Die Antwort wurde namens der Bundesregierung mit Schreiben des Bundesministeriums für des Innern, für Bau und Heimat vom 3. April 2018 übermittelt. Die Drucksache enthält zusätzlich – in kleinerer Schrifttype – den Fragetext. Deutscher Bundestag Drucksache 19/1559 19. Wahlperiode 06.04.2018 Antwort der Bundesregierung auf die Kleine Anfrage der Abgeordneten Ulla Jelpke, Dr. André Hahn, Gökay Akbulut, weiterer Abgeordneter und der Fraktion DIE LINKE. – Drucksache 19/1249 – Abschiebung von Gefährdern V o r b e m e r k u n g d e r F r a g e s t e l l e r : Zu den Maßnahmen im Kampf gegen islamistischen Terrorismus gehört auch die Abschiebung von Personen, die von den Polizeibehörden als so genannte Gefährder eingestuft werden. § 58a des Gesetzes über den Aufenthalt, die Erwerbstätigkeit und die Integration von Ausländern im Bundesgebiet (AufenthG) erlaube grundsätzlich die Abschiebung solcher Personen, auch wenn sie bislang keine Straftaten begangen haben, urteilte das Bundesverwaltungsgericht am 21. März 2017. In Bezug auf Abschiebungen nach Afghanistan hat die Bundesregierung zu verstehen gegeben, von Abschiebungen seien neben so genannten Mitwirkungsverweigerern und Straftätern auch Gefährder betroffen (so der Bundesminister des Innern, vgl. z. B. Focus, 8. Dezember 2017). Inwiefern die Abschiebung von Gefährdern eine sinnvolle und verhältnismäßige Maßnahme ist, ist politisch umstritten. Zu berücksichtigen sind eine Vielzahl von Faktoren: Dazu gehört die Gefahr, dass die fraglichen Personen in ihren Herkunftsländern von den Sicherheitsbehörden misshandelt werden. Eine Überprüfung , inwiefern Zusagen, Abgeschobene nicht zu misshandeln, tatsächlich eingehalten werden, ist allerdings in der Praxis kaum möglich. Das Problem drohender unmenschlicher Behandlung verschärft sich aus Sicht der Fragestellerinnen und Fragesteller dadurch, dass es sich bei Gefährdern nicht zwangsläufig um Straftäter oder gar Verurteilte handelt. Als Gefährder gilt eine Person, „zu der bestimmte Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass sie politisch motivierte Straftaten von erheblicher Bedeutung , insbesondere solche im Sinne des § 100a StPO (Strafprozessordnung), begehen wird“. Als „relevant“ gilt eine Person außerdem, wenn zu einer Person „objektive Hinweise vorliegen, die die Prognose zulassen, dass sie politisch motivierte Straftaten von erheblicher Bedeutung, insbesondere solche im Sinne des § 100a StPO, fördert, unterstützt, begeht oder sich daran beteiligt, oder“ eine Kontakt- oder Begleitperson zu einem Gefährder ist (auf Bundestagsdrucksache 18/11369 wird verwiesen). Die Einstufung als Gefährder oder Relevante Person erfolgt durch die Polizei, ohne dass hierfür ein Ermittlungsverfahren oder ein rechtskräftiges Urteil notwendig ist. Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Drucksache 19/1559 – 2 – Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode Es gab lange Zeit keine Legaldefinition des „Gefährderbegriffs“, dies wird im polizeilichen Gefahrenabwehrrecht derzeit in einigen Ländern erst nachgeholt. Weiter bleibt es nach Ansicht der Fragesteller dabei, dass die der polizeilichen Einschätzung zugrunde liegenden „Tatsachen“ bzw. „objektiven Hinweise“ nicht weiter spezifiziert sind. Der Gefährderbegriff ist damit nichts weiter als eine ungewisse polizeiliche Prognose. Die Abschiebung von Personen, gegen die keine gerichtsfesten Beweise vorliegen, insbesondere in Kriegsgebiete oder in Staaten, in denen systematische Menschenrechtsverletzungen dokumentiert sind, erscheint den Fragestellerinnen und Fragestellern hoch problematisch. Ergänzend zu solchen grund- und menschenrechtlichen Aspekten ist für den Fall, dass die ausreisepflichtige Person tatsächlich einen Terroranschlag beabsichtigt , auch ohne dabei die Grenze zur Strafbarkeit überschritten zu haben (§ 89a, §129 a/b Strafgesetzbuch) die Frage zu stellen, ob eine Abschiebung eine geeignete Maßnahme ist, um die Terrorgefahr insgesamt und nachhaltig einzudämmen. In Bürgerkriegsländern wie Afghanistan dürfte es für solche Personen erheblich leichter sein, an Waffen und Sprengmittel zu gelangen und gegen dort tätige Soldaten, Polizisten und zivile Helfer aus Deutschland einzusetzen . Zudem nehmen die Fragestellerinnen und Fragesteller an, dass die Kapazitäten von Krisenländern zur Observation von Gefährdern geringer sind als jene deutscher Behörden. Gerade wenn es sich bei Gefährdern um Personen handelt, die sich erst in Europa radikalisiert haben, erscheint ihre Abschiebung den Fragestellerinnen und Fragestellern als ein Vorgehen nach dem Sankt-Florians- Prinzip. V o r b e m e r k u n g d e r B u n d e s r e g i e r u n g : Die Kleine Anfrage stellt an einigen Stellen auf von der AG Statusrechtliche Begleitmaßnahmen (AG Status) im Gemeinsamen Terrorismusabwehrzentrum (GTAZ) „empfohlenen“ bzw. „initiierten“ Maßnahmen ab. Die Fälle werden größtenteils in den in fast allen Bundesländern agierenden Länderarbeitsgruppen in eigener Zuständigkeit bearbeitet. Durch die AG Status werden diese Fälle begleitet und koordiniert. Der Beitrag der AG Status besteht darin, die Erkenntnisse der Bundesbehörden auszuwerten und einzubringen, Ansprechpartner zu vermitteln oder erforderlichenfalls die Kommunikation zwischen zuständigen Stellen herzustellen. Die Fallbearbeitung in der AG Status erfolgt somit hauptsächlich zu dem Zweck, den gleichen Informationsstand aller beteiligten Stellen zu gewährleisten und Handlungsalternativen aufzuzeigen. Mögliche asyl-, ausländerrechtliche oder sonstige Maßnahmen werden ausschließlich in eigener Zuständigkeit durch die jeweiligen Landes- bzw. Bundesbehörden durchgeführt . Die Fälle der AG Status werden in der Regel zumeist über mehrere Jahre begleitet . Eine Aufschlüsselung der Maßnahmen nach Jahren wird nicht geführt und kann somit im Rahmen der Kleinen Anfrage nicht beantwortet werden. Abschiebungen nach Jahren getrennt werden erst seit dem 1. Januar 2017 statistisch erfasst. 1. Wie viele Vorgänge mit Bezug zum Thema Abschiebung von Gefährdern und Relevanten Personen wurden in den Jahren 2015, 2016 und 2017 in der „AG statusrechtliche Begleitmaßnahmen“ (AG Status) im Gemeinsamen Terrorismusabwehrzentrum GTAZ in Berlin-Treptow jeweils thematisiert? Bezüglich der Jahre 2015 und 2016 wird auf die Vorbemerkung der Bundesregierung verwiesen. Im Jahr 2017 wurden im Rahmen der AG Status 33 Gefährder und 4 Relevante Personen, welche abgeschoben werden konnten, thematisiert. Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode – 3 – Drucksache 19/1559 a) Bei wie vielen dieser Vorgänge war das Bundesamt für Migration (BAMF) und Flüchtlinge unmittelbar beteiligt, beispielsweise weil die betroffenen Personen sich im Asylverfahren befanden? Der Vollzug der Abschiebung von Personen fällt in die Zuständigkeit der Länder. Das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (BAMF) ist nicht unmittelbar an Rückführungen beteiligt. Ein Asylbezug bestand bei 29 Personen. b) Welche Verabredungen zur weiteren asyl- und statusrechtlichen Bearbeitung der einzelnen Vorgänge wurden dort getroffen bzw. Empfehlungen an Landesbehörden ausgesprochen (bitte so präzise wie möglich nach Jahren auflisten)? Bezüglich der Jahre 2015 und 2016 wird auf die Vorbemerkung verwiesen. Im Jahr 2017 wurde durch die AG Status in allen Fällen empfohlen, die vollziehbare Ausreisepflicht der behandelten Personen durch die Bundesländer durchzusetzen. c) Wie wird auf Seiten des Bundes sichergestellt, dass die durch Vertreter des BAMF in der AG Status des GTAZ in Aussicht gestellten Maßnahmen (beispielsweise zügiger Abschluss eines Asylverfahrens) tatsächlich umgesetzt werden? Im Protokoll der AG Status werden Arbeitsaufträge für das BAMF festgehalten. Das BAMF ist verpflichtet, der Geschäftsführung der AG Status Auskunft über die Erledigung der erteilten Arbeitsaufträge spätestens bis zur vereinbarten Wiedervorlage der Vorgangsakte über die Personen zu erteilen. 2. An welchen ähnlich gerichteten Gremien auf Länderebene nehmen Vertreterinnen und Vertreter des BAMF mit jeweils welcher Personalstärke teil? Das BAMF ist mit jeweils einem Mitarbeitenden in folgenden Landesarbeitsgruppen vertreten: − Sonderstab „Gefährliche Ausländer“ (BW) − Arbeitsgruppe „Beschleunigte Identifizierung und Rückführung von Gefährdern aus dem Bereich des islamistischen Terrorismus und Extremismus“ (BY) − Arbeitsgruppe „Extremistische Ausländer“ (BE) − „Ständige Arbeitsgruppe Aufenthalt und Einbürgerung“ (BB) − Arbeitsgruppe „Beschleunigte Rückführung erkannter islamistischer Täter“ (HE) − „Facharbeitskreis Terrorismus“ (MV) − Arbeitsgruppe „Einzelfälle“ (NI) − „Sicherheitskonferenz“ (NW) − Arbeitsgruppe „Aufenthalt“ (SN) − Arbeitsgruppe „Aufenthaltsrechtliche Behandlung extremistischer/terroristischer Ausländer“ (SH) − Arbeitsgruppe „Aufenthaltsrechtliche und staatsangehörigkeitsrechtliche Behandlung von Personen aus dem Bereich des Ausländerextremismus“ (TH). Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Drucksache 19/1559 – 4 – Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode 3. Wie viele Personen, die als Gefährder eingestuft waren, sind nach Kenntnis der Bundesregierung in den Jahren 2015, 2016 und 2017 jeweils abgeschoben worden (bitte zudem nach Bundesländern differenzieren und Zielländer bzw. Staatsangehörigkeiten angeben)? a) Wie viele dieser Abschiebungen erfolgten nach Kenntnis der Bundesregierung auf Grundlage von § 58a AufenthG (bitte wie zuvor differenzieren )? b) Wie viele dieser Abschiebungen erfolgten nach Kenntnis der Bundesregierung auf einer anderen Rechtsgrundlage (Ausweisungsverfügungen mit Bezug zu Betäubungsmittel-, Gewalt- oder Eigentumsdelikten etc.), aber in Hinsicht auf ein von ihnen mit hoher Wahrscheinlichkeit ausgehende Gefahr (Al-Capone-Prinzip)? c) Wie viele der abgeschobenen Gefährder hatten vor Gericht (vergeblich) Rechtsmittel gegen die Abschiebung eingelegt? d) Welche Behörden ordneten nach Kenntnis der Bundesregierung jeweils die Abschiebungen an? 4. Wie viele Personen, die nach Kenntnis der Bundesregierung als Relevante Person eingestuft waren, sind in den Jahren 2015, 2016 und 2017 jeweils abgeschoben worden (bitte auch hier jeweils nach Bundesländern differenzieren und Zielländer bzw. Staatsangehörigkeiten angeben)? a) Wie viele dieser Abschiebungen erfolgten nach Kenntnis der Bundesregierung auf Grundlage von § 58a AufenthG (bitte wie zuvor differenzieren )? b) Wie viele dieser Abschiebungen erfolgten nach Kenntnis der Bundesregierung auf einer anderen Rechtsgrundlage (Ausweisungsverfügungen mit Bezug zu Betäubungsmittel-, Gewalt- oder Eigentumsdelikten etc.), aber in Hinsicht auf ein von ihnen mit hoher Wahrscheinlichkeit ausgehende Gefahr (Al-Capone-Prinzip)? c) Wie viele dieser Personen nehmen bzw. nahmen nach Einschätzung der Polizei innerhalb des extremistischen/terroristischen Spektrums die Rolle einer Führungsperson, eines Unterstützers/Logistiker oder eines Akteurs ein (bitte jeweils getrennt darlegen und jeweils die Zielländer und Staatsangehörigkeiten angeben)? d) Wie viele dieser Personen sind Kontakt- oder Begleitpersonen (bitte Zielländer und Staatsangehörigkeiten angeben)? e) Wie viele der abgeschobenen Relevanten Personen hatten vor Gericht (vergeblich) Rechtsmittel gegen die Abschiebung eingelegt? f) Welche Behörden ordneten nach Kenntnis der Bundesregierung jeweils die Abschiebungen an? Die Fragen 3 und 4 werden gemeinsam beantwortet. Die Beantwortung der Fragen 3 und 4 kann nicht offen erfolgen. Zwar ist der parlamentarische Informationsanspruch grundsätzlich auf die Beantwortung gestellter Fragen in der Öffentlichkeit angelegt. Die Einstufung der Antworten auf die vorliegenden Fragen als Verschlusssache (VS) mit dem Geheimhaltungsgrad „VS – Nur für den Dienstgebrauch“ ist aber im vorliegenden Fall im Hinblick auf das Staatswohl erforderlich. Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode – 5 – Drucksache 19/1559 Nach § 3 Nummer 4 der Allgemeinen Verwaltungsvorschrift zum materiellen und organisatorischen Schutz von Verschlusssachen (VS-Anweisung – VSA) sind Informationen , deren Kenntnisnahme durch Unbefugte für die Interessen der Bundesrepublik Deutschland oder eines ihrer Länder nachteilig sein können, entsprechend einzustufen. Die Gefährdersachbearbeitung liegt im Zuständigkeitsbereich der Bundesländer. Die Fragestellungen zielen auf die Arbeitspraxis der Bundesländer ab, da Ein-, Aus- und Umstufungen in dortiger Zuständigkeit vorgenommen werden, die vom jeweiligen konkreten Einzelfall abhängen. Eine Veröffentlichung dieser Informationen könnte insofern nachteilig für die Interessen der Bundesrepublik oder eines ihrer Länder sein. Die Gesamtzahl der Gefährder im Bund ist regelmäßig nach abgestimmter Sprachregelung Gegenstand von Berichterstattungen, nicht jedoch die Schlüsselung auf einzelne Bundesländer. Der Umgang mit diesen Zahlen obliegt den Bundesländern. Eine derart detaillierte Darstellung durch den Bund könnte deshalb als Eingriff in die Zuständigkeit der Länder verstanden werden und die Wahrnehmung der Zentralstellenfunktion durch das Bundeskriminalamt (BKA) beeinträchtigen. Hierdurch würden die Funktionsfähigkeit der Sicherheitsbehörden des Bundes und der Länder und insbesondere deren vertrauensvolle Zusammenarbeit untereinander beeinträchtigt, was wiederum die Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland beeinträchtigt bzw. gefährdet. Weitergehende Informationen werden daher als Verschlusssache gemäß der Allgemeinen Verwaltungsvorschrift des Bundesministeriums des Innern zum materiellen und organisatorischen Schutz von Verschlusssachen (VS-Anweisung – VSA) mit dem VS-Grad „VS – Nur für den Dienstgebrauch“ eingestuft und dem Deutschen Bundestag gesondert übermittelt.* 5. Wie viele derjenigen Gefährder bzw. Relevanten Personen, die auf Grundlage von § 58a AufenthG abgeschoben wurden, waren nach Kenntnis der Bundesregierung zuvor rechtskräftig in Deutschland wegen einer Straftat verurteilt worden, wie viele davon wegen einer Gewalttat, und wie viele wegen einer terroristischen Gewalttat (bitte jeweils die Zielländer mit anführen )? Waren die Strafen vor Durchführung der Abschiebung bereits verbüßt? Falls die Bundesregierung hierzu keine Angaben machen kann, wie rechtfertigt sie die Abschiebung von Personen, gegen die keine gerichtsverwertbaren Beweise vorliegen, in Kriegs- und Krisengebiete? Zu dieser Frage liegen der Bundesregierung keine Erkenntnisse vor, da die Zuständigkeit für die Rückführung der genannten Personen bei den Bundesländern liegt. Für den Erlass von Ausweisungsverfügungen nach §§ 53 ff. Gesetz über den Aufenthalt, die Erwerbstätigkeit und die Integration von Ausländern im Bundesgebiet (AufenthG) oder Abschiebungsanordnungen nach § 58a Absatz 1 AufenthG sind dementsprechend die zuständigen Behörden in den einzelnen Bundesländern zuständig. Die Bewertung, ob Abschiebungshindernisse vorliegen, richtet sich nach dem Aufenthaltsgesetz und den darin umgesetzten oder in Bezug genommenen Vorgaben des internationalen und europäischen Rechts. * Das Bundesministerium des Innern, für Bau und Heimat hat die Antwort als „VS – Nur für den Dienstgebrauch“ eingestuft. Die Antwort ist im Parlamentssekretariat des Deutschen Bundestages hinterlegt und kann dort von Berechtigten eingesehen werden. Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Drucksache 19/1559 – 6 – Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode 6. Inwiefern kann die Bundesregierung angeben, wie viele der abgeschobenen Gefährder bzw. Relevanten Personen vom Bundesamt für Verfassungsschutz beobachtet bzw. dem militant-salafistischen Spektrum zugerechnet worden sind? Die Begriffe Gefährder und Relevante Personen entstammen der polizeifachlichen Terminologie und finden Anwendung im Bereich der politisch motivierten Kriminalität. Im Verfassungsschutzverbund hingegen werden sie nicht verwandt. Es ist den Verfassungsschutzbehörden zudem nicht bekannt, wie viele Gefährder bzw. Relevante Personen insgesamt abgeschoben wurden. Daher kann auch keine Auskunft darüber gegeben werden, wie viele dieser Personen vom Verfassungsschutzverbund beobachtet worden sind. 7. Wie viele Personen werden nach Kenntnis der Bundesregierung derzeit als Gefährder sowie Relevante Personen geführt (bitte auch nach Staatsangehörigkeiten differenzieren)? a) Wie viele davon halten sich gegenwärtig in Deutschland mit welchem Aufenthaltsstatus in welchen Bundesländern auf? b) Wie viele davon haben keine deutsche bzw. keine EU-Staatsbürgerschaft (bitte differenzieren)? c) Wie viele davon sind vollziehbar ausreisepflichtig? d) Wie viele davon haben eine ausländische Staatsbürgerschaft, halten sich aber gegenwärtig nicht in Deutschland auf und unterliegen einer Einreisesperre ? Vorbemerkung zur Antwort zu den Fragen 7a bis 7d: Die Beantwortung der Fragen 7a bis 7 d kann nicht vollständig offen erfolgen. Zwar ist der parlamentarische Informationsanspruch grundsätzlich auf die Beantwortung gestellter Fragen in der Öffentlichkeit angelegt. Die Einstufung der Antworten auf die vorliegenden Fragen als Verschlusssache (VS) mit dem Geheimhaltungsgrad „VS – Nur für den Dienstgebrauch“ ist aber im vorliegenden Fall im Hinblick auf das Staatswohl erforderlich. Nach § 3 Nummer 4 der Allgemeinen Verwaltungsvorschrift zum materiellen und organisatorischen Schutz von Verschlusssachen (VS-Anweisung – VSA) sind Informationen , deren Kenntnisnahme durch Unbefugte für die Interessen der Bundesrepublik Deutschland oder eines ihrer Länder nachteilig sein können, entsprechend einzustufen. Die Gefährdersachbearbeitung liegt im Zuständigkeitsbereich der Bundesländer. Die Fragestellungen zielen auf die Arbeitspraxis der Bundesländer ab, da Ein-, Aus- und Umstufungen in dortiger Zuständigkeit vorgenommen werden, die vom jeweiligen konkreten Einzelfall abhängen. Eine Veröffentlichung dieser Informationen könnte insofern nachteilig für die Interessen der Bundesrepublik oder eines ihrer Länder sein. Die Gesamtzahl der Gefährder im Bund ist regelmäßig nach abgestimmter Sprachregelung Gegenstand von Berichterstattungen, nicht jedoch die Schlüsselung auf einzelne Bundesländer. Der Umgang mit diesen Zahlen obliegt grundsätzlich den Bundesländern. Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode – 7 – Drucksache 19/1559 Eine derart detaillierte Darstellung durch den Bund könnte deshalb als Eingriff in die Zuständigkeit der Länder verstanden werden und die Wahrnehmung der Zentralstellenfunktion durch das BKA beeinträchtigen. Hierdurch würden die Funktionsfähigkeit der Sicherheitsbehörden des Bundes und der Länder und insbesondere deren vertrauensvolle Zusammenarbeit untereinander beeinträchtigt, was wiederum die Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland beeinträchtigt bzw. gefährdet. Weitergehende Informationen werden daher als Verschlusssache gemäß der Allgemeinen Verwaltungsvorschrift des Bundesministeriums des Innern zum materiellen und organisatorischen Schutz von Verschlusssachen (VS-Anweisung – VSA) mit dem VS-Grad „VS-Nur für den Dienstgebrauch“ eingestuft und dem Deutschen Bundestag gesondert übermittelt.* 8. Wie viele ausreisepflichtige Gefährder sowie Relevante Personen sind in den Jahren 2015, 2016 und 2017 nach Kenntnis der Bundesregierung freiwillig ausgereist (bitte nach Zielländern, Staatsangehörigkeiten und Bundesländern differenzieren)? Sind solche Personen generell vom Erhalt von Rückkehrerbeihilfen ausgeschlossen , und wenn nein, wie viele von ihnen haben eine solche Beihilfe erhalten, und in welcher Höhe (bitte möglichst die Zielländer angeben)? Statistiken zur freiwilligen Ausreise von Gefährdern werden nicht geführt. Personen , die sich in einem laufenden Strafverfahren befinden oder bei den Behörden der Bundesländer als Gefährder vermerkt sind, werden nicht gefördert. 9. Inwiefern werden die Sicherheitsbehörden der Zielländer bei Abschiebung von Gefährdern sowie Relevanten Personen nach Kenntnis der Bundesregierung in jedem Fall über die diesbezügliche Einschätzung der deutschen Polizei informiert? a) Mit welchem zeitlichen Vorlauf erfolgt diese Information? b) Inwiefern werden die den Einstufungen als Gefährder bzw. Relevante Person zugrunde liegenden Tatsachen bzw. objektiven Hinweise ebenfalls übermittelt? c) Welche weiteren Informationen werden ggf. übermittelt? d) Inwiefern wird hinsichtlich des Umfangs der Informationsübermittlung Rücksicht darauf genommen, ob es in den jeweiligen Ländern systematische Menschenrechtsverletzungen bzw. gefestigte rechtsstaatliche Strukturen und eine funktionierende Gewaltenteilung gibt? Die Fragen 9, 9a bis 9d werden zusammenhängend wie folgt beantwortet. Eine Meldeverpflichtung der für die Abschiebung zuständigen Ausländerbehörden über die anstehende Abschiebung von Gefährdern bzw. Relevanten Personen an die Polizeien der Länder bzw. an das BKA besteht nicht. Sofern das BKA auf den polizeilichen Meldewegen Kenntnis von einer solchen Abschiebung erhält, erfolgt im Benehmen mit der für die Person zuständigen Länderdienststelle eine Einzelfallprüfung auf Grundlage der rechtlichen und tatsächlichen Voraussetzungen , ob und wenn ja welche staatsschutzrelevanten und polizeilichen Informationen zu der Person an den Zielstaat übermittelt werden. * Das Bundesministerium des Innern, für Bau und Heimat hat die Antwort als „VS – Nur für den Dienstgebrauch“ eingestuft. Die Antwort ist im Parlamentssekretariat des Deutschen Bundestages hinterlegt und kann dort von Berechtigten eingesehen werden. Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Drucksache 19/1559 – 8 – Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode Die Informationsübermittlung erfolgt auf Grundlage des § 14 des Gesetzes über das Bundeskriminalamt und die Zusammenarbeit des Bundes und der Länder in kriminalpolizeilichen Angelegenheiten (BKAG) unter Berücksichtigung sämtlicher weiteren Vorschriften über die internationale Rechtshilfe (wie RiVaSt, IRG) stets verbunden mit der Übermittlung einer entsprechenden Datenschutzklausel. Es findet keine pauschale Datenübermittlung statt, sondern es wird in jedem Einzelfall streng geprüft, ob eine Datenübermittlung erfolgen kann und wenn ja, welche Daten übermittelt werden. Dabei werden sowohl die vorliegende Erkenntnislage und Einschätzung zur Person als auch mögliche Einschränkungen in der Datenübermittlung aufgrund der Lage im Zielstaat, u. a. wegen der dortigen Menschenrechtssituation , den staatlichen Strukturen, einer drohenden nicht rechtsstaatlichen Behandlung, insbesondere bei Staaten mit Kooperationsbeschränkungen , auf Basis der dazu vorliegenden Erkenntnisse berücksichtigt. Darüber hinaus finden weitere Faktoren, wie die schutzwürdigen Interessen des Betroffenen und der jeweilige Datenschutzstandard im Zielstaat, bei der Datenübermittlung Berücksichtigung. 10. In wie vielen Fällen der Abschiebung von Gefährdern bzw. Relevanten Personen sind nach Kenntnis der Bundesregierung von den Sicherheitsbehörden des Ziellandes Zusagen eingeholt worden, die Person nicht zu foltern, sie nicht unmenschlich zu behandeln und nicht der Todesstrafe zuzuführen (bitte auch angeben, wer diese Zusagen eingeholt hat)? Über welche Möglichkeiten verfügt die Bundesregierung, die Einhaltung solcher Zusagen zu überprüfen, inwiefern nutzt sie diese Möglichkeiten, und über welche Erfahrungswerte verfügt sie diesbezüglich? Der Bundesregierung sind drei Fälle bekannt, in denen seit 2017 vor der Rückführung von Gefährdern Zusicherungen des Herkunftsstaates im Sinne der Fragestellung eingeholt wurden. Überprüfungsmöglichkeiten bestehen durch Kontakte der Auslandvertretungen mit dem Anwalt eines Betroffenen im Herkunftsland , soweit hierzu das Einverständnis des Betroffenen besteht. Dazu liegen bislang keine Erfahrungswerte vor. 11. Welche Erkenntnisse hat die Bundesregierung zur Frage, ob bzw. wie viele abgeschobene Gefährder bzw. Relevante Personen im Zielland inhaftiert, und wie viele von diesen von den dortigen Sicherheitsbehörden misshandelt oder hingerichtet wurden (bitte jeweils die Zielländer nennen)? Welche Erkenntnisse hat die Bundesregierung zur Frage, ob bzw. wie viele abgeschobene Gefährder bzw. Relevanten Personen im Zielland inhaftiert, und wie viele von diesen von den dortigen Sicherheitsbehörden misshandelt oder hingerichtet wurden (bitte jeweils die Zielländer nennen)? Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode – 9 – Drucksache 19/1559 12. Inwiefern sind die afghanischen Sicherheitsbehörden nach Kenntnis der Bundesregierung personell und technisch in der Lage, Observationen von Gefährdern bzw. Relevanten Personen durchzuführen? Inwiefern teilt die Bundesregierung die Sorge der Fragestellerinnen und Fragesteller , Personen, die beabsichtigen, Terroranschläge durchzuführen, hätten hierzu in Afghanistan bessere Möglichkeiten als in Deutschland? Welche diesbezügliche Einschätzung hat die Bundesregierung hinsichtlich nordafrikanischer Staaten und den Staaten des Westbalkans? Die Bundesregierung geht davon aus, dass die betroffenen Staaten, soweit sie die Notwendigkeit der Überwachung von Personen sehen, die von deutschen Behörden für das Gebiet Deutschlands als Gefährder eingestuft werden, über ein wirkungsvolles Instrumentarium von Überwachungsmaßnahmen verfügen. 13. Inwiefern und in wie vielen Fällen ist in den Jahren 2015, 2016 und 2017 nach Kenntnis der Bundesregierung über die Abschiebung von Gefährdern bzw. Relevanten Personen zuvor im GTAZ gesprochen worden? Bezüglich der Jahre 2015 und 2016 wird auf die Vorbemerkung verwiesen. Im Übrigen wird auf die Antwort zu Frage 1 verwiesen. a) Wurde die Abschiebung dabei vor oder nach Vollzug thematisiert? Vor dem Vollzug der Abschiebung wurde die Rückführung thematisiert. b) Ist der Bundesregierung bekannt, inwiefern aus allfälligen Besprechungen zu Gefährdern im GTAZ Impulse an die für eine Abschiebeanordnung zuständige Landesbehörde erwachsen, und wenn ja, in welchem Umfang war dies in den Jahren 2015, 2016 und 2017 der Fall? Bezüglich der Jahre 2015 und 2016 wird auf die Vorbemerkung der Bundesregierung verwiesen. Im Übrigen wird auf die Antwort zu Frage 1 verwiesen. Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Satz: Satzweiss.com Print, Web, Software GmbH, Mainzer Straße 116, 66121 Saarbrücken, www.satzweiss.com Druck: Printsystem GmbH, Schafwäsche 1-3, 71296 Heimsheim, www.printsystem.de Vertrieb: Bundesanzeiger Verlag GmbH, Postfach 10 05 34, 50445 Köln, Telefon (02 21) 97 66 83 40, Fax (02 21) 97 66 83 44, www.betrifft-gesetze.de ISSN 0722-8333