Antwort der Bundesregierung auf die Kleine Anfrage der Abgeordneten Andrej Hunko, Matthias W. Birkwald, Niema Movassat, weiterer Abgeordneter und der Fraktion DIE LINKE. – Drucksache 19/15189 – Evaluierung von Abkommen zum Austausch von Fluggastdatensätzen V o r b e m e r k u n g d e r F r a g e s t e l l e r Die am 27. April 2016 angenommene EU-Richtlinie zur Verwendung von Fluggastdatensätzen zur Verhütung von Terrorismus und schwerer Kriminalität wird evaluiert (Ratsdokument 12649/19). Ohne die Ergebnisse abzuwarten, will die Europäische Kommission mit Japan über den Austausch und die Verarbeitung von Fluggastdatensätzen (Passenger Name Record – PNR) verhandeln (Ratsdokument 12759/19 ADD 1). Die Mitgliedstaaten müssen einer entsprechenden Empfehlung der Kommission für ein Verhandlungsmandat noch zustimmen. Bislang hat die EU zwei internationale PNR-Abkommen (Australien und USA) geschlossen. Nach dem Gutachten des Gerichtshofs der EU zu dem PNR-Abkommen zwischen der EU und Kanada wurde die Kommission vom Rat zur Aufnahme neuer PNR-Verhandlungen mit Kanada ermächtigt, die im Juni 2018 begannen. Die Verhandlungen sind nunmehr abgeschlossen, beide Seiten wollen das Abkommen „so bald wie möglich“ fertigstellen („EU- Canada Summit joint declaration“, 18. Juli 2019). Nach Kenntnis der Fragestellerinnen und Fragesteller plant auch die Regierung in Israel ein PNR-Abkommen mit der Europäischen Union zur Nutzung von Passagierdaten durch Strafverfolgungsbehörden. 1. Wann soll die Evaluierung der EU-PNR-Richtlinie nach Kenntnis der Bundesregierung beginnen und abgeschlossen sein (Ratsdokument 12649/19)? Gemäß Artikel 19 der Richtlinie (EU)2016/681 über die Verwendung von Fluggastdatensätzen (PNR-Daten) zur Verhütung, Aufdeckung, Ermittlung und Verfolgung von terroristischen Straftaten und schwerer Kriminalität (PNR- Richtlinie) ist die Überprüfung bis zum 25. Mai 2020 abzuschließen. Der Bundesregierung ist bekannt, dass die EU-Kommission damit begonnen hat, die Erfahrungen der Mitgliedstaaten mit der Umsetzung der Richtlinie zu erfragen . Ein genauerer Zeitplan der EU-Kommission ist der Bundesregierung jedoch nicht bekannt. Deutscher Bundestag Drucksache 19/15699 19. Wahlperiode 05.12.2019 Die Antwort wurde namens der Bundesregierung mit Schreiben des Bundesministeriums des Innern, für Bau und Heimat vom 28. November 2019 übermittelt. Die Drucksache enthält zusätzlich – in kleinerer Schrifttype – den Fragetext. 2. Aus welchen Gründen befürwortet die Bundesregierung den Entwurf von Ratsschlussfolgerungen (Ratsdokument 12649/19), die eine Machbarkeitsstudie zur Ausweitung des Anwendungsbereichs der EU-PNR-Richtlinie auf andere Verkehrsträger vorschlägt und in der rechtliche, operative und technische „Herausforderungen“ betrachtet werden sollen, bzw. aus welchen Gründen lehnt sie diese ab (bitte etwaige Änderungsvorschläge der deutschen Delegation erläutern, die als Bedingung einer Befürwortung eingebracht wurden oder werden, vgl. Ratsdokument 12999/19)? Zur Frage der Ausweitung des Anwendungsbereichs der PNR-Richtlinie auf andere grenzüberschreitende Beförderungsformen als den Luftverkehr werden im Kreis der EU-Mitgliedstaaten unterschiedliche Auffassungen vertreten. Nach Einschätzung der Bundesregierung stellt der vorliegende Entwurf von Ratsschlussfolgerungen, der vorsieht der EU-Kommission die Durchführung einer ergebnisoffenen Folgenabschätzung nach Abschluss der in der Antwort zu Frage 1 erwähnten Evaluierung zu empfehlen, um die Erforderlichkeit und Umsetzbarkeit einer solchen Ausweitung des Anwendungsbereichs zu untersuchen und dabei zugleich auf die damit verbundenen rechtlichen, fachlichen und technischen Risiken hinzuweisen, vor dem Hintergrund der unterschiedlichen Auffassungen der Mitgliedstaaten einen ausgewogenen Kompromiss dar. Die deutsche Delegation hat in den Beratungen insbesondere auf aus hiesiger Sicht bestehende Bedenken und Risiken hingewiesen und vorgeschlagen, diese ausdrücklich zu benennen. 3. Wann wurden die EU-PNR-Abkommen mit den USA und mit Australien nach Kenntnis der Bundesregierung überprüft bzw. evaluiert, und welche (Zwischen-)Ergebnisse sind der Bundesregierung bekannt? a) Sofern die Ergebnisse noch nicht vorliegen, für wann sind diese angekündigt ? b) Welche Experten aus welchen Ländern haben die Evaluierungen bzw. Überprüfungen in den USA und in Australien begleitet? c) Sofern auch deutsche Experten beteiligt waren, von welchen Behörden wurden diese entsandt, und welche Beiträge haben diese erbracht? Die Fragen 3 bis 3c werden gemeinsam beantwortet. Das Abkommen zwischen der Europäischen Union und Australien über die Verarbeitung von Fluggastdatensätzen und deren Übermittlung durch die Fluggesellschaften an den Australian Customs and Border Protection Service wurde im August 2019 überprüft. Das Abkommen zwischen den Vereinigten Staaten von Amerika und der Europäischen Union über die Verwendung von Fluggastdatensätzen und deren Übermittlung an das United States Department of Homeland Security (EU-USA- PNR-Abkommen) wurde im August 2019 evaluiert. Die Evaluierung des EU-USA-PNR-Abkommens erfolgte durch die Europäische Union und die Vereinigten Staaten von Amerika, die die Parteien dieses Abkommens sind. Dabei wurde die Europäische Kommission von Experten aus Ungarn, Belgien und Deutschland begleitet. Aus Deutschland nahm eine Mitarbeiterin des Hessischen Beauftragten für Datenschutz und Informationsfreiheit teil. Die Europäische Kommission hat bislang keine (Zwischen-)Ergebnisse der Evaluierung und der Überprüfung mitgeteilt. Im Übrigen liegen der Bundesregierung keine Kenntnisse im Sinne der Fragestellung vor. Drucksache 19/15699 – 2 – Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode 4. Wann wollen welche Behörden aus den USA und aus Australien nach Kenntnis der Bundesregierung die Europäische Union besuchen, und welche Agenturen, Passagierdatenzentralstellen oder sonstigen Einrichtungen werden dabei adressiert? Die Europäische Kommission hat bei einer Sitzung eines Vorbereitungsgremiums des Rates am 11. Oktober 2019 mitgeteilt, dass die Vereinigten Staaten von Amerika beabsichtigten, in der 43. Kalenderwoche Passagierdatenzentralstellen in Belgien und in den Niederlanden aufzusuchen. Im Übrigen liegen der Bundesregierung keine Kenntnisse vor. 5. Was ist der Bundesregierung zu den Verhandlungen zum PNR-Abkommen mit Kanada bekannt? Welche Veränderungen auf technischer Ebene sollen darin vorgenommen werden? Die neuen Verhandlungen über ein Abkommen zwischen der Europäischen Union und Kanada über die Übermittlung und Verwendung von Fluggastdatensätzen (EU-Kanada-PNR-Abkommen) wurden im Juni 2018 aufgenommen. Die Verhandlungen wurden von der Europäische Kommission auf Grundlage einer entsprechenden Ermächtigung des Rates nebst Verhandlungsrichtlinien geführt. Danach sollte das am 25. Juni 2014 unterzeichnete, ursprünglich geplante EU-Kanada-PNR-Abkommen so überarbeitet werden, dass es alle in dem Gutachten 1/15 des Gerichtshofs der Europäischen Union vom 26. Juli 2017 genannten erforderlichen Garantien enthält. Nach Mitteilung der Europäischen Kommission sind die Verhandlungen auf technischer Ebene abgeschlossen . Die überarbeitete Fassung liegt der Bundesregierung jedoch bisher nicht vor. 6. Welche weiteren Drittstaaten haben nach Kenntnis der Bundesregierung Interesse an einem PNR-Abkommen mit der EU signalisiert? a) Mit welchen dieser Regierungen haben erste informelle Vorgespräche oder sonstige Austausche stattgefunden? b) Sofern mit einzelnen interessierten Drittstaaten keine formellen Gespräche beginnen sollen, welche Gründe sind der Bundesregierung hierzu bekannt (bitte die betreffenden Staaten benennen)? Die Fragen 6 bis 6b werden gemeinsam beantwortet. Japan hat gegenüber der Europäischen Kommission sein Interesse bekundet, Verhandlungen über den Abschluss eines PNR-Abkommens mit der Europäischen Union aufzunehmen. Die Europäische Kommission hat bei einer Sitzung eines Vorbereitungsgremiums des Rates am 11. Oktober 2019 zudem mitgeteilt, dass eine Reihe von Drittstaaten – beispielhaft wurde hierbei Israel genannt – Interesse an einem PNR-Abkommen mit der Europäischen Union bekundet hätten, derzeit aber keine ernsthaften Gespräche geführt würden. Die Europäische Kommission nannte als Grund hierfür, dass bei einigen der Interessenten schon eine überschlägige Prüfung bzw. erste sehr informelle Gespräche gezeigt hätten, dass der jeweilige Drittstaat die hohen EU-seitigen datenschutzrechtlichen Anforderungen zur Verarbeitung der PNR-Daten nicht erfüllen könnte. Welche Gründe bei welchen interessierten Drittstaaten maßgeblich sind, ist der Bundesregierung aber nicht bekannt. Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode – 3 – Drucksache 19/15699 7. Trifft es nach Kenntnis der Bundesregierung, wie den Fragestellerinnen und Fragestellern bekannt, zu, dass auch Israel ein PNR-Abkommen zur Nutzung von Passagierdaten durch Strafverfolgungsbehörden mit der Europäischen Union anstrebt? Wie bewertet die Bundesregierung das Zustandekommen eines solchen Abkommens vor dem Hintergrund des Angemessenheitsbeschlusses der Europäischen Union zu Israel? Auf die Antwort zu Frage 6 wird verwiesen. Vor dem Hintergrund der Antwort zu Frage 6 ist eine Bewertung im Sinne der Fragestellung durch die Bundesregierung zurzeit nicht veranlasst. 8. Hält die Bundesregierung die Vereinbarung, die die Regierungen aus Bulgarien , Österreich, Rumänien und Ungarn mit fünf westlichen Balkanstaaten über den automatischen Austausch von DNA-Daten, daktyloskopischen Daten und Fahrzeugregisterdaten unterzeichnet haben, für vereinbar mit den EU-Verträgen bzw. den Prümer Ratsbeschlüssen (Beschlüsse 2008/615/JI und 2008/616/JI des Rates), die den Austausch solcher Daten zwischen den Mitgliedstaaten regeln, und sollten die betreffenden Regierungen diese Abkommen aufkündigen (vgl. Mitteilung der EU-Kommission „Vertragsverletzungsverfahren im Oktober: wichtigste Beschlüsse“ vom 10. Oktober 2019)? Die Bewertung, ob die genannten Vereinbarungen gegen EU-Recht verstoßen, obliegt der EU-Kommission. Die Bundesregierung gibt hierzu keine Empfehlungen an andere EU-Mitgliedstaaten. Drucksache 19/15699 – 4 – Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode Gesamtherstellung: H. Heenemann GmbH & Co. KG, Buch- und Offsetdruckerei, Bessemerstraße 83–91, 12103 Berlin, www.heenemann-druck.de Vertrieb: Bundesanzeiger Verlag GmbH, Postfach 10 05 34, 50445 Köln, Telefon (02 21) 97 66 83 40, Fax (02 21) 97 66 83 44, www.betrifft-gesetze.de ISSN 0722-8333