Antwort der Bundesregierung auf die Kleine Anfrage der Abgeordneten Steffi Lemke, Uwe Kekeritz, Stephan Kühn (Dresden), weiterer Abgeordneter und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Drucksache 19/14737 – Internationale Waldzerstörung durch Importe nach Deutschland V o r b e m e r k u n g d e r F r a g e s t e l l e r 337 Millionen Hektar Wald wurden nach Angaben von Global Forest Watch allein zwischen 2001 und 2017 zerstört (Global Forest Watch; via www.global forestwatch.org/dashboards/global). Der UN-Weltbiodiversitätsrat (IPBES) schätzt die Vernichtung von 135 Millionen Hektar artenreichem Tropenwald zwischen 1980 und 2015 als irreversibel ein (IPBES, 2019; via www.ip bes.net/system/tdf/spm_global_unedited_advance.pdf?file=1&type=no de&id=35245). Auch im Jahr 2018 wurden 12 Millionen Hektar Tropenwälder abgeholzt, davon 3,6 Millionen Hektar unwiederbringlicher primärer Tropenwald – eine Fläche so groß wie Belgien. Schwerpunkte waren Brasilien, die DR Kongo und Indonesien (Global Forest Watch, 2019; via www.blog.global forestwatch.org/data-and-research/world-lost-belgium-sized-area-of-primaryrainforests -last-year). Soterroni et al. (2019) kommen zu dem Schluss, dass zusätzlich zum Sojamoratorium auf frisch gerodetem Regenwald, seit 2006 bestehend, nur ein Anbaumoratorium für Soja, dessen Importziel schwerpunktmäßig die EU ist, im brasilianischen Cerrado-Savannenwald, einem der wichtigsten weltweiten Hotspots der Biodiversität, den Verlust von 3.6 Millionen Hektar primärer Vegetation bis 2050 verhindern kann (via www.advan ces.sciencemag.org/content/5/7/eaav7336). Denn als Hauptursachen für Tropenwaldzerstörung und das dramatische globale Artensterben benennt der IP- BES (2019) vor allem Landnutzungsänderungen, die Umwandlung von Waldflächen in landwirtschaftliche Flächen. So geht fast die Hälfte der zwischen 1980 und 2000 abgeholzten Tropenwälder auf Rinderzucht in Südamerika und die Palmölproduktion in Südostasien zurück (ebd.). Daran haben auch Deutschland und die EU einen Anteil: Eine Studie des Forests and the European Union Resource Network (FERN) kommt zu dem Schluss, dass zwischen 2000 und 2012 circa 2,4 Mio. Hektar Wald illegal abgeholzt wurden, um die Staaten der EU mit Rindfleisch, Leder, Soja und Palmöl zu versorgen (FERN, 2015; via www.fern.org/fileadmin/ uploads/fern/Documents/fern_summary_german_0.pdf). Auch die Holz- und Papierindustrie importiert brasilianisches Holz nach Deutschland (Robin Wood, 2010 via www.robinwood.de/fileadmin/Redaktion/Dokumente/Maga zin/2010-1/104-24-33-spezI-wo-unser-papier-waechst.pdf). Damit ist fast ein Deutscher Bundestag Drucksache 19/15348 19. Wahlperiode 21.11.2019 Die Antwort wurde namens der Bundesregierung mit Schreiben des Bundesministeriums für Ernährung und Landwirtschaft vom 19. November 2019 übermittelt. Die Drucksache enthält – in kleinerer Schrifttype – den Fragetext. Vorabfassung - wird durch die lektorierte Version ersetzt. Viertel der Agrarrohstoffe aus illegalen Rodungen für die EU bestimmt, Deutschland ist darunter einer der größten Abnehmer (FERN, 2015). Die Bundesregierung hat sich im Rahmen der New Yorker Walderklärung (2014) und der Amsterdam-Erklärung (2015) dazu verpflichtet, bis 2020 entwaldungsfreie Lieferketten in Zusammenarbeit mit den Importeuren durchzusetzen (vgl. z. B. BMEL; www.bmel.de/DE/Wald-Fischerei/Waldpolitik/_texte/ entwaldungsfreie-Lieferketten.html). Auch will die Bundesregierung bis 2020 die Abholzung von Naturwäldern bis 2020 halbieren und bis 2030 aufhalten (NY Declaration on Forests; via www.undp.org/content/dam/undp/library/ Environment%20and%20Energy/Forests/New%20York%20Declarati on%20on%20Forests_DAA.pdf). 1. Welche Kenntnisse liegen der Bundesregierung zu Naturzerstörung, insbesondere Waldzerstörung, durch Importe von Produkten nach Deutschland vor? Wie stellt die Bundesregierung sicher, dass durch Agrar-, Holz- und Bergbauprodukte , die in die Bundesrepublik Deutschland importiert werden, keine wertvollen Naturflächen, wie Waldflächen, zerstört werden? 2. Wie hat sich der Verlust von Primärwald weltweit nach Kenntnis der Bundesregierung in den letzten zehn Jahren entwickelt, und welches waren die Hauptgründe für Entwaldung? 3. Wie hat sich die Naturzerstörung, insbesondere Waldzerstörung, an der Produktimporte nach Deutschland Anteil haben, nach Kenntnis der Bundesregierung in den letzten zehn Jahren entwickelt, und von welcher Entwicklung geht die Bundesregierung in Zukunft aus? Die Fragen 1 bis 3 werden zusammen beantwortet. Die Situation der Wälder weltweit, einschließlich der Entwicklungstrends sowie Einfluss der Importe von Agrarprodukten in die Europäische Union (EU), sowie die Maßnahmen der Bundesregierung zu ihrer Erhaltung sind umfassend im Waldbericht der Bundesregierung aus dem Jahr 2017 darlegt (www.bmel.de/DE/Wald-Fischerei/Forst-Holzwirtschaft/_texte/Waldbe richt2017.html;nn=1890222). Als sicher kann angesehen werden, dass es bis heute trotz erster Fortschritte nicht gelungen ist, die fortschreitende Zerstörung der Wälder in vielen Teilen der Erde aufzuhalten. Zwar hat sich die Geschwindigkeit der Entwaldung global gesehen verlangsamt, die Waldfläche weltweit nimmt aber weiter kontinuierlich ab. Dabei ist besonders besorgniserregend, dass der Verlust an Naturwäldern , laut Entwicklungsbericht der New Yorker Walderklärung 2019, sich sogar noch beschleunigt und seit 2014 um 44 Prozent zugenommen hat. 4. Welche Maßnahmen und Initiativen hat die Bundesregierung zur Eindämmung der Waldzerstörung durch Produktimporte nach Deutschland und die EU ergriffen, und seit wann? a) Welche konkreten Fortschritte wurden dabei nach Auffassung der Bundesregierung bereits erzielt? b) Welche Schwerpunkte und Maßnahmen plant die Bundesregierung für die Zukunft? c) Welches Zertifizierungssystem für importierte Produkte kann nach Auffassung der Bundesregierung Waldzerstörung in der Produktionskette des Produktes für Verbraucherinnen und Verbraucher ausschließen? Drucksache 19/15348 – 2 – Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode Vorabfassung - wird durch die lektorierte Version ersetzt. 5. Durch welche konkreten Maßnahmen wird die Bundesregierung entsprechend ihrer internationalen Verpflichtungen bis zum Jahr 2020 entwaldungsfreie Lieferketten u. a. bei Agrarrohstoffen sicherstellen? 6. Durch welche Überprüfungsmechanismen will die Bundesregierung sicherstellen , dass für die importierten Rohstoffe tatsächlich kein Wald zerstört wurde, auch in Hinblick auf die Wirksamkeitsdefizite bei bestehenden Mechanismen , wie z. B. der RSPO-Zertifizierung (Roundtable on Sustainable Palm Oil) bei Palmöl? Die Fragen 4 bis 6 werden zusammen beantwortet. Maßnahmen und Initiativen der Bundesregierung zur Beendigung der Waldzerstörungen , die durch die weltweite Nachfrage nach Agrarprodukten ausgelöst werden, sind wichtiger Bestandteil der Wald-, Klima- und Entwicklungspolitik der Bundesregierung. Die Bundesregierung fördert vor diesem Hintergrund Multi-Akteursplattformen und privatwirtschaftliche Initiativen zu Soja, Palmöl, Kaffee und Kakao und hat ihre Zusammenarbeit mit der Privatwirtschaft zum Aufbau „entwaldungsfreier Lieferketten“, also solcher, die nachgewiesenermaßen keine Entwaldung induzieren , in den letzten Jahren massiv verstärkt. Ziel ist es, einerseits den Konsum von nachhaltig produzierten Agrarprodukten in Deutschland zu fördern und andererseits dem landwirtschaftlichen Sektor in Partnerländern mehr Anreize zum Walderhalt zu setzen und eine walderhaltende, nachhaltigere Flächennutzung zu fördern. Dies wird ergänzt durch entwicklungspolitische Maßnahmen in ausgesuchten Lieferländern. Im Waldaktionsplan „EINEWELT braucht Wald“ des Bundesministeriums für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (BMZ) gehört dieses Aktionsfeld zu den prioritären Maßnahmen. Auch in Kooperation mit anderen ambitionierten Regierungen auf europäischer und internationaler Ebene setzt sich die Bundesregierung für diese Ziele ein. So gehört sie zu den 200 Unterzeichnern der New Yorker Walderklärung von 2014, im Rahmen derer sich Regierungen, Unternehmen sowie zivilgesellschaftliche und indigene Organisationen für die Beendigung der Naturwaldzerstörung und den Wiederaufbau von 350 Mio. ha Wald bis 2030 einsetzen. Die Umsetzung des begleitenden Maßnahmenprogramms wird u. a. über Projekte der Internationalen Klimaschutzinitiative des Bundesumweltministeriums gefördert . Seit Dezember 2015 haben sich Deutschland, die Niederlande, Großbritannien, Dänemark, Norwegen, Frankreich und Italien zudem in der sogenannten „Amsterdam-Partnerschaft“ als Vordenker zum Thema „entwaldungsfreie Lieferketten “ zusammengeschlossen und fördern grenzüberschreitende Initiativen insbesondere zu Palmöl, Kakao und Soja sowie den Wissensaustausch zwischen ihnen. Jährliche Statusberichte über die Aktivitäten der Partnerschaft, die Maßnahmen und Initiativen der Signatare sowie Veranstaltungen der Partnerschaft werden öffentlich bekannt gegeben (www.ad-partnership.org). Zudem ist Deutschland seit 2019 Mitglied der öffentlich-privaten Tropischen Waldallianz (TFA), einer globalen Partnerschaft von Regierungen, Unternehmen und Zivilgesellschaft. Diese ist beim World Economic Forum angesiedelt und setzt sich für entwaldungsfreie Lieferketten im Dialog mit Unternehmen und großen Abnehmerländern wie China ein. Nach mehrfachem Drängen der Mitglieder der Amsterdam-Partnerschaft hat die EU Kommission am 23. Juli 2019 die Mitteilung „Intensivierung der EU Maßnahmen zum Schutz und zur Wiederherstellung der Wälder in der Welt“ vorgelegt. Die EU-Kommission folgt darin im Wesentlichen der Vorarbeit der Amsterdam-Partnerschaft und schlägt konkrete Maßnahmen sowohl der Mitgliedstaaten wie auch der Kommission selbst vor. Damit soll künftig auch die Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode – 3 – Drucksache 19/15348 Vorabfassung - wird durch die lektorierte Version ersetzt. gesamte EU ihrer Verantwortung gerecht werden, Wege zur Vermeidung so genannter „importierter“ Waldzerstörungen zu beschreiten. Aufgrund der Bedeutung der EU und ihres gesamten Binnenmarktes weist die Bundesregierung der Mitteilung und ihrer Umsetzung eine hohe Bedeutung zu. Die Bundesregierung setzt sich auf EU-Ebene für stringente Maßnahmen zur Umsetzung der Mitteilung unter der neuen EU-Kommission, einschließlich konkreter Aktionen zur Förderung entwaldungsfreier Agrarproduktion in den Erzeugerländern, ein. Maßnahmen zur Förderung nachhaltiger, entwaldungsfreier Lieferketten sollen dabei mit – im partnerschaftlichen Dialog erarbeiteten – zusätzlichen Maßnahmen für Waldschutz und Wiederherstellung von Wäldern in den Produzentenländern komplementiert werden. Dabei sollen die Auswirkungen auf die biologische Vielfalt und die Klimaleistung der Wälder sowie auf die Lebensbedingungen der von den Waldressourcen abhängenden lokalen Gemeinschaften besonders berücksichtigt werden. Ziel der Amsterdam Erklärungen ist unter anderem, dass in Deutschland bis zum Jahr 2020 Palmöl zu 100 Prozent aus nachhaltiger Produktion bezogen wird. Zur Erfüllung dieses Ziels setzt die Bundesregierung auf freiwillige Selbstverpflichtungen der Unternehmen, eine differenzierte Öffentlichkeitsarbeit , die nachhaltige Ausrichtung der öffentlichen Beschaffung sowie auf Initiativen wie das Forum Nachhaltiges Palmöl (FONAP). Das FONAP ist eine Multi-Stakeholder-Initiative unter Mitwirkung des Bundesministeriums für Ernährung und Landwirtschaft (BMEL), Palmöl-nutzenden Unternehmen, Nichtregierungsorganisationen und Verbänden. Mit dem FONAP wird aktiv die steigende Abnahme von zertifiziertem Palmöl gefördert und die gemeinsame Verantwortung aller Lieferkettenakteure und Produzenten für die Erreichung der SDGs betont. Die Bundesregierung erwartet von den Palmöl-nutzenden Unternehmen in Deutschland, dass diese ein durch das Forum Nachhaltiges Palmöl anerkanntes Zertifizierungssystem (Round Table for Sustainable Palm Oil (RSPO), International Sustainability and Carbon Certification (ISCC), Rainforest Alliance oder Round Table of Sustainable Biomaterials (RSB)) nutzen. Seit Beginn der Arbeit des FONAP im Jahr 2013 ist ein kontinuierlicher Anstieg des Anteils an zertifiziertem Palmöl, das in Deutschland verwendet wird, zu verzeichnen (Details siehe Meo Carbon Solutions, 2018). Darüber hinaus hat sich die Bundesregierung über das FONAP in den Überarbeitungsprozess der Prinzipien und Kriterien des RSPO, der im Jahr 2017/2018 stattgefunden hat, eingebracht. Hier konnten wesentliche FONAP-Forderungen erfolgreich in den überarbeiteten Standard eingebracht werden. Die Bundesregierung legt bei den anerkannten freiwilligen Zertifizierungssystemen Wert auf die Verankerung von Waldschutzkonzepten. Konkret wird dies z. B. durch das Konzept des Schutzes von Flächen mit hohen ökologischen und sozio-kulturellen Werten eingefordert. Dieses besagt, dass z. B. biodiversitätsreiche Primärwälder und andere schützenswerte Flächen erhalten und entsprechend gemanagt werden müssen (engl. High Conservation Value Concept). Zudem legen Standardsysteme wie z. B. der RSPO Daten fest, ab wann schützenswerte Flächen nicht mehr in eine Forst-fremde Nutzung umgewandelt werden dürfen, sogenannte Cut-Off Dates. Im Falle des RSPO ist dies 2005. Während der letzten Überarbeitung des RSPO-Standards 2018 wurden einige weitere Verbesserungen zum Waldschutz eingeführt. Diese betreffen insbesondere die Berücksichtigung der Anforderungen eines weiteren Ansatzes, der das Ziel der nachweisbaren Vermeidung von Waldverlust basierend auf dem Kohlenstoffgehalt der Fläche verfolgt: dem High Carbon Stock Approach (HCSA). Nach Vorgaben des HCSA darf in fragmentierten tropischen Waldlandschaften nur bereits degradiertes, offenes Land und Buschland zur Anlage neuer Ölpalmplantagen umgewandelt werden. Für dicht bewaldete Landschaften bzw. Länder werden von HCSA und RSPO in den kommen- Drucksache 19/15348 – 4 – Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode Vorabfassung - wird durch die lektorierte Version ersetzt. den zwei Jahren gemeinsam spezifische Regeln für die Möglichkeiten regionaler Entwicklung vor allem zugunsten der lokalen Bevölkerung erarbeitet. Diese beiden Konzepte bilden zukünftig die Basis von Waldschutz in diesem System. Die Bundesregierung verweist auf die öffentlich zugänglichen Informationen des RSPO zu eingegangenen Beschwerden über Waldrodungen. Begründete Beschwerden können zu einer Beendigung der RSPO-Mitgliedschaft führen. Die Bundesregierung bewertet die Offenlegung der Beschwerden als positiv, erachtet die in einigen Fällen lange Bearbeitungszeit aber als verbesserungswürdig . Der Bundesregierung sind die Limitationen der Überprüfungsmechanismen der freiwilligen Zertifizierungssysteme bekannt. Trotz der berechtigten Kritik in Fällen von nachweisbaren Mängeln sieht die Bundesregierung Nachhaltigkeitszertifizierungen als einen wichtigen und komplementären Baustein staatlicher Kontrollen des Ressourcenschutzes an und setzt sich weiterhin für eine Stärkung der Überprüfungsmechanismen ein. Dabei ist festzuhalten, dass die Zertifizierungssysteme neben Waldschutzkomponenten auch weitere Aspekte einer nachhaltigen Ressourcennutzung, z. B. soziale und ökonomische Kriterien, umfassen . Die Kommission der EU hat am 13. März 2019 auf der Basis von Artikel 26 Absatz 2 der Erneuerbare-Energien-Richtlinie (RED II) einen delegierten Rechtsakt erlassen, der dazu führt, dass Palmöl in aller Regel als Biomasse mit einem hohen Risiko an indirekten Landnutzungsänderungen (iLUC) einzustufen ist. Dies hat zur Folge, dass die Anrechnung von Palmöl auf die Energieziele der EU auf dem Stand von 2019 eingefroren wird. Von 2024 bis 2030 soll sie sogar sukzessive auf null reduziert werden. In gewissem Umfang sind Ausnahmen möglich, wenn der Palmölerzeuger die produzierten Mengen als „low iLUC risk biofuels“ zertifizieren lässt. Diese Zertifizierung ist möglich, wenn verlassene oder stark degradierte Flächen genutzt oder Produktivitätssteigerungen auf bestehenden Flächen erreicht werden; auch gelten Sonderregelungen für Kleinstbetriebe. Die Bundesregierung engagiert sich auf verschiedenen Ebenen, um im Kakaosektor dazu beizutragen, die Entwaldung zu reduzieren bzw. zu beenden und Wiederaufforstungsmaßnahmen zu fördern. Dies ist nur im Rahmen einer Zusammenarbeit und eines engen Austauschs mit den Kakao produzierenden Staaten möglich. Es handelt sich um einen langfristigen Prozess, doch konnten bereits Fortschritte erzielt werden. Bereits im Jahr 2011 initiierten das BMEL und das BMZ das Forum Nachhaltiger Kakao (FNK) als Multi-Stakeholder-Initiative. Schon im Juni 2012 wurde das FNK unter Beteiligung der Wirtschaft (Süßwarenindustrie und Lebensmittelhandel ) und der Zivilgesellschaft gegründet. Seit April 2014 ist es ein eingetragener Verein. Das FNK hat aktuell über 70 Mitglieder, neben BMZ und BMEL die deutsche Süßwarenindustrie, den deutschen Lebensmittelhandel sowie die Zivilgesellschaft. Eines der vorrangigen Ziele des Forums Nachhaltiger Kakao ist, die natürlichen Ressourcen und die Biodiversität in den Anbauländern zu schonen und zu erhalten . Ein Mittel zur Umsetzung seiner Ziele ist der Austausch des Forums und seiner Mitglieder auf nationaler und internationaler Ebene, u. a. auch mit den Regierungen der kakaoproduzierenden Länder und ein gemeinsames Engagement . Dazu konnte bereits eine Vernetzung auf nationaler und internationaler Ebene mit Organisationen, die gleichgerichtete Interessen verfolgen, erreicht werden (z. B. „Le Conseil du Café-Cacao“ (CCC) oder die Schweizer Plattform für nachhaltigen Kakao), die World Cocoa Foundation (WCF)/Cocoa & Forests Initiative (CFI), die belgische Kakaoplattform Beyond Chocolate und eine entsprechende Initiative in den Niederlanden. Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode – 5 – Drucksache 19/15348 Vorabfassung - wird durch die lektorierte Version ersetzt. Eine wichtige Maßnahme ist dabei das Projekt PRO-PLANTEURS, im Südosten der Côte d‘Ivoire (seit 2015). Das Projekt wird vom FNK zusammen mit der Bundesregierung und der ivorischen Regierung umgesetzt. Ziel ist es, die Lebensbedingungen von 20.000 kakao-produzierenden Familienbetrieben und deren Kooperativen zu verbessern. Nachhaltigkeit umfasst hierbei auch den Schutz der Wälder. In seiner neuen, 12 Punkte umfassenden Zielsetzung bezieht sich das Forum in zwei Punkten explizit auf Walderhalt und Waldschutz: (Die Mitglieder des Forums Nachhaltiger Kakao setzen sich dafür ein, …) (4) die Entwicklung und die Anwendung nachhaltiger und diversifizierter Anbausysteme , insbesondere Agroforstsysteme, zu fördern, die die natürlichen Ressourcen schonen, sowie die Ausbringung gefährlicher bzw. nicht zugelassener Pestizide zu beenden. (5) die Entwaldung zu beenden und zum Erhalt des Waldes , der Biodiversität und zur Wiederaufforstung beizutragen. Die Umsetzung der Forumsziele durch die Mitglieder findet auch in deren eigenen Projekten in den Anbauländern statt. Aktuell werden 124 Projekte von den Mitgliedern des Forums Nachhaltiger Kakao unterhalten. Das BMEL fördert das Projekt PRO- PLANTEURS im Rahmen des Bilateralen Kooperationsprogramms 2019. Anfang des Jahres 2019 haben das BMEL und das BMZ zudem den „10- Punkte-Plan für einen nachhaltigen Kakaosektor“ veröffentlicht. Punkt 7 des 10-Punkte-Plans lautet: „Durch den Kakaosektor darf keine illegale Entwaldung stattfinden und kein Primärwald mehr zerstört werden. Hierfür setzen wir uns vor allem im Rahmen von Projekten in den Produzentenländern sowie auf europäischer Ebene ein. Wir unterstützen Initiativen wie zum Beispiel die Cocoa & Forests Initiative für entwaldungsfreie Lieferketten und leisten damit einen Beitrag zum Klimaschutz.“ Es ist geplant, die Cocoa & Forests Initiative beim Aufbau eines satelitengestützen Waldmonitoringsystems in der Côte d’Ivoire zu unterstützen. Im Rahmen der Eiweißpflanzenstrategie wird das Dialogforum „Nachhaltigere Eiweißfuttermittel“ im Auftrag des BMEL durch die Bundesanstalt für Landwirtschaft und Ernährung (BLE) organisiert und koordiniert. Dort werden die beiden Aufträge aus dem Koalitionsvertrag „Förderung des heimischen Eiweißpflanzenanbaus und Unterstützung von Initiativen für nachhaltige, entwaldungsfreie Soja-Lieferketten“ mit Akteuren aus Unternehmen, Verbänden, wissenschaftlichen Einrichtungen und Behörden aus den Bereichen Landwirtschaft , Naturschutz, Futtermittel- und Lebensmittelproduktion und -handel diskutiert . Ziele sind ein Dialogprozess zwischen den Akteuren der Wertschöpfungskette , die Abstimmung von Lösungsstrategien und die Entwicklung von Maßnahmen zum Einsatz nachhaltigerer Eiweißfuttermittel in Deutschland. 2017 wurde ein Positionspapier veröffentlicht, mit dem sich die Akteure zum Einsatz von nachhaltigen Soja verpflichten: „Nach Deutschland eingeführtes Soja soll unabhängig von der Herkunft nach einem anerkannten Nachhaltigkeitsstandard zertifiziert werden. Die Wahl des Standards steht den beteiligten Unternehmen frei. Doch müssen dabei nachweis- und nachprüfbare Kriterien, wie sie in verschiedenen bereits existierenden Zertifizierungssystemen dokumentiert sind, die Nachhaltigkeit belegen. Weitere Kriterien sind die Rückverfolgbarkeit der zertifizierten Ware über die Wertschöpfungskette oder das System der Massenbilanzierung. Ziel ist die Verwendung von 100 Prozent nachhaltig zertifizierten Soja in der Fütterung. Aus Sicht des Forums gibt es bislang kein Zertifizierungssystem, das alle ökologischen , sozialen und ökonomischen Kriterien zur Nachhaltigkeit umfassend abdeckt . Auch kann sich das Forum zum jetzigen Zeitpunkt nicht auf eine gemeinsame Empfehlung von Mindeststandards einigen.“ In den letzten Sitzungen des Dialogforums wurde an einer Erweiterung hinsichtlich einer Position zu entwaldungsfreien Lieferketten gearbeitet. Ziel ist die Einigung auf eine gemeinsame Position bis Sommer 2020. Drucksache 19/15348 – 6 – Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode Vorabfassung - wird durch die lektorierte Version ersetzt. In Bezug auf Lieferketten engagiert sich das BMZ im Rahmen der bilateralen Zusammenarbeit in Indonesien und Côte d’Ivoire für entwaldungsfreie Lieferketten , vornehmlich von Palmöl, Naturkautschuk und Kakao. Durch den sogenannten Jurisdiktionalen Ansatz arbeitet das BMZ hier mit eigens gegründeten Multiakteurs-Plattformen bestehend aus lokaler Regierung, Privatsektor und Zivilgesellschaft daran, globale Nachhaltigkeits- und Waldschutzziele in eine angepasste lokale Landnutzung zu übersetzen. Ziel ist es, Waldschutz, nachhaltige Landwirtschaft und wirtschaftliche Entwicklung in der Projektregion in Einklang zu bringen. Auf Farmebene arbeitet das BMZ hier an der Integration von Kleinbauern in globale Lieferketten, u. a. im Rahmen eines Pilotvorhabens zur Anbindung unabhängiger Kautschukbauern an die deutsche Reifenindustrie . Im Rahmen der Initiative für nachhaltige Agrarlieferketten (INA) engagiert sich die Bundesregierung für nachhaltige Agrarlieferketten allgemein. Diese wurde im November 2018 vom BMZ ins Leben gerufen und ist als offene Plattform ein Zusammenschluss von Akteuren aus Privatwirtschaft, Zivilgesellschaft und Politik. Gemeinsam wollen die Akteure der INA mehr Nachhaltigkeit in globalen Agrarlieferketten erreichen und die Lebensbedingungen von Kleinbäuerinnen und Kleinbauern verbessern. Die INA arbeitet unabhängig von einzelnen Rohstoffen. Sie setzt auf die Entwicklung nachhaltiger Regionen , in denen ein rohstoffübergreifender Ansatz zum Tragen kommt. Zu den Fokusthemen der INA gehören neben existenzsichernden Einkommen auch entwaldungsfreie Lieferketten. Eines der Pilotprojekte der INA will in Kleinbauernfamilien in Kolumbien durch den Anbau von Kaffee und Kakao Alternativen zur Viehwirtschaft bieten (www.nachhaltige-agrarlieferketten.org/). 7. Welche Ziele und Maßnahmen plant das Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft (BMEL) im Rahmen seiner Leuchtturminitiative „Nachhaltiger Konsum für biologische Vielfalt in Landwirtschaft und Ernährung “ (siehe Auftaktveranstaltung: www.bmel.de/SharedDocs/Termin eVeranstaltungen/BMEL-Veranstaltungen/19-05-21_Auftaktveranstaltungnachhaltiger Konsum-biologischeVielfalt.html)? Mit der Leuchtturm-Initiative „Nachhaltiger Konsum für biologische Vielfalt in Landwirtschaft und Ernährung“ beabsichtigt das BMEL, einen Beitrag zum Erhalt der heimischen Agrobiodiversität zu leisten und seltene, gefährdete Obstund Gemüsesorten sowie Nutztierrassen zu fördern. Der Leuchtturm versteht sich als Dialogprozess, um einen Austausch zu ermöglichen, Synergien zu identifizieren und Best-Practice-Methoden auszuweiten. Die Initiative ist im Rahmen des Nationalen Programmes für nachhaltigen Konsum entstanden und bindet Akteure des Nationalen Netzwerkes Nachhaltiger Konsum ein. Die Initiative ist somit nicht darauf ausgerichtet, wesentliche Beiträge im speziellen Kontext der Kleinen Anfrage bzgl. der Verhinderung der internationalen Waldzerstörung durch Importe nach Deutschland zu leisten. 8. Wie stellt die Bundesregierung sicher, dass (Frei-)Handelsabkommen nicht schädliche Landnutzungsänderungen in den Partnerländern zur Folge haben ? Die Europäische Union verankert in ihren modernen und umfassenden Freihandelsabkommen ehrgeizige Nachhaltigkeitskapitel mit Vereinbarungen zu Arbeit , Umwelt und Klima. Hierzu zählen regelmäßig auch Vereinbarungen zu Handel und nachhaltiger Waldbewirtschaftung, Handel und Biodiversität sowie Handel und Klimawandel. Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode – 7 – Drucksache 19/15348 Vorabfassung - wird durch die lektorierte Version ersetzt. 9. Welche Erkenntnisse und ggf. Studien liegen der Bundesregierung zum Verhindern direkter und indirekter Landnutzungsänderungen durch gezielte Maßnahmen vor, wie z. B. Besteuerung von bestimmten Produkten/Zölle? a) Welche dieser Erkenntnisse plant die Bundesregierung umzusetzen, und wann? b) Welche Bemühungen unternimmt die Bundesregierung zur Erforschung direkter und indirekter Landnutzungsänderungen? Die Bundesregierung fördert über die Fachagentur für Nachwachsende Rohstoffe (FNR) das Global Risk Assessment Service Tool der GRAS Global Risk Assessment Services GmbH. Dieses stellt ein glaubwürdiges, faktenbasiertes und einfach zu nutzendes Instrument dar, um nachhaltige und entwaldungsfreie Lieferketten zu implementieren, diese zu überwachen und aktuelle Berichte zu erstellen. Das Tool basiert auf der mitunter parzellenscharfen und höhenauflösenden Auswertung von Satellitendaten und ermöglicht insbesondere die Kartierung (Mapping) von: • Wertschöpfungsketten, • Biodiversen und anderweitig geschützten Gebieten, • Kohlenstoffgehalt von Flächen, • Landnutzungsänderungen (z. B. Entwaldung), • Sozialen Indizes, • Nachhaltigkeitsrisiken. Die FNR hat die Förderung der zweiten Phase mit Bescheid vom 24. Oktober 2016 bewilligt. Er gewährt eine Zuwendung von 60 Prozent der entstehenden Selbstkosten, höchstens von 1.882.385 EURO. Der Bewilligungszeitraum lief vom 1. November 2016 bis 31. Oktober 2019. 10. Welche Maßnahmen der Klimapolitik diskutiert die Bundesregierung in Bezug auf direkte und indirekte Effekte von Landnutzungsänderungen auf nationaler und internationaler Ebene im Rahmen des Klimakabinetts? Wie beabsichtigt die Bundesregierung, direkte und indirekte Effekte von Landnutzungsänderungen in der Klimagesetzgebung zu berücksichtigen? Die entsprechenden Maßnahmen der Klimapolitik sind dem Klimaschutzprogramm 2030 der Bundesregierung zur Umsetzung des Klimaschutzplans 2050 zu entnehmen. 11. Wie bewertet die Bundesregierung Sojaimporte nach Deutschland in Bezug auf das Risiko indirekter Landnutzungsänderungen (vgl. IPBES, 2019)? Indirekte Landnutzungsänderungen treten nicht Rohstoff-spezifisch auf, sondern betreffen alle flächenbezogenen Aktivitäten. Daher müssen Risiken für indirekte Landnutzungsänderungen bei Maßnahmen und Initiativen mitgedacht werden. Drucksache 19/15348 – 8 – Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode Vorabfassung - wird durch die lektorierte Version ersetzt. 12. Welcher Anteil von Naturzerstörung, insbesondere Waldzerstörung, ist nach Kenntnis der Bundesregierung auf Importe von Soja nach Deutschland , insbesondere als Futtermittel für die Tierproduktion, zurückzuführen , und von welcher Entwicklung geht die Bundesregierung in Zukunft aus? Zum konkreten Anteil der Waldzerstörung durch Importe von Soja nach Deutschland liegen der Bundesregierung aktuell keine Angaben vor. 13. Wie bewertet die Bundesregierung den flächendeckenden und in diesem Jahr stark angestiegenen Einsatz von giftigen und in der EU verbotenen Pestiziden in der Sojaproduktion Brasiliens (D. Philipps in The Guardian, 2019: Hundreds of new pesticides approved in Brazil under Bolsonaro via www.theguardian.com/environment/2019/jun/12/hundreds-newpesticides -approved-brazil-under-bolsonaro), deren Rückstände sich auch systematisch in Lebensmitteln nachweisen ließen und die tausende Vergiftungen verursachten (A.S. Gross in Mongabay, 2018: Brazil’s pesticide poisoning problem poses global dilemma, say critics via www.news.mon gabay.com/2018/08/brazils-pesticide-poisoning-problem-poses-globaldilemma -say-critics/)? a) Wie stellt die Bundesregierung sicher, dass sich bedenkliche Rückstände dieser Pestizide nicht auch in aus Brasilien nach Deutschland importiertem Soja befinden? Beim Import von Soja aus Brasilien nach Deutschland müssen die in der Verordnung (EG) Nr. 396/2005 EU-weit festgelegten Höchstgehalte für Pflanzenschutzmittelwirkstoffe eingehalten werden (vgl. EU Pesticides database: www.ec.europa.eu/food/plant/pesticides/eu-pesticides-database/public/? event=product.resultat&language=EN&selectedID=215). Es kann hierbei vorkommen, dass ein Wirkstoff für eine bestimmte Anwendung in der EU nicht genehmigt ist (z. B. aus Gründen des Umwelt- oder Anwenderschutzes ), jedoch aus handelsrechtlichen Gründen eine sogenannte Importtoleranz für Ware aus Drittstaaten gewährt wird. Dieser Rückstandshöchstgehalt wird in der Verordnung (EG) Nr. 396/2005 nur festgesetzt, wenn die Rückstände keine gesundheitliche Gefährdung der Verbraucherinnen und Verbraucher in der EU darstellen. Wenn andere wissenschaftliche Erkenntnisse vorliegen, werden diese entsprechend berücksichtigt. Lebensmittel und Futtermittel, die Rückstände oberhalb der zulässigen Rückstandshöchstgehalte enthalten, dürfen nicht in Verkehr gebracht werden, ganz gleich, ob es sich um importierte oder inländische Ware handelt. b) Welche Kontrollmechanismen wendet die Bundesregierung an, um den Pestizidgehalt von aus Brasilien nach Deutschland importiertem Soja zu überprüfen? Für die Überwachung von Lebens- und Futtermitteln, so auch für importiertes Soja, sind die jeweiligen Behörden der Länder zuständig. Sie erfolgt risikoorientiert . Bei immer wiederkehrenden Höchstgehaltsüberschreitungen von Drittlandsware können auf EU-Ebene Sonderimportmaßnahmen erlassen werden, die eine verstärkte Einfuhrkontrolle, zusätzliche Analysenzertifikate bis hin zu einem Einfuhrverbot vorsehen können. Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode – 9 – Drucksache 19/15348 Vorabfassung - wird durch die lektorierte Version ersetzt. 14. Wie bewertet die Bundesregierung das neue US-Zertifizierungssystem für Soja Soybean Sustainability Assurance Protocol (SSAP), das seit Anfang 2019 auch in der EU angewandt wird (EU-Kommission, 2019 via www.europa.eu/rapid/press-release_IP-19-748_en.pdf), insbesondere vor dem Hintergrund des Thünen Working Paper zu bestehenden Sojazertifizierungen (Hargita et al., 2018; via www.literatur.thuenen.de/digbib_ex tern/dn059838.pdf)? a) Wie bewertet die Bundesregierung die genannte Studie des Thünen- Instituts (Hargita et al., 2018) in Bezug auf deren Befund, dass die Leitlinien der European Feed Manufacturers' Federation (FEFAC- Leitlinien) nur die Einhaltung von nationalen Gesetzen zu Entwaldung fordern, Walderhaltung oder das Stoppen von Entwaldung jedoch nicht verbindlich erfordern und damit legale Entwaldung (z. B. in Brasilien ) zulassen? b) Wie bewertet die Bundesregierung den Kontext der vorhergehenden Frage mit Hinblick darauf, dass nach Aussage des Deutschen Verbandes für Tiernahrung (DVT) rund 60 Prozent der Sojafuttermittelimporte nach Deutschland den FEFAC-Leitlinien genügen (DVT- Jahresbericht 2017/18 via www.dvtiernahrung.de/fileadmin/Dokumen te_ab_07_2013/Presse/DVT_Jahresbericht_2017-18.pdf), und kann die Bundesregierung ausschließen, dass die diesem DVT-Bericht zufolge verbleibenden 40 Prozent der Sojafuttermittel möglicherweise aus illegaler Entwaldung stammen, und welche Schlüsse zieht sie daraus ? Die Fragen 14 bis 14b werden zusammen beantwortet. Gemäß den der Bundesregierung zur Verfügung stehenden Informationen, erfüllt gemäß dem US-Zertifizierungssystem für Soja (SSAP) produziertes und zertifiziertes Soja alle Nachhaltigkeitsanforderungen der Erneuerbare- Energien-Richtlinie (RED II). Aus diesem Grund erfolgte eine entsprechende Anerkennung durch die EU-Kommission. In der zitierten Studie des Thünen-Instituts zur Soja-Zertifizierung hingegen werden Zertifizierungssysteme u. a. im Hinblick auf ihre Konformität mit den Forderungen der New Yorker Walddeklaration (New York Declaration on Forests ) bezüglich den Forderungen der Amsterdam-Deklaration bezüglich Entwaldungsstopp und entwaldungsfreier Lieferketten für Soja bewertet. Hier wurde unter anderem der Standard SSAP untersucht. Grundsätzlich ist es das souveräne Recht eines Staates zu bestimmen, welche Waldflächen legal umgewandelt bzw. genutzt werden können. Die genannte Studie des Thünen-Instituts bewertete Zertifizierungssysteme auf eine Vielzahl zusätzlicher Kriterien, die für die Erreichung der politischen Ziele des Walderhalts relevant erscheinen. Die Bundesregierung sieht die Leitlinien des Europäischen Verbands für Lebensmittelhandwerk (FEFAC) als Entscheidungsbasis mit der Möglichkeit für stetig zu steigernde Nachhaltigkeitsanforderungen. Nachhaltigkeitsanforderungen ergeben sich aus der Amsterdam Erklärung, die fordert, bis 2020 die Netto-Entwaldung durch den Handel mit landwirtschaftlichen Gütern zu beenden. Darüber hinaus fordert die New Yorker Walderklärung bis 2030 die Entwaldung von Naturwäldern zu beenden. Drucksache 19/15348 – 10 – Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode Vorabfassung - wird durch die lektorierte Version ersetzt. 15. Welche Menge des importierten Soja wurde nach Kenntnis der Bundesregierung als Tierfutter genutzt, und aus welchen Ländern stammte dieses Tierfutter-Soja (v. a. Sojaschrot) vorrangig? a) Wie hat sich diese Menge über die letzten zehn Jahre nach Kenntnis der Bundesregierung entwickelt (bitte nach Jahren aufschlüsseln)? Die von der Bundesanstalt für Landwirtschaft und Ernährung erstellte Versorgungsbilanz für Ölkuchen und Schrote weist für die Jahre 2008/2009 bis 2017/2018 folgende für die Fütterung verwendeten Mengen von Ölkuchen und Schroten aus Soja aus: Wirtschaftsjahr Als Futter verwendete Ölkuchen und Schrote aus Soja (Tsd. t) 2008/09 4.555 2009/10 4.055 2010/11 4.495 2011/12 4.430 2012/13 3.719 2013/14 3.871 2014/15 3.829 2015/16 4.077 2016/171) 3.889 2017/181) 3.471 1) Vorläufig. Quelle: Bundesanstalt für Landwirtschaft und Ernährung Die nachfolgenden Übersichten 1 und 2 geben die von Deutschland eingeführten Mengen an Sojabohnen sowie Ölkuchen aus Soja nach den wichtigsten Herkunftsländern wieder. Die Außenhandelsstatistik gibt keine Auskunft darüber , wie die eingeführten Mengen verwendet wurden. Bei den eingeführten Ölkuchen aus Soja kann davon ausgegangen werden, dass diese vollständig in der Tierfütterung zum Einsatz kamen. Auch der weitaus größte Teil der eingeführten Sojabohnen dürfte in der Tierfütterung Verwendung gefunden haben. Übersicht 1: Deutsche Einfuhr von Sojabohnen1) nach Herkunftsländern Land 2009 2010 2011 2012 2013 2014 2015 2016 2017 2018Tsd. t Deutschland insgesamt 3.295 3.417 3.190 3.447 3.637 3.726 3.807 3.143 3.017 3.646 darunter USA 692 448 515 876 1.480 1.223 1.636 1.497 1.836 2.257 Brasilien 2.448 1.609 1.507 1.254 799 1.874 1.630 974 626 997 Kanada 1 568 278 304 480 237 85 161 102 157 Ukraine 0 0 83 30 40 50 2 7 80 88 Österreich 8 10 10 21 18 14 24 57 53 38 Rumänien 0 - 8 4 6 9 20 39 48 22 Argentinien 58 115 103 87 56 40 37 21 17 19 Paraguay 33 384 448 602 459 242 265 100 114 0 Uruguay 10 243 198 240 264 4 74 206 22 - Nettoeinfuhren 3.257 3.376 3.145 3.406 3.614 3.667 3.715 3.051 2.882 3.487 1) Warennummer 1201 90 00 des Warenverzeichnisses für die Außenhandelsstatistik (Sojabohnen, auch geschrotet, andere als zur Aussaat). Quelle: Statistisches Bundesamt Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode – 11 – Drucksache 19/15348 Vorabfassung - wird durch die lektorierte Version ersetzt. Übersicht 2: Deutsche Einfuhr von Soja-Ölkuchen1) nach Herkunftsländern Land 2009 2010 2011 2012 2013 2014 2015 2016 2017 2018Tsd. t Deutschland insgesamt 3.452 3.514 3.480 3.472 2.947 2.782 2.939 2.993 2.721 2.433 darunter Brasilien 1.671 1.662 1.715 1.862 1.568 1.580 1.603 1.516 1.408 1.181 Niederlande 919 875 950 863 641 494 623 753 621 670 Argentinien 768 830 636 613 571 521 553 588 394 225 Indien - - 22 - 5 12 4 - 135 110 Italien 4 7 7 3 4 6 8 21 30 58 Russland 2 1 - - 15 9 8 16 37 55 USA 16 79 58 39 41 61 63 3 0 32 Luxemburg - - - - - 6 15 4 6 28 Österreich 7 23 17 18 21 18 22 27 29 21 VR China 0 0 0 3 6 11 7 18 12 15 Belgien 37 10 48 39 33 20 9 9 4 8 Dänemark 22 19 19 19 23 26 10 7 13 8 Nettoeinfuhren 2.117 2.213 2.172 1.906 1.482 1.390 1.070 1.212 1.133 788 1) Warennummer 2304 des Warenverzeichnisses für die Außenhandelsstatistik (Ölkuchen und andere feste Rückstände aus der Gewinnung von Sojaöl). Quelle: Statistisches Bundesamt b) Zu welchen Anteilen wurde das importierte Soja nach Kenntnis der Bundesregierung in den verschiedenen Futtermittelsegmenten in den letzten zehn Jahren eingesetzt (bitte nach Tierarten aufschlüsseln), und wie viel wurde jeweils für Lebensmittel in Deutschland eingesetzt? Hierzu liegen der Bundesregierung keine Daten aus amtlichen Statistiken vor. Nach Auskünften der Wirtschaft werden etwa 5 Prozent der eingeführten Sojabohnen für Nahrungszwecke verwendet, wobei hierfür verstärkt auf in Deutschland oder dem Donauraum erzeugte Sojabohnen zurückgegriffen wird. c) Wie bewertet die Bundesregierung diese Entwicklung mit Hinblick auf die in den letzten zehn Jahren verwendete Menge an auch anderen Eiweißfuttermitteln und der Nutzung von Soja in Deutschland insgesamt? Die nachfolgende Übersicht 3 enthält die Anteile ausgewählter Futtermittel am gesamten Futteraufkommen in Deutschland. Diese wurden auf Basis des in den Futtermitteln enthaltenen verdaulichen Eiweißes berechnet. Während der Anteil des auf Ölkuchen und Schrote aus Soja entfallenden Futteraufkommens über den betrachteten Zeitraum hinweg tendenziell abnimmt, steigt der Anteil der aus Raps erzeugten Ölkuchen und Schrote an. Auch der Anteil, der auf Hülsenfrüchte entfällt, hat sich – auf allerdings sehr niedrigem Niveau – leicht erhöht . Die Zusammenstellung von Eiweißfuttermitteln in der Verfütterung ist hinsichtlich des Einsatzes der Proteinträger, über die Zeit betrachtet, letztlich Ergebnis von Preis- und Kostenrelationen der am heimischen Markt verfügbaren alternativen Proteinträger sowie von den Knappheitsverhältnissen der Märkte für Schrote und Öle an den internationalen Märkten. Drucksache 19/15348 – 12 – Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode Vorabfassung - wird durch die lektorierte Version ersetzt. Übersicht 3: Anteile ausgewählter Futtermittel am Futteraufkommen1) in Deutschland Futter mittel 2008/09 2009/10 2010/11 2011/12 2012/13 2013/14 2014/15 2015/16 2016/17 2017/182) Tsd. t verdauliches Eiweiß Futter aufkom men insge samt 8.682 8.358 8.308 8.437 8.243 8.560 8.267 8.903 8.667 8.757 darunter Ölkuchen und Schrote aus Soja 1.895 1.687 1.870 1.843 1.644 1.699 1.584 1.706 1.586 1.416 Ölkuchen und Schrote aus Raps 734 867 815 898 977 1.149 851 1.150 1.206 1.181 Hülsenfrüchte 34 36 22 32 32 28 48 63 60 66 Nicht marktgän gige Futtermittel 3) 3.088 3.065 2.826 2.892 2.970 2.748 3.043 3.160 3.010 3.253 in % am Futteraufkommen insgesamt Futter aufkom men insge samt 100 100 100 100 100 100 100 100 100 100 darunter Ölkuchen und Schrote aus Soja 21,8 20,2 22,5 21,8 19,9 19,8 19,2 19,2 18,3 16,2 Ölkuchen und Schrote aus Raps 8,5 10,4 9,8 10,6 11,9 13,4 10,3 12,9 13,9 13,5 Hülsenfrüchte 0,4 0,4 0,3 0,4 0,4 0,3 0,6 0,7 0,7 0,8 Nicht marktgän gige Futtermittel 3) 35,6 36,7 34,0 34,3 36,0 32,1 36,8 35,5 34,7 37,1 1) Bezogen auf verdauliches Eiweiß. 2) Vorläufig. 3) U. a. Gras, Silage, Heu, Silomais, Futterhackfrüchte. Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode – 13 – Drucksache 19/15348 Vorabfassung - wird durch die lektorierte Version ersetzt. 16. Wie hat sich die Menge der verbrauchten Agrokraftstoffe (sog. Biokraftstoffe ) in den letzten zehn Jahren in Deutschland entwickelt, und welcher Anteil dieser basierte jeweils auf importiertem Soja? Die Entwicklung der in Deutschland verbrauchten Biokraftstoffe ist in der nachfolgenden Abbildung 1 dargestellt. Sie enthält für die Jahre 2019 und 2020 eine Hochrechnung der zur Quotenerfüllung erforderlichen Biokraftstoffmenge in Abhängigkeit von der durchschnittlichen spezifischen THG-Vermeidung. Von 2009 bis 2011 nahm die Menge leicht zu, um bis 2018 in etwa wieder das Niveau von 2009 zu erreichen. Je nach Entwicklung der Gesamtmenge der in Verkehr gebrachten Kraftstoffe und deren spezifischer Zusammensetzung wird die absolute Biokraftstoffmenge bis 2019 maximal konstant bleiben bzw. in 2020 lediglich geringfügig steigen. Die Anteile der Biokraftstoffoptionen sind ebenfalls dieser Abbildung zu entnehmen. Soja wird dabei vor allem in der Produktion von Biodiesel (FAME) eingesetzt. Bei Ethanol, das neben Biodiesel den Biokraftstoffmarkt in Deutschland dominiert, kommt hingegen kein Soja zum Einsatz. Abbildung 1: Biokraftstoffnutzung in Deutschland 2000-2015 sowie Bedarf bis 2020 (eigene Berechnung und Darstellung auf Basis von BAFA 2019, BImSchG 2019; BLE 2013, 2014, 2015a, 2018; Radke 2014,© DBFZ)* Abbildung 2 zeigt die Rohstoffbasis der in Deutschland genutzten Mengen an Biodiesel. Dieses wurde 2013 noch zu etwa 5 Prozent aus Soja produziert, im Jahr 2017 jedoch nur noch zu etwa 0,8 Prozent (Basierend auf BLE 2015, 2018). Allerdings wird in den Daten des Verbands der Deutschen Biokraftstoffindustrie zur gesamten, in Deutschland produzierten Biodieselmenge (FAME) – die mit etwa 3,1 Mio. t im Jahr 2017 (VDB 2018) deutlich über der im Verkehr genutzten Menge von etwa 2,2 Mio. t. lag (BLE 2018) – ein Sojaanteil von 8 Prozent ausgewiesen (2013: 8 Prozent, 2015: 2 Prozent). * Die farbige Darstellung der Abbildung ist auf Bundestagsdrucksache 19/15348 auf der Internetseite des Deutschen Bundestages abrufbar. Drucksache 19/15348 – 14 – Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode Vorabfassung - wird durch die lektorierte Version ersetzt. Abbildung 2: Rohstoffbasis für in Deutschland genutzte biogene Dieselsubstitute FAME und HVO (eigene Darstellung auf Basis von AGEE-Stat 2018, BA- FA 2019, BLE 2014, 2015a, BMU 2018a, © DBFZ)* a) Wie bewertet die Bundesregierung diese Zahlen mit Blick auf damit einhergehe Naturzerstörung und Biodiversitätsverlust, und welche Ursachen gibt es nach Auffassung der Bundesregierung für etwaige Trends? Alle in Deutschland in Verkehr gebrachten Biokraftstoffe müssen entsprechend der Biokraftstoff-Nachhaltigkeitsverordnung an Hand von Zertifikaten ihre Nachhaltigkeit nachweisen. Sie müssen, um auf die zu erreichende Biokraftstoffquote anrechenbar zu sein, verschiedene Kriterien der Nachhaltigkeit erfüllen . Die entsprechenden Kriterien sind in der Biokraftstoff-Nachhaltigkeits-VO enthalten, die die Vorgaben der Richtlinie 2009 / 28 / EG (RED II) umsetzt: Nach Art. 29 RED II müssen Rohstoffe für die Biokraftstoffproduktion nicht nur ein bestimmtes Treibhausgasminderungspotential aufweisen, sondern dürfen auch nicht von Flächen stammen, die bis 2008 den Status von Feuchtgebieten /  Sumpfland/Torfmoor, Primärwald und Wald, Naturschutzflächen oder Dauergrünland hatten und dadurch eine hohe Biodiversität aufweisen. Die Systemgrenze der Bewertungskriterien umfasst die gesamte Kette vom Anbau bis zur Nutzung der Kraftstoffe. Durch diese Zertifizierung werden direkte Zerstörung und Umwandlung natürlicher Flachen für die Biokraftstoffproduktion ausgeschlossen . b) Welche Erkenntnisse über diese Fragestellung liegen der Bundesregierung in Bezug auf den Verbrauch und die Importe im EU-weiten Raum vor? Wie auch schon bei der Betrachtung für Deutschland ersichtlich, wird Soja in Bezug auf Kraftstoffe nur bei der Biodieselproduktion eingesetzt. Bis 2010 erfolgte die Produktion von Biodiesel in Europa größtenteils aus Rapsöl, gefolgt von Soja- und Palmöl. Die absolute Menge des aus Pflanzenöl produzierten Biodiesels bleibt in der EU seit 2010 nahezu konstant bei 320–340 PJ / a, was 8,3 bis 8,7 Mio. t entspricht. * Die farbige Darstellung der Abbildung ist auf Bundestagsdrucksache 19/15348 auf der Internetseite des Deutschen Bundestages abrufbar. Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode – 15 – Drucksache 19/15348 Vorabfassung - wird durch die lektorierte Version ersetzt. Abbildung 3: Produktion von Biodiesel (FAME) und HVO in Europa nach Rohstoffbasis (geänderte Darstellung auf Basis Flach et al. 2013, Flach et al. 2016, © DBFZ)* In Abbildung 3 ist die Entwicklung der Rohstoffbasis für die Produktion von Biodiesel (FAME) und HVO in Europa seit 2006 dargestellt. Zudem ist die parallel theoretisch anfallende Menge Raps- und Sojaschrot aufgezeichnet, welche als Eiweißfuttermittel eingesetzt werden. Theoretisch fallen bei der derzeitigen Produktion von Biodiesel in der EU (2017) ca. 13 Mio. t / a Raps- und Sojaschrot an (Flach et al. 2013; Flach et al. 2016). Ebenso gelten bezüglich der Nachhaltigkeitsbewertung die EU-weit gültigen Richtlinien mit den entsprechenden Kriterien. Diese sind, ebenso wie in Deutschland, auch in den anderen EU-Mitgliedsstaaten einzuhalten. 17. Wie hat sich die Menge des importierten Soja für energetische Zwecke in den letzten zehn Jahren nach Kenntnis der Bundesregierung entwickelt, und aus welchen Ländern stammten diese Importe vorrangig? Der Bundesregierung liegen keine Daten bezüglich der Menge an importiertem Soja für speziell energetische Zwecke vor. Es kann lediglich Auskunft über die Menge bzw. den Anteil an Biodiesel erteilt werden, welche/r auf Soja basiert (siehe Frage 16). Daten zum Außenhandel mit Sojabohnen sind der Übersicht 1 in der Antwort zu Frage 15a zu entnehmen. Es kann allerdings kein direkter Zusammenhang zwischen der Einfuhr von Sojabohnen und der Nutzung von Soja für energetische Zwecke hergestellt werden, da die Außenhandelsstatistik keine Auskunft darüber gibt, wie die eingeführten Mengen verwendet werden. * Die farbige Darstellung der Abbildung ist auf Bundestagsdrucksache 19/15348 auf der Internetseite des Deutschen Bundestages abrufbar. Drucksache 19/15348 – 16 – Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode Vorabfassung - wird durch die lektorierte Version ersetzt. 18. Wie bewertet die Bundesregierung die europaweite Anrechenbarkeit von Sojaöl zur Erreichung der Emissionsminderungsziele im Energiesektor vor dem Hintergrund aktueller Studien zu den globalen Wirkungen des nach Europa importierten Palmöls (Indirect Land Use Chance, siehe www.ec.europa.eu/energy/sites/ener/files/documents/Final%20Re port_GLOBIOM_publication.pdf)? Die Anrechenbarkeit von Sojaöl auf die Emissionsminderungsziele im Energiesektor setzt die Erfüllung der Nachhaltigkeitskriterien nach der Biokraftstoff- Nachhaltigkeits-VO bzw. Artikel 29 RED II voraus (vgl. Antwort zu Frage 16a). Die Vermeidung von indirekten Landnutzungsänderungen (iILUC) ist dort nicht ausdrücklich genannt. Allerdings sieht Artikel 26 Absatz 2 RED II in Verbindung mit dem auf seiner Basis erlassenen delegierten Rechtsakt vor, dass die Anrechnung von Rohstoffen aus Energiepflanzen mit hohem iLUC-Risiko auf die Energieziele der EU auf dem Stand von 2019 eingefroren wird und von 2024 bis 2030 sogar sukzessive auf null reduziert werden soll (vgl. Antwort zu Frage 4a). Ob Sojaöl ein hohes ILUC-Risiko birgt, muss die nächste Evaluierung der EU-Kommission 2021 basierend auf neusten wissenschaftlichen Erkenntnissen entscheiden 19. Mit welchen Maßnahmen plant die Bundesregierung, ihren Verpflichtungen im Verkehrssektor im Rahmen der Neufassung der Erneuerbare- Energien-Richtlinie (RED II) (www.ec.europa.eu/jrc/en/jec/renewableenergy -recast-2030-red-ii) nachzukommen? a) Auf welchen Maximalanteil wird die Bundesregierung den Anteil von Biokraftstoffen der „1. Generation“ in Deutschland bis 2030 reduzieren , und auf welche Weise will sie dabei über die Vorgaben der RED II hinausgehen? Nach den Vorgaben der RED II sind Biokraftstoffe aus Nahrungs- und Futtermittelpflanzen im Straßen- und Schienenverkehr zukünftig nicht über das Verbrauchsniveau in 2020 (+1 Prozent) hinaus und maximal zu einem Anteil von 7 Prozent am Bruttoendenergieverbrauch in diesem Sektor im Sinne der Richtlinie anrechenbar (Artikel 26 Absatz 1 UAbsatz 1). Ohne diese Anrechenbarkeit ist keine Förderfähigkeit im Rahmen der Richtlinie gegeben, womit ein Anteil über dieses Niveau hinaus unwahrscheinlich ist. Derzeit ist eine 1:1 Umsetzung der RED II auf nationaler Ebene vorgesehen. b) Welche Rolle sieht die Bundesregierung für die „2. Generation“ von Biokraftstoffen , insbesondere solche aus Abfällen und Reststoffen, bis zum Jahr 2030, auf welchen Mindestanteil will sie den Anteil von solchen fortschrittlichen Biokraftstoffen bis 2030 erhöhen, und inwiefern wird sie dabei über die Vorgaben der RED II hinausgehen? Biokraftstoffe sollen zukünftig vermehrt auf Abfall- und Reststoffen basieren. Der Anteil fortschrittlicher Biokraftstoffe soll bis 2030 3,5 Prozent betragen, wobei diese dem Ziel 2-fach angerechnet werden können. Auch hier ist derzeit eine 1:1 Umsetzung der RED II auf nationaler Ebene vorgesehen. Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode – 17 – Drucksache 19/15348 Vorabfassung - wird durch die lektorierte Version ersetzt. c) Welchen Prozess mit welchen konkreten Schritten plant die Bundesregierung , um die Maßnahmen der RED II für den Verkehrssektor in Deutschland umzusetzen, insbesondere mit Hinblick auf die Zeitplanung und die Beteiligung von Fachverbänden? Die Bundesregierung bereitet derzeit die nationale Umsetzung der Erneuerbaren-Energie-Richtlinie (EU) 2018/2001 (RED II) vor, die im Dezember 2018 verabschiedet wurde. Die RED II regelt den Einsatz von erneuerbaren Energien in den Sektoren Elektrizität, Wärme/Kälte sowie Verkehr. Die derzeitigen Regelungen zur Förderung von erneuerbaren Energien im Verkehr umfassen mehrere Vorschriften des Bundesimmissionsschutzgesetzes sowie Verordnungen , die ggf. geändert werden müssen. Ein Zeitplan kann derzeit noch nicht vorgelegt werden. Die beteiligten Kreise werden im Rahmen des Gesetzgebungsprozesses gemäß den gesetzlichen Bestimmungen angehört. d) Wie bewertet die Bundesregierung die Einschätzung auf EU-Ebene im Rahmen von RED II, wonach Soja im Gegensatz zu Palmöl kein besonderes Risiko für indirekte Landnutzungsveränderungen habe und daher die Nutzung von Sojadiesel auch nach 2030 noch möglich sein soll? Die Klassifizierung von Soja als low iLUC risk feedstock ist eine Momentaufnahme , da sie im Wesentlichen auf Zahlen für die Ausdehnung von Produktionsflächen basiert. Für den zugrundeliegenden Bericht ist eine Evaluierung vorgesehen, die die neuesten wissenschaftlichen Erkenntnisse berücksichtigen soll. Die Bundesregierung wartet diese Ergebnisse ab. 20. Welcher Anteil von Naturzerstörung, insbesondere der Waldzerstörung, ist nach Kenntnis der Bundesregierung auf Importe von Leder nach Deutschland zurückzuführen, und von welcher Entwicklung geht die Bundesregierung in Zukunft aus? Als Koppelprodukt der Fleischerzeugung ist der Anteil der Waldzerstörung durch Lederimporte nicht separiert anzugeben. Daher liegen der Bundesregierung hierzu aktuell keine rohstoffspezifischen Angaben für Deutschland vor. 21. Wie hat sich die Menge des nach Deutschland importierten Leders in den letzten zehn Jahren entwickelt, und aus welchen Ländern kam dieses vorrangig (bitte nach Jahren aufschlüsseln)? Übersicht 4 enthält die erbetenen Informationen zum Umfang der deutschen Einfuhren von Leder sowie zu den wichtigsten Herkunftsländern. Übersicht 4: Deutsche Einfuhr von Häuten, Fellen und Leder1) nach Herkunftsländern Land 2009 2010 2011 2012 2013 2014 2015 2016 2017 2018Tsd. t Deutschland insgesamt 169,9 194,3 205,0 177,6 178,3 184,3 175,8 156,4 153,7 144,2 darunter Österreich 40,1 43,3 46,9 40,5 39,3 34,5 32,8 33,6 35,8 33,0 Italien 40,3 42,4 47,8 44,3 30,6 34,5 36,0 17,5 21,2 21,9 Niederlande 23,2 31,0 26,0 14,3 13,1 18,1 18,9 19,0 19,8 19,9 Frankreich 8,8 12,3 13,5 7,0 7,5 5,5 3,9 6,2 9,9 11,2 Polen 8,9 8,6 11,1 13,0 12,0 13,4 16,3 16,0 12,9 11,1 Ungarn 2,1 2,7 3,5 3,0 3,1 4,0 4,9 6,4 5,7 6,0 Tschechische Republik 4,1 4,1 4,1 3,7 14,3 15,2 13,1 12,7 9,9 5,0 Drucksache 19/15348 – 18 – Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode Vorabfassung - wird durch die lektorierte Version ersetzt. Land 2009 2010 2011 2012 2013 2014 2015 2016 2017 2018Tsd. t Deutschland insgesamt 169,9 194,3 205,0 177,6 178,3 184,3 175,8 156,4 153,7 144,2 darunter Dänemark 4,7 4,3 3,6 5,4 8,0 6,8 6,0 4,6 5,2 4,6 Spanien 4,2 6,0 3,7 5,1 4,1 3,6 3,1 2,4 5,0 4,1 Slowenien 2,4 1,8 1,2 1,8 3,6 3,6 4,2 4,3 2,6 3,5 Brasilien 2,7 4,3 5,1 5,3 6,6 6,3 5,5 5,3 5,1 3,5 Slowakei 1,4 1,2 1,3 1,7 6,4 6,6 6,8 3,1 2,9 3,1 Belgien 3,3 4,2 5,5 4,8 4,6 4,3 5,1 6,0 3,3 2,3 1) Kapitel 41 des Warenverzeichnisses für die Außenhandelsstatistik (Häute, Felle (andere als Pelzfelle) und Leder. Quelle: Statistisches Bundesamt 22. Welcher Anteil der Naturzerstörung, insbesondere der Waldzerstörung, ist nach Kenntnis der Bundesregierung auf Importe von Fleisch, insbesondere Rindfleisch, nach Deutschland zurückzuführen, und von welcher Entwicklung geht die Bundesregierung in Zukunft aus? Internationale Studien im Auftrag der EU-Kommission kommen zu dem Ergebnis , dass die Fleischproduktion speziell in Tropenregionen hauptsächlich zum lokalen und regionalen Konsum genutzt wird. Zum konkreten Anteil der Waldzerstörung durch Importe von Fleisch liegen der Bundesregierung aktuell keine Angaben vor. 23. Wie hat sich die Menge des nach Deutschland importierten Rindfleischs in den letzten zehn Jahren entwickelt, und aus welchen Ländern kam dieses vorrangig (bitte nach Jahren aufschlüsseln)? Übersicht 5 enthält die erbetenen Informationen zum Umfang der deutschen Einfuhren von Rindfleisch sowie zu den wichtigsten Herkunftsländern. Übersicht 5: Deutsche Einfuhr von Rindfleisch1) nach Herkunftsländern Land 2009 2010 2011 2012 2013 2014 2015 2016 2017 2018Tsd. t Deutschland insgesamt 326,3 346,9 380,8 351,5 348,9 355,1 388,9 402,3 422,7 415,2 darunter Niederlande 97,3 96,9 105,5 93,6 86,9 90,7 104,0 109,4 114,7 115,6 Polen 45,4 40,0 40,8 37,5 44,7 44,4 53,8 44,3 53,2 51,4 Österreich 22,7 25,5 33,6 41,2 43,7 42,9 45,6 48,2 50,3 41,9 Frankreich 32,5 35,2 43,3 38,5 35,6 33,3 41,4 40,5 41,3 40,9 Dänemark 21,1 31,1 30,5 31,8 34,3 37,1 30,0 34,9 33,4 34,7 Argentinien 37,1 28,6 27,4 24,2 23,3 19,2 19,6 20,4 22,4 26,2 Belgien 14,4 18,4 23,3 20,0 16,9 17,4 19,7 22,8 22,3 22,5 Italien 18,8 21,2 21,0 10,4 9,6 14,8 16,6 19,2 22,6 18,4 Irland 3,0 6,2 10,1 11,2 11,2 14,5 14,8 15,6 15,8 17,6 Brasilien 10,8 12,6 10,3 7,9 9,6 10,6 9,3 11,2 9,9 10,1 Vereinigtes Königreich 2,0 5,1 4,9 4,0 6,3 4,4 4,6 6,6 8,2 8,2 Uruguay 6,2 6,8 7,7 7,0 8,8 8,4 8,2 8,6 8,2 7,0 Spanien 1,8 1,9 1,7 2,7 1,8 1,9 3,9 3,6 3,8 3,6 USA 0,6 3,2 5,7 6,0 5,9 4,6 4,6 3,4 3,3 3,6 1) Einschließlich Schlachtnebenerzeugnissen von Rindern sowie Zubereitungen und Konserven aus Rindfleisch . Quelle: Statistisches Bundesamt Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode – 19 – Drucksache 19/15348 Vorabfassung - wird durch die lektorierte Version ersetzt. Gesamtherstellung: H. Heenemann GmbH & Co. KG, Buch- und Offsetdruckerei, Bessemerstraße 83–91, 12103 Berlin, www.heenemann-druck.de Vertrieb: Bundesanzeiger Verlag GmbH, Postfach 10 05 34, 50445 Köln, Telefon (02 21) 97 66 83 40, Fax (02 21) 97 66 83 44, www.betrifft-gesetze.de ISSN 0722-8333 Vorabfassung - wird durch die lektorierte Version ersetzt.