Antwort der Bundesregierung auf die Kleine Anfrage der Abgeordneten Dr. Gero Clemens Hocker, Frank Sitta, Carina Konrad, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der FDP – Drucksache 19/14675 – Flächenverbrauch durch Windenergieanlagen V o r b e m e r k u n g d e r F r a g e s t e l l e r Der Wald in Deutschland hat durch die Trockenheit der vergangenen zwei Jahre und dadurch begünstigten Schädlingsbefall, beispielsweise durch den Borkenkäfer, bedeutende Schäden davongetragen. Derzeit wird diskutiert, welche Maßnahmen dabei helfen können, einen gesunden Wald langfristig zu erhalten und was die Politik dazu beitragen kann (www.bundesregierung.de/ breg-de/aktuelles/unsere-waelder-schuetzen-1656958). Aus diesem Anlass hat die Bundesministerin für Ernährung und Landwirtschaft Julia Klöckner am 25. September 2019 einen „Nationalen Waldgipfel“ einberufen. In diesem Zusammenhang äußerte die Landwirtschaftsministerin Bedenken bezüglich der Nutzung der Windenergie im Wald: „Dass heute gesunder Wald gerodet wird, um Platz für Windräder zu machen, halte ich für problematisch.“ (vgl. Twitter- Kanal von Landwirtschaftsministerin Julia Klöckner: https://pbs.twimg.com/ media/EFEksWqX4AAFwWj.jpg) Neben dem Flächenverbrauch ist bei der Nutzung der Windenergie nach Auffassung der Fragesteller der Verbleib von Fundamenten im Boden ein weiterer wichtiger Aspekt. In einem Beitrag auf „ndr.de“ wird dazu berichtet, der Rückbau von Windenergieanlagen verlaufe oft mangelhaft (www.ndr.de/nach richten/schleswig-holstein/Rueckbau-bei-Windraedern-oft-mangelhaft,wind kraft920.html). Wenn nur der obere Teil des Fundaments, beispielsweise ein Meter, abgetragen werde, bleibe die Fläche versiegelt. Infolgedessen könne es beispielsweise zu Problemen bei der Versickerung von Regenwasser kommen. Für die Nutzung der Windenergie ist gemäß § 35 des Baugesetzbuchs „(…) als weitere Zulässigkeitsvoraussetzung eine Verpflichtungserklärung abzugeben, das Vorhaben nach dauerhafter Aufgabe der zulässigen Nutzung zurückzubauen und Bodenversiegelungen zu beseitigen (…)“. Deutscher Bundestag Drucksache 19/15404 19. Wahlperiode 25.11.2019 Die Antwort wurde namens der Bundesregierung mit Schreiben des Bundesministeriums für Wirtschaft und Energie vom 19. November 2019 übermittelt. Die Drucksache enthält zusätzlich – in kleinerer Schrifttype – den Fragetext.  1. Wie groß ist nach Kenntnis der Bundesregierung nach heutigem Stand der gesamte Flächenverbrauch land- und forstwirtschaftlicher Flächen in Deutschland für Stellplätze von Windenergieanlagen – Fundament und Umgebungsfläche, die nicht mehr land- bzw. forstwirtschaftlich genutzt werden kann (bitte für Landwirtschaft und Forstwirtschaft, für alle Bundesländer getrennt sowie die Entwicklung der letzten zehn Jahre angeben )?  2. Wie groß ist nach Kenntnis der Bundesregierung nach heutigem Stand der gesamte Flächenverbrauch land- und forstwirtschaftlicher Flächen in Deutschland für Zuwegungen zu Windenergieanlagen (bitte für Landwirtschaft und Forstwirtschaft, für alle Bundesländer getrennt sowie die Entwicklung der letzten zehn Jahre angeben)? Die Fragen 1, 2 und 7 werden gemeinsam beantwortet. Die Frage der Flächeninanspruchnahme für den jetzigen Anlagenbestand kann nur näherungsweise beantwortet werden. Auf Basis erster Zwischenergebnisse aus dem Vorhaben „Flächenrucksäcke von Gütern und Dienstleistungen“ im Auftrag des Umweltbundesamtes wird eine durchschnittliche Flächeninanspruchnahme für das Fundament von 380 m2 (davon 30 m2 für den Turmfuß) sowie den Kranstellplatz im Offenland von 1.500 m2, im Wald von 1.800 m2 und die Zuwegung im Offenland von 1.000 m2 und im Wald von 1.500 m2 angenommen . Von dem Ende 2018 angenommen Anlagenbestand von rund 29.000 Windenergieanlagen liegen knapp 2.000 Anlagen im Wald (Quelle: Fachagentur Windenergie an Land, 2019). Für eine jahresscharfe Aufschlüsselung nach Ländern liegen der Bundesregierung keine belastbaren Daten vor. Die tatsächliche zusätzliche Inanspruchnahme durch Windenergie gestaltet sich dabei im Einzelfall insbesondere in Abhängigkeit von der Anlagengröße und bereits existierender Wegeinfrastruktur sehr unterschiedlich.  3. Wie groß ist nach Kenntnis der Bundesregierung nach heutigem Stand die gesamte forstwirtschaftliche Fläche in Deutschland, auf der vor Beginn der Bauphase von Windenergieanlagen aufgrund des dann höheren Flächenbedarfs im Vergleich zur Betriebsphase zusätzlich Bäume gerodet werden mussten (bitte für alle Bundesländer getrennt sowie die Entwicklung der letzten zehn Jahre angeben)? Für Windenergieanlagen im Wald wird vor Baubeginn einmalig und vorübergehend eine zusätzliche Fläche ergänzend zur dauerhaft freigehaltenen Fläche gerodet, die unmittelbar nach Abschluss des Baus der Sukzession überlassen oder gezielt neu aufgeforstet wird. Diese temporär freigehaltene Fläche wird benötigt, um jeweils einen sicheren Aufbau der Windenergieanlage zu gewährleisten . Die Größe dieser Fläche liegt im Durchschnitt bei ca. 3.500 m² pro Windenergieanlage und damit geringfügig unter der zusätzlich dauerhaft freigehaltenen Fläche.  4. Wie bewertet die Bundesregierung die Auswirkungen von inselartigen Flächenrodungen des Waldes für den Bau von Windenergieanlagen im Hinblick auf das Mikroklima im Wald? Bei Standorten in geschlossenen Waldkörpern mit altem Baumbestand kann eine kleinflächige und lokale Veränderung des Mikroklimas auftreten. Bei Standorten mit jungem Baumbestand ist diese deutlich geringer. Die Verände- Drucksache 19/15404 – 2 – Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode rung wird stets als nicht erheblich für das Schutzgut Klima eingestuft (Quelle: Arbeitsgruppe für regionale Struktur- und Umweltforschung, 2015).  5. Welche Erkenntnisse liegen der Bundesregierung vor, wonach Flächenrodungen für Windenergieanlagen negative Einflüsse auf die Widerstandsfähigkeit des Waldes im Hinblick auf mögliche Sturm- und Trockenschäden mit sich bringen? Der Bundesregierung liegen bislang keine Erkenntnisse bezüglich negativer Einflüsse durch den Bau und Betrieb von Windenergieanlagen in Wäldern auf die Widerstandsfähigkeit des Waldes im Hinblick auf mögliche Sturm- und Trockenschäden vor.  6. Plant die Bundesregierung vor dem Hintergrund der Äußerung von Bundeslandwirtschaftsministerin Julia Klöckner, die es für problematisch hält, wenn gesunder Wald für die Nutzung der Windenergie gerodet wird (siehe Vorbemerkung der Fragesteller), eine Initiative zur Reduzierung des Flächenverbrauchs für Windenergieanlagen im Wald, und wenn ja, wann ist damit zu rechnen, und wenn nein, warum nicht? Die Bundesregierung plant keine Initiative zur Reduzierung des Flächenverbrauchs von Windenergieanlagen in Wäldern. Im Rahmen der entsprechenden Planungsverfahren ist darauf zu achten, dass nicht mehr Wald als für diesen Zweck unumgänglich gerodet wird. Das hierzu auf Bundesebene bestehende rechtliche Instrumentarium ist sachgerecht und ausreichend.  7. Wie groß ist die Gesamtfläche, die in Deutschland nach Kenntnis der Bundesregierung aktuell von einer Versiegelung durch Fundamente von im Betrieb befindlichen Windenergieanlagen betroffen ist (bitte für Landwirtschaft und Forstwirtschaft, für alle Bundesländer getrennt sowie die Entwicklung der letzten zehn Jahre angeben)? Es wird auf die Antwort zu den Fragen 1 und 2 verwiesen.  8. Wie groß ist die Gesamtfläche, die in Deutschland nach Kenntnis der Bundesregierung aktuell von einer Versiegelung durch verbliebene Reste von Fundamenten von Windenergieanlagen betroffen ist (bitte für Landwirtschaft und Forstwirtschaft, für alle Bundesländer getrennt sowie die Entwicklung der letzten zehn Jahre angeben)? Nach Angaben der Bundesnetzagentur wurden in den Jahren 2014 bis 2018 insgesamt 1.539 Windenergieanlagen zurückgebaut. Eine Differenzierung nach land- und forstwirtschaftlicher Fläche ist nicht möglich. Da der Bau von Windenergieanlagen in Wäldern erst in den letzten zehn Jahren eine gewisse Größenordnung erreicht hat, ist davon auszugehen, dass der bisherige Rückbau fast ausschließlich im Offenland und hier vermutlich vornehmlich auf landwirtschaftlichen Flächen erfolgt ist. Die Verteilung über die Jahre und auf die Länder sind der nachstehenden Tabelle zu entnehmen. Zur Frage, inwieweit der Rückbau der Anlagen vollständig erfolgt ist, wird auf die Antwort zu Frage 9 verwiesen. Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode – 3 – Drucksache 19/15404 Stilllegungen von Windenergieanlagen in den Ländern, 2014-2018 (Quelle: Bundesnetzagentur, Übertragungsnetzbetreiber) Stilllegungen Windenergieanlagen 2014 2015 2016 2017 2018Anlagen Anlagen Anlagen Anlagen Anlagen Baden-Württemberg 2 2 Bayern 11 1 Berlin Brandenburg 90 3 18 52 4 Bremen 2 Hamburg 9 3 7 2 Hessen 17 4 7 Mecklenburg-Vorpommern 44 13 7 12 7 Niedersachsen 102 64 121 151 65 Nordrhein-Westfalen 57 14 32 24 6 Rheinland-Pfalz 42 1 6 8 Saarland 2 1 Sachsen 16 2 12 5 2 Sachsen-Anhalt 6 1 8 19 7 Schleswig-Holstein 153 67 49 109 27 Thüringen 27 4 1 11 Summe 578 170 259 384 148  9. Wie muss die in § 35 des Baugesetzbuchs geregelte Rückbauverpflichtung für Fundamente von Windenergieanlagen nach Auffassung der Bundesregierung umgesetzt werden, und reicht es dabei aus, lediglich den oberen Teil der Fundamente zurückzubauen? Das Baugesetzbuch enthält für bestimmte Vorhaben, die nach § 35 Absatz 1 BauGB im Außenbereich privilegiert sind, eine sogenannte Rückbauverpflichtung . Die Regelung in § 35 Absatz 5 Satz 2 BauGB lautet wie folgt: „Für Vorhaben nach Absatz 1 Nummer 2 bis 6 ist als weitere Zulässigkeitsvoraussetzung eine Verpflichtungserklärung abzugeben, das Vorhaben nach dauerhafter Aufgabe der zulässigen Nutzung zurückzubauen und Bodenversiegelungen zu beseitigen; bei einer nach Absatz 1 Nummer 2 bis 6 zulässigen Nutzungsänderung ist die Rückbauverpflichtung zu übernehmen, bei einer nach Absatz 1 Nummer 1 oder Absatz 2 zulässigen Nutzungsänderung entfällt sie.“ Dies gilt grundsätzlich auch für Vorhaben, die der Nutzung der Windenergie dienen (§ 35 Absatz 1 Nummer 5 BauGB i. V. m. § 35 Absatz 5 Satz 2 BauGB). Für den Vollzug des Bauplanungsrechts und damit auch die Auslegung der genannten Vorschriften sind nach der verfassungsrechtlichen Kompetenzordnung die Länder und Gemeinden zuständig. Im Streitfall entscheiden die Gerichte. Dem Bund liegen keine belastbaren Erkenntnisse vor, wie die einzelnen Länder die Rückbauverpflichtung im Einzelfall umsetzen. 10. Wie wird die Rückbauverpflichtung für Fundamente von Windenergieanlagen nach Kenntnis der Bundesregierung in den einzelnen Ländern umgesetzt, und welche Unterschiede gibt es dabei in den Ländern (bitte für alle Bundesländer angeben)? Es wird auf die Antwort zu Frage 9 verwiesen. Drucksache 19/15404 – 4 – Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode 11. Wird die Rückbauverpflichtung für Fundamente von Windenergieanlagen nach Kenntnis und Auffassung der Bundesregierung gesetzeskonform gemäß § 35 des Baugesetzbuchs umgesetzt, und welche Unterschiede gibt es dabei in den Ländern (bitte für alle Bundesländer angeben)? Es wird auf die Antwort zu Frage 9 verwiesen. 12. Werden Fundamente von Windenergieanlagen nach Kenntnis der Bundesregierung flächendeckend komplett zurückgebaut, und welche Unterschiede gibt es dabei in den Ländern (bitte für alle Bundesländer angeben )? Es wird auf die Antwort zu Frage 9 verwiesen. 13. Wenn Frage 12 mit Nein beantwortet wird, wie kann nach Auffassung der Bundesregierung gewährleistet werden, dass Fundamente von Windenergieanlagen in Zukunft flächendeckend komplett zurückgebaut werden, und plant die Bundesregierung hierzu eine Initiative? Es wird auf die Antwort zu Frage 9 verwiesen. Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode – 5 – Drucksache 19/15404 Gesamtherstellung: H. Heenemann GmbH & Co. KG, Buch- und Offsetdruckerei, Bessemerstraße 83–91, 12103 Berlin, www.heenemann-druck.de Vertrieb: Bundesanzeiger Verlag GmbH, Postfach 10 05 34, 50445 Köln, Telefon (02 21) 97 66 83 40, Fax (02 21) 97 66 83 44, www.betrifft-gesetze.de ISSN 0722-8333