Antwort der Bundesregierung auf die Kleine Anfrage der Abgeordneten Katharina Willkomm, Stephan Thomae, Grigorios Aggelidis, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der FDP – Drucksache 19/14900 – Schwerpunktstaatsanwaltschaften V o r b e m e r k u n g d e r F r a g e s t e l l e r Die die Bundesregierung tragenden Parteien haben ihren „Pakt für den Rechtsstaat “ im Koalitionsvertrag zwischen CDU, CSU und SPD ausdrücklich damit begründet, den Rechtsstaat handlungsfähig erhalten zu wollen. „Dies stärkt auch das Vertrauen in die rechtsstaatliche Demokratie. Wir werden einen Pakt für den Rechtsstaat auf Ebene der Regierungschefinnen und chefs von Bund und Ländern schließen.“ (www.bundesregierung.de/resource/blob/656734/ 847984/5b8bc23590d4cb2892b31c987ad672b7/2018-03-14-koalitionsvertragdata .pdf?download=1%20–%20Zeile%205742%20ff.%20KoaV). Ein möglicher Aspekt (unter vielen) zur Stärkung der Handlungsfähigkeit des Rechtsstaates ist aus Sicht der Fragesteller die Schaffung von Schwerpunktstaatsanwaltschaften . Der Bundesgesetzgeber hat mit § 143 Absatz 4 des Gerichtsverfassungsgesetzes (GVG) die entsprechende Grundlage dafür geschaffen . Danach kann den Beamten einer Staatsanwaltschaft für die Bezirke mehrerer Land- oder Oberlandesgerichte die Zuständigkeit für die Verfolgung bestimmter Arten von Strafsachen, die Strafvollstreckung in diesen Sachen sowie die Bearbeitung von Rechtshilfeersuchen von Stellen außerhalb des räumlichen Geltungsbereichs dieses Gesetzes zugewiesen werden, sofern dies für eine sach-dienliche Förderung oder schnellere Erledigung der Verfahren zweckmäßig ist. V o r b e m e r k u n g d e r B u n d e s r e g i e r u n g Die Bildung von Schwerpunktstaatsanwaltschaften, die nach § 143 Absatz 4 des Gerichtsverfassungsgesetzes zulässig ist, obliegt allein den nach dem Grundgesetz für die Justiz zuständigen Ländern. Die Ausgestaltung der Zuweisung nach § 143 Absatz 4 des Gerichtsverfassungsgesetzes richtet sich nach Landesrecht. Zuständig für staatsanwaltschaftliche Konzentrationszuweisungen innerhalb des Bezirks eines Oberlandesgerichts ist der Generalstaatsanwalt oder die Generalstaatsanwältin, im Übrigen die jeweilige Landesjustizverwaltung. Der Bundesregierung obliegt es nicht, die allein den Ländern zustehende Prüfung vorzunehmen, wann, wo oder zu welchen Anwendungsfeldern oder Deutscher Bundestag Drucksache 19/15373 19. Wahlperiode 22.11.2019 Die Antwort wurde namens der Bundesregierung mit Schreiben des Bundesministeriums der Justiz und für Verbraucherschutz vom 21. November 2019 übermittelt. Die Drucksache enthält zusätzlich – in kleinerer Schrifttype – den Fragetext. Rechtsgebieten Schwerpunktstaatsanwaltschaften gebildet werden. Ferner weist die Bundesregierung darauf hin, dass es neben der Möglichkeit der Bildung von Schwerpunktstaatsanwaltschaften auch andere Formen der Spezialisierung der Arbeit der Staatsanwaltschaften gibt. So können zu bestimmten Themenfeldern Zentralstellen oder Sonderdezernate innerhalb einer Staatsanwaltschaft gebildet werden. Von diesen Möglichkeiten machen die Länder ebenfalls umfangreichen Gebrauch.  1. Für welche Anwendungsfelder beziehungsweise Rechtsgebiete bestehen nach Kenntnis der Bundesregierung Schwerpunktstaatsanwaltschaften? Der Bundesregierung sind Schwerpunktstaatsanwaltschaften zu folgenden Themenfeldern bekannt, wobei es sich nicht um eine abschließende Liste handelt: Doping, Wirtschaftskriminalität, Steuerstrafsachen, Korruptionskriminalität, Geldwäsche, Umweltstrafsachen, Internet- und Kommunikationskriminalität (Computerkriminalität), Staatsschutzdelikte, organisierte Kriminalität, Betäubungsmittelkriminalität , Bekämpfung der Kinderpornografie, Bekämpfung von Fehlverhalten im Gesundheitswesen, nationalsozialistische Gewaltverbrechen, terroristische Straftaten, Schifffahrtssachen.  2. An welchen Gerichten bestehen diese Schwerpunktstaatsanwaltschaften nach Kenntnis der Bundesregierung? Nach Kenntnis der Bundesregierung sind in den Ländern – ohne Anspruch auf Vollständigkeit der Liste, die auf Informationen aus den Ländern beruht – folgende Schwerpunktstaatsanwaltschaften eingerichtet: Baden-Württemberg • Staatsanwaltschaft Freiburg: Doping; • Staatsanwaltschaft Mannheim: Wirtschaftskriminalität, Internet- und Kommunikationskriminalität („Cybercrime“); • Staatsanwaltschaft Stuttgart: Wirtschaftskriminalität, Staatsschutzdelikte, organisierte Kriminalität. Bayern • Generalstaatsanwaltschaft Bamberg: Cyberkriminalität; • Staatsanwaltschaft Würzburg: Wirtschafts- und Steuerstrafsachen; • Staatsanwaltschaft Augsburg: Wirtschaftskriminalität; • Staatsanwaltschaft München I: Doping, Bekämpfung von Fehlverhalten im Gesundheitswesen, nationalsozialistische Gewaltverbrechen; • Staatsanwaltschaft Regensburg: Steuer- und Wirtschaftsdelikte. Brandenburg • Staatsanwaltschaft Cottbus: Computerkriminalität; • Staatsanwaltschaft Neuruppin: Korruptionsdelikte; • Staatsanwaltschaft Frankfurt (Oder): Organisierte Kriminalität; • Staatsanwaltschaft Frankfurt (Oder) – Zweigstelle Eberswalde: Geldwäsche. Drucksache 19/15373 – 2 – Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode Hessen • Staatsanwaltschaft Frankfurt am Main: Wirtschafts- und Umweltstrafsachen. Mecklenburg-Vorpommern • Staatsanwaltschaft Rostock: Informations- und Kommunikationskriminalität („Cybercrime“), Bekämpfung des Terrorismus und Extremismus. Niedersachsen • Staatsanwaltschaft Braunschweig: Bekämpfung der Korruptionskriminalität; • Staatsanwaltschaft Hannover: Bekämpfung gewaltdarstellender, pornographischer oder sonst jugendgefährdender Schriften, Korruptionsdelikte, Wirtschaftsstrafsachen , Betäubungsmittelstrafsachen; • Staatsanwaltschaft Lüneburg: Staatsschutzdelikte. Nordrhein-Westfalen • Staatsanwaltschaft Düsseldorf: Bekämpfung der Wirtschaftskriminalität; • Staatsanwaltschaft Bielefeld: Wirtschafts- und Korruptionsstrafsachen; • Staatsanwaltschaft Köln: Wirtschaftsstrafsachen; • Staatsanwaltschaft Bochum: Wirtschaftsstrafsachen. Rheinland-Pfalz • Staatsanwaltschaft Mainz: Schifffahrtssachen; • Staatsanwaltschaft Koblenz: Wirtschaftsstrafsachen. Sachsen-Anhalt • Staatsanwaltschaft Halle: Bekämpfung von organisierter Kriminalität. Schleswig-Holstein • Staatsanwaltschaft Flensburg: Staatsschutzdelikte; • Staatsanwaltschaft Kiel: Wirtschaftsdelikte, Korruptionsdelikte; • Staatsanwaltschaft Lübeck: Wirtschaftsdelikte. Thüringen • Staatsanwaltschaft Erfurt: Bekämpfung von Korruptionsdelikten; • Staatsanwaltschaft Gera: Bekämpfung von Organisierter Kriminalität; • Staatsanwaltschaft Meiningen: Vermögensstraftaten im Gesundheitswesen; • Staatsanwaltschaft Mühlhausen: Bekämpfung von Wirtschaftsstrafsachen und IT-Kriminalität.  3. Seit wann bestehen nach Kenntnis der Bundesregierung die jeweiligen Schwerpunktstaatsanwaltschaften? Hierüber liegen der Bundesregierung keine Erkenntnisse vor.  4. Wie bewertet die Bundesregierung die jeweilige personelle und sachliche Ausstattung der jeweiligen Schwerpunktstaatsanwaltschaften? Dies zu beurteilen obliegt allein den jeweils zuständigen Ländern. Über die Ausstattung der Schwerpunktstaatsanwaltschaften liegen der Bundesregierung keine Informationen vor. Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode – 3 – Drucksache 19/15373  5. Sieht die Bundesregierung Bedarf für die Einrichtung neuer Schwerpunktstaatsanwaltschaften ?  6. Auf welchen Anwendungsfeldern sieht die Bundesregierung Bedarf für den Ausbau von Schwerpunktstaatsanwaltschaften?  7. Auf welchen Anwendungsfeldern bleibt nach Auffassung der Bundesregierung derzeit oder künftig kein weiterer Bedarf an Schwerpunktstaatsanwaltschaften , wo sie derzeit bestehen? Die Fragen 5 bis 7 werden gemeinsam beantwortet. Die Entscheidung über den Bedarf für neue oder den Ausbau bestehender Schwerpunktstaatsanwaltschaften sowie über die Frage, für welche Schwerpunktstaatsanwaltschaften kein Bedarf besteht, liegt ausschließlich in der Zuständigkeit der Länder.  8. Werden Schwerpunktstaatsanwaltschaften nach Kenntnis der Bundesregierung im Vergleich zu nichtspezialisierten Staatsanwaltschaften stärker personell und sachlich ausgestattet? Hierüber liegen der Bundesregierung keine Erkenntnisse vor.  9. Mittels welcher Verfahren und nach welchen Kriterien wird die Zweckmäßigkeit im Sinne von § 143 Absatz 4 letzter Halbsatz GVG festgestellt ? 10. Welche Stellen auf Länderebene stellen nach Kenntnis der Bundesregierung die in der Frage 9 angesprochene Zweckmäßigkeit fest? Die Fragen 9 und 10 werden gemeinsam beantwortet. Für die Festlegung der Verfahren und Kriterien für die Feststellung der Zweckmäßigkeit sind die Länder zuständig. Entschieden wird hierüber durch die Landesjustizverwaltung oder die zuständige Generalstaatsanwaltschaft. 11. Wird nach Kenntnis der Bundesregierung nach der Einrichtung von Schwerpunktstaatsanwaltschaften geprüft, ob und in welchem Umfang deren Einrichtung die Erledigung von Verfahren sachdienlich fördert oder beschleunigt? Hierüber liegen der Bundesregierung keine Erkenntnisse vor. 12. Wo werden die in Frage 11 erfragten Prüfungsergebnisse erfasst, und hat die Bundesregierung regelmäßig Zugang zu diesen Prüfergebnissen? Zu der Frage, wo die Prüfungsergebnisse erfasst werden, liegen der Bundesregierung keine Erkenntnisse vor. Die Bundesregierung hat keinen regelmäßigen Zugang zu den Prüfungsergebnissen. Drucksache 19/15373 – 4 – Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode Gesamtherstellung: H. Heenemann GmbH & Co. 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