Antwort der Bundesregierung auf die Kleine Anfrage der Abgeordneten Katharina Willkomm, Stephan Thomae, Dr. Wieland Schinnenburg, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der FDP – Drucksache 19/14898 – Sachliche Betrachtung des Gefahrenpotenzials von E-Zigaretten und Liquids V o r b e m e r k u n g d e r F r a g e s t e l l e r Die Berichterstattung in Rundfunk und Presse über die gesundheitlichen Folgen der Nutzung von E-Zigaretten ist aus Sicht der Fragesteller dramatisch. Ganz überwiegend werden Fälle geschildert, die sich in den Vereinigten Staaten ereignet haben. Zeitungen und Magazine schreiben über Todesfälle und schwerste Verletzungen aufgrund von explodierenden E-Zigaretten (www. stern.de/gesundheit/explodierende-e-zigarette-sprengt-17-jaehrigem-denkiefer -in-stuecke-8763706.html?utm_campaign=stern_fanpage&utm_medi um=posting&utm_source=twitter / www.spiegel.de/panorama/e-zigaretteexplodiert -24-jaehriger-in-texas-tot-a-1251711.html) oder stark gesundheitsgefährdenden Inhaltsstoffen in aromatisierten Flüssigkeiten, den sogenannten Liquids. Ein Verdacht lautet, dass insbesondere THC-Zusätze (THC = Tetrahydrocannabinol ) oder bestimmte Vitaminzusätze krankheitsauslösend sein könnten (www.zeit.de/wissen/gesundheit/2019-09/e-zigarette-usa-vitamin-etod ). Diese Berichterstattung zeigt hierzulande Wirkung. Die „FAZ“ hat am 10. Oktober 2019 unter Berufung auf Branchenangaben gemeldet, dass angesichts tödlicher Lungenerkrankungen bei E-Zigarettenrauchern in Amerika der Absatz der Produkte in Deutschland eingebrochen sei (www.faz.net/aktuell/ gesellschaft/gesundheit/absatz-von-e-zigaretten-in-deutschland-deutlichzurueckgegangen -16426048.html). In weiteren Artikeln wurde berichtet, die US-amerikanische Regierung beabsichtige , alle nicht nach Tabak schmeckenden Liquids zu verbieten (www.spie gel.de/gesundheit/diagnose/donald-trump-will-aromen-in-e-zigarettenverbieten -a-1286376.html). Der US-Bundesstaat Massachusetts hat als erster US-Bundesstaat den Verkauf von E-Zigaretten vorerst vollständig und bis zum 25. Januar 2020 verboten (www.aerzteblatt.de/nachrichten/106263/US-Bun desstaat-Massachusetts-verbietet-vorerst-Verkauf-von-E-Zigaretten). Auch die indische Regierung verbannt elektronische Zigaretten aus dem Land (www.faz.net/aktuell/wirtschaft/indien-verbietet-e-zigaretten-16390853.html). Der Ruf nach Verboten hat dieser Tage auch Deutschland erreicht. So warnt die Drogenbeauftragte der Bundesregierung, Daniela Ludwig, vor E-Zigaretten und spricht sich für ein Tabakaußenwerbeverbot aus (www.daserste.de/ information/politik-weltgeschehen/mittagsmagazin/videos/schwerpunkt-ezigaretten -als-lifestyle-ard-mittagsmagazin-video-100.html). Demgegenüber Deutscher Bundestag Drucksache 19/15371 19. Wahlperiode 22.11.2019 Die Antwort wurde namens der Bundesregierung mit Schreiben des Bundesministeriums für Gesundheit vom 21. November 2019 übermittelt. Die Drucksache enthält zusätzlich – in kleinerer Schrifttype – den Fragetext. sehen das Bundesministerium für Gesundheit und das Bundesministerium für Landwirtschaft und Ernährung bislang keine Notwendigkeit, übereilt Maßnahmen zu ergreifen (www.egarage.de/e-zigarette-in-bundespressekonferenz/). V o r b e m e r k u n g d e r B u n d e s r e g i e r u n g Ein Schwerpunkt der Gesundheitspolitik der Bundesregierung ist es, den Einstieg in das Rauchen zu verhindern und den Nichtraucheranteil in der Bevölkerung zu erhöhen. Vor dem Hintergrund, dass in den letzten Jahren die Bekanntheit und der Konsum von elektronischen Zigaretten (E-Zigaretten) stark zugenommen haben, beobachtet die Bundesregierung diese Produkte hinsichtlich ihres möglichen Gefährdungspotentials für Nutzerinnen und Nutzer und für Passivraucherinnen und Passivraucher sowie hinsichtlich ihres Suchtpotentials und sonstiger Risiken intensiv. Mit einem von der Bundesregierung beauftragten Review hat das Deutsche Krebsforschungszentrum (dkfz) einen umfassenden Überblick über den aktuellen Stand der Forschung zu möglichen Auswirkungen des Konsums von E- Zigaretten und Tabakerhitzern erarbeitet. Die vorliegenden Daten zeigen, dass E-Zigaretten zwar im Vergleich zu Tabakzigaretten weniger Schadstoffe im Aerosol enthalten, sie aber trotzdem keine harmlosen Konsumprodukte sind. Die gesundheitlichen Folgen des Langzeitkonsums von E-Zigaretten lassen sich noch nicht abschätzen. Ebenfalls im Auftrag der Bundesregierung untersucht die Universität Düsseldorf derzeit im Rahmen einer Studie (Deutsche Befragung zum Rauchverhalten – DEBRA II) das Rauchverhalten in der deutschen Bevölkerung. Ziel der Studie ist es, u. a. die Konsumhäufigkeit von E-Zigaretten und Tabakerhitzern sowie relevante Konsummuster zu erfassen. Zur Stärkung des Verbraucherschutzes bei Vergiftungen haben die Koalitionsparteien im Koalitionsvertrag die Einrichtung eines nationalen Vergiftungsregisters beim Bundesinstitut für Risikobewertung (BfR) vereinbart. Im Rahmen des Forschungsprojekts PiMont (Pilotprojekt „Nationales Monitoring von Vergiftungen “) des Bundesministeriums für Umwelt, Naturschutz und nukleare Sicherheit (BMU) zur Erprobung eines Nationalen Vergiftungsregisters beim Bundesamt für Risikobewertung (BfR) wurden u.a. Anfragen zu Expositionen gegenüber E-Zigaretten oder E-Liquids von allen deutschen Giftinformationszentren in den Zeiträumen von Januar 2015 bis November 2017 sowie von Mai 2018 bis Februar 2019 zusammengeführt. 1. Sind der Bundesregierung irgendwelche Todesfälle oder Verletzungen infolge der Benutzung defekter E-Zigaretten in Deutschland bekannt? Dem BfR sind zwei Fälle von Verletzungen in Folge der Benutzung defekter E- Zigaretten in Deutschland bekannt geworden. Eine ärztliche Meldung gemäß § 16e des Chemikaliengesetzes (ChemG) betrifft einen Fall, in dem eine Person am Arbeitsplatz Rauchgase einatmete, die bei der Explosion einer E-Zigarette in ihrer Nähe freigesetzt wurden. Im Rahmen des Forschungsprojekts PiMont wurde außerdem über einen Fall berichtet, bei dem aus einer undichten E- Zigarette Liquid austrat und verschluckt wurde. In der Folge traten Bauchschmerzen und Erbrechen auf. Der Schweregrad wurde nach dem Poisoning Severity Score als leicht eingestuft. Drucksache 19/15371 – 2 – Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode 2. Sind der Bundesregierung irgendwelche Todesfälle oder Verletzungen infolge des Konsumierens von Liquids in E-Zigaretten in Deutschland bekannt ? Das BfR erhält seit dem Jahr 1990 gemäß § 16e Absatz 2 ChemG ärztliche Mitteilungen zu Vergiftungen. Zusätzlich berichten die Giftinformationszentren der Länder dem BfR gemäß § 16e Absatz 3 ChemG von „Erkenntnissen aufgrund ihrer Tätigkeit, die für die Beratung und Behandlung von stoffbezogenen Erkrankungen von allgemeiner Bedeutung sind“. Im Rahmen der 8. Sitzung der BfR-Kommission „Bewertung von Vergiftungen“ im April 2012 haben die dort vertretenen Giftinformationszentren über die ihnen bekannten Fällen zu den seinerzeit neuen E-Zigaretten berichtet, darunter einen Fall aus dem Jahr 2011, bei dem eine Frau nach dem wiederholten Gebrauch einer E-Zigarette Symptome einer Lungenentzündung entwickelte. Der Kausalzusammenhang zwischen Erkrankung und E-Zigarettengebrauch wurde damals als unwahrscheinlich eingestuft . Dem BfR liegen im Rahmen der oben genannten Meldewege 21 Mitteilungen zu Vergiftungen mit E-Zigaretten bzw. E-Liquids vor. Die Aufnahme erfolgte in zwölf Fällen oral, in sieben Fällen inhalativ, in einem Fall über das Auge und in einem Fall über die Haut. Vier Fälle waren asymptomatisch, in zehn Fällen waren die Symptome bei einer Bewertung nach dem Poisoning Severity Score leicht, in zwei Fällen mittelschwer und in zwei Fällen schwer. In drei Fällen war der Schweregrad nicht bekannt. Bei den beiden schwer verlaufenden Fällen handelt es sich jeweils um die orale Aufnahme von E-Liquid in suizidaler Absicht . Einer der beiden schweren Fälle hatte einen tödlichen Ausgang. Zu diesem Fall wurde auch wissenschaftlich publiziert (Bartschat S. et al. 2015, www.ncbi.nlm.nih.gov/pubmed/25239221). Im Rahmen des Forschungsprojekts PiMont wurden u. a. Anfragen zu Expositionen gegenüber E-Zigaretten oder E-Liquids von allen deutschen Giftinformationszentren in den Zeiträumen Januar 2015 bis November 2017 sowie Mai 2018 bis Februar 2019 zusammengeführt. Insgesamt wurden 851 Expositionsfälle mit Symptomen oder Vergiftungsverdacht registriert. Bei insgesamt 71 Fällen handelte es sich um inhalative Expositionen. Zu elf dieser 71 Fälle liegen prospektiv erstellte Fallberichte sowie klinische Fallinformationen vor. Zehn dieser Fälle verliefen ohne Symptome oder mit leichter Symptomatik; ein Fall nahm einen mittelschweren Verlauf mit mehrfachem Erbrechen, Husten und leichter Atemnot. Todesfälle wurden in der PiMont-Studie nicht registriert. 3. Untersucht die Bundesregierung die langfristigen gesundheitlichen Auswirkungen des Gebrauchs zugelassener Liquids? 4. Welche Aussagen kann die Bundesregierung aufgrund ihrer Erkenntnisse hinsichtlich der gesundheitlichen Auswirkungen des Gebrauchs zugelassener E-Zigaretten und Liquids machen? Aufgrund des Sachzusammenhangs werden die Fragen 3 und 4 gemeinsam beantwortet . Nach der europäischen Richtlinie 2014/40/EU zur Angleichung der Rechtsund Verwaltungsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Herstellung, die Aufmachung und den Verkauf von Tabakerzeugnissen und verwandten Erzeugnissen und zur Aufhebung der Richtlinie 2001/37/EG (Tabakproduktrichtlinie) unterliegen elektronische Zigaretten und Liquids keiner Zulassung, sodass Aussagen zu den Fragen 3 und 4 nicht möglich sind. Im Übrigen wird hinsichtlich der gesundheitlichen Auswirkungen des Konsums elektronischer Zigaretten und Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode – 3 – Drucksache 19/15371 Liquids auf die Vorbemerkung und die Antworten zu den Fragen 1, 2 und 11 einschließlich der dort genannten Veröffentlichungen verwiesen. 5. Welche Rolle kommt aus Sicht der Bundesregierung E-Zigaretten und deren Liquids zu, um Tabakrauchern zu helfen, das Rauchen aufzugeben oder den gesundheitsschädlichen Tabakkonsum jedenfalls zu reduzieren? Die wissenschaftliche Datenlage zur Wirksamkeit von E-Zigaretten bei der Tabakentwöhnung ist derzeit noch unzureichend. In der S3-Leitlinie „Screening, Diagnose und Behandlung des schädlichen und abhängigen Tabakkonsums“ der beteiligten Fachgesellschaften wird der Einsatz der E-Zigarette zur Raucherentwöhnung wegen fehlender Evidenz derzeit nicht empfohlen. Das Bundesministerium für Gesundheit (BMG) hat zudem im Jahr 2015 eine Nachbefragung der Teilnehmenden am „Rauchfrei Programm“ beauftragt, um die Wirkung der E- Zigarette in diesem Kontext zu erforschen. Die Nutzung der E-Zigarette zeigte dabei einen signifikanten negativen Einfluss auf die Abstinenz. Nutzende der E-Zigarette waren nach einem Jahr seltener abstinent als die übrigen Kursteilnehmende (20 Prozent versus 39 Prozent). Der Abschlussbericht ist unter www.bundesgesundheitsministerium.de/service/publikationen/drogen-undsucht /details.html?bmg%5Bpubid%5D=2944 abrufbar. 6. Welche Kenntnisse hat die Bundesregierung dazu, wie das Verhältnis von Liquids für E-Zigaretten mit und ohne Nikotingehalt an den in Deutschland verkauften Liquids ist? Im Rahmen der BMG-geförderten DEBRA-Studie (www.debra-study.info) wird regelmäßig auch die Nutzung von E-Zigaretten erhoben. Danach konsumiert aktuell 1,8 Prozent der Bevölkerung in Deutschland E-Zigaretten. Von diesen aktuell Nutzenden konsumieren 70,7 Prozent die E-Zigarette ausschließlich oder hauptsächlich mit nikotinhaltigen Liquids (44,2 Prozent ausschließlich mit Nikotin, 26,4 Prozent hauptsächlich mit Nikotin). 25,8 Prozent konsumieren die E-Zigarette ausschließlich oder hauptsächlich ohne nikotinhaltige Liquids (15,8 Prozent ausschließlich ohne Nikotin, 10 Prozent hauptsächlich ohne Nikotin, 2,3 Prozent keine Angabe). 7. In welchem jeweiligen prozentualen Umfang setzt sich die Gruppe der E- Zigarettenkonsumenten nach Kenntnis der Bundesregierung aus Nikotinerstkonsumenten beziehungsweise Umsteigern von Tabakzigaretten zusammen ? Nach der DEBRA-Studie setzt sich die Gruppe der aktuellen E-Zigarettennutzenden wie folgt zusammen: • 75,1 Prozent aktuelle Tabakrauchende, • 15,8 Prozent ehemalige Tabakrauchende, • 9,1 Prozent niemals Tabakrauchende. Drucksache 19/15371 – 4 – Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode 8. Wie wird aus Sicht der Bundesregierung eine Zurückdrängung des E- Zigarettenkonsums zu einem Anstieg des Tabakkonsums führen oder zum Anwachsen der Nichtrauchergruppe? Entsprechende Prognosen sind nicht möglich. Aufgrund der noch geringen Marktdurchdringung von E-Zigaretten werden jedoch keine substantiellen Wirkungen erwartet. 9. Erfasst die Bundesregierung, und falls ja, mit welchen technischen Mitteln , in welchem Umfang Verbraucher in Deutschland, die E-Zigaretten oder Liquids über das Internet von außerhalb der EU beziehen? 10. Welche Anstrengungen unternimmt die Bundesregierung, um eigene Kenntnisse über die Einführung von E-Zigaretten und Liquids von außerhalb der EU zu bekommen? Aufgrund ihres Sachzusammenhangs werden die Fragen 9 und 10 gemeinsam beantwortet. Der Bundesregierung liegen zum Umfang der Einfuhr von E-Zigaretten und Nachfüllbehältern und entsprechenden internationalen Warenströmen keine statistischen Informationen vor. Der grenzüberschreitende Fernabsatz an Verbraucherinnen und Verbraucher – auch aus dem EU-Ausland – bedarf gemäß § 22 Absatz 1 Nummer 2 Tabakerzeugnisgesetz (TabakerzG) einer Registrierung bei den zuständigen Marktüberwachungsbehörden der Länder. Diesen Behörden obliegt auch die Kontrolle der Einhaltung der tabakrechtlichen Vorschriften. Für die Kontrolle von in den Gemeinschaftsmarkt eingeführten Produkten ist zudem nach § 27 Absatz 2 TabakerzG und der Verordnung (EG) Nr. 765/2008 über die Vorschriften für die Akkreditierung und Marktüberwachung im Zusammenhang mit der Vermarktung von Produkten und zur Aufhebung der Verordnung (EWG) Nr. 339/93 eine Zusammenarbeit zwischen Marktüberwachungs - und Zollbehörden vorgesehen. Zollanmeldungen enthalten keine Angaben über die Handelsstufe der Einführer und die Bezugswege von Waren. 11. In welchem Umfang informiert sich die Bundesregierung über international erstellte Studien zu E-Zigarettenkonsum und damit einhergehenden gesundheitlichen Auswirkungen? Die Bundesregierung beobachtet kontinuierlich die Entwicklung des Forschungsstandes zu den Risiken der E-Zigaretten. Das BMG hat zudem das dkfz Anfang des Jahres 2019 beauftragt, ein Review zu erstellen, das alle aktuellen Forschungserkenntnisse zu E-Zigaretten zusammenfasst. Die Kurzfassung des Abschlussberichtes wurde bereits auf der Internetseite des BMG veröffentlicht (www.bundesgesundheitsministerium.de/fileadmin/Dateien/5_Publikationen/ Drogen_und_Sucht/Berichte/Abschlussbericht/Abschlussbericht_Kurzfas sung_Review_E-Zigaretten_Tabakerhitzer_final.pdf). Die Ergebnisse werden anlässlich der jährlichen Tabakkonferenz des dkfz Anfang Dezember in Heidelberg vorgestellt. Darüber hinaus beobachtet das BfR die aktuelle Situation in den USA genau, wo in kurzer Zeit über 2000 schwere Lungenerkrankungen und 39 Todesfälle von E-Zigarettenkonsumentinnen und E-Zigarettenkonsumenten gemeldet wurden . Das BfR steht im Austausch mit den U.S. Centers for Disease Control and Prevention (CDC). Das BfR erarbeitete dazu eine Stellungnahme, die auf der Internetseite veröffentlicht wurde: www.bfr.bund.de/de/presseinformation/ 2019/43/dampfen__bfr_raet_vom_selbstmischen_von_e_liquids_ab- 243082.html Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode – 5 – Drucksache 19/15371 12. Besteht aus Sicht der Bundesregierung zusätzlicher Regulierungsbedarf für in Deutschland vertriebene E-Zigaretten und Liquids? Derzeit wird u. a. eine Einbeziehung nikotinfreier E-Zigaretten in das Tabakrecht im parlamentarischen Raum diskutiert. 13. Wie begründet die Bundesregierung inhaltlich (also über die formale Vorgabe in Artikel 20 Absatz 2 der Tabakprodukterichtlinie 2014/40/EU hinausgehend ) die Dauer von sechs Monaten „Stillhaltepflicht“? Artikel 20 Absatz 2 der Tabakproduktrichtlinie sieht vor, dass die Hersteller und Importeure von elektronischen Zigaretten und Nachfüllbehältern den zuständigen Behörden der Mitgliedstaaten jegliche derartige Erzeugnisse melden, die sie in Verkehr zu bringen beabsichtigen. Die Meldung muss in elektronischer Form sechs Monate vor dem beabsichtigten Inverkehrbringen erfolgen. Es handelt sich um zwingend umzusetzende europäische Richtlinienvorgaben, die in den Verantwortungsbereich der europäischen Gesetzgebung fallen. 14. Wie ist nach Kenntnis der Bundesregierung über die letzten fünf Jahre durchschnittlich pro Jahr die Relation zwischen der Dauer der „Stillhaltepflicht “ und der tatsächlichen Prüfdauer der mitteilungspflichtigen Angaben ? Über Art und Umfang der Überwachungstätigkeiten der zuständigen Landesbehörden liegen der Bundesregierung keine statistischen Informationen vor. 15. Sieht die Bundesregierung derzeit Bedarf, die Tabakprodukterichtlinie zu überarbeiten, und wenn ja, in welchen Punkten? 16. Wird die Bundesregierung die Überarbeitung der Tabakprodukterichtlinie auf EU-Ebene initiieren bzw. unterstützen? Die Fragen 15 und 16 werden aufgrund ihres Sachzusammenhangs gemeinsam beantwortetet. Nach Artikel 28 der Tabakproduktrichtlinie legt die Europäische Kommission spätestens fünf Jahre nach dem 20. Mai 2016 einen Bericht über die Anwendung der Tabakproduktrichtlinie vor. Dabei ist u. a. besonderes Augenmerk auf die Marktentwicklung in Bezug auf elektronische Zigaretten und Nachfüllbehälter zu legen. Dieser Bericht sollte abgewartet werden, um auf dessen Grundlage etwaigen Überarbeitungsbedarf zu prüfen. 17. Sieht die Bundesregierung angesichts der im Vortext zitierten Berichterstattung Bedarf, selbst zu einer stärker differenzierten Darstellung hinsichtlich der bekannten und begründeten Auswirkungen des Konsumierens von E-Zigaretten beizutragen? Die Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung informiert über die „rauchfrei“-Kampagnen zum Thema „E-Zigarette“. Darüber hinaus gehört zu den Aufgaben des BfR neben der Risikobewertung auch die Risikokommunikation . Hierzu wird auf die Antwort auf Frage 11 und die dort genannte Stellungnahme des BfR Bezug genommen. Drucksache 19/15371 – 6 – Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode 18. Welchen quantifizierbaren volkswirtschaftlichen Nutzen (z. B. durch geschaffene Arbeitsplätze und Steuereinnahmen) sieht die Bundesregierung in der Tabakindustrie in Deutschland einerseits und der E-Zigarettenindustrie in Deutschland andererseits? Der Bundesregierung liegen zu dem durch die Tabakindustrie und die E-Zigarettenindustrie in Deutschland generierten volkswirtschaftlichen Nutzen keine Erkenntnisse vor. Die Einnahmen aus der Tabaksteuer bewegten sich in den letzten 5 Jahren innerhalb der Bandbreite von 14,1 Mrd. und 14,9 Mrd. Euro. E-Zigaretten unterliegen in Deutschland jedoch nicht der Tabaksteuer. 19. Welche quantifizierbare volkswirtschaftliche Belastung (z. B. durch Krankheitskosten) sieht die Bundesregierung in der Tabakindustrie in Deutschland einerseits und in der E-Zigarettenindustrie in Deutschland andererseits? Ein Gutachten der Universität Hamburg beziffert die volkswirtschaftlichen Kosten des Rauchens aus Sicht der Unternehmen und der Wirtschaft auf 56,14 Milliarden Euro jährlich (www.drogenbeauftragte.de/fileadmin/dateiendba /Drogenbeauftragte/2_Themen/2_Suchtstoffe_und_Abhaengigkeiten/ 1_Tabak/Downloads/Expertise_Effertz_KostendesRauchens_Infopa pier_12042019.pdf). Vergleichbare Gutachten oder Studien zu E-Zigaretten liegen nicht vor. Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode – 7 – Drucksache 19/15371 Gesamtherstellung: H. Heenemann GmbH & Co. KG, Buch- und Offsetdruckerei, Bessemerstraße 83–91, 12103 Berlin, www.heenemann-druck.de Vertrieb: Bundesanzeiger Verlag GmbH, Postfach 10 05 34, 50445 Köln, Telefon (02 21) 97 66 83 40, Fax (02 21) 97 66 83 44, www.betrifft-gesetze.de ISSN 0722-8333