Antwort der Bundesregierung auf die Kleine Anfrage der Abgeordneten Markus Frohnmaier, Ulrich Oehme, Stefan Keuter und der Fraktion der AfD – Drucksache 19/15008 – Initiative des Bundesministeriums für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung für einen gemeinsamen Rettungseinsatz von Vereinten Nationen und Europäischer Union in Libyen und eine neue EU-Mittelmeer-Mission V o r b e m e r k u n g d e r F r a g e s t e l l e r Laut einem Bericht von „Focus Online“ forderte der Bundesminister für wirtschaftlich Zusammenarbeit und Entwicklung, Dr. Gerd Müller, von der neuen Europäischer Kommission einen sofortigen Rettungseinsatz für Migranten in Libyen. Dies solle entsprechend des Vorstoßes des Bundesministers in Form einer „gemeinsamen humanitäre[n] Initiative“ von Europäischer Union und den Vereinten Nationen „zur Rettung der Flüchtlinge auf libyschem Boden“ geschehen (www.focus.de/politik/ausland/debatte-um-seenotrettung-chaosum -bootsfluechtlinge-entwicklungsminister-mueller-fordert-eu-mission-inl ibyen_id_10907419.html). Es bestehe aus Sicht des Bundesministers Dr. Gerd Müller im Rahmen der geforderten „europäischen Lösung“ die Option , Migranten aus den libyschen Lagern vor Ort zu evakuieren und sicher in ihre Herkunftsländer zurückzubringen (ebd.). Darüber hinaus forderte Bundesminister Dr. Gerd Müller nach Medienangaben die Europäische Kommission parallel zum sofortigen Beginn einer neuen Mittelmeer-Mission auf, nachdem die multinationale militärische Krisenbewältigungsoperation Sophia im April 2019 aufgrund eines Vetos Italiens vorerst nicht verlängert wurde (www.faz.net/aktuell/politik/ausland/eu-verlaen gert-umstrittenen-libyen-einsatz-16404681.html). Die EU-Kommission solle entsprechend des Vorstoßes des Bundesministers unverzüglich eine „Übereinkunft zur Seenotrettung“ treffen, um die Mittelmeeranrainer zu unterstützen. Begründet wurde die Forderung für eine neue Initiative der EU laut Berichterstattung unter anderem damit, dass die „Zahl der neu ankommenden Bootsflüchtlinge […] auf ein Zehntel gefallen“ sei und es „unwürdig“ sei, „wenn die Länder, die dazu bereit sind, diese Menschen nicht aufnehmen könnten“ (www.presseportal.de/pm/58964/4317294). Deutscher Bundestag Drucksache 19/15532 19. Wahlperiode 27.11.2019 Die Antwort wurde namens der Bundesregierung mit Schreiben des Bundesministeriums für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung vom 25. November 2019 übermittelt. Die Drucksache enthält – in kleinerer Schrifttype – den Fragetext. Vorabfassung - wird durch die lektorierte Version ersetzt. V o r b e m e r k u n g d e r B u n d e s r e g i e r u n g Die Bundesregierung setzt sich umfassend für den Schutz von Flüchtlingen und Migranten und deren menschenwürdige Behandlung ein. Dazu gehört die Einhaltung völkerrechtlicher Verpflichtungen. Zugleich setzt sich die Bundesregierung dafür ein, irreguläre Migration nach Europa einzudämmen. Sie unterstützt unter anderem im Rahmen der weiterhin aktiven EUNAVFOR MED Operation SOPHIA die Bekämpfung von Menschenschmuggel und Menschenhandel im südlichen zentralen Mittelmeer. Bundesentwicklungsminister Dr. Gerd Müller äußerte sich am 3. Juli 2019 in einem Interview zur Lage der Flüchtlinge und Migranten in Libyen, nachdem es in der Nacht vom 2. auf den 3. Juli einen Luftangriff auf das östlich von Tripolis gelegene „Detention Center“ Tajoura gegeben hatte. Bei diesem wurden nach Angaben der Vereinten Nationen mindestens 53 Flüchtlinge und Migranten getötet und über 130 verletzt. Hierzu wird auf die Vorbemerkung der Bundesregierung in der Antwort auf die Kleine Anfrage der Fraktion DIE LIN- KE. auf Bundestagsdrucksache 19/12116 verwiesen. Der Bundesminister des Auswärtigen Heiko Maas unterstrich bei seinem Besuch in Libyen am 27. Oktober 2019 die Bedeutung des Engagements der Bundesregierung für Frieden und Stabilität sowie die Dringlichkeit, Migranten in Libyen und ihren Herkunftsländern eine eigene Perspektive zu geben. Die designierte Präsidentin der EU-Kommission, Dr. Ursula von der Leyen, kündigte kürzlich an, dass ihre Kommission beabsichtige, in der ersten Jahreshälfte 2020 einen Vorschlag für einen EU-Migrationspakt vorzulegen. Sie will sich hierzu mit den Mitgliedstaaten beraten. 1. Wird sich die Bundesregierung als Mitglied des Europäischen Rates bei der Europäischen Kommission im Sinne der von Bundesminister Dr. Gerd Müller geforderten gemeinsamen Initiative von Europäischer Union (EU) und den Vereinten Nationen (VN) auf libyschem Staatsgebiet einsetzen? Die Bundesregierung setzt sich seit Beginn des Konfliktes in Libyen für eine Verbesserung der Lage der Flüchtlinge und Migranten in Libyen ein. Deshalb unterstützt sie gemeinsam mit der Europäischen Union das Engagement des Flüchtlingshilfswerks der Vereinten Nationen (UNHCR) und der Internationalen Organisation für Migration in Libyen. Zu laufenden und möglichen Maßnahmen befindet sich die Bundesregierung in ständigem Dialog mit ihren europäischen und internationalen Partnern. Im Übrigen wird auf die Vorbemerkung der Bundesregierung verwiesen. 2. Liegt der Bundesregierung bereits eine indikative oder verbindliche Stellungnahme der Europäischen Kommission zu dem Vorstoß von Bundesminister Dr. Gerd Müller vor? Es wird auf die Vorbemerkung der Bundesregierung verwiesen. 3. Wie hat sich aus Sicht der Bundesregierung die Sicherheitslage in Libyen, insbesondere für Migranten und Flüchtlinge in den Aufnahmelagern, seit Jahresbeginn verändert? Seit April 2019 kommt es im Großraum Tripolis und einigen weiteren Städten im Nordwesten Libyens zu bewaffneten Zusammenstößen zwischen Kräften der international anerkannten Regierung des Nationalen Einvernehmens und Einheiten der sogenannten „Libyschen Nationalen Armee“ unter Führung von Drucksache 19/15532 – 2 – Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode Vorabfassung - wird durch die lektorierte Version ersetzt. Khalifa Haftar. Die Sicherheitslage ist insbesondere in den von Kampfhandlungen betroffenen Gebieten des Großraums Tripolis und weiterer von bewaffneten Auseinandersetzungen betroffener Städte unübersichtlich und volatil. Die Kampfhandlungen stellen ein zusätzliches Risiko für Flüchtlinge und Migranten dar. Im Übrigen wird auf die Vorbemerkung der Bundesregierung in der Antwort auf die Kleine Anfrage der Fraktion DIE LINKE. auf Bundestagsdrucksache 19/12116 verwiesen. 4. Hat die Bundesregierung Erkenntnisse darüber, wie viele Migranten und Flüchtlinge in libyschen Lagern insgesamt untergebracht sind? Wie viele von den in Libyen untergebrachten Migranten und Flüchtlingen sind in den ausweislich der in der Vorbemerkung erwähnten Berichterstattung unter Beschuss geratenen Militärlagern untergebracht (bitte nach den einzelnen Lagern und der Art der Einrichtung aufschlüsseln)? Nach Kenntnissen der Bundesregierung befinden sich mit Stand Ende Oktober 2019 ca. 4.600 Flüchtlinge und Migranten in staatlichen „Detention Centers“. Der Bundesregierung liegen keine Informationen zur Unterbringung von Flüchtlingen und Migranten in Militärlagern im Sinne der Fragestellung vor. 5. Wie groß ist aus Sicht der Bundesregierung die Anzahl der Migranten und Flüchtlinge in libyschen Lagern, die für einen Rettungseinsatz in Frage kämen ? Nach Angaben von UNHCR befinden sich 2.351 von UNHCR registrierte Flüchtlinge und Asylbewerber in „Detention Centers (Stand: 12. November 2019). Zudem wird auf die Antwort zu Frage 12 verwiesen.  6. Wie sehen Pläne der Bundesregierung für einen gemeinsamen Rettungseinsatz von EU und VN für Migranten und Flüchtlinge in Libyen konkret aus?  7. Auf welcher (völker-)rechtlichen Grundlage sollte aus Sicht der Bundesregierung der Rettungseinsatz stattfinden und ausgestaltet werden?  8. Über welchen Zeitraum soll sich der Einsatz erstrecken?  9. Sollen im Rahmen der Initiative deutsche Streitkräfte und/oder ziviles Personal zum Einsatz kommen? Wenn ja, mit welcher Art von Mandat soll die Bundeswehr hierfür ausgestattet werden (bitte nach Personal, Wasserfahrzeugen und für den Fiskus zu erwartenden Kosten aufschlüsseln)? 10. Mit welcher Höhe an zusätzlichen Kosten durch eine deutsche Beteiligung an einem Rettungseinsatz auf libyschem Staatsterritorium rechnet die Bundesregierung insgesamt für den Fiskus? Die Fragen 6 bis 10 werden gemeinsam beantwortet. Die Bundesregierung befindet sich in fortlaufenden Gesprächen mit ihren europäischen und internationalen Partnern zur Verbesserung der Situation der Flüchtlinge in Libyen. Im Übrigen wird auf die Vorbemerkung der Bundesregierung verwiesen. Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode – 3 – Drucksache 19/15532 Vorabfassung - wird durch die lektorierte Version ersetzt. 11. In welchem Verhältnis stünde aus Sicht der Bundesregierung eine Rettungsmission in Libyen zur im Jahr 2013 gestarteten „EU Border Assistance Mission in Libya“ (EUBAM Libyen), welche die libysche Regierung im Aufbau von Behörden im Bereich der Inneren Sicherheit und der Grenzüberwachung in den Bereichen Land, Luft und See unterstützen soll (www.eeas.europa.eu/csdp-missions-operations/eubam-libya/66045/ eubam-libya-emphasis-law-enforcement-and-border-management_en)? Die in der Vorbemerkung der Fragesteller genannten Aussagen von Bundesentwicklungsminister Dr. Gerol Müller beziehen sich auf den Ausbau des Engagements zur Verbesserung der Lage der Flüchtlinge in Libyen. Die Unterstützung der Bundesregierung für EUBAM Libyen bleibt davon unberührt. Im Übrigen wird auf die Vorbemerkung der Bundesregierung verwiesen. 12. Sollten aus Sicht der Bundesregierung im Rahmen eines Rettungseinsatzes aus libyschen Lagern evakuierte Migranten, die nicht in ihre Herkunftsländer zurückgebracht werden können, in Deutschland oder einem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union aufgenommen werden? Wenn ja, sollte es aus Sicht der Bundesregierung für diesen Fall einen eigenen Verteilungsmechanismus innerhalb der EU geben, und beabsichtigt die Bundesregierung, ein festes Kontingent an evakuierten Migranten zu übernehmen? Die Bundesregierung unterstützt von Niger aus den von UNHCR eingerichteten Evakuierungsmechanismus (Emergency Transit Mechanism, ETM) für besonders schutzbedürftige Flüchtlinge aus Libyen. Deutschland hat über diesen Mechanismus in einem ersten Verfahren 288 Personen, deren besondere Schutzbedürftigkeit im Einzelfall geprüft wurde, auf Grundlage von § 23 Absatz 4 des Aufenthaltsgesetzes (Resettlement) Schutz gewährt. Im Mai 2019 hat die Bundeskanzlerin die Aufnahme von bis zu 300 weiteren Personen über den ETM Niger zugesagt. Die Vorbereitungen dafür laufen, die Aufnahmen sollen nach Abschluss der notwendigen Vorbereitungen ab Anfang 2020 umgesetzt werden. Im Übrigen wird auf die Antwort der Bundesregierung zu Frage 1d der Kleinen Anfrage der Fraktion DIE LINKE. auf Bundestagsdrucksache 19/14910 verwiesen. 13. Beabsichtigt die Bundesregierung, wie von Bundesminister Dr. Gerd Müller gefordert, sich bei der Europäischen Kommission für eine neue EU-Mittelmeer-Mission einzusetzen, nachdem die Operation Sophia im April 2019 ausgesetzt wurde (vgl. Vorbemerkung der Fragesteller)? Wenn nein, sollte die Operation Sophia aus Sicht der Bundesregierung fortgesetzt oder sollten anderweitige Maßnahmen von Seiten der EU ergriffen werden? EUNAVFOR MED Operation SOPHIA ist weiterhin aktiv. Mit Beschluss des Rates vom 26. September 2019 (GASP 2019/1595) wurde das EU-Mandat bis zum 31. März 2020 verlängert. Im Übrigen wird auf die Vorbemerkung verwiesen. Drucksache 19/15532 – 4 – Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode Vorabfassung - wird durch die lektorierte Version ersetzt. 14. Welche Zielsetzung sollte aus Sicht der Bundesregierung eine neue EU- MittelmeerInitiative haben? a) Wie sehen die Pläne der Bundesregierung für die geforderte EU- Mission konkret aus? b) Liegt der Schwerpunkt bei der von Bundesminister Dr. Gerd Müller geforderten „Übereinkunft zur Seenotrettung“ (vgl. Vorbemerkung der Fragesteller), im Gegensatz zur EU-Mission Sophia, die primär gegen das Schlepperwesen gerichtet war, in erster Linie auf Seenotrettung im südlichen zentralen Mittelmeer durch die beteiligten EU- Mitgliedstaaten? 15. Für welchen Zeitraum sollte eine neue EU-Mission angelegt sein? 16. Auf welcher (völker-)rechtlichen Grundlage sollte aus Sicht der Bundesregierung die EU-Mission im Mittelmeer stattfinden und ausgestaltet werden ? 17. Wie sollte aus Sicht der Bundesregierung der deutsche Beitrag für eine neue EU-Mission im Mittelmeer aussehen (bitte nach Personal, Wasserfahrzeugen und für den Fiskus zu erwartenden Kosten aufschlüsseln)? Die Fragen 14 bis 17 werden gemeinsam beantwortet. Es wird auf die Vorbemerkung der Bundesregierung sowie auf die Antwort zu Frage 13 verwiesen. 18. Sind aus Sicht der Bundesregierung militärische Krisenbewältigungsoperationen der EU oder Deutschlands im Mittelmeer grundsätzlich ein geeignetes Mittel zur Bekämpfung der Menschenschmuggel- und Menschenhandelsnetze sowie von Schleusern und deren Infrastruktur – auch vor dem Hintergrund, dass bereits im Mai 2016 ein Bericht im Britischen Parlament zu dem Schluss kam, dass die Operation Sophia in dieser Hinsicht ein völliger Fehlschlag war, sich zum Magneten für Migranten entwickelt habe und Schmugglern das Geschäft erleichterte (www.ex press.co.uk/news/world/669953/EU-migrant-crisis-Royal-Navy-refugees- Mediterranean-Libya-Italy)? Liegen der Bundesregierung hierfür Erkenntnisse und Zahlenmaterial aus vorangegangen Missionen vor? Es wird auf die Antwort der Bundesregierung zu Frage 3 der Kleinen Anfrage der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN auf Bundestagsdrucksache Nr. 19/1345 sowie auf die Antwort der Bundesregierung zu Frage 1 der Kleinen Anfrage der Fraktion DIE LINKE. auf Bundestagsdrucksache 19/7621 verwiesen. 19. Wie bewertet die Bundesregierung das Risiko eines Pull-Faktors durch EU-Missionen im Mittelmeer für Migrationsbewegungen in Richtung Europa , und welche Erkenntnisse hat sie diesbezüglich? Es wird auf die Antwort der Bundesregierung zu Frage 21 der Kleinen Anfrage der Fraktion DIE LINKE. auf Bundestagsdrucksache 18/11102 verwiesen. Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode – 5 – Drucksache 19/15532 Vorabfassung - wird durch die lektorierte Version ersetzt. 20. Für welche Art von Verteilungsmechanismus von im Rahmen einer neuen EU-Mittelmeer-Mission geretteten Bootsflüchtlingen und Migranten wird sich die Bundesregierung bei der Europäischen Kommission einsetzen? Beabsichtigt die Bundesregierung, in diesem Zusammenhang die Aufnahme eines festen Kontingentes zu garantieren? Es wird auf die Antwort der Bundesregierung zu Frage 1 der Kleinen Anfrage der Fraktion der AfD auf Bundestagsdrucksache 19/13975 verwiesen. Ferner wird auf die Antworten zu Fragen 12 und 13 sowie auf die Vorbemerkung der Bundesregierung verwiesen. 21. Wie bewertet die Bundesregierung die von Bundesminister Dr. Gerd Müller angeführte, auf ein Zehntel gefallene Zahl der neu ankommenden Bootsflüchtlinge (vgl. Vorbemerkung), insbesondere im Hinblick auf die Auswirkungen auf das Schlepperwesen und die Rolle der italienischen Ablehnung der Operation Sophia (vgl. Vorbemerkung der Fragesteller) als Push-Faktor? Es wird auf die Antworten zu den Fragen 13 und 18 verwiesen. Drucksache 19/15532 – 6 – Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode Vorabfassung - wird durch die lektorierte Version ersetzt. Vorabfassung - wird durch die lektorierte Version ersetzt. Gesamtherstellung: H. Heenemann GmbH & Co. KG, Buch- und Offsetdruckerei, Bessemerstraße 83–91, 12103 Berlin, www.heenemann-druck.de Vertrieb: Bundesanzeiger Verlag GmbH, Postfach 10 05 34, 50445 Köln, Telefon (02 21) 97 66 83 40, Fax (02 21) 97 66 83 44, www.betrifft-gesetze.de ISSN 0722-8333 Vorabfassung - wird durch die lektorierte Version ersetzt.