Antwort der Bundesregierung auf die Kleine Anfrage der Abgeordneten Jessica Tatti, Susanne Ferschl, Matthias W. Birkwald, weiterer Abgeordneter und der Fraktion DIE LINKE. – Drucksache 19/15271 – Unabhängige Ombudsstellen für SGB II-Leistungsbeziehende sowie Widerspruchsausschüsse von Jobcentern V o r b e m e r k u n g d e r F r a g e s t e l l e r Neben den jobcenterinternen Kundenreaktionsmangements und von Jobcentern unabhängigen Beratungsstellen für Leistungsbeziehende nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II) existieren in einigen Kreisen auch Ombudsstellen , die einen Ermittlungs-, Schlichtungs- bzw. Befriedungsauftrag für Jobcenterprobleme haben. Die Ombudsstellen ersetzen keine Rechtsmittel oder Beratungsstellen, sondern sollen in der Regel als neutrale, unparteiische Stellen Anregungen, Kritik und Beschwerden von betroffen Leistungsberechtigten entgegennehmen, in Streitfällen unbürokratisch vermitteln sowie ihre Tätigkeiten auswerten, darüber berichten und Änderungen bei den Jobcentern anregen. Für die Arbeit von Ombudsstellen ist in der Regel ein Beschluss der Trägerversammlung des Jobcenters notwendig, da nur so eine Schlichtungsund Befriedungsfunktion wahrgenommen werden kann. Als wichtig wird angesehen , dass der Zugang niederschwellig ist und die Ombudsstelle weisungsunabhängig arbeiten kann (etwa Antidiskriminierungsstelle des Bundes (2017): „Diskriminierungsrisiken in der öffentlichen Arbeitsvermittlung entgegenwirken : Handlungsansätze für die Praxis“. Fachgespräch der Antidiskriminierungsstelle des Bundes am 13. Oktober 2017, Seite 14). Unabhängige Ombudsstellen sind im SGB II nicht verbindlich vorgeschrieben , werden aber von vielen Expertinnen und Experten, Wohlfahrtsverbänden und Antidiskriminierungsstellen empfohlen (vgl. z. B. Antidiskriminierungsstelle des Bundes (2017): Diskriminierung in Deutschland. Dritter Gemeinsamer Bericht der Antidiskriminierungsstelle des Bundes und der in ihrem Zuständigkeitsbereich betroffenen Beauftragten der Bundesregierung und des Deutschen Bundestages, Seite 480; Stellungnahme des Deutschen Caritasverbandes e. V. als sachkundiger Dritter nach § 27a des Bundesverfassungsgerichtsgesetzes (BVerfGG) im Verfahren 1BvL 7/16 vom 28. Februar 2017). Neben einer Erhöhung der Qualität einer bürgerfreundlichen Verwaltung und einem Krisenmanagement im Sinne der Betroffenen wird als Ziel häufig auch eine Entlastung von Widerspruchsstellen und Gerichten angeführt. Einzelne Jobcenter wie etwa die Jobcenter Schwalm-Eder und Jobcenter Pirmasens (siehe etwa www.public-manager.com/aktuelles/einzelansicht/archive/ 2012/february/article/konzept-des-jobcenters-pirmasens-zur-aussergerichtli Deutscher Bundestag Drucksache 19/15687 19. Wahlperiode 03.12.2019 Die Antwort wurde namens der Bundesregierung mit Schreiben des Bundesministeriums für Arbeit und Soziales vom 2. Dezember 2019 übermittelt. Die Drucksache enthält zusätzlich – in kleinerer Schrifttype – den Fragetext. chen-loesung-von-widerspruechen-bei-hartz-iv.html) haben Widerspruchsausschüsse eingerichtet, wie sie ähnlich aus der Sozialversicherung bekannt sind. Im Gegensatz zu Ombudsstellen sind Widerspruchsausschüsse im Jobcenter selbst angesiedelt. Die Widerspruchsausschüsse behandeln Einwendungen von Betroffenen gegen die Entscheidungen von Jobcentern zeitlich vor einem Gerichtsprozess , falls der Einwendung nicht von Amts wegen abgeholfen werden soll. Dem Ausschuss sitzen in der Regel externe juristisch fachkundige Personen und ehrenamtliche Beisitzer vor. Sie sprechen in der Regel Empfehlungen aus und sind nicht entscheidungsbefugt. Aus Sicht der Fragesteller wichtige Argumente für die Einrichtung von Widerspruchsausschüssen sind auch hier die Reduzierung von Gerichtskosten sowie die Erhöhung der Akzeptanz von Entscheidungen.  1. In welchen Kreisen existieren nach Kenntnis der Bundesregierung derzeit kommunale und/oder unabhängige Ombudsstellen, an die sich SGB- II-Leistungsbeziehende wegen Jobcenteranliegen wenden können (bitte jeweils Kreis und Ombudsstelle benennen, wenn möglich mit Kontaktinformationen sowie das zugehörige Jobcenter (gE) bzw. Jobcenter (zkT))?  2. Wer ist bzw. wer sind nach Kenntnis der Bundesregierung Träger der in Fragen 1 genannten Ombudsstellen (bitte jeweils aufzählen)?  3. Welche der in Frage 1 genannten Ombudsstellen arbeiten nach Kenntnis der Bundesregierung auf Grundlage eines Beschlusses der Trägerversammlung des zugehörigen Jobcenters? Und welche der in Frage 1 genannten Ombudsstellen arbeiten nach Kenntnis der Bundesregierung ohne Grundlage durch einen Beschluss der Trägerversammlung des zugehörigen Jobcenters?  4. Welche Kenntnisse hat die Bundesregierung über die Finanzierung bzw. Finanzierungsträger der in Frage 1 genannten Ombudsstellen (bitte möglichst genau und einzelfallbezogen aufschlüsseln)? Wie hoch war nach Kenntnis der Bundesregierung bei den in Frage 1 genannten Ombudsstellen der kommunale Anteil des Kostenaufwands (bitte einzeln angeben)?  5. Welche Kenntnisse hat die Bundesregierung über die personelle Ausstattung der in Frage 1 genannten Ombudsstellen insbesondere darüber, ob diese a) ehrenamtlich und/oder hauptamtlich besetzt sind, b) falls ehrenamtlich, wo die eingesetzten Personen hauptamtlich beschäftigt sind (etwa Kommune, Jobcenter), sowie c) welche formalen Qualifikationen die in den Ombudsstellen tätigen Personen haben? Wie viele Stellen (in Vollzeitäquivalenten) haben die in Frage 1 genannten Ombudsstellen nach Kenntnis der Bundesregierung (bitte einzeln aufschlüsseln)?  6. Wie viele Fälle haben die in Frage 1 benannten Ombudsstellen in 2018 (oder letztes bekannte Jahr) bearbeitet (bitte für jede Ombudsstelle einzeln benennen, wenn möglich jeweils total sowie je 1.000 Leistungsbeziehende nach SGB II)? Welche Kenntnis hat die Bundesregierung über die Ergebnisse dieser Ombudsverfahren? Drucksache 19/15687 – 2 – Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode  7. Welche Kenntnisse hat die Bundesregierung allgemein über die Wirkung von Ombudsstellen zu Fragen des SGB II bzw. SGB III? Welche Studien zum Thema sind der Bundesregierung bekannt (bitte einzeln und, falls möglich, mit den jeweils zentralen Erkenntnissen benennen )?  8. Welche Erkenntnisse hat die Bundesregierung über den Zusammenhang der von Jobcentern erfragten „Kundenzufriedenheit“ mit dem (Nicht-)Vorhandensein von Ombudsstellen vor Ort?  9. Welche Erkenntnisse hat die Bundesregierung über den Zusammenhang der Fallzahlen von Widersprüchen gegen Entscheidungen von Jobcentern mit dem (Nicht-)Vorhandensein von Ombudsstellen vor Ort? 10. Welche Erkenntnisse hat die Bundesregierung über den Zusammenhang der Fallzahlen von Sozialgerichtsklagen gegen Jobcenter mit dem (Nicht-)Vorhandensein von Ombudsstellen vor Ort? Die Fragen 1 bis 10 werden gemeinsam beantwortet. Die Bundesregierung begrüßt grundsätzlich die Schaffung von mehr Transparenz und Bürgernähe. Es hängt allerdings von den regionalen Gegebenheiten ab, ob und inwieweit die Einrichtung von Ombudsstellen dazu beitragen kann. Die Entscheidung über die Einrichtung einer Ombudsstelle liegt daher in der Verantwortung der einzelnen gemeinsamen Einrichtungen und wird daher von der Bundesagentur für Arbeit nicht zentral erfasst. Der Bundesregierung liegen deshalb im Ergebnis keine Erkenntnisse im Sinne der Fragen 1 bis 10 vor. Die zugelassenen kommunalen Träger unterstehen allein der Aufsicht der zuständigen Landesbehörden. Der Bundesregierung liegen daher auch insoweit keine Erkenntnisse vor. 11. Welche Jobcenter (gE und zkT) verfügen nach Kenntnis der Bundesregierung derzeit über einen Widerspruchsausschuss (bitte einzelne Jobcenter benennen)? 12. Wie sind die in Frage 1 benannten Widerspruchsausschüsse nach Kenntnis der Bundesregierung besetzt, insbesondere a) wer steht dem Widerspruchsausschuss vor (Qualifikation, Anstellungsträger bzw. Arbeitgeber), b) wer, und wie viele Personen sitzen bei (Qualifikationen, Arbeitgeber bzw. abstellende Organisationen) (bitte je Widerspruchsausschuss einzeln aufführen)? Wer hat nach Kenntnis der Bundesregierung über die Besetzung der jeweiligen Widerspruchsausschüsse entschieden? 13. An welcher zeitlichen bzw. funktionalen Stelle im Verwaltungsverfahren werden nach Kenntnis der Bundesregierung die in Frage 11 genannten Widerspruchsausschüsse tätig (vor/nach Anhörung, vor/nach Widerspruchsbescheid , etc.) (bitte je Widerspruchsausschuss einzeln aufführen )? 14. Welche Kompetenzen haben nach Kenntnis der Bundesregierung die in Frage 11 genannten Widerspruchsausschüsse? 15. Wie werden die in Frage 11 benannten Widerspruchsausschüsse nach Kenntnis der Bundesregierung finanziert, und wie hoch waren die letzten bekannten jährlichen Kosten der Widerspruchsausschüsse? Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode – 3 – Drucksache 19/15687 16. Welche Kenntnisse hat die Bundesregierung allgemein über die Wirkung von Widerspruchsausschüssen im Bereich des SGB II? Welche Studien zum Thema sind der Bundesregierung bekannt (bitte einzeln und, falls möglich, mit den jeweils zentralen Erkenntnissen benennen )? 17. Welche Erkenntnisse hat die Bundesregierung über den Zusammenhang der von Jobcentern erfragten „Kundenzufriedenheit“ mit dem (Nicht-)Vorhandensein von Widerspruchsausschüssen im Bereich des SGB II? 18. Welche Erkenntnisse hat die Bundesregierung über den Zusammenhang der Fallzahlen von Widersprüchen gegen Entscheidungen von Jobcentern mit dem (Nicht-)Vorhandensein von Widerspruchsausschüssen im Bereich des SGB II? 19. Welche Erkenntnisse hat die Bundesregierung über den Zusammenhang der Fallzahlen von Sozialgerichtsklagen gegen Jobcenter mit dem (Nicht-)Vorhandensein von Widerspruchsausschüssen im Bereich des SGB II? Die Fragen 11 bis 19 werden gemeinsam beantwortet. Die Errichtung von Widerspruchsausschüssen, wie sie etwa gemäß § 36a Absatz 1 Satz 1 Nummer 1 des Vierten Buches Sozialgesetzbuch (SGB IV) in den einzelnen Zweigen der Sozialversicherung möglich ist, ist nach Auffassung der Bundesregierung mangels einer entsprechenden Regelung im Zweiten Buch Sozialgesetzbuch im Rahmen der Grundsicherung für Arbeitsuchende nicht zulässig . Soweit die Vorbemerkungen der Fragesteller ausdrücklich auf das sogenannte Pirmasenser Modell verweisen, ist zu beachten, dass der dort vorgesehene „Widerspruchsausschuss“ nach den der Bundesregierung vorliegenden Informationen den Widerspruchsausschüssen im Sinne des § 36a Absatz 1 Satz 1 SGB IV nicht vergleichbar ist. So haben insbesondere die Beisitzer im Pirmasenser Modell kein Stimmrecht. Drucksache 19/15687 – 4 – Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode Gesamtherstellung: H. Heenemann GmbH & Co. KG, Buch- und Offsetdruckerei, Bessemerstraße 83–91, 12103 Berlin, www.heenemann-druck.de Vertrieb: Bundesanzeiger Verlag GmbH, Postfach 10 05 34, 50445 Köln, Telefon (02 21) 97 66 83 40, Fax (02 21) 97 66 83 44, www.betrifft-gesetze.de ISSN 0722-8333