Antwort der Bundesregierung auf die Kleine Anfrage der Abgeordneten Jörn König, Enrico Komning, Jürgen Pohl, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der AfD – Drucksache 19/14722 – Lücken bei Entschädigungen und Rentenberechnungen von Opfern der SED- Diktatur V o r b e m e r k u n g d e r F r a g e s t e l l e r Die Fragesteller begrüßen die im Sommer 2019 vom Deutschen Bundestag beschlossene Entfristung der Rehabilitierungsgesetze von Opfern der SED- Diktatur (Bundestagsdrucksache 19/10817, Entwurf eines Sechsten Gesetzes zur Verbesserung rehabilitierungsrechtlicher Vorschriften für Opfer der politischen Verfolgung in der DDR). Es ist nach Ansicht der Fragesteller sinnvoll, dass Anträge von Betroffenen auch in kommenden Jahren nach den drei Gesetzen zur Rehabilitierung von SED-Unrecht gestellt werden können. Dies betrifft das Strafrechtliche Rehabilitierungsgesetz (StrRehaG), das Verwaltungsrechtliche Rehabilitierungsgesetz (VwRehaG) und das Berufliche Rehabilitierungsgesetz (BerRehaG). Jegliche zeitliche Entfristung für die Entschädigung staatlich verübten Unrechts in der DDR ist nach Auffassung der Fragesteller zu begrüßen. Leider aber werden Opferentschädigungen für durch die SED verübtes Unrecht oftmals auf andere Leistungen angerechnet oder an eine Bedürftigkeit der Betroffenen gekoppelt (www.regierung-mv.de/Landesregierung/im/Zuständigkeiten/-Aufarbeitung- SED-Unrecht/SED-Opferrente/). Dies bedeutet für diese Opfer des DDR- Unrechts eine unzumutbare Härte, und im Ergebnis führt es zu einer Kürzung von Sozialleistungen. Viele Betroffene sind bereits im Rentenalter und benötigen nach Auffassung der Fragesteller einer schnellen Hilfe. Nach 30 Jahren Ende der DDR-Diktatur gibt es Opfer dieses Unrechtssystems, denen bis heute eine ihnen beschiedene Entschädigung versagt wurde. Obwohl betreffende Personen als DDR-Opfer anerkannt sind, warten sie teilweise noch heute auf Entschädigung. Die Landesbeauftragten zur Aufarbeitung der SED-Diktatur und der Folgen der kommunistischen Diktatur forderten am 18. Mai 2019: „Um Gerechtigkeitslücken zu schließen, müssten weitere Opfergruppen berücksichtigt werden, zum Beispiel verfolgte Schülerinnen und Schüler, die oftmals Zeit ihres Lebens ausgegrenzt waren, kein Abitur oder Studium absolvieren durften. Dringend notwendig sind auch Erleichterungen bei der Anerkennung von gesundheitlichen Schäden, die durch politische Verfolgung in der DDR verursacht wurden.“ (www.berlin.de/aufarbeitung/presse/ pressemitteilung.812278.php). Deutscher Bundestag Drucksache 19/15299 19. Wahlperiode 19.11.2019 Die Antwort wurde namens der Bundesregierung mit Schreiben des Bundesministeriums der Justiz und für Verbraucherschutz vom 18. November 2019 übermittelt. Die Drucksache enthält – in kleinerer Schrifttype – den Fragetext. Vorabfassung - wird durch die lektorierte Version ersetzt. Eine Opferrente wird allen, die weniger als sechs Monate inhaftiert waren, verweigert (nach § 17a StRehaG – Opferrente). Dies, obwohl sie als Widerstandskämpfer zweifelsohne in den Strafanstalten des Sozialismus oftmals harten Haftbedingungen ausgesetzt waren. Diejenigen, die länger als sechs Monate aus politischen Gründen eingesperrt waren, bekommen nur bei Bedürftigkeit eine Opferrente (siehe § 17a StrRehaG). Ohne Aussicht auf Entschädigung sind bisher auch die Opfer der Zwangsaussiedlungsmaßnahmen an der ehemaligen innerdeutschen Grenze geblieben. Die bisherigen Petitionen mündeten nicht in Gesetze (www.conservo.wordpress.com/tag/ddr-uebersied ler/). Der mangelhafte Nachteilsausgleich von Opfern des DDR-Systems wirkt sich besonders im Rentenalter aus, da entgangene Rentenansprüche nicht anerkannt wurden (www.vos-ev.de/pressemitteilungen/). Bei Rentenzahlungen wirkt sich dies sehr nachteilig zu Lasten von DDR-Opfern aus (www.bwvbayern .org/comp0nent/content/article/3-suchergebnis/112-heimliche-racheaus -der-ddr-vergangenheit.html). Selbst die Versorgungsanstalt des Bundes und der Länder (VBL) ignoriert nach Auffassung der Fragesteller die berufliche Rehabilitierung, indem sie den rentenrechtlichen Nachteilsausgleich nicht anrechnungsfrei stellt. Als exemplarisches Beispiel sei dabei der Fall einer nunmehr 77-jährigen Frau aus Hannover genannt, die als anerkannte „Verfolgte im Sinne des Beruflichen Rehabilitierungsgesetzes “ bis heute auf eine zusätzliche Entschädigung für erlittenes Unrecht vergeblich wartet. (www.nwzonline.de/politik/niedersachsen/derlange -kampf-um-anerkennung_a_31,1,267475172.html). Der Bundesrat hat am 17. Mai 2019 eine Verbesserung der Situation der Opfer des SED-Unrechts gefordert. Wörtlich ist zu lesen: „Es soll erreicht werden, dass Leistungen aus allen drei SED-Unrechtsbereinigungsgesetzen künftig nicht auf andere Zahlungen angerechnet werden können. Dies soll durch eine Klarstellung auch im Beruflichen Rehabilitierungsgesetz (BerRehaG) umgesetzt werden. Hierzu bedürfe es noch einer Gesetzesanpassung.“ (Bundesrat Bundestagsdrucksache 175/19). Eine weitere Betroffene wandte sich an den Bundesminister der Finanzen Olaf Scholz. In der Antwort vom 28. September 2017 auf ihr Schreiben ist zu lesen : „Sie weisen zu Recht auf eine Gesetzeslücke hin, die tausende ehemalige DDR-Bürger betrifft, da das Rentenüberleitungsgesetz (RÜG), das 1990 in Kraft trat, zu Ihren Ungunsten ausgelegt wurde. Im Sommer 2012 standen wir im Bundestag kurz davor, diese Ungerechtigkeit zu beseitigen. Alle Fraktionen waren sich damals einig, dass der Status quo so nicht beibehalten werden konnte. Leider wendete sich jedoch das zuständige Bundesministerium für Arbeit und Soziales unter der Leitung von Bundesministerin Dr. Ursula von der Leyen gegen den Bundestagsbeschluss und sah keinen Änderungsbedarf“ (www.flucht-und-ausreise.info/dukumente/upload/53269_2017-09-28_Renten betrug_Antwort_Olaf_Scholz_SPD-pdf). Aus einem weiteren Dokument, welches den Fragestellern vorliegt, geht die Auffassung des vormaligen Bundesministers Dr. Norbert Blüm hervor, der in einer Mail feststellte: „Niemand hat seine Fremdrentenansprüche verloren. Das waren Rentenansprüche, für welche die Empfänger keine Beiträge in die westdeutschen Kassen zahlen konnten (z. B. Übersiedler, Flüchtlinge), weil sie diese gar nicht zahlen konnten. Mit der deutschen Einheit fiel dieser Grund weg. Mit dem Stichtag des ersten Staatsvertrags gab es keine neuen Fremdrentenbezieher und keine neuen Ansprüche. Die alten Ansprüche blieben jedoch erhalten.“ ( w w w . f l u c h t - u n d - a u s e i s e . i n f o / d o k u m e n t e / u p l o a d / 95b39_2012-08-15_n.blüm_an_frank_elstner.pdf). Seitdem gehören nach Auffassung der Fragesteller DDR-Flüchtlinge zu den vergessenen Opfern der SED-Diktatur. DDR-Flüchtlinge haben oftmals Leib und Leben riskiert, trotz alledem werden sie bis heute bei der Rentenberechnung benachteiligt, denn in den Rentenberechnungen werden DDR- Flüchtlinge nachträglich wieder zu DDR-Bürgern (www.flucht-und.ausreise.in fo/dokumente/upload/C34c6_2011-07_Freiheitsglocke_seiten_6-7.pdf). Drucksache 19/15299 – 2 – Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode Vorabfassung - wird durch die lektorierte Version ersetzt. Die DDR-Flüchtlinge haben nach Ansicht der Fragesteller nicht nur im Wendejahr 1989, sondern über alle Jahre der Teilung Deutschlands hinweg dazu beigetragen, die Einheit in Freiheit zu vollenden. Die sogenannte Abstimmung mit den Füßen trug entscheidend dazu bei, den Gedanken der Einheit wachzuhalten und 1990 dann tatsächlich zu erreichen (www.flucht-und-ausreise.info/ dokumente/upload/387d0_2019-06-11-Stellungnahme_zu_den_Antrae gen_Friedliche_Revolution.pdf). Auch die Wochenzeitung „Die Zeit“ spricht „von einem rentenpolitischen Skandal“, von dem mehr als 300 000 Bürger betroffen sind, und den „die Verantwortlichen seit Jahren erfolgreich herunterspielen“. Sie nennt den Fall eines Ingenieurs, der heute in Norderstedt bei Hamburg lebt und sich im Nachhinein für seinen „Mut bestraft“ fühlt (www.zeit.de/2012/29/Wende-DDR-Buerger- Rente/komplettansicht). Selbst eine moralische Ehrung der DDR-Opfer durch die Errichtung eines zentralen Mahnmales für die Opfer der SED-Diktatur ist bisher in Deutschland gescheitert. In Prag, Budapest, Bukarest, Tallin und sogar in Moskau sowie in vielen anderen mittel- und osteuropäischen Hauptstädten gibt es zentrale Mahnmale für die Opfer linksextremer Diktaturen (www.welt.de/geschich te/article115003160/Brauchen-wir-ein-Mahnmal-fuer-Kommunismus-Op fer.html/). Der rumänische Staatspräsident Klaus Johannis hat im Juni 2018 in Bukarest eine große Anzahl von Personen mit Orden geehrt, die unter dem Kommunismus gelitten haben. Entsprechende Ehrungen und Ordensverleihungen wären nach Ansicht der Fragesteller anlässlich des 30. Jahrestages der friedlichen Revolution und der Deutschen Einheit angemessen (www.uokg.de/wp-con tent/uploads/2018/12/20180600_Stacheldraht_6-2018.pdf). Erfreulich ist nach Auffassung der Fragesteller die Berufung einer 22- köpfigen Kommission durch die Bundesregierung unter dem Motto „30 Jahre friedliche Revolution und Deutsche Einheit“. Diese Entscheidung wird nach Ansicht der Fragesteller dadurch geschmälert, dass sich in der Kommission kein einziges Opfer des DDR-Regimes und der Sowjetischen Besatzungszone (SBZ) befindet (www.deutschlandfunk.de/30-jahre-mauerfall-umstrittenesfestkomitee .862.de.html?dram:articl_id=450731). Auf Unverständnis unter DDR-Opfern stößt auch, dass Vorsitzender dieser Kommission Ministerpräsident a. D. Matthias Platzeck ist, der sich als Volkskammerabgeordneter der Abstimmung über die Deutsche Einheit bewusst entzogen hat (www.welt.de/debatte/kommentare/article191190855/Deutsche- Einheit-Muss-es-ausgerechnet-Matthias-Platzeck-sein.html). 1. Welche Maßnahmen beabsichtigt die Bundesregierung zu beschließen, um die vom Bundesrat geforderte Gesetzesanpassung endlich umzusetzen? Wann ist mit einer entsprechenden Gesetzesinitiative zu rechnen? Mit Blick auf die Ausführungen in der Vorbemerkung zu den Fragen versteht die Bundesregierung die Frage folgendermaßen: Gefragt wird, welche Maßnahmen die Bundesregierung beabsichtigt zu beschließen, um auch im Beruflichen Rehabilitierungsgesetz (BerRehaG) klarzustellen, dass Leistungen künftig nicht auf andere Zahlungen angerechnet werden können. Nach Kenntnis der Bundesregierung hat der Bundesrat über den Antrag des Landes Niedersachsen vom 11. April 2019 (Bundesratsdrucksache 175/19) noch nicht beschlossen. Das BerRehaG enthält bereits Regelungen zur Anrechnungsfreiheit. So sieht § 9 Absatz 1 BerRehaG vor, dass Ausgleichsleistungen nach § 8 BerRehaG nicht bei Sozialleistungen, deren Gewährung von Einkommen abhängig ist, als Einkommen angerechnet werden. Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode – 3 – Drucksache 19/15299 Vorabfassung - wird durch die lektorierte Version ersetzt. 2. Beabsichtigt die Bundesregierung, den sich nach 30 Jahren Mauerfall nun bereits in einem hohen Alter befindlichen Opfern der SED-Diktatur durch schnelles Handeln die ihnen zustehende Entschädigung vor ihrem Ableben noch zu gewähren? Am 24. Oktober 2019 hat der Deutsche Bundestag ein von der Bundesregierung auf den Weg gebrachtes Gesetz zur Verbesserung rehabilitierungsrechtlicher Vorschriften für Opfer der politischen Verfolgung in der ehemaligen DDR und zur Änderung des Adoptionsvermittlungsgesetzes beschlossen, mit dem folgende Nachbesserungen an den Rehabilitierungsgesetzen (Strafrechtliches Rehabilitierungsgesetz (StrRehaG), Verwaltungsrechtliches Rehabilitierungsgesetz (VwRehaG) und BerRehaG) vorgenommen werden: Es werden sämtliche Antragsfristen gestrichen, die derzeit für Anträge auf Rehabilitierung und auf bestimmte Leistungen vorgesehen sind. Zur Erleichterung der strafrechtlichen Rehabilitierung von DDR Heimkindern werden zwei widerlegbare Vermutungen eingeführt, dass die Anordnung der Unterbringung in einem Heim der politischen Verfolgung oder sonst sachfremden Zwecken gedient hat: Nämlich dann, wenn eine Einweisung in ein Spezialheim oder eine vergleichbare Einrichtung erfolgte oder gleichzeitig mit der Unterbringung für rechtsstaatswidrig erklärte freiheitsentziehende Maßnahmen gegen die Eltern oder einen Elternteil vollstreckt wurden. Für eine bestimmte Gruppe von DDR-Heimkindern wird ein zusätzlicher Anspruch auf Unterstützungsleistungen begründet (§ 18 Absatz 4 StrRehaG). Die besondere Zuwendung für Haftopfer (sog. Opferrente) nach § 17a StrReha G und die Ausgleichsleistungen nach § 8 BerRehaG werden um jeweils etwa 30 Euro erhöht. Zudem wird eine turnusmäßige Überprüfung ihrer Höhe eingeführt . Die Mindestdauer der Freiheitsentziehung für die Inanspruchnahme der Opferrente wird von 180 auf 90 Tage herabgesenkt. Es wird ein Anspruch für Opfer von Zersetzungsmaßnahmen auf einmalige Leistungen in Höhe von 1 500 Euro eingeführt. Die anerkannten verfolgten Schülerinnen und Schüler erhalten Zugang zu Ausgleichsleistungen nach § 8 BerRehaG. Der Bundesrat hat dem Gesetz am 8. November 2019 zugestimmt. 3. Warum wurde nach Ansicht der Fragesteller rückwirkend in die Rentenberechnungen von DDR-Flüchtlingen eingegriffen, und mit welchem Gesetz wurden die betreffenden Festlegungen aus dem Gesetz zum Vertrag vom 18. Mai 1990 aufgehoben? Warum werden nach Ansicht der Fragesteller ehemaligen DDR- Flüchtlinge bis heute die Renten gekürzt? Die Frage wird so verstanden, dass sie die Abschaffung der Regelungen im Fremdrentengesetz (FRG) für in der DDR zurückgelegte Versicherungszeiten zum 1. Januar 1992 betrifft. Seitdem werden die DDR-Zeiten einheitlich nach dem in ganz Deutschland geltenden Sechsten Buch Sozialgesetzbuch (SGB VI) bewertet. Die Streichung der entsprechenden Regelungen im FRG und die Einfügung neuer Regelungen in das SGB VI erfolgten mit dem Renten- Überleitungsgesetz (RÜG) vom 25. Juli 1991 (BGBl. I S. 1606). Dabei wurde nicht „rückwirkend in die Rentenberechnungen von DDR-Flüchtlingen eingegriffen “ bzw. wurden nicht „Renten gekürzt“. Zu diesem Zeitpunkt bereits laufende Renten waren von den Rechtsänderungen nicht betroffen. Im Übrigen Drucksache 19/15299 – 4 – Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode Vorabfassung - wird durch die lektorierte Version ersetzt. wird auf die Antwort der Bundesregierung in der 16. Legislaturperiode auf die Kleine Anfrage der Fraktion der FDP auf Bundestagsdrucksache 16/5571 verwiesen . 4. Welche Maßnahmen beabsichtigt die Bundesregierung zu beschließen, um die rechtlich nicht legitimierte Schlechterstellung der DDR-Flüchtlinge zu beenden und diese Gerechtigkeitslücke zu schließen? Eine „rechtlich nicht legitimierte Schlechterstellung der DDR-Flüchtlinge“ besteht nicht. 5. Existieren Planungen der Bundesregierung, im Zentrum der Hauptstadt Berlin ein Mahnmal für die Opfer der SED-Diktatur zu errichten? a) Wenn ja, bis wann ist mit einer Umsetzung dieser Maßnahme zu rechnen ? b) Wenn nein, warum erachtet die Bundesregierung es für unnötig, ein solches Mahnmal zu errichten? Die Bundesregierung hat Überlegungen für ein Denkmal aufgenommen. Die Erfahrung mit ähnlich gelagerten Vorhaben in der Vergangenheit hat jedoch gezeigt , dass es zur weiteren Ausgestaltung eines solchen Projekts zunächst des transparenten Austauschs über Aussagen und Gestaltungsoptionen bedarf. In diesen Austausch müssen Betroffene, Zeitzeuginnen und Zeitzeugen, gesellschaftliche Gruppen und der Deutsche Bundestag eingebunden werden. Über die Errichtung eines Denkmals hat dann zu gegebener Zeit der Deutsche Bundestag – wie bei vergleichbaren Denkmalen auch – zu entscheiden. 6. Beabsichtigt die Bundesregierung, in die Kommission „30 Jahre friedliche Revolution und Deutsche Einheit“ nachträglich einen aktiven Widerstandskämpfer gegen die SED-Diktatur zu berufen? a) Wenn ja, wann erfolgt dies? b) Wenn nein, aus welchen Gründen erfolgt dies nicht? Die Bundesregierung hat mit Kabinettbeschluss vom 3. April 2019 22 Kommissionsmitglieder berufen. Weitere Berufungen sind nicht geplant. 7. Warum wurden die Haushaltsmittel für die Feierlichkeiten „30 Jahre friedliche Revolution und Deutsche Einheit“ erst nachträglich beantragt und nicht frühzeitig in die Haushaltsplanungen eingestellt? Die Jahrestage der „Friedlichen Revolution“ und der „Deutschen Einheit“ werden durch die Bundesregierung stets durch Feierlichkeiten in Form von Festakten an den jeweiligen Gedenktagen gewürdigt. Die hierfür üblicherweise erforderlichen Mittel sind im Haushalt des Bundesministeriums des Innern, für Bau und Heimat (BMI) regulär vorgesehen, so auch für das Jahr 2019. Erweiterte Planungen, verbunden mit zusätzlichen Ausgaben, für das Jubiläumsjahr wurden zu Anfang des Jahres 2019 konkret. BMI wurde federführend mit der Vorbereitung des Kabinettbeschlusses betraut, der als Anlage das Konzept zur Durchführung der Feierlichkeiten „30 Jahre Friedliche Revolution und Deutsche Einheit“ enthält. Der Kabinettbeschluss erfolgte am 3. April 2019. Dementsprechend konnten keine Mittel zur Umsetzung des o. g. Konzepts im Einzelplan 06 für das Haushaltsjahr 2019 veranschlagt werden, der vom Haushalts- Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode – 5 – Drucksache 19/15299 Vorabfassung - wird durch die lektorierte Version ersetzt. gesetzgeber im November 2018 verabschiedet worden ist. Daher waren Anträge auf überplanmäßige Ausgaben bzw. außerplanmäßige Verpflichtungsermächtigungen erforderlich. 8. Plant die Bundesregierung anlässlich des 30. Jahrestages der friedlichen Revolution in der DDR oder zum 30. Jahrestag der deutschen Einheit Ehrungen für und die Verleihung von Orden an Opfer der DDR-Diktatur? Der Deutsche Bundestag hat bereits am 17. Juni 1992 eine Ehrenerklärung für die Opfer der kommunistischen Gewaltherrschaft abgegeben (Bundestagsdrucksache 12/2820, Seite 4). Damit würdigt der Deutsche Bundestag das schwere Schicksal der Opfer und ihrer Angehörigen, denen durch die kommunistische Gewaltherrschaft Unrecht zugefügt wurde. 9. Beabsichtigt die Bundesregierung, Gerechtigkeitslücken in der Entschädigung von DDR-Opfern zu schließen, beispielsweise bei verfolgten Schülerinnen und Schülern? Wenn ja, in welchem Umfang? Es wird auf die Antwort zu Frage 4 verwiesen. 10. Nimmt sich die Bundesregierung sich nach fast 30 Jahren Deutsche Einheit des Themas der Entschädigung von Zwangsumgesiedelten aus dem DDR-Sperrgebiet an? a) Wenn ja, in welcher Weise? b) Wenn nein, warum nicht? Das Schicksal der von Zwangsaussiedlungen Betroffenen wird ausdrücklich durch das VwRehaG anerkannt. Es ist ein zentrales Anliegen des VwRehaG, die Zwangsausgesiedelten für das ihnen zugefügte Unrecht des DDR-Regimes zu rehabilitieren. Das VwRehaG bestimmt ausdrücklich, dass Zwangsaussiedlungen aus dem Grenzgebiet der früheren Deutschen Demokratischen Republik auf der Grundlage der Verordnung über Maßnahmen an der Demarkationslinie zwischen der Deutschen Demokratischen Republik und den westlichen Besatzungszonen Deutschlands vom 26. Mai 1952 (GBl. Nr. 65 S. 405) oder der Verordnung über Aufenthaltsbeschränkung vom 24. August 1961 (GBl. II Nr. 55 S. 343) mit tragenden Grundsätzen eines Rechtsstaats schlechthin unvereinbar sind (§ 1 Absatz 3 VwRehaG). Diese unwiderlegbare gesetzliche Vermutung wird auch auf die mit den Zwangsaussiedlungen verbundenen Eingriffe in Vermögenswerte ausgedehnt. Steht fest, dass eine Zwangsaussiedlung im Sinne des VwRehaG vorliegt, so muss die Rehabilitierungsbehörde keine weiteren Feststellungen zur Rechtsstaatswidrigkeit mehr treffen. Nach der Aufhebung der Maßnahmen richtet sich die Rückübertragung oder Rückgabe entzogener Vermögenswerte beziehungsweise die Entschädigung nach dem Vermögensgesetz , dem Investitionsvorranggesetz und dem Entschädigungsgesetz. Geht die Zwangsaussiedlung mit einer beruflichen Benachteiligung einher, können die Zwangsausgesiedelten bereits nach derzeitigem Recht monatliche Ausgleichsleistungen und einen Ausgleich im Rentenrecht nach den Regelungen des Ber- RehaG erhalten. Hat die Zwangsaussiedlung zu einem gesundheitlichen Schaden geführt, erhalten die Betroffenen Zugang zu den Leistungen nach dem Bundesversorgungsgesetz, das unter anderem auch eine monatliche Gewährung vorsieht. Drucksache 19/15299 – 6 – Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode Vorabfassung - wird durch die lektorierte Version ersetzt. 11. Beabsichtigt die Bundesregierung, ähnlich wie bei NS-Opfern, zukünftig die DDR-Opferrenten ohne Bedürftigkeitsprüfung zu gewähren? a) Wenn ja, wann erfolgt dies? b) Wenn nein, mit welcher Begründung erfolgt dies nicht? Bei Einführung der Opferrente (§ 17a StrRehaG) im Jahr 2007 hat der Gesetzgeber berücksichtigt, dass sich eine regelmäßige monatliche Zuwendung in das System der übrigen Rehabilitierungs- und Entschädigungsregelungen einfügen muss. Eine monatliche Pauschalleistung wurde nicht befürwortet, weil sie innerhalb des Rehabilitierungsrechts im Vergleich zu den anderen existierenden Entschädigungsformen für Opfer der SED-Diktatur (z. B. Kapitalentschädigung für Haftzeiten, Beschädigtenversorgung, Ausgleichsleistungen, Nachteilsausgleich in der Rentenversicherung) unverhältnismäßig wäre. Der Deutsche Bundestag hat die Leistung daher ganz bewusst nicht nur nach Höhe, sondern auch nach Anspruchsvoraussetzungen – Mindesthaftdauer sowie wirtschaftliche Bedürftigkeit – begrenzt. Dabei ist auch zu berücksichtigen, dass sich die Mehrzahl der Leistungsempfängerinnen und Leistungsempfänger nach § 17a StrRehaG bereits im Rentenalter befindet. Dieser Personenkreis wird dadurch privilegiert, dass Renten und vergleichbare Leistungen bei der Berechnung der Einkommensgrenze zur Feststellung der wirtschaftlichen Bedürftigkeit unberücksichtigt bleiben und etwaige Rentenerhöhungen den Berechtigten voll zugutekommen. Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode – 7 – Drucksache 19/15299 Vorabfassung - wird durch die lektorierte Version ersetzt. Gesamtherstellung: H. Heenemann GmbH & Co. KG, Buch- und Offsetdruckerei, Bessemerstraße 83–91, 12103 Berlin, www.heenemann-druck.de Vertrieb: Bundesanzeiger Verlag GmbH, Postfach 10 05 34, 50445 Köln, Telefon (02 21) 97 66 83 40, Fax (02 21) 97 66 83 44, www.betrifft-gesetze.de ISSN 0722-8333 Vorabfassung - wird durch die lektorierte Version ersetzt.