Antwort der Bundesregierung auf die Kleine Anfrage der Abgeordneten Dr. Marc Jongen, Martin Erwin Renner, Dr. Götz Frömming, Thomas Ehrhorn und der Fraktion der AfD – Drucksache 19/14223 – Entwicklung der Besucherzahlen in den Museen der Stiftung Preußischer Kulturbesitz V o r b e m e r k u n g d e r F r a g e s t e l l e r Im Jahresbericht 2018 (JB 2018) der Stiftung Preußischer Kulturbesitz (SPK) wird mit Blick auf alle Museen der SPK eine Besucherzahl von „rund 3.793.000“ (S. 113) ausgewiesen. Das ist im Vergleich mit 2011 (4.632.000 Besuche) oder auch 2012 (4.459.000 Besuche) ein signifikanter Rückgang (www.preussischer-kulturbesitz.de/jahrespressekonferenzen/article/2013/01/3 0/pressemeldung-jahrespressekonferenz-2013.html). Die SPK verweist in diesem Zusammenhang auf „anhaltende Sanierungen und damit verbundene (Teil-)Schließungen“ (JB 2018, S. 112). „Uns fehlen etwa eine Million Besucher durch geschlossene Häuser“, erklärte der Generaldirektor der Staatlichen Museen bei der Vorstellung des SPK-Jahresberichts 2018 (www.mor genpost.de/kultur/article216874427/Staatsbibliothek-schafft-Gebuehren-ab-un d-oeffnet-laenger.html). Demgegenüber ist festzustellen, dass die Tourismuszahlen für Berlin von rund 7 Mio. im Jahre 2006 auf mehr als 13,5 Mio. Besuchern im Jahre 2018 gestiegen sind, was fast einer Verdoppelung gleichkommt (vgl. www.berlin.de/sen/ wirtschaft/wirtschaft/branchen/tourismus/tourismus-in-zahlen/). Die Museen der SPK konnten davon selbst unter Zugrundlegung der Tatsache, dass wegen Sanierungsarbeiten Häuser geschlossen sind, nicht profitieren. „Alle Ausstellungshäuser der Stiftung [SPK] zusammen“, so konstatierte z. B. die Hamburger Wochenzeitung Die Zeit im Dezember 2018, „– immerhin 19 Stück, breit über die Stadt verteilt – haben im Jahr nicht halb so viele Besucher wie der Louvre in Paris. Hier sind das 3,5 Millionen, dort über acht“ (www.zeit.de/ 2018/52/berliner-museen-stiftung-preussischer-kulturbesitz-besucher-kunstsch aetze). „Nicht vorübergehende Schließungen, sondern übermäßige Eröffnungen “ seien laut der „Zeit“ „das Problem“. Aus Sicht der Fragesteller verweist dieser Artikel auf die berechtigte Frage, warum sich die ambitiösen Großprojekte der SPK nicht auch in entsprechenden steigenden Besucherzahlen niederschlagen. Deutscher Bundestag Drucksache 19/15280 19. Wahlperiode 19.11.2019 Die Antwort wurde namens der Bundesregierung mit Schreiben der Beauftragten der Bundesregierung für Kultur und Medien vom 13. November 2019 übermittelt. Die Drucksache enthält – in kleinerer Schrifttype – den Fragetext. 1. Wie rechtfertigt die Bundesregierung den mit umfangreichen öffentlichen Fördermitteln betriebenen Expansionskurs der Stiftung Preußischer Kulturbesitz (SPK), gerade auch mit Blick auf laufende, geplante oder abgeschlossene Großprojekte (z. B. James-Simon-Galerie, Museum des 20. Jahrhunderts, Pergamonmuseum), mit Blick auf die stagnierenden oder rückläufigen Besucherzahlen in den Museen der SPK (siehe Ausführungen in der Vorbemerkung der Fragesteller)? Entsprechend ihrem Stiftungszweck, „[…] die ihr übertragenen preußischen Kulturgüter für das deutsche Volk zu bewahren, zu pflegen und zu ergänzen, […] den sinnvollen Zusammenhang der Sammlungen zu erhalten und eine Auswertung dieses Kulturbesitzes für die Interessen der Allgemeinheit […] und für den Kulturaustausch zwischen den Völkern zu gewährleisten“ hat die Stiftung Preußischer Kulturbesitz nicht nur den Auftrag, ihre Bestandsgebäude zu erhalten, sondern auch für eine angemessene Präsentation und Zugänglichkeit ihrer Sammlungen zu sorgen. Dies geschieht durch die Sanierung der denkmalgeschützten Bestandsgebäude, aber auch durch sinnvolle Neubauvorhaben. Auf der Museumsinsel Berlin erfüllen die historischen und unter UNESCO- Welterbe-Schutz stehenden Gebäude und Sammlungen aus baulichen und Denkmalschutz-Gründen nicht die Service-Anforderungen an einen modernen Museumsbetrieb. Daher übernimmt die James-Simon-Galerie seit Juli 2019 zentrale Funktionen, wie die barrierefreie Zuwegung ins Pergamonmuseum und ins Neue Museum, sowie große Garderoben, Informations- und Kassenbereiche , sanitäre Anlagen, Gastronomie etc., die dem gesamten Ensemble zu Gute kommen. Das Pergamonmuseum wurde seit Jahrzehnten, insbesondere in der Zeit der ehemaligen DDR, ausstellungstechnisch und baulich nicht mehr ertüchtigt. Um die Substanz des Museums nicht noch weiter zu schädigen, war eine Generalsanierung , die nunmehr im Zuge des Masterplans Museumsinsel erfolgt, geboten . Weil die Nord- und Mittelflügel seit 2012 bzw. 2014 sanierungsbedingt geschlossen sind und die maximale Besucherkapazität aus Sicherheitsgründen auf etwa ein Drittel reduziert werden musste, sind die Besuchszahlen seit dem Jahr 2014 gesunken. Mit der Schließung des Nordflügels ist zudem die größte Sonderausstellungsfläche auf der Museumsinsel, die ebenfalls große Besucherströme anzog, entfallen. Das gleiche gilt für den Pergamonaltar, der zu den größten Schätzen der Museumsinsel Berlin zählt. Bei der Nationalgalerie sind die bestehenden Ausstellungsflächen bei weitem nicht ausreichend, um die bedeutende Sammlung dauerhaft zu zeigen: Gerade mit dem Bezug auf die so einschneidende Geschichte des 20. Jahrhunderts mit der Teilung und Wiedervereinigung Deutschlands gewinnt daher der Erweiterungsbau für die Neue Nationalgalerie an besonderer Bedeutung, zumal mit der Neubauplanung auch bedeutende Privatsammlungen dauerhaft gewonnen werden konnten. Bedingt durch die deutsche Teilung ist der SPK die Neuordnung ihrer Sammlungen und die Sanierung der Museumsinsel erst seit der Wiedervereinigung möglich. Aufgrund der Größe und weltweiten Bedeutung der Sammlungen und der Häuser auf der Museumsinsel sind diese Planungen und Maßnahmen noch nicht abgeschlossen. Drucksache 19/15280 – 2 – Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode 2. Stimmt die Bundesregierung mit Blick auf Frage 1 der Ansicht der Fragesteller zu, dass mit Blick auf die Museen der SPK zwischen den eingesetzten Fördermitteln und dem Ertrag (z. B. mit Blick auf die Besucherzahlen) ein signifikantes Missverhältnis besteht? a) Wenn ja, welche Konsequenzen hat die Bundesregierung aus diesem Befund bisher gezogen? b) Wenn nein, warum sieht die Bundesregierung hier kein Missverhältnis? 3. Wie erklärt sich die Bundesregierung die mit Blick auf die Entwicklung der letzten zehn Jahre stagnierenden bzw. teilweise sogar rückläufigen Besucherzahlen in den Museen der SPK vor dem Hintergrund deutlich gestiegener Tourismuszahlen in Berlin seit 2006 (siehe Vorbemerkungen der Fragesteller)? Hat die Bundesregierung eine Erklärung dafür, warum sich die steigenden Touristenzahlen nicht auch in deutlich steigenden Besucherzahlen in den Museen der SPK niederschlagen? Die Fragen 2 und 3 werden gemeinsam beantwortet. Die Bundesregierung teilt diese Ansicht nicht. Die Erfüllung des Stiftungszwecks lässt sich nicht allein an Besucherzahlen messen. Außerdem liegen die rückläufigen Besuchszahlen der Museen der SPK ursächlich und nachweisbar in den sanierungsbedingten Schließungen und Teilschließungen. Dies betrifft auf der Museumsinsel das Pergamonmuseum sowie am Standort Kulturforum die Neue Nationalgalerie. Die Besuchszahlen der Museen der SPK sind im Jahr 2018 (3,793 Millionen Besucher im Vergleich zum Vorjahr mit 3,525 Millionen. Besucher) sogar erstmals seit zehn Jahren wieder gestiegen. Gründe hierfür sind u. a. ein temporäres neues Museumsgebäude (Pergamonmuseum. Das Panorama) sowie die Nutzung zusätzlicher Ausstellungsflächen im Martin-Gropius-Bau für die Sonderausstellung des Museums für Vor- und Frühgeschichte. Für das Jahr 2019 werden weiterhin steigende Besuchszahlen erwartet. 4. Welche Gründe sieht die Bundesregierung für den Befund, dass sich im weltweiten Ranking der Anzahl der Besucher in Kunstmuseen für die Jahre 2017 und 2018 trotz umfangreicher Investitionen kein einziges Museum der SPK unter den ersten zehn findet, dafür aber allein vier Museen in London (https://de.statista.com/statistik/daten/studie/217825/umfrage/besu cherstaerkste-kunstmuseen-weltweit/)? Bei den im Ranking genannten Museen handelt es sich ausschließlich um einzelne , aber enorm große Museumsgebäude, die mehrere bzw. zahlreiche Sammlungen unter einem Dach vereinen. Die Sammlungen der Staatlichen Museen zu Berlin – Preußischer Kulturbesitz sind – historisch bedingt – in zahlreichen Einzelgebäuden über die Stadt verteilt. Addiert man die Besuchszahlen aller Museumsgebäude der SPK, stehen diese im Ranking weit oben. Vergleicht man zudem andere Universalmuseen nicht nur vor dem Hintergrund der Touristen-, sondern auch der Einwohnerzahlen (Stadt und Umland), zeigt sich, dass die Museen der SPK trotz ihrer räumlichen Trennung gemessen an der Zahl von Einwohnern und Touristen eine sehr hohe Besucherquote haben. Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode – 3 – Drucksache 19/15280 5. Hat die Bundesregierung Kenntnis darüber, inwieweit es seitens der Museen der SPK SWOT-Analysen gibt, gerade auch im Hinblick auf die für Besucher offenbar attraktiveren Museen im europäischen Raum? Wenn ja, welche Erkenntnisse haben diese SWOT-Analysen erbracht? Die Staatlichen Museen zu Berlin arbeiten nach Kenntnis der Bundesregierung intern mit SWOT-Analysen. Damit untersuchen und entwickeln sie jedoch ihre eigenen Angebote und stellen keinen Bezug zu anderen Museen her. Auf die Antwort zu Frage 4 wird verweisen. 6. Hat die Bundesregierung Kenntnis darüber, ob es seitens der SPK Überlegungen dazu gibt, mit welchen Maßnahmen die Besucherzahlen in den Museen der SPK signifikant gesteigert werden können? a) Wenn ja, welcher Art sind diese Maßnahmen? b) Wenn nein, warum nicht? Die Bundesregierung geht davon aus, dass die Besucherzahlen nach Abschluss der großen Sanierungsmaßnahmen wieder weiter steigen werden. 7. Ist nach Kenntnis der Bundesregierung damit zu rechnen, dass mit Blick auf den Betrieb der SPK-Museen das Beispiel des Bode-Museums Schule machen könnte, in dem Teile der Dauerausstellung offenbar aufgrund sinkender Besucherzahlen erst ab 11 Uhr morgens zu besichtigen sind bzw. der Gobelinsaal nur an Wochenenden (www.smb.museum/museen-und-ein richtungen/bode-museum/besuch-planen/oeffnungszeiten.html)? a) Wenn ja, inwieweit stimmt die Bundesregierung in diesem Fall der Prognose der Fragesteller zu, dass die Besucherzahlen sich dann weiter verringern werden? b) Wenn nein, warum rechnet die Bundesregierung nicht damit, dass das Beispiel des Bode-Museums Schule machen wird? Die Öffnungszeiten der einzelnen Häuser der Staatlichen Museen werden individuell aufgrund von Besucheraufkommen und Wirtschaftlichkeitserwägungen der Stiftung festgelegt und sind daher unterschiedlich. Das Bode-Museum wird um 10 Uhr nachweislich noch nicht stark frequentiert. Ein Gegenbeispiel für längere Öffnungszeiten ist u. a. die James-Simon-Galerie, die als zentrales Eingangs- und Servicegebäude der Museumsinsel Berlin bereits um 9.30 Uhr für das Publikum öffnet. 8. Gibt es seitens der Bundesregierung Berechnungen darüber, wie viele Besucher die Museen der SPK verlieren werden, wenn das Humboldt-Forum bei avisiertem freiem Eintritt in die Dauerausstellungen seinen Ausstellungsbetrieb eröffnet? a) Wenn ja, welche Schlussfolgerungen hat die Bundesregierung aus diesen Berechnungen gezogen? b) Wenn nein, warum nicht? Drucksache 19/15280 – 4 – Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode 9. Geht die Bundesregierung vor dem Hintergrund möglicherweise zurückgehender Besucherzahlen aufgrund des avisierten freien Eintritts in die Dauerausstellungen des Humboldt-Forums von einem steigenden Finanzbedarf der Museen der SPK aus (www.tagesspiegel.de/kultur/humboldt-for um-humboldt-kostet-ja-und-nein/24681074.html)? a) Wenn ja, hat die Bundesregierung Kenntnis von Berechnungen seitens der SPK, in welcher Höhe sich dieser Finanzbedarf bewegen wird? b) Wenn nein, warum geht die Bundesregierung davon aus, dass es keinen steigenden Finanzbedarf der Museen der SPK geben wird? Die Fragen 8 und 9 werden gemeinsam beantwortet. Der freie Eintritt in das Humboldt Forum ist ein Modellvorhaben, das während seiner dreijährigen Erprobungszeit kontinuierlich evaluiert werden soll, auch im Hinblick auf seine Effekte auf die benachbarten Häuser der Museumsinsel. Es wird dann zu entscheiden sein, ob und in welchem Umfang das Modellprojekt fortgesetzt wird. Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode – 5 – Drucksache 19/15280 Gesamtherstellung: H. Heenemann GmbH & Co. KG, Buch- und Offsetdruckerei, Bessemerstraße 83–91, 12103 Berlin, www.heenemann-druck.de Vertrieb: Bundesanzeiger Verlag GmbH, Postfach 10 05 34, 50445 Köln, Telefon (02 21) 97 66 83 40, Fax (02 21) 97 66 83 44, www.betrifft-gesetze.de ISSN 0722-8333