetzlichen Klarstellung unverändert in dem Umfang, den die EU-rechtlichen Vorgaben ermöglichen, von der Umsatzsteuer befreit geblieben. Die Klarstellung sollte der Rechtssicherheit dienen und zielte nicht auf eine Einschränkung bisher steuerbefreiter Bildungsangebote ab. Veranstaltungen wissenschaftlicher oder belehrender Art, die als Erziehung von Kindern und Jugendlichen, als Schul- oder Hochschulunterricht, als Ausbildung, Fortbildung oder berufliche Umschulung zu qualifizieren sind, wären wie im geltenden Recht von der Umsatzsteuer befreit gewesen. 3. Inwieweit wurde der vorhergehende Referentenentwurf zwischen dem Bundesministerium für Finanzen und dem Bundesministerium für Bildung und Forschung abgestimmt? Welches konkrete Ergebnis erwuchs aus dieser Absprache? Der Gesetzentwurf wurde nach den Vorgaben der Gemeinsamen Geschäftsordnung der Bundesministerien innerhalb der Bundesregierung abgestimmt. 4. Inwieweit wurden durch die Bundesregierung im Vorfeld der geplanten Änderung der Steuerbefreiungsregelungen die Träger der öffentlich verantworteten Weiterbildung und insbesondere die Volkshochschulen einbezogen ? Warum erfolgte eine solche Zusammenführung ggf. nicht? Eine Beteiligung der Träger der öffentlichen Weiterbildung erfolgte vor Erstellung des Regierungsentwurfs durch Übersendung des Referentenentwurfs im Rahmen einer Verbandsanhörung. Drucksache 19/15278 – 2 – Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode  5. Aufgrund welcher konkreten EU-Vorgaben sieht sich die Bundesregierung verpflichtet, die bisherigen Regelungen zur Steuerbefreiung abzuändern ? Die Verpflichtung zur Anpassung von § 4 Nummer 21 und 22 UStG ergibt sich aus den Vorgaben des Artikels 132 Absatz 1 Buchstaben i und j der Richtlinie 2006/112/EG des Rates vom 28. November 2006 über das gemeinsame Mehrwertsteuer-System (sog. Mehrwertsteuer-Systemrichtlinie, MwStSystRL) und der hierzu aktuell ergangenen Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Union und des Bundesfinanzhofs.  6. Warum verzichtet die Bundesregierung durch Streichung des § 4 Nummer 22 Buchstabe a UStG auf die bewährte gesetzliche Formulierung „Vorträge, Kurse und anderen Veranstaltungen wissenschaftlicher oder belehrender Art“? Die bisher unter § 4 Nummer 22 Buchstabe a UStG gefassten Befreiungstatbestände sollten nicht entfallen, sondern unter Beachtung der EU-rechtlichen Vorgaben des Artikels 132 Absatz 1 Buchstabe i MwStSystRL in die neu gefassten § 4 Nummer 21 UStG und § 4 Nr. 23 UStG unter Verwendung der EU-rechtlich maßgeblichen Begriffe fortgeführt werden.  7. Wie bewertet die Bundesregierung den Umstand, dass mit der geplanten Bezugnahme auf den Teilnehmerkreis zur steuerlichen Einordnung des Bildungsangebotes eine unzulässige Diskriminierung von bestimmten Gruppen von Bürgern, zum Beispiel aufgrund ihres Alters, vorliegen könnte? Eine solche Diskriminierung sieht die Bundesregierung nicht.  8. Wie bewertet die Bundesregierung die Auswirkungen der geplanten Gesetzesänderung auf die Bildungsangebote zur Förderung der Gesundheit?  9. Wie bewertet die Bundesregierung die Auswirkungen der geplanten Gesetzesänderung auf die Bildungsangebote zur Förderung der Bildung? 10. Wie bewertet die Bundesregierung die Auswirkungen der geplanten Gesetzesänderung auf die Bildungsangebote für Rentner betreffend die Digitalisierung ? 11. Wie bewertet die Bundesregierung die Auswirkungen der geplanten Gesetzesänderung auf die Bildungsangebote für Einkommensschwache vor dem Hintergrund der von der Bundesregierung angestrebten Chancengerechtigkeit und der gesellschaftlichen Teilhabe für alle Bürger? 12. Wie bewertet die Bundesregierung die Auswirkungen der geplanten Gesetzesänderung auf die Träger der öffentlich verantworteten Weiterbildung bzw. der Volkshochschulen insbesondere in Hinblick auf den Verwaltungsmehraufwand ? Die Fragen 8 bis 12 werden zusammen beantwortet. Wie in der Antwort zu den Fragen 1 und 2 bereits ausgeführt, sollte die bisherige Befreiung im EU-rechtlich zulässigen Umfang unverändert fortgeführt werden. Auswirkungen auf die in den Fragen genannten Bildungsangebote hätten sich daher nach Auffassung der Bundesregierung – auch im Hinblick auf einen Verwaltungsmehraufwand – nicht ergeben. Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode – 3 – Drucksache 19/15278 13. Wie bewertet die Bundesregierung die Praktikabilität der künftig erforderlichen Abgrenzung von beruflicher und allgemeiner Weiterbildung bzw. Bildung von Freizeitveranstaltungen, insbesondere hinsichtlich des unbestimmten Rechtsbegriffs der „reinen Freizeitgestaltung“, und die damit einhergehende Rechtsunsicherheit für die Träger der öffentlich verantworteten Weiterbildung bzw. für die Volkshochschulen? Die Abgrenzung zwischen beruflicher und allgemeiner Weiterbildung bzw. umsatzsteuerbefreiten Bildungsleistungen und umsatzsteuerpflichtigen, der reinen Freizeitgestaltung dienenden Leistungen ist keine neue Voraussetzung für die Anwendung der Steuerbefreiungsnorm. Als Ausfluss der ständigen Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Union sind Prüfung und Abgrenzung der maßgeblichen Begrifflichkeiten bereits für den geltenden § 4 Nummer 22 Buchstabe a UStG erforderlich. Die bewährten Grundsätze sollten unverändert fortgeführt werden. 14. Wie bewertet die Bundesregierung den Umstand, dass nach der Gesetzesbegründung künftig differenziert wird zwischen den Volkshochschulen in privatrechtlicher Organisationsform und den Volkhochschulen, welche als juristische Personen öffentlichen Rechts organisiert sind und dabei für den Programmbereich der Volkshochschulen wohl von unterschiedlichen Zielsetzungen ausgegangen wird? Die Unterscheidung der Rechtsformen in § 4 Nummer 21 Buchstabe a UStG war der Umsetzung der EU-rechtlichen Vorgaben des Artikels 132 Absatz 1 Buchstabe i MwStSystRL geschuldet. Die geplante Neufassung des § 4 Nummer 21 UStG bediente sich bewusst allgemeiner Kriterien, die zur Inanspruchnahme der Befreiung unabhängig von der Rechtsform führen sollten. Dadurch wäre sichergestellt worden, dass nach Maßgabe der national umgesetzten unionsrechtlichen Voraussetzungen und der in Betracht kommenden Bildungsangebote für alle Bildungsanbieter die gleichen Anwendungsvoraussetzungen gelten. Auch die vorgesehene Gesetzesbegründung implizierte durch die beispielhafte Nennung der Volkshochschulen keine Unterscheidung beim Umfang der Steuerbefreiung. Drucksache 19/15278 – 4 – Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode Gesamtherstellung: H. Heenemann GmbH & Co. KG, Buch- und Offsetdruckerei, Bessemerstraße 83–91, 12103 Berlin, www.heenemann-druck.de Vertrieb: Bundesanzeiger Verlag GmbH, Postfach 10 05 34, 50445 Köln, Telefon (02 21) 97 66 83 40, Fax (02 21) 97 66 83 44, www.betrifft-gesetze.de ISSN 0722-8333