Antwort der Bundesregierung auf die Kleine Anfrage der Abgeordneten Otto Fricke, Hartmut Ebbing, Thomas Hacker, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der FDP – Drucksache 19/14928 – Förderung Kultureller Bildung in der Stiftung Berliner Mauer V o r b e m e r k u n g d e r F r a g e s t e l l e r Laut Bundeszentrale für politische Bildung meint kulturelle Bildung den „Lern- und Auseinandersetzungsprozess des Menschen mit sich, seiner Umwelt und der Gesellschaft im Medium der Künste und ihrer Hervorbringungen “ (www.bpb.de/gesellschaft/bildung/kulturelle-bildung/59910/was-istkulturelle -bildung?p=all, abgerufen am 23. Juli 2019). Sie befähige Bürgerinnen und Bürger zur „Teilhabe an kulturbezogener Kommunikation mit positiven Folgen für die gesellschaftliche Teilhabe insgesamt“ (ebd.). Durch die Teilhabe an Kultur kann ein gemeinsames Kulturverständnis geschaffen und somit der gesellschaftliche Zusammenhalt gestärkt werden. Auch deshalb rückt die kulturelle Bildung immer stärker in den Blick der Öffentlichkeit (www.bmbf.de/de/kulturelle-bildung-5890.html, abgerufen am 17. Juli 2019). Gerade im letzten Jahrzehnt hat die Diskussion um die Wichtigkeit kultureller Bildung an Fahrt aufgenommen. So wird sie als ebenso wichtig für die Identitätsfindung von Gemeinschaft und Individuum wie auch für die Stärkung des Selbstbewusstseins im Umgang mit eigenen Ideen angesehen (www.bmbf. de/de/kulturelle-bildung-macht-kinder-selbstbewusst-2629.html, abgerufen am 17. Juli 2019). Kulturelle Bildung hat als Bestandteil von Bildung drei Funktionen: Sie trägt zur Persönlichkeitsbildung bei, ermöglicht politische und gesellschaftliche Teilhabe und bereitet letztlich auch auf die Berufstätigkeit vor (www.bpb.de/gesellschaft/bildung/kulturelle-bildung/59910/was-istkulturelle -bildung?p=all, abgerufen am 23. Juli 2019). In der Diskussion um die Integration und Förderung von Kindern und Jugendlichen mit Migrationshintergrund spielt kulturelle Bildung deshalb eine wichtige Rolle (www.kubionline .de/artikel/kulturelle-bildung-gesellschaftlicher-zusammenhalt-subjektestaerken -rahmenbedingungen, abgerufen am 17. Juli 2019). Die Entwicklung und Umsetzung eigener Ideen kann das Selbstbewusstsein von Kindern und Jugendlichen fördern, und ein gemeinsamer Lernprozess kann die Entwicklung von Team- und Kritikfähigkeit unterstützen (www.bm bf.de/de/kulturelle-bildung-macht-kinder-selbstbewusst-2629.html, abgerufen 17. Juli 2019). Kulturelle Bildung richtet sich im Rahmen des Lebenslangen Lernens an Lernende aller Altersklassen und unterstützt so auch den generationsübergreifenden Diskurs. Deutscher Bundestag Drucksache 19/15391 19. Wahlperiode 22.11.2019 Die Antwort wurde namens der Bundesregierung mit Schreiben der Beauftragten der Bundesregierung für Kultur und Medien vom 21. November 2019 übermittelt. Die Drucksache enthält zusätzlich – in kleinerer Schrifttype – den Fragetext. Auch die Auseinandersetzung mit Ideen und Konzepten, die unsere Gesellschaft geprägt haben und prägen, kann Teil kultureller Bildung sein, somit den gesellschaftlichen Zusammenhalt stärken und neue Kommunikationskanäle öffnen (www.kubi-online.de/artikel/kulturelle-bildung-gesellschaftlicherzusammenhalt -subjekte-staerken-rahmenbedingungen, abgerufen 17. Juli 2019). Die Reflexion der eigenen Kultur und die Findung der eigenen Identität eröffnen uns einen neuen Horizont und ermöglichen uns einen ungezwungenen Umgang mit Ideen und Konzepten anderer Kulturen. Die Auseinandersetzung mit kulturellen Inhalten wie Musik, Bildende Kunst, Literatur, Theater und Tanz hilft Menschen, ganz egal welcher Altersklasse, eine breitere Allgemeinbildung zu erlangen. So ermöglicht sie auch, neben der Vorbereitung auf die Berufstätigkeit, politische und gesellschaftliche Teilhabe (www.bpb.de/gesell schaft/bildung/kulturelle-bildung/59910/was-ist-kulturelle-bildung?p=1, abgerufen am 29. März 2019). Hinsichtlich der genannten Aspekte bedarf es nach Ansicht der Fragesteller einer genaueren Beleuchtung, inwieweit schon heute kulturelle Bildung einen wesentlichen Bestandteil in den vom Staat geförderten öffentlichen Kulturorganisation darstellt. In den Augen der Fragesteller ist kulturelle Bildung auch eine wichtige Aufgabe der vom Staat geförderten öffentlichen Kulturorganisationen . 1. Wie hoch ist der Anteil des Zuschusses, den die Stiftung Berliner Mauer aus dem Bundeshaushalt erhält, der für kulturelle Bildung aufgewendet wird (bitte absolut und prozentual angeben)? Durch den Stiftungszweck der Stiftung Berliner Mauer (SBM) ist die gesamte Bundeszuwendung, also 100 Prozent der vom Bund im Haushaltsjahr 2018 an die SBM ausgereichten Mittel, bildungsbezogen. Die institutionelle Bundeszuwendung 2018 an die SBM belief sich auf 1.483.000 Euro. Zuschüsse für Investitionen und/ oder zusätzliche Projekte hat die SBM im Haushaltsjahr 2018 vom Bund nicht erhalten. 2. Welche konkreten Vereinbarungen hat die Bundesregierung mit der Stiftung Berliner Mauer bezüglich der Förderung kultureller Bildung getroffen ? Die institutionelle Zuwendung der Beauftragten der Bundesregierung für Kultur und Medien (BKM) an Zuwendungsempfänger ist mittels Auflage im Zuwendungsbescheid grundsätzlich mit dem Ziel aktiver Bildungs- und Vermittlungsarbeit verbunden. Dies ist ebenso für die Stiftung Berliner Mauer der Fall. Auf diese Weise trägt die BKM auch der Tatsache Rechnung, dass kulturelle Bildung im Zusammenhang mit Demokratieerziehung in außerschulischen Lernorten an Bedeutung gewonnen hat. Drucksache 19/15391 – 2 – Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode 3. Welche Instrumente nutzt die Stiftung Berliner Mauer nach Kenntnis der Bundesregierung aktuell im Bereich der kulturellen Bildung (bitte aufzählen und erläutern)? a) Hat die Bundesregierung Kenntnisse über konkrete Pläne der Stiftung Berliner Mauer bezüglich einer Erweiterung des Angebotes für kulturelle Bildung, und wenn ja, welche Veränderungen sind vorgesehen? b) Hat die Bundesregierung Kenntnisse über konkrete Pläne der Stiftung Berliner Mauer bezüglich einer Einschränkung des Angebotes für kulturelle Bildung, und wenn ja, welche Veränderungen sind vorgesehen? Die SBM nutzt für die historisch-politische Bildung, die einen Kernbereich ihrer Arbeit darstellt, eine breite Palette verschiedener Instrumente. Vorgestellt werden im Folgenden Angebote der personellen Vermittlung. Ein wesentlicher Baustein der Bildungsarbeit sind Führungen, die an allen Standorten der SBM durchgeführt werden, d. h. an der Gedenkstätte Berliner Mauer, der Erinnerungsstätte Notaufnahmelager Marienfelde, der Gedenkstätte Günter Litfin und der East Side Gallery. Sämtliche Führungen folgen dem Prinzip , inhaltlich und methodisch bei den jeweiligen historischen Orten anzusetzen . Die Orte mit ihren materiellen Überresten und Spuren werden als Ausgangspunkt genommen, um mit ihnen verbundene Themen und Fragestellungen zu entfalten und ein entdeckendes Lernen zu ermöglichen. Die Führungen der SBM sind dialogisch angelegt. Sie werden von professionellen Guides durchgeführt , die von den Mitarbeiterinnen der Bildungsabteilung ausgebildet und regelmäßig evaluiert werden. Ein weiteres zentrales Element sind Bildungsangebote in unterschiedlichen Formaten, die von Seminaren über Workshops und Ausstellungsrecherchen bis zu Planspielen reichen. Derartige Bildungsangebote werden derzeit an der Gedenkstätte Berliner Mauer und an der Erinnerungsstätte Notaufnahmelager Marienfelde durchgeführt. Sie setzen ebenso wie die Führungen bei den historischen Orten an und orientieren sich am Prinzip des entdeckenden Lernens. Die Angebote sind darauf ausgerichtet, den Teilnehmenden eine aktive und multiperspektivische Auseinandersetzung mit historischen Themen zu ermöglichen, die zugleich auf ihre Relevanz für die Gegenwart hin befragt werden. Die Quellen-, Medien- und Digitalkompetenz der Teilnehmenden wird gestärkt. Zudem gilt es, sie zu befähigen, eigene Erfahrungen zu reflektieren und sich selbstständig Urteile zu bilden. Die Bildungsarbeit der SBM versteht sich als Demokratiebildung und richtet sich nach dem Beutelsbacher Konsens. Durchgeführt werden die Angebote von professionellen Bildnerinnen und Bildnern, die wie die Guides von den Mitarbeiter der Bildungsabteilung ausgebildet und evaluiert werden. Ein besonderes Bildungsangebot der SBM stellen Gespräche mit Zeitzeugen dar. Die Gespräche bieten die Möglichkeit, persönliche Erfahrungen eindrücklich ‚aus erster Hand‘ zu vermitteln und sowohl die Auswirkungen politischer Entscheidungen zu verdeutlichen als auch aufzuzeigen, welche Handlungsspielräume der Einzelne – etwa in der Opposition gegen ein diktatorisches Regime – hat. Für die Gespräche stehen Zeitzeugen zur Verfügung, die zu unterschiedlichen Themenschwerpunkten, etwa ‚Leben mit der Mauer‘, ‚Fluchthilfe‘, ‚Jugendopposition ‘, ‚Flucht aus der DDR und Ankommen im Westen‘, sprechen können. Sämtliche Gespräche werden von Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern der SBM moderiert. Einen weiteren Bestandteil der Bildungsarbeit im weiteren Sinn bilden Veranstaltungen zu vielfältigen Themen, die mit den verschiedenen historischen Orten der SBM verbunden sind. Angeboten werden Veranstaltungen in unterschiedlichsten Formaten, etwa Vorträge, Podiumsgespräche mit Experten und Zeitzeugen, Lesungen, Filmvorführungen sowie künstlerische Aktionen (Tanz- Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode – 3 – Drucksache 19/15391 und Theateraufführungen, Konzerte). Ein wichtiges Anliegen ist in diesem Zusammenhang , in die inhaltliche Auseinandersetzung auch die internationale Dimension einzubeziehen und Erfahrungen und Sichtweisen „von außen“ zu hören . Die SBM führt ihr Veranstaltungsprogramm in Kooperation mit Partnern in Berlin, dem gesamten Bundesgebiet und dem Ausland durch. Die SBM arbeitet derzeit daran, ihr Bildungs- und Vermittlungsangebot in verschiedener Hinsicht zu erweitern bzw. noch besser an die Bedürfnisse von Besucherinnen und Besucher anzupassen. Die angestrebte Erweiterung besteht darin , Programme für Menschen zu gestalten, die in den öffentlich geförderten Kultureinrichtungen unterrepräsentiert sind, so etwa People of Color, Menschen mit Migrationshintergrund und Geflüchtete. Der Ansatz dabei ist, nicht Veranstaltungen über die Betreffenden, sondern mit ihnen zu machen und ihren Erfahrungen, Perspektiven und Wahrnehmungen Sicht- und Hörbarkeit zu verschaffen . Darüber hinaus werden Angebote entwickelt, die die Beschäftigung mit historischen Inhalten mit einer spezifischen Förderung der Teilnehmenden verbinden (z. B. Empowerment-Workshops für geflüchtete Jugendliche und Angebote für Sprachlernkurse). Ein weiterer Schwerpunkt der Entwicklung liegt darauf, inklusive Angebote für Menschen mit Seh- und Hörbehinderung sowie anderweitigen körperlichen und/oder kognitiven Einschränkungen auszubauen . Auch im Bereich der Veranstaltungen arbeitet die SBM an einer Verbesserung des barrierefreien Zugangs zu ihren Angeboten (etwa durch Verdolmetschung in Deutsche Gebärdensprache). Der Bundesregierung sind keine Pläne zur Einschränkung des Angebots für kulturelle Bildung bekannt. 4. Welche Kenntnisse hat die Bundesregierung über die jährlichen Besucherbzw . Nutzerzahlen für Angebote der kulturellen Bildung der Stiftung Berliner Mauer (bitte in absolut sowie in Relation zur Gesamtzahl der Besucher bzw. Nutzer für die Jahre 2013 bis 2018 angeben)? Die jährlichen Besucher- und Nutzerzahlen werden dem Bund als Förderer im Zuge der Erfolgskontrolle und im Tätigkeitsbericht regelmäßig übermittelt. Jahr Teilnehmer Führungen Teilnehmer sonst. Bildungsangebote Teilnehmer Führungen und sonst. Bildungsangebote Anteil Gesamt-Besucherzahl (in Prozent) 2013 50.703 6.329 57.032 6,7 2014 65.648 7.651 73.299 6,9 2015 63.909 8.526 72.435 7,5 2016 63.769 9.598 73.367 7,4 2017 61.442 7.271 68.713 7,2 2018 69.353 8.495 77.848 6,9 5. Welche Zielgruppen erreicht die Stiftung Berliner Mauer nach Kenntnis der Bundesregierung bisher mit seinem kulturellen Bildungsangebot tatsächlich , und auf welche Zielgruppen ist es konzeptionell ausgerichtet? Die Führungen der SBM sind darauf ausgelegt, Menschen aller Altersgruppen – Kinder, Jugendliche und Erwachsene – aus Berlin, dem gesamten Bundesgebiet und dem europäischen sowie weiteren englischsprachigen Ausland anzusprechen . Die sonstigen Bildungsangebote sind vornehmlich an deutschsprachige Teilnehmerinnen und Teilnehmer verschiedenen Alters und mit unterschiedlichem Bildungshintergrund adressiert. Im Hinblick auf Schüler ist festzuhalten , dass die Angebote der SBM fächerübergreifend ausgerichtet sind, d. h. Drucksache 19/15391 – 4 – Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode Lerninhalte nicht nur der Fächer Geschichte und Politik, sondern auch der Fächer Deutsch und Kunst vermitteln. Auch für geflüchtete bzw. deutschlernende Menschen stehen spezielle Angebote bereit. Überdies gibt es Angebote, die sich an Menschen mit bestimmten Einschränkungen bzw. mit besonderen Bedürfnissen richten (Tastführung; Führung und Seminar in Leichter Sprache). Im Wesentlichen werden die Führungen und weiteren Bildungsangebote von den skizzierten Zielgruppen tatsächlich wahrgenommen. Allerdings zeigen sich je nach Standort unterschiedliche Besucherprofile. An der Gedenkstätte Berliner Mauer und an der East Side Gallery ist das Publikum der Führungen internationaler als an der Erinnerungsstätte Notaufnahmelager Marienfelde. Dafür gelingt es hier, mit den Führungen und Bildungsangeboten überproportional viele Jugendliche zu erreichen. Was die Herkunft der Gruppen angeht, so sind in der Erinnerungsstätte Besucherinnen und Besucher aus den ostdeutschen Bundesländern gegenüber Berlin, Nordrhein-Westfalen, Baden-Württemberg und Niedersachsen schwächer vertreten. An der Gedenkstätte Berliner Mauer ist zu beobachten , dass ostdeutsche Besucherinnen und Besucher eher die Führungen als die sonstigen Bildungsangebote wahrnehmen. Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode – 5 – Drucksache 19/15391 Gesamtherstellung: H. Heenemann GmbH & Co. KG, Buch- und Offsetdruckerei, Bessemerstraße 83–91, 12103 Berlin, www.heenemann-druck.de Vertrieb: Bundesanzeiger Verlag GmbH, Postfach 10 05 34, 50445 Köln, Telefon (02 21) 97 66 83 40, Fax (02 21) 97 66 83 44, www.betrifft-gesetze.de ISSN 0722-8333