Die Antwort wurde namens der Bundesregierung mit Schreiben des Bundesministeriums des Innern, Für Bau und Heimat vom 3. April 2018 übermittelt. Die Drucksache enthält zusätzlich – in kleinerer Schrifttype – den Fragetext. Deutscher Bundestag Drucksache 19/1558 19. Wahlperiode 06.04.2018 Antwort der Bundesregierung auf die Kleine Anfrage der Abgeordneten Stephan Thomae, Linda Teuteberg, Konstantin Kuhle, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der FDP – Drucksache 19/1255 – Praxis der Abschiebung von Gefährdern V o r b e m e r k u n g d e r F r a g e s t e l l e r Die Zahl der als religiös motivierte Gefährder eingestuften Personen ist nach Angaben der Bundesregierung seit dem Jahr 2014 erheblich gestiegen. Während die Zahl der islamistischen Gefährder im Januar 2011 noch bei 131 und im Februar 2014 bei 167 lag, lag sie im Januar 2015 schon bei 266 (Antwort der Bundesregierung auf die Kleine Anfrage der Fraktion DIE LINKE. auf Bundestagsdrucksache 18/7151). Im März 2017 lag die Zahl der Gefährder mit einer religiösen Ideologie dann bereits bei 586 (Antwort der Bundesregierung auf die Kleine Anfrage der Fraktion DIE LINKE. auf Bundestagsdrucksache 18/11369). Zur Risikobewertung von Personen hat das Bundeskriminalamt (BKA) das Risikobewertungsinstrument RADAR-iTE entwickelt, nach dem das Risiko einer Person, eine Straftat von erheblicher Bedeutung zu begehen, bewertet und eingeordnet werden kann. Nach § 58a des Aufenthaltsgesetzes (AufenthG) kann gegen eine als Gefährder eingestufte Person eine Abschiebungsanordnung erlassen werden, die sofort vollziehbar ist. Trotz der Einstufung als Gefährder bestehen aber oftmals Schwierigkeiten, diese Personen tatsächlich abzuschieben (www.welt.de/politik/ deutschland/article171111428/Die-Tuecken-bei-der-Abschiebung-islamistischer- Gefaehrder.html, www.n-tv.de/politik/Bremen-darf-Gefaehrder-nicht-abschiebenarticle 20139164.html). V o r b e me r k u n g d e r B u n d e s r e g i e r u n g : 1) Zum Begriff „Gefährder“ und „Relevante Personen“ Die Begriffe „Gefährder“ und „Relevante Personen“ entstammen der polizeifachlichen Terminologie und finden Anwendung im Bereich der politisch motivierten Kriminalität. Für die Begrifflichkeiten „Gefährder“ und „Relevante Personen“ liegen folgende bundeseinheitliche abgestimmte polizeifachliche Definitionen vor: Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Drucksache 19/1558 – 2 – Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode „Gefährder ist eine Person, zu der bestimmte Tatsachen die Annahme rechtfertigen , dass sie politisch motivierte Straftaten von erheblicher Bedeutung, insbesondere solche im Sinne des § 100a Strafprozessordnung (StPO), begehen wird.“ „Eine Person ist als relevant anzusehen, wenn sie innerhalb des extremistischen/ terroristischen Spektrums die Rolle a) einer Führungsperson, b) eines Unterstützers/Logistikers, c) eines Akteurs einnimmt und objektive Hinweise vorliegen, die die Prognose zulassen, dass sie politisch motivierte Straftaten von erheblicher Bedeutung, insbesondere solche im Sinne des § 100a StPO, fördert, unterstützt, begeht oder sich daran beteiligt, oder d) es sich um eine Kontakt- oder Begleitperson eines Gefährders, eines Beschuldigten oder eines Verdächtigen einer politisch motivierten Straftat von erheblicher Bedeutung, insbesondere einer solchen im Sinne des § 100a StPO, handelt .“ Bei Vorliegen der o.g. Voraussetzungen können Personen entweder als „Gefährder “ oder als „Relevante Personen“ eingestuft werden. Überschneidungen zwischen diesen beiden Kategorien bestehen nicht. Die Einstufungen im Rahmen des Gefährderprogramms werden durch die örtlich zuständigen Polizeibehörden der Länder vorgenommen. Zuständig ist die Dienststelle, in deren Bereich der Gefährder /die Relevante Person seinen/ihren Wohnsitz hat. Im sogenannten Gefährderprogramm sind bundeseinheitlich Maßnahmen abgestimmt, die aufgrund einer Einstufung als „Gefährder“ (bzw. „Relevante Person“) durchgeführt werden oder durchgeführt werden können. Es handelt sich hierbei um Maßnahmen aus dem Bereich der Gefahrenabwehr, die ihre Rechtsgrundlage in den jeweiligen Polizeigesetzen der Länder und dem Gesetz über das Bundeskriminalamt und die Zusammenarbeit des Bundes und der Länder in kriminalpolizeilichen Angelegenheiten (BKAG) haben und deren rechtliche Voraussetzungen im Einzelfall jeweils erfüllt sein müssen. Die Definitionen „Gefährder“ und „Relevante Person“ finden im Verfassungsschutzverbund keine Anwendung. 2) Einschränkungen Die Antworten der Bundesregierung unterliegen den nachfolgenden Einschränkungen : a) Die Gefährdersachbearbeitung liegt regelmäßig im Zuständigkeitsbereich der Länder. Es wird daher darauf hingewiesen, dass im Folgenden lediglich die den Bundesbehörden vorliegenden Erkenntnisse dargestellt werden. Des Weiteren ist anzumerken, dass die Auswahl, Art, Umfang und Durchführung von Maßnahmen gegen Personen, die im Rahmen des Gefährderprogramms eingestuft wurden, vom jeweiligen konkreten Einzelfall abhängen und grundsätzlich in die Zuständigkeit der Länder fallen. Sie unterliegen keiner Meldepflicht gegenüber der Bundesregierung. Daher kann keine Antwort im Hinblick auf Einzelaspekte in den Fragestellungen 9, 11 und 14 erfolgen. Gleichsam verhält es sich mit den erforderlichen Maßnahmen nach dem Aufenthaltsrecht , welche im Zuständigkeitsbereich der örtlichen Ausländerbehörden liegen und ebenso gilt dies für die entsprechenden Personenkreise im Verfassungsschutzverbund . Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode – 3 – Drucksache 19/1558 b) Die Beantwortung der Fragen 3 b und 3d kann nicht offen erfolgen. Zwar ist der parlamentarische Informationsanspruch grundsätzlich auf die Beantwortung gestellter Fragen in der Öffentlichkeit angelegt. Die Einstufung der Antworten auf die vorliegenden Fragen als Verschlusssache (VS) mit dem Geheimhaltungsgrad „VS – Nur für den Dienstgebrauch“ ist aber im vorliegenden Fall im Hinblick auf das Staatswohl erforderlich. Nach § 3 Nummer 4 der VS-Anweisung (VSA) sind Informationen, deren Kenntnisnahme durch Unbefugte für die Interessen der Bundesrepublik Deutschland oder eines ihrer Länder nachteilig sein können, entsprechend einzustufen . Die Kenntnisnahme von einzelnen sicherheitsbehördlichen Analyseergebnissen durch Unbefugte könnte die Interessen der Bundesrepublik Deutschland gefährden. Aus ihrem Bekanntwerden können Rückschlüsse auf Arbeitsmethoden und Vorgehensweisen der Sicherheitsbehörden des Bundes gezogen werden. Hierdurch würde die Funktionsfähigkeit der Sicherheitsbehörden beeinträchtigt , was wiederum die Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland beeinträchtigt bzw. gefährdet. Die Informationen zum Aufenthaltsort sowie dem Alter und der Staatsangehörigkeit der betroffenen Personen können den konkreten Einzelsachverhalt nachvollziehbar werden lassen und den Rückschluss auf die Arbeitsweise der Sicherheitsbehörden zu lassen. Weitergehende Informationen werden daher als Verschlusssache gemäß der VS-Anweisung (VSA) mit dem VS-Grad „VS-Nur für den Dienstgebrauch“ eingestuft und dem Deutschen Bundestag gesondert übermittelt.* Die nachfolgenden statistischen Zahlengaben beruhen auf den Erhebungen durch die Bundesbehörden mit Stand vom 23. März 2018 und unterliegen grundsätzlich tagesaktuellen Schwankungen. Die Beantwortung der Fragen 6, 7, 8, 9, 11, 12, 13, 14, 15, 16, 17, 18, 19, 27, 28 und 29 erfolgt bezogen auf den Phänomenbereich „Islamismus/islamistischer Terrorismus“. 1. Wie definiert die Bundesregierung die Begriffe des „Gefährders“ und „relevante Personen“? Auf die Nummer 1 der Vorbemerkung der Bundesregierung wird verwiesen. 2. Wie viele Personen sind nach Kenntnis der Bundesregierung gegenwärtig als a) Gefährder und b) „relevante Personen“ eingestuft (bitte aufschlüsseln nach Aufenthaltsort/Bundesländern sowie nach Phänomenbereichen, Staatsangehörigkeit, Geschlecht und Alter)? Gegenwärtig sind 799 Personen als „Gefährder“ in allen Phänomenbereichen eingestuft . Gegenwärtig sind 758 Personen als „Relevante Personen“ in allen Phänomenbereichen eingestuft. * Das Bundesministerium des Innern für Bau und Heimat hat die Antwort zu den Fragen 3b und 3d als „VS – Nur für den Dienstgebrauch eingestuft. Die Antwort ist im Parlamentssekretariat des Deutschen Bundestages hinterlegt und kann dort von Berechtigten eingesehen. Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Drucksache 19/1558 – 4 – Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode 3. Wie viele der „relevanten Personen“ sind Führungspersonen, Unterstützer, Akteure und Begleitpersonen (bitte nach Geschlecht aufschlüsseln)? In Bezug auf die Beantwortung der Fragen nach Aufenthaltsort den Buchstaben und b und d wird auf Nummer 2b der Vorbemerkung der Bundesregierung verwiesen . Nach Kenntnis der Bundesregierung verteilen sich die weiteren Zahlen auf die jeweiligen Phänomenbereiche wie folgt: Politisch motivierte Kriminalität – rechts: Gefährder: 26 Relevante Personen: 106. Gefährder Relevante Personen Geschlecht 26 Männer 104 Männer/2 Frauen Funktion (Die Funktionstypen werden zum Teil mehrfach vergeben) 40 Führungspersonen, 18 Unterstützer/Logistiker, 54 Akteure und 25 Kontakt- oder Begleitpersonen (Mehrfachvergabe möglich) Politisch motivierte Kriminalität – links: Gefährder: 2 Relevante Personen: 104. Gefährder Relevante Personen Geschlecht 2 Männer 91 Männer/13 Frauen Funktion (Die Funktionstypen werden zum Teil mehrfach vergeben) 26 Führungspersonen, 9 Unterstützer, 9 Logistiker, 76 Akteure, 6 Kontakt-/Begleitpersonen, 1 ohne Zuordnung Politisch motivierte Kriminalität – ausländische Ideologie: Gefährder: 10 Relevante Personen: 52 Gefährder Relevante Personen Geschlecht 8 Männer/ 2 Frauen 47 Männer/5 Frauen Funktion (Die Funktionstypen werden zum Teil mehrfach vergeben) 13 Führungspersonen, 10 Unterstützer, 37 Akteure und 3 Begleitpersonen Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode – 5 – Drucksache 19/1558 Politisch motivierte Kriminalität – religiöse Ideologie Gefährder: 761 Relevante Personen: 496 Gefährder Relevante Personen Geschlecht 726 Männer/ 35 Frauen 395 Männer/75 Frauen Funktion (Die Funktionstypen werden zum Teil mehrfach vergeben) 61 Führungspersonen, 150 Unterstützer, 122 Akteure und 204 Begleitpersonen 4. Wie viele der als Gefährder und „relevanten Personen“ eingestuften Personen sind nach Kenntnis der Bundesregierung dem islamistisch-terroristischen Spektrum zuzuordnen (bitte nach Bundesländern aufschlüsseln)? Eine Unterteilung ist mit Verweis auf die Zuständigkeit der Landesbehörden im Verfassungsschutzverbund mit Blick auf Nummer 2a sowie mit Blick auf die Ausführungen zu Nummer 1 der Vorbemerkung der Bundesregierung nicht möglich . 5. Wie viele der als Gefährder und „relevante Personen“ eingestuften Personen sind nach Kenntnis der Bundesregierung dem militant-salafistischen Spektrum zuzuordnen (bitte nach Bundesländern aufschlüsseln)? Das bundesweite salafistische Personenpotential beläuft sich aktuell auf rund 10 800 Personen. Eine weitere Unterteilung ist mit Verweis auf die Zuständigkeit der Landesbehörden im Verfassungsschutzverbund sowie mit Blick auf Nummer 1 und 2a der Vorbemerkung der Bundesregierung nicht möglich. 6. Wie viele der als Gefährder und „relevante Personen“ eingestuften Personen haben bereits Asyl in Deutschland beantragt? Aus dem vorgenannten Personenkreis haben 362 Personen einen Asylantrag gestellt . 7. Über welchen aufenthaltsrechtlichen Status verfügen die in Frage 6 genannten Personen (bitte aufschlüsseln nach asylberechtigt, Flüchtlingsstatus, subsidiär schutzberechtigt, ausreisepflichtig/geduldet, Verfahren noch nicht rechtskräftig abgeschlossen)? a) 5 Personen wurden als Asylberechtigte anerkannt. b) 68 Personen wurde die Flüchtlingseigenschaft zuerkannt. c) 30 Personen wurde der subsidiäre Schutz zuerkannt. d) Bei 130 Personen wurde der Asylantrag abgelehnt, diese sind damit ausreisepflichtig . 16 Personen davon sind im Besitz einer Duldung nach § 60a Gesetz über den Aufenthalt, die Erwerbstätigkeit und die Integration von Ausländern im Bundesgebiet (AufenthG). e) 61 Asylverfahren sind noch nicht rechtskräftig abgeschlossen. Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Drucksache 19/1558 – 6 – Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode 8. Worauf führt die Bundesregierung den Anstieg der Zahl der Gefährder und „relevanter Personen“ seit dem Jahr 2015 zurück? Der zahlenmäßige Anstieg von „Gefährdern“ und „Relevanten Personen“ der politisch motivierten Kriminalität – religiöse Ideologie – ist einerseits auf die gestiegene Sensibilität im Hinblick auf die dem Phänomen innewohnende besondere Gefährdungskomponente als auch u. a. auf die Migrationsbewegungen im Kontext des Kriegsgeschehens in Syrien und Irak zurückzuführen. 9. Wie viele Gefährder und „relevante Personen“ befinden sich nach Kenntnis der Bundesregierung gegenwärtig in Abschiebehaft, Aufenthalt nach Bundesland ? Der Bundesregierung liegen hierzu keine eigenen Erkenntnisse vor, daher muss eine Antwort mit Verweis auf Nummer 2a der Vorbemerkung der Bundesregierung unterbleiben. 10. Wie viele Gefährder und „relevante Personen“ werden gegenwärtig im Rahmen der Zuständigkeit nach § 4a des Bundeskriminalamtgesetzes vom BKA geführt? Mit Blick auf Nummer 1 der Vorbemerkung der Bundesregierung wird darauf hingewiesen, dass die Einstufung zum „Gefährder“ bzw. zur „Relevanten Person“ als auch die Umsetzung von Maßnahmen bei den Personen im Rahmen des Gefährderprogramms im Verantwortungsbereich der Länder liegen. Insofern werden seitens BKA keine „Gefährder“ und „Relevante Personen“ im Rahmen des Gefährderprogramms eingestuft und geführt. 11. Wie viele der als Gefährder und „relevante Personen“ eingestuften Menschen tragen nach Kenntnis der Bundesregierung eine elektronische Fußfessel (bitte nach Bundesländern aufschlüsseln)? Mit Verweis auf Nummer 2a der Vorbemerkung der Bundesregierung muss eine Antwort unterbleiben. Darüber hinaus wurde bislang durch das Bundeskriminalamt (BKA) keine Maßnahme gemäß §§ 20 y, z BKAG umgesetzt. 12. Gegen wie viele Personen wurde nach Kenntnis der Bundesregierung seit 2015 nach § 58a AufenthG eine Abschiebungsanordnung erlassen (bitte nach Bund/Bundesländern/Jahr aufschlüsseln)? Insgesamt wurden 13 Anordnungen nach § 58a des Gesetzes über den Aufenthalt, die Erwerbstätigkeit und die Integration von Ausländern im Bundesgebiet (AufenthG) erlassen. Die Aufschlüsselung stellt sich wie folgt dar: Bundesland Anzahl Jahr Hessen 3 2/2017, 1/2018 Bremen 2 2017 Mecklenburg-Vorpommern 2 2017 Niedersachsen 2 2017 Nordrhein-Westfalen 2 2017 Schleswig-Holstein 1 2017 Sachsen 1 2017 Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode – 7 – Drucksache 19/1558 13. Wie viele von ihnen wurden auch tatsächlich abgeschoben (bitte nach Bund, Bundesländern, Jahr aufschlüsseln)? Insgesamt wurden 10 Personen, gegen die eine Anordnung nach § 58a AufenthG erlassen wurde, tatsächlich abgeschoben. Die Aufschlüsselung stellt sich wie folgt dar: Bundesland Anzahl Jahr Hessen 1 2018 Bremen 2 1/2017, 1/2018 Mecklenburg-Vorpommern 2 2017 Niedersachsen 2 2017 Nordrhein-Westfalen 1 2017 Schleswig-Holstein 1 2018 Sachsen 1 2017 14. Wie viele Gefährder werden nach Kenntnis der Bundesregierung gegenwärtig überwacht (bitte nach Bundesländern aufschlüsseln)? Mit Blick auf die Verantwortlichkeit der Länder muss eine Antwort mit Verweis auf Nummer 2a der Vorbemerkung der Bundesregierung unterbleiben. 15. An welchen Gründen scheitern nach Kenntnis der Bundesregierung die Abschiebungen (bitte um vollständige Aufzählung und Gewichtung der Gründe und nach Bundesland aufschlüsseln)? Der zeitnahe Vollzug der noch ausstehenden Abschiebungen verzögert sich aufgrund laufender Rechtsbehelfsverfahren im Einzelfall. 16. Wie viele Personen haben das Bundesgebiet in Richtung ISIS-Gebiet bislang verlassen, aufgeschlüsselt nach: a) Staatsangehörigkeit, b) doppelter Staatsangehörigkeit, c) Geschlecht und d) Alter? Die Fragen 16a bis 16d werden gemeinsam beantwortet. Es liegen derzeit Erkenntnisse zu mehr als 980 deutschen Islamisten bzw. Islamisten aus Deutschland vor, die in Richtung Syrien/Irak gereist sind, um dort auf Seiten des Islamischen Staates und anderer terroristischer Gruppierungen an Kampfhandlungen teilzunehmen oder diese in sonstiger Weise zu unterstützen. Derzeit werden nur noch vereinzelt Ausreisesachverhalte bekannt. Die jüngsten Erhöhungen sind überwiegend nicht auf aktuelle, sondern nachträglich bekannt gewordene Ausreisen zurückzuführen. Etwa ein Fünftel der gereisten Personen ist weiblich. Der überwiegende Teil der insgesamt gereisten Personen ist jünger als 30 Jahre. Nicht in allen Fällen liegen Erkenntnisse vor, dass sich diese Personen tatsächlich in Syrien/Irak aufhalten Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Drucksache 19/1558 – 8 – Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode oder aufgehalten haben, weshalb eine weitergehende abschließende valide Aussage im Sinne der Fragestellung nicht möglich ist. Etwa ein Drittel dieser gereisten Personen befindet sich momentan wieder in Deutschland. Ferner liegen zu ca. 170 Personen Hinweise vor, dass diese in Syrien oder im Irak ums Leben gekommen sind. Das BKA hat gemeinsam mit dem Bundesamt für Verfassungsschutz und dem Hessischen Informations- und Kompetenzzentrum gegen Extremismus eine umfangreiche Analyse der Radikalisierungshintergründe und -verläufe des betreffenden Personenkreises vorgenommen. Die Studie ist im Internet abrufbar unter www.bka.de/SharedDocs/Downloads/DE/Publikationen/Publikationsreihen/ Forschungsergebnise/2016AnalyseRadikalisierungsgruendeSyrienIrakAusreisende. html. Demzufolge besitzen 62 Prozent dieser Personen (auch) eine deutsche Staatsangehörigkeit – davon 96 Prozent als erste Staatsangehörigkeit. Es folgen in absteigender Häufigkeitsreihenfolge Personen mit (auch) türkischer (19 Prozent), marokkanischer (7 Prozent), russischer (5 Prozent), syrischer (5 Prozent), tunesischer (5 Prozent) und afghanischer (4 Prozent) Staatsangehörigkeit . Darüber hinaus sind 39 weitere unterschiedliche Staatsangehörigkeiten vorzufinden, wobei es sich hier in der Regel um Einzelfälle handelt. Mehr als ein Drittel (35 Prozent) besitzen ausschließlich die deutsche Staatsbürgerschaft , 27 Prozent besitzen zusätzlich zur deutschen noch eine weitere Staatsbürgerschaft . Die größten Doppelstaatlergruppen sind Deutsch-Türken (21 Prozent), Deutsch-Marokkaner (17 Prozent), Deutsch-Tunesier (13 Prozent), Deutsch-Afghanen (11 Prozent) und Deutsch-Syrer (7 Prozent). Die größte Gruppe von ausgereisten Personen ohne deutschen Pass stellen türkische Staatsbürger (14 Prozent), gefolgt von russischen (4 Prozent), syrischen (3 Prozent), marokkanischen (2 Prozent) und afghanischen (2 Prozent) Staatsbürgern. 17. Wie viele strafrechtlich relevante Ausreisen aus dem Bundesgebiet konnten seit 2015 jährlich verhindert werden? Es wird auf die Ausführungen zu Nummer 2a der Vorbemerkung der Bundesregierung verwiesen. Für die Einleitung und Umsetzung von Maßnahmen im Zusammenhang mit Ausreiseuntersagungen sind die von den Ländern bestimmten Behörden zuständig sind. Eine Verpflichtung zur Meldung an Bundesbehörden im Rahmen eines Meldedienstes besteht nicht. Abschließende Angaben sind der Bundesregierung daher nicht möglich. Insbesondere lässt sich eine belastbare Aussage über die Gesamtzahl der Fälle im Sinne der Fragestellung aus den Angaben nicht ableiten. Darüber hinaus ist festzuhalten, dass die deutschen Gefahrenabwehrbehörden bestrebt sind, Ausreiseplanungen frühzeitig wahrzunehmen, um deren Verwirklichung zu unterbinden. In den Jahren 2015, 2016 und 2017 bewegte sich nach Kenntnis der Bundesregierung die Anzahl der behördlich verhängten Ausreiseverbotsverfügungen im niedrigen dreistelligen Bereich. Auch im Jahr 2018 bewegt sich die Anzahl bislang im niedrigen dreistelligen Bereich. Hierbei beziehen sich die Zahlen jeweils auf die Gesamtzahl der Ausreiseverbotsverfügungen. Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode – 9 – Drucksache 19/1558 18. Wie viele der illegal Ausgereisten sind nach Deutschland zurückgekehrt? Etwa ein Drittel der ausgereisten Personen befindet sich derzeit wieder in Deutschland. Im Übrigen wird auf die Antwort zu Frage 16 verwiesen. 19. Welche Erkenntnisse liegen der Bundesregierung über den Verbleib der übrigen illegal Ausgereisten vor? Es wird auf die Antwort zu Frage 16 verwiesen. 20. Wann wurde die bundesweite Einführung des Risikobewertungsinstrumentes RADAR-iTE abgeschlossen? Mit Stand vom 1. Juli 2017 sind in allen Ländern Erstbeschulungen in der Anwendung von RADAR-iTE durchgeführt worden. Damit ist eine Anwendung von RADAR-iTE bundesweit möglich. 21. Wie viele Personen wurden nach diesem Modell bislang bewertet, und wie viele wurden der jeweiligen Stufe zugeordnet? RADAR-iTE ist ein Baustein der verbesserten bundesweit standardisierten Gefährderbewertung und Maßnahmenpriorisierung. RADAR-iTE wird künftig ein Element einer verbesserten und bundesweit standardisierten Gefährderbewertung und Maßnahmenpriorisierung sein. Anhand der im BKA vorgehaltenen Statistik befinden sich insgesamt 466 Personen in Bearbeitung mit dem Risikobewertungsinstrument Radar-iTE. 22. Welche Maßnahmen machen das Risikobewertungsinstrument RADAR-iTE „transparent und nachvollziehbar“, wie es in der Presseinformation des BKA (www.bka.de/DE/Presse/Listenseite_Pressemitteilungen/2017/Presse2017/ 170202_Radar.html) beschrieben wird? Die Begrifflichkeiten „transparent und nachvollziehbar“ beziehen sich in diesem Kontext darauf, dass im polizeilichen Informationsaustausch für alle beteiligten Akteure deutlich wird, wie das Ergebnis der Risikobewertung zustande gekommen ist. Mit RADAR-iTE ist eine bundesweit einheitliche Bewertung des Gewaltrisikos von polizeilich bekannten Salafisten möglich, die die Kommunikation und Zusammenarbeit im Rahmen des polizeilichen Nachrichtenaustausches und der gemeinsamen Risikoanalyse der beteiligten Behörden im Gemeinsamen Terrorismusabwehrzentrum (GTAZ) erleichtert. 23. Welche Bedeutung haben die drei Stufen der Risikoskala von RADAR-iTE? RADAR-iTE ist ein Instrument zur regelgeleiteten Risikobewertung für Personen des islamistischen Spektrums, die bereits im polizeilichen Fokus stehen. Das Instrument erlaubt eine Priorisierung dieser Zielgruppe und begünstigt damit einen effizienten Einsatz polizeilicher Ressourcen. Die Einstufung in „hohes“, „auffälliges“ und „moderates“ Risiko indiziert die jeweilige Wahrscheinlichkeit für die Begehung einer schweren Gewalttat in Deutschland und den damit verbundenen Interventions- bzw. Abklärungsbedarf. Im Rahmen der weiteren Betrachtung der Personen kann zudem zusätzlich eine individuelle Risikoanalyse erstellt werden. Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Drucksache 19/1558 – 10 – Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode 24. Nach welchen Kriterien und auf Basis welcher Rohdaten erfolgt die Einschätzung durch RADAR-iTE? Zur Durchführung der Risikobewertung bedarf es zwingend einer Zusammenführung polizeilich vorliegender Informationen in einer einheitlich strukturierten Form. Diese Informationszusammenführung erfolgt in Form einer tabellarischen Fallchronologie , in der alle für die Risikobewertung relevanten Lebensereignisse einer Person festgehalten werden. 25. Erfolgt die Einstufung als Gefährder allein auf der Basis von RADAR-iTE? Welche Kriterien fließen darüber hinaus in die Entscheidung ein? In wie viel Prozent aller Fälle und wie vielen Fällen insgesamt wich die Einschätzung des BKA vom Ergebnis der Bewertung von RADAR-iTE ab? Mit Blick auf Nummer 1 der Vorbemerkung der Bundesregierung erfolgt die Einstufung einer Person als Gefährder durch die zuständigen Polizeidienststellen in den Ländern und richtet sich nach den dargestellten Definitionen unter Einbeziehung der vorliegenden Erkenntnislage zur Person. RADAR-iTE ist nicht Voraussetzung zur Einstufung eines Gefährders, sondern ermöglicht vielmehr die Steuerung von sicherheitsbehördlichen Ressourcen nach Einstufung einer Person als Gefährder. Insofern handelt es sich bei der Gefährdereinstufung und dem Instrument RADAR-iTE um getrennte Verfahren mit unterschiedlichen Zielrichtungen. 26. Wie greifen RADAR-iTE, die Gefährdereinstufung und das achtstufige Prognosemodell, wie sie in der Presseinformation des BKA (s. Frage 22) beschrieben sind, ineinander? Welche Bedeutung hat die Einstufung in eines der Systeme für die Einstufung in eines der anderen Systeme? Welchen Nutzen hat das Bestehen der Einstufungssysteme nebeneinander? Wie in der Pressemitteilung dargestellt, haben alle drei standardisierten Einstufungs -systeme unterschiedliche Zielrichtungen und somit auch ihre jeweilige individuelle Berechtigung. Dies nicht zuletzt, da die Systeme auch bei jeweils unterschiedlichen Personenkreisen bzw. Sachverhalten Anwendung finden können. Während im Rahmen der Gefährdereinstufung Personen anhand festgelegter Kriterien als „Gefährder“ bzw. „Relevante Personen“ eingestuft werden, ermöglicht die verbesserte Strukturierung und Dokumentation biografischer Verläufe bereits bekannter Personen des militant-salafistischen Spektrums (hier insbesondere der sog. Gefährder) im Rahmen von RADAR-iTE eine bundesweite Vergleichbarkeit hinsichtlich des von den Personen individuell ausgehenden Risikos. Das Prognosemodell findet Anwendung bei der sachverhaltsbezogenen Gefährdungsbewertung . Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode – 11 – Drucksache 19/1558 27. Welche Rechtsfolgen und „Interventionsmaßnahmen“ knüpfen sich an die Einstufung als Gefährder oder „relevante Person“? Auf Nummer 1 der Vorbemerkung der Bundesregierung wird verwiesen. Grundsätzlich hängen Auswahl, Art, Umfang und Durchführung von Maßnahmen gegen Personen, die im Rahmen des Gefährderprogramms eingestuft wurden , vom jeweiligen konkreten Einzelfall und dem Vorliegen der rechtlichen und tatsächlichen Voraussetzungen ab. 28. Wird die Einstufung als „Gefährder“ und „relevante Person“ regelmäßig überprüft? In welchen Intervallen und durch welche Behörde? Wird hierbei auch RADAR-iTE, eingesetzt? Die Ein- und Ausstufungen im Rahmen des Gefährderprogramms obliegen den Polizeien der Länder, insofern erfolgt die regelmäßige Prüfung hinsichtlich des Vorliegens der Voraussetzungen für die Einstufung in dortiger Zuständigkeit. In Bezug auf den möglichen Einsatz von RADAR-iTE in diesem Kontext wird auf die Antworten zu den Fragen 25 und 26 verwiesen. 29. In wie vielen Fällen kam das BKA zu dem Ergebnis, dass eine Person nicht mehr als „Gefährder“ oder „relevante Person“ einzustufen ist? Es wird auf die Verantwortlichkeit der Länder und ergänzend auf Nummer 1 der Vorbemerkung der Bundesregierung und die Antwort zu Frage 28 verwiesen. Insofern kann hierzu durch die Bundesregierung keine Aussage getroffen werden. 30. Auf welcher Rechtsgrundlage erfolgt die Verarbeitung personenbezogener Daten mittels RADAR-iTE, und auf welche Rechtsgrundlage wird sie ab Mai 2018 gestützt werden? Die Daten werden aktuell gemäß den §§ 7, 8 BKAG i. V. m. §§ 32, 33 BKAG innerhalb des BKA gespeichert. Bei dem betroffenen Personenkreis handelt es sich im Wesentlichen um sogenannte „sonstige Personen“, die gemäß § 8 Absatz 5 BKAG bereits in Dateien des Verbundes oder der Zentralstelle gespeichert sind oder gespeichert werden. Ab Mai 2018 werden die §§ 16, 18 BKAG-neu die einschlägigen Rechtsgrundlagen für die Weiterverarbeitung von Daten sein. Das Nähere über die Art und den Umfang der Daten bestimmt die BKA-Datenverordnung. § 32 BKAG-neu (bisher § 13 BKAG) regelt die Anlieferung von Informationen der Länderdienststellen an die Zentralstelle und enthält entsprechende Übermittlungspflichten. Diese Pflichten werden ebenfalls durch die BKA-Datenverordnung hinsichtlich der Daten , auf die sie sich beziehen, konkretisiert. 31. Werden hierbei besondere Kategorien personenbezogener Daten i. S. d. Artikels 10 der Richtlinie (EU) 2016/680 verarbeitet, und wenn ja, auf Basis welcher Rechtsgrundlage werden sie bisher verarbeitet sowie ab Mai 2018 verarbeitet werden? Es wird auf die Antwort zu Frage 30 verwiesen. Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Drucksache 19/1558 – 12 – Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode 32. Handelt es sich bei der Einstufung durch RADAR-iTE nach Ansicht der Bundesregierung um eine automatisierte Entscheidungsfindung im Einzelfall i. S. d. Artikels 11 der Richtlinie (EU) 2016/680? Welche Gründe liegen der Ansicht der Bundesregierung zugrunde? Bei der Einstufung durch RADAR-iTE handelt es sich nicht um eine automatisierte Entscheidungsfindung. Die Anwendung von RADAR-iTE bedingt jeweils eine inhaltliche Bewertung der vorliegenden Informationen und eine darauf gestützte individuelle Entscheidung durch die jeweils zuständigen Stellen. Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Satz: Satzweiss.com Print, Web, Software GmbH, Mainzer Straße 116, 66121 Saarbrücken, www.satzweiss.com Druck: Printsystem GmbH, Schafwäsche 1-3, 71296 Heimsheim, www.printsystem.de Vertrieb: Bundesanzeiger Verlag GmbH, Postfach 10 05 34, 50445 Köln, Telefon (02 21) 97 66 83 40, Fax (02 21) 97 66 83 44, www.betrifft-gesetze.de ISSN 0722-8333