Antwort der Bundesregierung auf die Kleine Anfrage der Abgeordneten Thomas Sattelberger, Katja Suding, Grigorios Aggelidis, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der FDP – Drucksache 19/14813 – Umgang mit innovativen Space-Start-ups im Raumfahrtsektor V o r b e m e r k u n g d e r F r a g e s t e l l e r Vor dem Hintergrund der zunehmenden Bedeutung innovativer High-Tech- Start-ups für den Wirtschaftsstandort Deutschland einerseits und der Tatsache, dass Deutschland im Bereich der Raumfahrt den Anschluss an Länder wie USA, China und Indien verloren hat andererseits, stellt sich nach Ansicht der Fragesteller die Frage, ob tatsächlich genug für innovative Start-ups getan wird. Mit „PT Scientists GmbH“ (Berlin) hat eines der sichtbarsten deutschen privaten Raumfahrtunternehmen im Bereich „New Space“ am 5. Juli 2019 wegen Verzögerungen bei der Suche nach Investoren und Forschungsgeldern Insolvenz angemeldet (www.welt.de/wirtschaft/article196680493/PTScientists- Deutschlands-einzige-Mondlandefirma-ist-pleite.html), jetzt allerdings einen Investor gefunden (https://edison.handelsblatt.com/ertraeumen/deutschemondmission -investor-fuer-ptscientists-gefunden/25032712.html). Andere Raumfahrt-Start-ups sind beispielsweise mit Infrastruktur- und Kostenproblemen am Standort Deutschland konfrontiert. „Isar Aerospace“ ist nach Ansicht der Fragesteller eines der vielversprechendsten und bedeutendsten Space-Start-ups in Deutschland. Pressestimmen zufolge bestehe die Gefahr einer (teilweisen) Abwanderung aus Deutschland, da sowohl Start- (www.antenne.de/programm/aktionen/made-in-bavaria/mib-2019-1/isaraerospace -in-oberbayern) als auch Testgelände im Ausland günstig zur Verfügung gestellt werden (vgl. auch „Businesspunk“, Ausgabe 6/2018). Die Bundesregierung muss nach Ansicht der Fragesteller hinsichtlich der relevanten Standortfaktoren Wagniskapital, staatliche Förderung, Einbezug in Prozesse der öffentlichen Auftragsvergabe, Nutzung von Raumfahrtinfrastrukturen alles in ihrer Kraft stehende tun, um Space-Start-ups attraktive Standortbedingungen zu schaffen. Deutscher Bundestag Drucksache 19/15405 19. Wahlperiode 25.11.2019 Die Antwort wurde namens der Bundesregierung mit Schreiben des Bundesministeriums für Wirtschaft und Energie vom 20. November 2019 übermittelt. Die Drucksache enthält zusätzlich – in kleinerer Schrifttype – den Fragetext. 1. Wird nach Kenntnis der Bundesregierung aktuell die Infrastruktur des Deutschen Zentrums für Luft und Raumfahrt (DLR) zur Verfügung gestellt , um die internationale Wettbewerbsfähigkeit deutscher Space-Startups zu unterstützen (wie es die NASA macht: https://spacenews.com/relati vity-reaches-deal-to-use-stennis-test-stand/)? Falls ja, wo, und zu welchen Konditionen? Falls nein, warum nicht? Aus beihilfe- und gemeinnützigkeitsrechtlichen Gründen ist es dem DLR nicht gestattet, die Wettbewerbsfähigkeit einzelner Unternehmen durch Sonderkonditionen für die Nutzung seiner Infrastruktur wirtschaftlich zu unterstützen. Allerdings engagiert sich die Bundesregierung erheblich bei der Finanzierung der Europäischen Weltraumorganisation ESA. Diese stellt deutschen Raumfahrt -Start-ups über ihre ESA-Business Incubation Centres (ESA BIC Bavaria & Northern Germany sowie ESA BIC Hessen & Baden-Württemberg) eine Infrastruktur zur Verfügung. Diese Business-Inkubatoren bieten zum einen Firmenräume mit entsprechender Büroinfrastruktur, zum anderen auch Infrastruktur im weiteren Sinn: technischer Support, Bankdarlehen und Netzwerke zu Unternehmen und Forschungseinrichtungen im regionalen Umfeld. Des Weiteren vermittelt das Raumfahrtmanagement des DLR im Rahmen seiner regelmäßigen Industrieinformationsveranstaltungen (Arbeitskreis Raumfahrt KMU u. a.) Kontakte zur ESA oder zu anderen potentiellen Partnern, die über Testanlagen verfügen. 2. Wie unterstützt die Bundesregierung – direkt und durch das DLR – generell standortstabilisierende Entwicklungen für Space-Start-ups? Welche Anreize gibt es für Space-Start-ups? Im Rahmen des Nationalen Programms für Weltraum und Innovation schafft die Bundesregierung ergänzend Anreize für Start-ups durch Ideen- und Innovationswettbewerbe wie den INNOspace Masters (www.innospace-masters.de), oder die europäischen Wettbewerbe Copernicus Masters und Galileo Masters und unterstützt Produktentwicklungen durch eine Komponenteninitiative. Ergänzend greifen die folgenden Maßnahmen im Rahmen des deutschen Engagements in der ESA: • Start-ups werden im Rahmen einer Inkubation von zwei Jahren in den beiden deutschen ESA Business Incubation Center (ESA BIC Bavaria & Northern Germany sowie ESA BIC Hessen & Baden-Württemberg) unterstützt. • Das DLR ist führender Gesellschafter des Anwendungszentrums Oberpfaffenhofen (AZO), das jährlich mit Unterstützung der bayrischen Landesregierung und nationalen Raumfahrtmitteln (Förderung des ESA-BIC Inkubators im AZO) zehn Start-ups aus dem Umfeld der Raumfahrt auf den Weg bringt. • Eine Förderung von Raumfahrt-Start-ups erfolgt auch durch das ESA Business Applications Programm. Sogenannte Kick-Start-Aktivitäten sind Förderungen von kleinen Projekten zur Kommerzialisierung und Sondierung potenzieller Märkte. Start-ups sind in diesem Programm stark vertreten. • Einige Start-ups erhielten Förderungen im GSTP – General Support Technology Programm – der ESA für konkrete Technologieentwicklungen im Sub-System Bereich. Das GSTP ist ein optionales ESA-Technologieentwicklungsprogramm , das verschiedene Unterstützungsmöglichkeiten bietet. Deutschland ist hier zweitgrößter Beitragszahler und unterstützt verstärkt KMU. Drucksache 19/15405 – 2 – Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode • Deutschland plant, seinen Beitrag für die Start-up-Förderung im Rahmen der ESA Business Incubation Centres mittels o. a. GSTP und BASS Programm substanziell zu erhöhen. 3. Ist der Bundesregierung bekannt, dass das Ausland nationale Aufträge an ihre jeweiligen Raumfahrt-Start-ups vergibt (www.nasa.gov/press-release/ nasa-awards-venture-class-launch-services-contracts-for-cubesat-satellites, www.nasa.gov/commercial-orbital-transportation-services-cots), diese fördert (https://space-agency.public.lu/en/funding/funding-space.html) und somit für deutsche Start-ups im internationalen Kontext ein deutlicher Wettbewerbsnachteil besteht, zusätzlich verbunden mit Abwanderungsgefahr ? Wenn ja, was unternimmt die Bundesregierung dagegen? Wenn nein, was tut die Bundesregierung, um die Situation zu analysieren? Der Bundesregierung sind die erwähnten nationalen Aktivitäten anderer Staaten bekannt. Aufträge der öffentlichen Hand an Start-up-Unternehmen sind in Deutschland mit den verfügbaren Mitteln des Nationalen Programms für Weltraum und Innovation im Rahmen dieser Mittel grundsätzlich möglich. Eine vom Bundesministerium für Wirtschaft und Energie (BMWi) in Auftrag gegebene Studie hat bereits 2016 die Auswirkungen von New Space in Deutschland analysiert. Eine der dort festgestellten Herausforderungen ist die Finanzierungssituation von Raumfahrtunternehmen im Allgemeinen und von Start-ups im Besonderen. Deutschland verfügt über ein im internationalen Vergleich gut ausgebildetes öffentliches Unterstützungssystem, u. a. EXIST, Hightech-Gründerfonds, Coparion , KfW-Capital, Investzuschuss Wagniskapital, Europäischer Investitionsfonds und zahlreiche flankierende Programme der Bundesländer. Dieses sollten Start-up-Unternehmerinnen und Start-up-Unternehmer umfassend nutzen. Die Maßnahmen können helfen, in der Wachstumsphase das nötige Kapital einzusammeln und damit das Unternehmen zu etablieren. 4. Ist der Bundesregierung bekannt, dass das Ausland deutsche Start-ups, insbesondere auch „Isar Aerospace“, beispielsweise mit signifikant kostengünstigen Tests sowie Launch-Facilities abzuwerben versucht? Der Bundesregierung ist bekannt, dass Start-ups im Allgemeinen, wie „Isar Aerospace“ im Speziellen, sowohl bei der Umsetzung ihrer Aktivitäten als auch bei der Suche nach Investoren sowohl Möglichkeiten im In- wie auch im Ausland evaluieren. Eine aktive Rolle ausländischer Akteure mit der Absicht eines Abwerbens ist der Bundesregierung nicht bekannt. 5. Unterstützt der Teststandort Lampoldshausen die Testvorhaben von „Isar Aerospace“? Wenn ja, zu welchen wettbewerbsgerechten Konditionen, und wie sehen diese aus? Wenn nein, warum nicht? Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode – 3 – Drucksache 19/15405 6. Wurde dem Unternehmen die Nutzung bundeseigener Infrastruktur zu Testzwecken angeboten? Wenn ja, zu welchen Konditionen? Die Fragen 5 und 6 werden gemeinsam beantwortet. Am DLR-Standort Lampoldshausen wurden Gespräche mit Isar Aerospace geführt und die Nutzung der Testanlagen zu marktüblichen Konditionen besprochen . Allerdings fehlen seitens des Unternehmens nach wie vor relevante Daten, die das DLR für ein konkretes Angebot über den Aufbau der benötigten Infrastruktur und die Durchführung von Tests benötigt. 7. Was plant die Bundesregierung in Zukunft zu unternehmen, um durch wettbewerbsfähige Konditionen und Rahmenbedingungen das Verbleiben von Space-Start-ups am Standort Deutschland zu verbessern? Wie sieht ein solches Vorgehen konkret aus? Die Finanzierungsinstrumente des BMWi zur Gründungs- und Wachstumsfinanzierung sind grundsätzlich branchenoffen konzipiert und richten sich somit auch an Space-Start-ups. Die Bundesregierung setzt sich darüber hinaus intensiv für ein konkurrenzfähiges Angebot an Finanzierungsmöglichkeiten für private Raumfahrtaktivitäten in Deutschland ein. Dieses Ziel soll mit den folgenden drei konkreten Maßnahmen erreicht werden. Erstens: Als kurzfristige Möglichkeit, mehr Fördergelder für Start-ups und Mittelstand bereitzustellen, fokussiert die Bundesregierung das deutsche Engagement bei der ESA im Rahmen der anstehenden ESA-Ministerratskonferenz Space19+ auf die Anwendungsprogramme und Technologieprogramme. Diese kommen vor allem dem Mittelstand und Start-ups zugute. Um die Gründung von raumfahrtbasierten Unternehmen am Standort Deutschland stärker zu fördern , ist geplant, das etablierte und erfolgreiche Programm der ESA Business Incubation Centres in Deutschland aufzustocken. Weitere Standorte, auch in den neuen Bundesländern, sind vorgesehen und das Konzept der ESA BIC- Inkubatoren soll zukunftsorientiert weiterentwickelt werden. Zweitens: Um gerade KMU und Start-ups in der Raumfahrt die Finanzierung von Entwicklungskosten bei bereits marktnahen Produkten jenseits der staatlichen Förderprogramme zu erleichtern, prüft die Bundesregierung ein Finanzierungsinstrument einzurichten, das etwa nach dem Vorbild des Luftfahrzeugausrüsterprogramms über die KfW abgewickelt werden könnte. Auch ist bei der ESA ein neues gemeinsam mit der Europäischen Investitionsbank zu entwickelndes Finanzierungsinstrument für die Vergabe von Krediten an KMU in der Diskussion. Drittens bedarf es mehr Wagniskapitals, insbesondere für Raumfahrtunternehmen in der Wachstumsphase. Konkret wird derzeit ein mögliches Engagement des Bundes zur Förderung von New-Space-Start-ups über eine Fondsstruktur untersucht. Drucksache 19/15405 – 4 – Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode Gesamtherstellung: H. Heenemann GmbH & Co. KG, Buch- und Offsetdruckerei, Bessemerstraße 83–91, 12103 Berlin, www.heenemann-druck.de Vertrieb: Bundesanzeiger Verlag GmbH, Postfach 10 05 34, 50445 Köln, Telefon (02 21) 97 66 83 40, Fax (02 21) 97 66 83 44, www.betrifft-gesetze.de ISSN 0722-8333