Antwort der Bundesregierung auf die Kleine Anfrage der Abgeordneten Bettina Stark-Watzinger, Christian Dürr, Dr. Florian Toncar, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der FDP – Drucksache 19/15201 – Position der Bundesregierung zur EU-Taxonomie V o r b e m e r k u n g d e r F r a g e s t e l l e r Die Technical Expert Group hat im Juni 2019 ihren Vorschlag für eine einheitliche EU-Taxonomie veröffentlicht (www.ec.europa.eu/info/sites/info/files/bu siness_economy_euro/banking_and_finance/documents/190618-sustainable-fi nance-teg-report-taxonomy_en.pdf). Darin schlägt sie einen Rahmen zur Klassifizierung nachhaltiger Wirtschaftsaktivitäten vor. Medienberichten zu Folge geht es in der aktuellen Diskussion zwischen EU-Parlament und EU- Kommission vor allem um die Frage, ob und in welchem Umfang die vorliegende Taxonomie verpflichtend angewandt werden soll (www.boersen-zei tung.de/index.php?li=1&artid=2019179800). 1. Bewertet die Bundesregierung das Konzept einer binären Definition von Nachhaltigkeit, und wenn ja, wie? Aus Sicht der Bundesregierung ist ein Konzept der Bestimmung ökologisch nachhaltiger wirtschaftlicher Aktivitäten, das Schattierungen der ökologischen Nachhaltigkeit („shades of green“) zulässt, effektiver als ein binärer Ansatz und damit vorzugswürdiger. Entsprechend hat sich die Bundesregierung auch in den Verhandlungen im Rat und in den laufenden Trilogverhandlungen (siehe dazu die Antwort zu Frage 3) positioniert. 2. Bewertet die Bundesregierung Ausschlusskriterien als Möglichkeit einer Klassifizierung von nachhaltigen Wirtschaftsaktivitäten, und wenn ja, wie? Der Abstimmungsprozess in der Bundesregierung zur Positionierung in dieser Frage ist noch nicht abgeschlossen. Deutscher Bundestag Drucksache 19/15635 19. Wahlperiode 02.12.2019 Die Antwort wurde namens der Bundesregierung mit Schreiben des Bundesministeriums der Finanzen vom 28. November 2019 übermittelt. Die Drucksache enthält zusätzlich – in kleinerer Schrifttype – den Fragetext. 3. Auf welcher Ebene wird aktuell auf europäischer Ebene der Entwurf der EU-Taxonomie diskutiert? Die Verhandlungen über den Verordnungsvorschlag der Europäischen Kommission zur Schaffung einer Taxonomie befinden sich, nachdem sowohl die Mitgliedstaaten im Rat als auch das Europäische Parlament ihre Positionen bestimmt haben, im Stadium der sog. informellen Trilogverhandlungen zwischen Europäischer Kommission, dem Europäischen Parlament und dem Rat. 4. Welche Punkte sind nach Ansicht der Bundesregierung im aktuellen Entwurf der EU-Taxonomie problematisch, bzw. bei welchen Punkten sieht die Bundesregierung noch Diskussionsbedarf? 5. Hat sich die Bundesregierung im Rahmen der Diskussionen um das Thema Sustainable Finance bzw. EU-Taxonomie aktiv dafür eingesetzt, dass Kernenergie nicht als nachhaltig bewertet werden soll? Die Fragen 4 und 5 werden zusammen beantwortet. Die Bundesregierung versteht die Frage so, dass sie sich auf die im Rat beschlossene Position bezieht. Die Mitgliedstaaten haben mehrheitlich die Aufnahme der Trilogverhandlungen auf Basis des Kompromissvorschlages der finnischen Ratspräsidentschaft beschlossen. Wesentlicher Konfliktpunkt war die Frage der Kernenergie. Einige Mitgliedstaaten, darunter Deutschland, kritisierten den Kompromissvorschlag der finnischen Ratspräsidentschaft, da er nicht ausschließt, dass Stromerzeugung aus Kernenergie als ökologisch nachhaltig klassifiziert wird. Deutschland hatte sich im Vorfeld dafür eingesetzt, den Taxonomie-Entwurf entsprechend zu ändern, konnte sich damit aber im Rat nicht durchsetzen. 6. Wie bewertet die Bundesregierung, dass Kernenergie nicht von der Taxonomie erfasst wird? Die Bundesregierung versteht die Frage so, dass sie sich auf die Arbeit der technischen Expertengruppe der EU-Kommission zum nachhaltigen Finanzwesen bezieht. Die technische Expertengruppe der EU-Kommission zum nachhaltigen Finanzwesen (TEG) hat am 18. Juni 2019 ihren technischen Bericht zum aktuellen Stand veröffentlicht, der unter www.ec.europa.eu/info/files/190618-s ustainable-finance-teg-report-taxonomy_en abrufbar ist. Der Bericht stellt die gemeinsame Ansicht der Mitglieder der Expertengruppe dar. Auf den Seiten 234 f. werden die Erörterungen zur Nachhaltigkeit der Stromerzeugung aus Kernenergie dargestellt. Im Ergebnis hat die Expertengruppe davon abgesehen, in diesem Stadium Kernenergie in die Taxonomie aufzunehmen. Die Bundesregierung begrüßt grundsätzlich diese Entscheidung. Gleichzeitig sieht es als problematisch an, dass die TEG zu weiteren Untersuchungen der Nachhaltigkeit von Kernenergie in noch einzurichtenden Gruppen auffordert. Die Bundesregierung teilt die Auffassung des Europäischen Parlaments, dass eine glaubwürdige Taxonomie bereits im Text der Verordnung eine mögliche Bewertung von Kernenergie als nachhaltig ausschließen muss. 7. Sollte die Anwendung der vorgeschlagenen Taxonomie nach Auffassung der Bundesregierung verpflichtend für Finanzmarktteilnehmer sein? Die EU-Kommission hat in ihrem Gesetzentwurf vorgeschlagen, dass die Offenlegungspflicht in Bezug auf Produkte gilt, die als ökologisch nachhaltige Drucksache 19/15635 – 2 – Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode Produkte angeboten werden. Im Ratskompromiss wurde diese Regelung beibehalten . Die Bundesregierung hatte sich in den Verhandlungen im Rat für einen complain or explain-Mechanismus ausgesprochen mit dem Argument, dass die Anbieter ökologisch nachhaltiger Produkte gefördert und nicht zusätzlich belastet werden sollten. 8. Für welche Produkte und Finanzmarktteilnehmer soll Taxonomie nach Auffassung der Bundesregierung gelten? Die Frage des Anwendungsbereichs der Taxonomie-Verordnung ist Gegenstand der laufenden Trilogverhandlungen, da Rat und Europäisches Parlament hier unterschiedliche Ansätze verfolgen. Der Abstimmungsprozess in der Bundesregierung zur Positionierung im Trilog ist noch nicht abgeschlossen. 9. Wie sieht der weitere Zeitplan für die Umsetzung des EU-Aktionsplans aus? a) Wann sollen die Gespräche zur Taxonomie zum Abschluss geführt werden? b) Ab wann soll die Taxonomie gelten? c) Welche Übergangsregelungen sollen bei der Einführung der Taxonomie gelten? Die finnische Ratspräsidentschaft und die EU-Kommission streben einen Abschluss der Trilogverhandlungen bis Ende 2019 an. Die Fragen des Anwendungszeitpunktes und der Übergangsregelungen sind Gegenstand der laufenden Trilogverhandlungen. Eine diesbezügliche vorläufige Einigung in den Trilogverhandlungen wurde nach Kenntnis der Bundesregierung noch nicht erzielt. Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode – 3 – Drucksache 19/15635 Gesamtherstellung: H. Heenemann GmbH & Co. KG, Buch- und Offsetdruckerei, Bessemerstraße 83–91, 12103 Berlin, www.heenemann-druck.de Vertrieb: Bundesanzeiger Verlag GmbH, Postfach 10 05 34, 50445 Köln, Telefon (02 21) 97 66 83 40, Fax (02 21) 97 66 83 44, www.betrifft-gesetze.de ISSN 0722-8333