Antwort der Bundesregierung auf die Kleine Anfrage der Abgeordneten Daniel Föst, Frank Sitta, Grigorios Aggelidis, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der FDP – Drucksache 19/14657 – Steuerliche Nachteile aufgrund günstiger Vermietung V o r b e m e r k u n g d e r F r a g e s t e l l e r Die Bundesregierung hat sich zum Ziel gesetzt, die „Bezahlbarkeit des Wohnens zu sichern“ (www.bmi.bund.de/SharedDocs/downloads/DE/publikationen/ themen/bauen/wohnen/Wohngeld-und-Mietenbericht-2018.pdf?__blob=public ationFile&v=1, S. 8). Vermieter, die zu besonders günstigen Konditionen vermieten , werden nach Ansicht der Fragesteller durch die aktuelle Gesetzeslage allerdings steuerlich benachteiligt. Ein Vermieter darf Werbungskosten für Investitionen in die Wohnung nur vollständig geltend machen, wenn die Miete mehr als 66 Prozent der ortsüblichen Vergleichsmiete beträgt (§ 21 Absatz 2 des Einkommensteuergesetzes – EStG). Die Finanzämter fordern die Vermieter von günstigen Wohnungen auch auf, die Miete zu erhöhen, wenn sie die Werbungskosten geltend machen wollen (www.br.de/nachrichten/kultur/wie-d as-finanzamt-guenstige-mieten-verhindert,RViDVEc). Das politische Ziel der Bundesregierung, günstigen Wohnraum zu erhalten, wird nach Ansicht der Fragesteller damit durch die aktuelle Rechtslage konterkariert.  1. Ist der Bundesregierung die in der Vorbemerkung der Fragesteller geschilderte Problematik bekannt, d. h. die sich aus § 21 Absatz 2 EStG ergebende steuerrechtliche Konsequenz für Mietpreisentwicklungen?  2. Wie will die Bundesregierung verhindern, dass Vermieter durch § 21 Absatz 2 EStG zu Mieterhöhungen angeregt werden, um keine steuerlichen Nachteile zu erhalten? Die Fragen 1 und 2 werden gemeinsam beantwortet. Die Bundesregierung hat bereits mit verschiedenen Maßnahmen auf die in vielen Regionen steigenden Mieten reagiert, um die Bezahlbarkeit der Wohnraummieten zu sichern. Durch das am 1. Januar 2019 in Kraft getretene Mietrechtsanpassungsgesetz wurden die Regelungen über die sogenannte Mietpreisbremse wirksamer gestaltet. Außerdem wurde der Satz, mit dem die Kosten einer Modernisierung durch Mieterhöhung an den Mieter weitergegeben werden können , deutlich gesenkt und betragsmäßig gekappt. Deutscher Bundestag Drucksache 19/15288 19. Wahlperiode 19.11.2019 Die Antwort wurde namens der Bundesregierung mit Schreiben des Bundesministeriums der Finanzen vom 14. November 2019 übermittelt. Die Drucksache enthält zusätzlich – in kleinerer Schrifttype – den Fragetext. Zur Sicherung der Bezahlbarkeit der Mieten hat die Bundesregierung in diesem Jahr zwei weitere Gesetzentwürfe beschlossen. So soll die Mietpreisbremse um fünf Jahre verlängert und der Rückzahlungsanspruch des Mieters bei einem Verstoß des Vermieters gegen die Mietpreisbremse verbessert werden. Darüber hinaus ist geplant, den Betrachtungszeitraum für die ortsübliche Vergleichsmiete , die in Mietspiegeln abgebildet wird, von bislang vier auf nunmehr sechs Jahre zu verlängern. Dies wird insbesondere in nachfragestarken Mietmärkten zu einer Dämpfung des Mietspreisanstiegs führen. Der Regelung in § 21 Absatz 2 EStG liegen hingegen ausschließlich steuerliche Erwägungen zugrunde. Insbesondere sollen Mitnahmeeffekte, etwa bei Vermietung unter Angehörigen, verhindert werden. Schließlich ist zu bedenken, dass das Steuerrecht nicht ursächlich für die Wohnungsknappheit insbesondere in bestimmten Ballungsgebieten und zahlreichen Universitätsstädten ist. Diese Ursachen können daher auch nicht durch eine Herabsetzung der Grenze für die verbilligte Vermietung in § 21 Absatz 2 EStG beseitigt werden.  3. Wie viele Vermieter haben nach Kenntnis der Bundesregierung im Jahr 2017 die Schwelle von 66 Prozent der ortsüblichen Vergleichsmiete unterschritten und konnten in der Folge Werbungskosten nicht oder nur anteilig geltend machen?  4. Für wie viele Wohnungen wurde nach Kenntnis der Bundesregierung im Jahr 2017 die Schwelle von 66 Prozent der ortsüblichen Vergleichsmiete unterschritten, womit die Vermieter in der Folge Werbungskosten nicht oder nur anteilig geltend machen konnten?  5. In wie vielen Fällen der in den Fragen 3 und 4 genannten Vermieter bzw. Wohnungen handelte es sich nach Kenntnis der Bundesregierung um eine Vermietung an Verwandte (bitte wenn möglich in absoluten Zahlen und in Prozent angeben)?  6. Liegen der Bundesregierung Daten vor, wonach Vermieter, die unter der 66-Prozent-Schwelle vermietet hatten, die Miete in der Folge erhöht haben , um keine steuerlichen Nachteile zu erleiden? Die Fragen 3 bis 6 werden gemeinsam beantwortet. Darüber liegen der Bundesregierung keine Erkenntnisse vor.  7. Aus welchen Gründen liegt der Schwellenwert des § 21 Absatz 2 EStG bei 66 Prozent der ortsüblichen Marktmiete? Die Grenze von 66 Prozent wurde im Steuervereinfachungsgesetz 2011 normiert . Zur Begründung wird auf die Bundesratsdrucksache 54/11 vom 4. Februar 2011 zum Gesetzentwurf eines Steuervereinfachungsgesetzes 2011 verwiesen .  8. Besitzen die Finanzämter nach Auffassung der Bundesregierung einen Ermessensspielraum bei der Anerkennung von Werbungskosten, wenn die Miete unter 66 Prozent der ortsüblichen Vergleichsmiete liegt? Nein. Die gesetzliche Vorschrift sieht keinen Ermessenspielraum vor. Drucksache 19/15288 – 2 – Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode  9. Wie ermitteln die Finanzämter nach Kenntnis der Bundesregierung die ortsübliche Vergleichsmiete in Kommunen, in denen kein gültiger Mietspiegel als Referenz vorliegt? Sind Mietspiegel nicht vorhanden oder nur begrenzt aussagekräftig, kann die Finanzverwaltung eine sog. Vergleichsmiete auf der Basis der bundesdurchschnittlichen Bruttokaltmiete (lt. Mikrozensus) – fortgeschrieben um jährliche Preissteigerungen und regionalisiert um Mietstufen nach § 12 des Wohngeldgesetzes – ermitteln und diesen Wert bei der Prüfung des § 21 Absatz 2 EStG zugrunde legen. Diese Vorgehensweise ist bundeseinheitlich abgestimmt. 10. Dürfen die Finanzämter nach Kenntnis der Bundesregierung in Kommunen , in denen ein gültiger Mietspiegel vorliegt, die ortsübliche Vergleichsmiete auch anderweitig bestimmen, und falls ja, wie? Eine anderweitige Bestimmung ist grundsätzlich nicht möglich. Im Einzelfall kann es jedoch gerechtfertigt sein, vom Mietspiegel abzuweichen, z. B. weil der Mietspiegel keine Miete für vergleichbare Objekte am Belegenheitsort abbildet . Hier können u. a. die Erfahrung der Finanzbeamten, nachvollziehbare Argumente des Steuerpflichtigen oder entsprechende Gutachten von Sachverständigen für die Ermittlung der ortsüblichen Miete herangezogen werden. 11. Teilt die Bundesregierung die Auffassung der Fragesteller, dass durch die aktuelle Regelung des § 21 Absatz 2 EStG das Vermieten von günstigem Wohnraum verhindert wird? Nach der Regelung des § 21 Absatz 2 EStG müssen Vermieterinnen und Vermieter nicht die ortsübliche Miete ansetzen, wenn sie ihre Kosten voll steuerlich absetzen wollen. Solange die Miete mindestens 66 Prozent beträgt, kommt es zu keiner Kürzung der Werbungskosten. Wird diese Grenze nicht erreicht, ist es nicht sachgerecht, wenn der Steuerpflichtige zu Lasten der Allgemeinheit sämtliche Aufwendungen berücksichtigen darf. 12. Beabsichtigt die Bundesregierung, Änderungen am § 21 Absatz 2 EStG vorzunehmen, um die Vermietung von günstigem Wohnraum in Zukunft steuerlich attraktiver zu gestalten? Nein. Ein entsprechender Antrag des Bundesrates zum Entwurf eines Gesetzes zur weiteren steuerlichen Förderung der Elektromobilität und zur Änderung weiterer steuerlicher Vorschriften wurde von der Bundesregierung abgelehnt – vgl. Bundestagsdrucksache 19/13712. Mit einer Herabsetzung der Grenze würde nach Einschätzung der Bundesregierung nicht primär die Wohnsituation für die Allgemeinheit geändert werden, sondern es wären Mitnahmeeffekte (insbesondere bei Wohnraummietverhältnissen unter Angehörigen) zu erwarten. Im Übrigen wird auf die Antwort zu den Fragen 1 und 2 verwiesen. Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode – 3 – Drucksache 19/15288 Gesamtherstellung: H. Heenemann GmbH & Co. KG, Buch- und Offsetdruckerei, Bessemerstraße 83–91, 12103 Berlin, www.heenemann-druck.de Vertrieb: Bundesanzeiger Verlag GmbH, Postfach 10 05 34, 50445 Köln, Telefon (02 21) 97 66 83 40, Fax (02 21) 97 66 83 44, www.betrifft-gesetze.de ISSN 0722-8333