Antwort der Bundesregierung auf die Kleine Anfrage der Abgeordneten Karlheinz Busen, Frank Sitta, Dr. Gero Clemens Hocker, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der FDP – Drucksache 19/15378 – Ausbreitung der Afrikanischen Schweinepest V o r b e m e r k u n g d e r F r a g e s t e l l e r Die Gefahr der Afrikanischen Schweinepest ist für Schweinehalter und Schwarzwildbestände in Deutschland ungebrochen hoch. Die starke Verbreitung der Virusinfektion in osteuropäischen Staaten wie Polen, Rumänien und Ungarn lässt die Wahrscheinlichkeit eines Ausbruchs hierzulande steigen. Die wirtschaftlichen Folgen eines Ausbruchs der Afrikanischen Schweinepest wären enorm für deutsche Schweinehalter. Selbst wenn ausschließlich Schwarzwildbestände infiziert wären, würden wichtige Exportmärkte für Schweinefleisch durch Handelsstopps verloren gehen. Seit dem Auftreten der Afrikanischen Schweinepest im September 2018 in Belgien leiden belgische Schweinehalter noch immer unter Exportrestriktionen in einzelnen Drittländern (www.fleischwirtschaft.de/wirtschaft/nachrichten/Belgien-Delle-fuerden -Exportschlager-40293; www.fleischwirtschaft.de/wirtschaft/nachrichten/ Afrikanische-Schweinepest-Virus-breitet-sich-in-Asien-aus-40320). 1. Welche Schlüsse zieht die Bundesregierung aus der Einschätzung der australischen Landwirtschaftsministerin Bridget McKenzie (www.topa grar.com/schwein/news/asp-breitet-sich-weiter-in-asien-und-osteuropaaus -11840006.html), dass bis zum Ende des Jahres 2019 ein Viertel des weltweiten Schweinebestandes durch die Afrikanische Schweinepest dezimiert sein wird? Durch das Übergreifen der Afrikanischen Schweinepest (ASP) auf China ist das Land mit der weltweit größten Schweineproduktion betroffen (Dixon et al., African Swine Fever Epidemiology and Control. Annu Rev Anim Biosci. 2019 Nov 19. doi: 10.1146/annurev-animal-021419-083741. [Epub ahead of print]), 2019). Es ist zu befürchten, dass die ASP dort zu einem erheblichen Rückgang der Schweinepopulation führt. Verlässliche quantitative Angaben liegen der Bundesregierung nicht vor. Deutscher Bundestag Drucksache 19/15727 19. Wahlperiode 06.12.2019 Die Antwort wurde namens der Bundesregierung mit Schreiben des Bundesministeriums für Ernährung und Landwirtschaft vom 4. Dezember 2019 übermittelt. Die Drucksache enthält zusätzlich – in kleinerer Schrifttype – den Fragetext. 2. Welche Schlüsse zieht die Bundesregierung aus der Einschätzung der polnischen Veterinärbehörden, dass es in Polen bereits Wildschweine gibt, die Antikörper gegen den Erreger der Afrikanischen Schweinepest gebildet haben (www.fleischwirtschaft.de/wirtschaft/nachrichten/Polen- ASP-wandert-nach-Westen-39908)? Die Bildung von Antikörpern gehört zu den natürlichen Reaktionen eines Wirbeltieres auf eine Infektion, so auch bei Afrikanischer Schweinepest. In allen betroffenen Staaten finden sich im Laufe der Zeit Schweine mit Antikörpern gegen das ASP-Virus. Dies entspricht den Erwartungen und ist nicht überraschend. Die überwiegende Zahl der bisher im Rahmen des aktuellen ASP-Ausbruchsgeschehens charakterisierten Viren sind hochvirulent und töten fast alle infizierten Tiere, viele davon, bevor sie Antikörper gegen das ASP-Virus bilden konnten. Nichtsdestotrotz überleben in einer größeren Population einige Tiere länger, sodass sie Antikörper bilden können, oder überstehen die Infektion. Antikörper lassen sich bei infizierten Schweinen etwa ab dem 10. bis 14. Tag nach der Infektion nachweisen. Der Nachweis von Antikörpern gegen das Virus hat keinen Voraussagewert für den Ausgang der Infektion (Tod oder Rekonvaleszenz ) beim Einzeltier. Daher findet man auch Kadaver, die sowohl das ASP- Virus als auch Antikörper enthalten. Die Gruppe der echten Rekonvaleszenten ist nach längerer Zeit wieder virusfrei und für eine Weile nur serologisch positiv . Eine kürzlich publizierte Untersuchung des Seuchenverlaufs analysierte die Situation in Estland (Nurmoja et al., Development of African swine fever epidemic among wild boar in Estonia – two different areas in the epidemiological focus. Sci Rep. 2017 Oct 2;7(1):12562. doi: 10.1038/s41598-017-12952- w.); Schulz et al., Analysis of Estonian surveillance in wild boar suggests a decline in the incidence of African swine fever. Sci Rep. 2019 Jun 11;9(1):8490. doi: 10.1038/s41598-019-44890-02019). Grundsätzlich ist der Anteil der Wildschweine mit Antikörpern gegen das ASP-Virus niedrig (zwischen 1 und 7 Prozent der gesund erlegten Wildschweine), steigt aber in Gebieten, die länger betroffen sind. Gegenläufig verhält es sich mit der Prävalenz von Wildschweinen, in denen das ASP-Virus nachgewiesen wird. 3. Sieht die Bundesregierung eine erhöhte Gefahr dadurch, dass womöglich auch in Belgien resistente Wildschweine leben, die eine Verbreitung der Afrikanischen Schweinepest befördern könnten (www.topagrar.com/ schwein/news/asp-breitet-sich-weiter-in-asien-und-osteuropaaus -11840006.html)? Nach Kenntnis der Bundesregierung treten in allen betroffenen Ländern Tiere auf, die eine Immunantwort gebildet haben. Solche Tiere können vor einer erneuten Infektion mit demselben Virusstamm geschützt sein (Immunität). Für ein Entstehen von resistenten (angeborene Eigenschaft, nicht zu erkranken) Wildschweinen liegen keine Belege vor. Ein vor kurzem erschienener Übersichtsartikel (Systematic Review) ergab, dass keine wissenschaftliche Evidenz für das Vorhandensein von „Carrier“-Tieren (gesunden Schweinen, die ASP Virus ausscheiden) vorliegt (Stahl et al., Lack of evidence for long term carriers of African swine fever virus – a systematic review. Virus Res. 2019 Oct 15;272:197725. doi: 10.1016/j.virusres.2019. 1977252019). Drucksache 19/15727 – 2 – Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode 4. Welche Kenntnisse besitzt die Bundesregierung über die Forschung zur Identifizierung eines geeigneten Impfstoffes gegen die Afrikanische Schweinepest? Auch wenn es Impfstoffansätze bereits in den 1960er Jahren gab, sind die klassischen Wege, einen Impfstoff herzustellen, bei der Afrikanischen Schweinepest bisher fehlgeschlagen. Dies ist u. a. der Tatsache geschuldet, dass Antikörper , die vom betroffenen Tier gebildet werden, das Virus nicht neutralisieren und somit unschädlich machen. Des Weiteren ist das Virus sehr komplex. Viele seiner Komponenten, die für die Etablierung einer schützenden Immunantwort wichtig sein könnten, sind nicht oder nicht hinreichend charakterisiert. Es ist daher derzeit nicht möglich, Impfstoffe auf Basis einzelner Virusbestandteile (so genannte „Subunit“-Impfstoffe) herzustellen. Es fehlt auch an anderen Systemen , mit denen geeignete Virusbestandteile, die einen Schutz induzieren könnten, dem Wirt präsentiert werden können (Vektorimpfstoffe). Darüber hinaus verfügt das ASP Virus über die Fähigkeit, die Immunantwort des Wirtes zu modulieren. Es kann das Immunsystem des Wirtes so beeinflussen, dass die Virusvermehrung effizient stattfindet. Attenuierte ASP-Viren können bei Infektion mit homologen Stämmen vor schwerer Klinik schützen und die Virusausscheidung bei einer Belastungsinfektion reduzieren. Einige dieser Impfstoffkandidaten führen jedoch zu schweren Nebenwirkungen wie Gelenk- und Hautläsionen, sowie zu chronischen ASP- Verläufen. Derartige Impfstoffe können darüber hinaus Ausbrüche maskieren und somit die Bekämpfung erschweren. Inaktivierte Impfstoffkandidaten führten nicht zur Ausbildung einer schützenden Immunantwort, obgleich Antikörper gegen das Virus gebildet wurden. Erfolgversprechender könnten gezielt veränderte ASP-Viren sein, an denen verschiedene Forschungsgruppen weltweit arbeiten. Durch homologe Rekombination erstellte Deletionsmutanten gehören zu diesen Impfstoffkandidaten. Für den Einsatz ist zu bedenken, dass gentechnisch veränderte ASP-Viren in Deutschland in die Sicherheitsstufe 4 nach Gentechnikrecht eingruppiert sind und somit höchsten Sicherheitsstandards unterliegen. Ein weiteres Feld ist die Nutzung natürlich vorkommender, attenuierter Virusvarianten. Solche Viren wurden im Baltikum gefunden und z. B. von spanischen Forschern charakterisiert . Überstehen Tiere eine Infektion mit diesem Stamm, sind sie gegen tödliche Verläufe der Erkrankung geschützt, die durch eng verwandte Virusstämme verursacht werden. Bislang fehlen genauere Daten zur Schutzwirkung, Sicherheit und Verträglichkeit. Darüber hinaus lässt sich das von der spanischen Arbeitsgruppe beschriebene Virus bisher nicht im industriellen Maßstab herstellen . Es stehen keine Zelllinien zur Verfügung, die eine Impfstoffproduktion in großem Stil zulassen (das Virus vermehrt sich nur in primären Zellen). In jedem Fall müssen mögliche Impfstoffe auf Unschädlichkeit und Wirksamkeit geprüft werden, bevor sie zugelassen und angewendet werden können. 5. Welche vorläufigen Forschungsergebnisse zur Identifizierung eines geeigneten Impfstoffes gegen die Afrikanische Schweinepest sind der Bundesregierung bisher bekannt? Forschungsergebnisse zur Identifizierung möglicher Impfstoffkandidaten wurden insbesondere in folgenden Publikationen zusammengestellt: Gaudreault NN, Richt JA. Subunit Vaccine Approaches for African Swine Fever Virus. Vaccines (Basel). 2019 Jun 25;7(2). pii: E56. doi: 10.3390/vaccines 7020056. Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode – 3 – Drucksache 19/15727 Sánchez EG, Pérez-Núñez D, Revilla Y. Development of vaccines against African swine fever virus. Virus Res. 2019 May;265:150-155. doi: 10.1016/j.virusres .2019.03.022. Revilla Y, Pérez-Núñez D, Richt JA. African Swine Fever Virus Biology and Vaccine Approaches. Adv Virus Res. 2018;100:41-74. doi: 10.1016/ bs.aivir.2017.10.002. Arias M, de la Torre A, Dixon L, Gallardo C, Jori F, Laddomada A, Martins C, Parkhouse RM, Revilla Y, Rodriguez FAJ; Sanchez-Vizcaino. Approaches and Perspectives for Development of African Swine Fever Virus Vaccines. Vaccines (Basel). 2017 Oct 7;5(4). pii: E35. doi: 10.3390/vaccines5040035. Rock DL. Challenges for African swine fever vaccine development-“… perhaps the end of the beginning.“ Vet Microbiol. 2017 Jul;206:52-58. doi: 10.1016/j.vetmic.2016.10.003. Zakaryan H, Revilla Y. African swine fever virus: current state and future perspectives in vaccine and antiviral research. Vet Microbiol. 2016 Mar 15;185:15-9. doi: 10.1016/j.vetmic.2016.01.016. a) Welche Forschungsprojekte werden von der Bundesregierung in diesem Zusammenhang national und international begleitet (bitte die Projekttitel aufschlüsseln)? Die Bundesregierung ist mit dem Friedrich-Loeffler-Institut (FLI) an internationalen Forschungsprojekten und Initiativen beteiligt, so z. B. der Global African Swine Fever Research Alliance (GARA). GARA ist ein Forschungsnetzwerk (ohne eigene Finanzmittel), das Forschungskooperationen zur Schaffung von wissenschaftlichen Grundlagen und Werkzeuge zur Prävention, Bekämpfung und, wo möglich, zur Eradikation der ASP fördert. Das FLI stellt derzeit den Science Director der Allianz. Das FLI ist an dem EU-finanzierten Projekt DEFEND (https://defend2020.eu/) beteiligt, das sich in Work package 7 mit der Entwicklung neuartiger ASP- Impfstoffe befasst (https://defend2020.eu/work-package/a-novel-african-swinefever -vaccine-for-interface-regions/). Es besteht eine enge Zusammenarbeit des Friedrich-Loeffler-Instituts auf dem Gebiet der Impfstoffforschung und -testung mit dem Pirbright Institut im Vereinigten Königreich und dem International Livestock Research Institut in Kenia. Des Weiteren fördert das Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft (BMEL) einen Forschungsverbund am FLI, der sich u.a. auch der Impfstoffentwicklung und –testung widmet. b) Welche Forschungsgruppen sind daran beteiligt, und wie sind die einzelnen Forschungsgruppe aufgebaut? Das GARA Netzwerk ist global. Die Partner können auf der Homepage eingesehen werden: www.ars.usda.gov/GARA/. Gleiches trifft auf das EU-Projekt DEFEND zu (https://defend2020.eu/key-people/). Der interne Forschungsverbund am FLI schließt Forschungsgruppen aus verschiedenen Fachinstituten ein. In zwölf Teilprojekten werden Fragen der Pathogenese und Immunpathologie, der Epidemiologie der ASP sowie der Ableitung, Einschätzung und Erprobung von Bekämpfungsmaßnahmen sowie Fragen der molekularen Virologie und Impfstoffentwicklung bearbeitet. Drucksache 19/15727 – 4 – Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode 6. Wie bewertet die Bundesregierung die Dringlichkeit eines Impfstoffes gegen die Afrikanische Schweinepest im Bundesgebiet, in Europa und weltweit ? Eine erfolgreiche Bekämpfung ist hier nicht vom Einsatz eines Impfstoffes abhängig . Die konventionellen Bekämpfungsmaßnahmen für anzeigepflichtige Tierseuchen greifen bei ausreichend hoher Biosicherheit in den Schweinehaltungen besser. Hilfreich wäre ein oral applizierbarer Lebendimpfstoff für die Bekämpfung der ASP bei Wildschweinen. In Asien (und Afrika) wäre ein Impfstoff möglicherweise geeignet, die Ausbreitung der Seuche zu verlangsamen, nicht jedoch, die ASP zu tilgen. 7. Welche Menge an illegal eingeführten Schweinefleischerzeugnissen aus dem Ausland wurde nach Kenntnis der Bundesregierung in Deutschland sichergestellt? Dem BMEL liegen diesbezüglich keine umfassenden Informationen vor. Es liegen lediglich Angaben aus den Ländern zur Menge an Fleisch und Fleischerzeugnissen (auch anderer Tierarten) vor, die infolge von Kontrollen an EU- Eingangsorten aus persönlichem Reisegepäck oder von Sendungen für den persönlichen Verbrauch beschlagnahmt und/ oder vernichtet wurde. Diese lag in den letzten drei Jahren bei ca. 10.000 bis knapp 15.000 kg pro Jahr. 8. Wie hoch schätzt die Bundesregierung die tatsächliche Menge illegal eingeführter Schweinefleischerzeugnisse aus dem Ausland? Hierzu liegen der Bundesregierung keine Angaben vor. Auch Schätzungen hierzu können nicht angestellt werden, da illegale Einfuhren nicht grundsätzlich zur amtlichen Kenntnis gelangen und die Durchführung entsprechender Kontrollen in der Zuständigkeit der Länder liegt. 9. Welche Arten von Kontrollmaßnahmen werden nach Kenntnis der Bundesregierung angewandt, um das Vorkommen der Afrikanischen Schweinepest in Deutschland sicher auszuschließen? In Deutschland führen die zuständigen Behörden auf der Grundlage der Schweinepest-Monitoring-Verordnung (Verordnung zur Durchführung eines Monitorings auf das Virus der Klassischen und der Afrikanischen Schweinepest bei Wild- und Hausschweinen vom 9. November 2016 (BGBl. I S. 2518)) ein Monitoring auf ASP bei Haus- und Wildschweinen durch. Die frühzeitige Erkennung der ASP ist eine wichtige Voraussetzung für die Bekämpfung. Bei Wildschweinen sollen insbesondere Proben von Fallwild, Unfallwild und klinisch oder pathologisch-anatomisch auffälligen, erlegten Tieren auf ASP untersucht werden. Die Anwendung der Regelungen der Schweinehaltungshygieneverordnung (Verordnung über hygienische Maßnahmen beim Halten von Schweinen in der Fassung der Bekanntmachung vom 2. April 2014 (BGBl. I S. 326), die zuletzt durch Artikel 134 des Gesetzes vom 29. März 2017 (BGBl. I S. 626) geändert worden ist, stellen die Grundlage für die Biosicherheit in Betrieben dar, die Schweine zu Zucht- oder Mastzwecken halten. Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode – 5 – Drucksache 19/15727 10. Welche anderen Strategien als die verschärften Biosicherheitsmaßnahmen entlang von Autobahnen, Autobahnraststätten und Grenzübergängen verfolgt die Bundesregierung zur Verminderung der Einschleppung von Erregern der Afrikanischen Schweinepest? Das BMEL steht in engem Kontakt mit den Bundesländern und den einschlägigen Verbänden; bestehende Aufklärungs- und Überwachungsmaßnahmen wurden intensiviert und werden regelmäßig der Situation angepasst. Der Handel mit lebenden Hausschweinen, frischem Schweinefleisch sowie Zubereitungen und Erzeugnissen aus Fleisch von Haus- und Wildschweinen aus den ASP-Regionen der betroffenen EU-Mitgliedstaaten ist grundsätzlich untersagt , unter Erfüllung bestimmter tiergesundheitlicher Anforderungen aber möglich. Das Verbringen von lebenden Wildschweinen in andere Mitgliedstaaten hingegen ist ausnahmslos verboten. Die Einfuhr von Fleisch und -erzeugnissen von Haus- bzw. Wildschweinen aus nicht-zugelassenen Drittländern bzw. Drittlandbetrieben in die EU ist verboten. Um den Eintrag von ASP in Hausschweinebestände zu verhindern, ist die strikte Einhaltung von Biosicherheitsmaßnahmen unabdingbar. Eine verstärkte Bejagung von Wildschweinen, ein bundesweites Monitoring von Haus- und Wildschweinen auf ASP sowie die gesetzlichen Vorgaben zur Prävention und Früherkennung der Seuche tragen ihren Teil dazu bei, einen möglichen Eintrag des Erregers nach Deutschland möglichst frühzeitig zu erkennen und der Weiterverbreitung der Seuche entgegenzuwirken. Darüber hinaus ist auch im Rahmen der Jagd die Einhaltung von Biosicherheitsmaßnahmen von besonderer Bedeutung; diesem Umstand hat das BMEL durch die Erstellung und aktive Verbreitung und Bewerbung von Informationsmaterialien für Jäger Rechnung getragen. a) Welche Maßnahmen wurden in diesem Zusammenhang bisher umgesetzt ? Im Hinblick auf die Gefahr der (oft auf Unkenntnis beruhenden) illegalen Verbringung von Lebensmitteln aus dem Ausland hat das BMEL im Jahr 2014 damit begonnen, Reisende und LKW-Fahrer, die aus osteuropäischen Ländern nach Deutschland einreisen, durch Plakate in verschiedenen Sprachen auf die Gefahr der Ein- und Verschleppung hinzuweisen. Dabei stehen v. a. die Raststätten und Parkplätze an Autobahnen der Ost-West-Route im Fokus. In Abstimmung mit dem Bundesministerium für Verkehr und digitale Infrastruktur (BMVI) wurden hierfür geeignete Autobahnen festgelegt. Darüber hinaus wurden aber auch den Wirtschaftsverbänden sowie den Transportorganisationen Plakate und Flyer in verschiedenen Sprachen zur Verteilung an ihre Mitglieder/ Mitarbeiter zur Verfügung gestellt, so dass eine flächendeckende Verteilung gewährleistet sein dürfte. Darüber hinaus wird im Reiseplan der Deutschen Bahn auf verschiedenen ICE- Strecken auf die ASP hingewiesen. Unabhängig davon hat das BMEL aber auch regelmäßig, an die jeweils aktuelle Situation angepasste Öffentlichkeitsmaßnahmen durchgeführt, die zusätzliche Zielgruppen ansprechen (u. a. Jäger und Jagdreisende, Landwirte, Bürger). So wurden die Zielgruppen Landwirte und Jäger über Beilagen in landwirtschaftlichen Wochenblättern und Fachzeitschriften für die Jagd informiert. Drucksache 19/15727 – 6 – Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode Die Informationen erfolgten nicht allein über Druckmedien, wie Stallplakate, Broschüren, Plakate und Handzettel, sondern auch über das Internet und Social- Media-Kanäle. Durch die Bereitstellung von Druckvorlagen und FAQs auf der Internetseite des BMEL können Verbände und Interessierte die Aufklärungsarbeit unterstützen. Die Informationsmaterialien wurden weiterhin anderen Bundesministerien und den zuständigen Ministerien der Länder sowie verschiedenen Bus-, Logistikund Transportverbänden zur Weiterverbreitung übermittelt. Im Jahr 2019 stehen bisher folgende Informationsmöglichkeiten, Broschüren, Plakate, Grafiken und Handzettel zur Verfügung, auf die auch in den Sozialen Medien hingewiesen wurde und weiterhin wird: • Stallplakat und Broschüre zur Biosicherheit in Stallungen und den einschlägigen Vorschriften, • Broschüre für Jagdreisende, • Plakate und Handzettel zur Information der Bevölkerung u. a. zur Aufstellung entlang der Verkehrswege, • Anzeige im Reiseplan der Deutschen Bahn, • FAQs auf Deutsch und Englisch auf der Homepage des BMEL, • Infografiken für Landwirte, • Infografiken für Jäger, • Infografiken für Reisende. b) Welche Ressourcen werden dafür eingesetzt (bitte Aufstellung des Personaleinsatzes und der Mittel, die in diesem Zusammenhang eingesetzt werden)? Die Aufgaben werden entsprechend des einschlägigen Geschäftsverteilungsplans innerhalb der Bundesregierung wahrgenommen. Die Kosten für die o. g. Maßnahmen in den Jahren 2018 und 2019 belaufen sich bis Anfang Dezember 2019 auf 305.988 Euro (inkl. MWSt) und beinhalten : Erstellung, Gestaltung, Druck, Beilagen und Anzeigenschaltung. 11. Was wird derzeit nach Kenntnis der Bundesregierung getan, um ein Übergreifen der Afrikanischen Schweinepest aus Belgien nach Deutschland zu verhindern? Diesbezüglich wird auf die Antwort zu Frage 10 verwiesen. a) Innerhalb welches Zeitraums könnte ein Vorfall der Afrikanischen Schweinepest in diesem Zusammenhang verifiziert sein? Im Falle eines Verdachtes auf das Vorliegen der Afrikanischen Schweinepest oder im Falle ihres Ausbruchs ist der Halter betroffenen Tiere verpflichtet, dies der nach Landesrecht zuständigen Behörde unter Angabe bestimmter Angaben unverzüglich anzuzeigen. Weitere anzeigepflichtige Personenkreise sind in § 4 Absatz 2 und 3 des Tiergesundheitsgesetzes in der Fassung der Bekanntmachung vom 21. November 2018 (BGBl. I S. 1938) genannt. Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode – 7 – Drucksache 19/15727 In der Rechtsetzung ist die Verpflichtung zur Meldung eines ASP-Falles im nationalen Tierseuchenmeldesystem TSN innerhalb von 24 Stunden vorgeschrieben . Angesichts der Tatsache, dass es sich um eine sehr bedeutsame Tierseuche handelt und die Veterinärbehörden stark sensibilisiert sind, ist davon auszugehen, dass im Falle eines Ersteintrages diese Meldung noch kurzfristiger eingehen wird. Maßnahmen wie Bestandssperren, Verbringungsverbote, wietere Untersuchung der Tiere etc. können bereits vor der Feststellung der Seuche bei Vorliegen eines amtlichen Verdachts ergriffen werden. b) In welcher Reihenfolge und in welchen Zeiträumen würden Notfallmaßnahmen bei Ausbruch der Afrikanischen Schweinepest in diesem Zusammenhang ergriffen werden (bitte den zeitlichen Korridor je Notfallmaßnahme in Reihenfolge aufschlüsseln)? Die Maßnahmen zur Verhinderung der Weiterverbreitung der ASP wie z. B. Bestandssperren werden bereits im Stadium des Verdachts auf ASP ergriffen. Die im ASP-Fall zu ergreifenden Maßnahmen sind unterschiedlicher Natur und hängen davon ab, ob es sich um einen Nachweis bei einem Hausschwein oder bei einem Wildschwein handelt. In jedem Falle werden Restriktionszonen eingerichtet sowie weitere gemäß den Vorgaben der Schweinepest-Verordnung anzuwendende Maßnahmen, wie z. B. Bestandssperren, weiterführende Untersuchungen , epidemiologische Ermittlungen, Tötung und unschädliche Beseitigung der betroffenen Tiere, Reinigung und Desinfektion etc. ergriffen. Die Reihenfolge sowie die zeitliche Kaskade richtet sich hierbei nach den jeweiligen Gegebenheiten. Insofern können hier keine konkreten Angaben gemacht werden. Grundsätzlich ist jedoch davon auszugehen, dass die Ergreifung der Maßnahmen innerhalb von Stunden bis wenige Tage nach der Feststellung der ASP ergriffen werden. 12. Anhand welches Krisenplans wird die Bundesregierung im Fall eines Ausbruchs der Afrikanischen Schweinepest Maßnahmen ergreifen? Das sogenannte Tierseuchenbekämpfungshandbuch (TSBH) wurde als internetbasierte Anwendung in gemeinsamer Arbeit des Bundes und der Länder erarbeitet und wird fortlaufend auf der Grundlage wissenschaftlicher Erkenntnisse und Erfahrungen aus früheren Seuchengeschehen überarbeitet, erweitert und angepasst. Es erfüllt im Hinblick auf die ASP, aber auch zu zahlreichen anderen Tierseuchen die Kriterien für die Anerkennung als „Krisenplan“. Dieses TSBH bildet die Grundlage für sämtliche durch die zuständige Behörde im Seuchenfall zu ergreifenden Maßnahmen und beinhaltet darüber hinaus zahlreiche, gemeinsam von Bund und Ländern erarbeitete Verfahrensanweisungen , Handlungshilfen und weitere Informationen sowie Muster und Formate für die Erstellung von Berichten. a) Welche Maßnahmen beinhaltet ein solcher Krisenplan? Der Krisenplan berücksichtigt sämtliche in den tiergesundheitlichen Regelungen auf EU-Ebene und auf nationaler Ebene vorgesehenen Maßnahmen im Hinblick auf die Prävention, Früherkennung, Feststellung, Untersuchung von Tieren, Schätzung, Tötung und unschädliche Beseitigung, Einrichtung von Restriktionszonen, Verbringungsverbote, behördliche Anordnungen etc. Drucksache 19/15727 – 8 – Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode b) Welche behördlichen Ebenen sind in den Krisenplan eingebunden? Das BMEL ist die zentrale zuständige Behörde im Bereich Tierseuchen- Krisenzentrum. Das Krisenzentrum hat folgende Aufgaben: • Monitoring und Bewertung der Tierseuchensituation in Deutschland und im Ausland, Tierseuchentilgung in Zusammenarbeit mit den EU-Mitgliedstaaten und Drittländern, Tierseuchenmeldesystem in Deutschland und im Ausland; • Tierseuchenstatistiken, Ausarbeitung und Aktualisierung von Tierseuchenkrisenplänen ; • Sachverständigengruppe „Seuchentilgung“, einschließlich epidemiologischer Untersuchungen bei Ausbrüchen, unter Führung der Bund- Länder-Task Force; • „Tierseuchenbekämpfung“, Geschäftsführung des Zentralen Krisenstabs auf Ebene der Amtschefs unter Einbeziehung der Wirtschaftsakteure und Sachverständigen . Auf Grundlage einer Bund-Länder-Vereinbarung vom 28. Juli 2003 wurde zur Gewährleistung eines intensiveren Zusammenwirkens von Bund und Ländern die „Task Force Tierseuchenbekämpfung“ (Task Force) eingerichtet. Diese unterstützt die von einer hochkontagiösen Tierseuche betroffenen Länder auf deren Anforderung hin beratend und sorgt für eine vertiefende, länderübergreifende Koordinierung von Tierseuchenbekämpfungsmaßnahmen, ohne dabei in die Länderzuständigkeiten einzugreifen. Außerdem entwickelt sie Konzepte für einen überregionalen Austausch personeller und sächlicher Ressourcen, um die im Tierseuchenfall in den Ländern gebildeten Krisenzentren zu stärken. Eine weitere wichtige Aufgabe der Task Force besteht in der Erarbeitung von Standards für die Tierseuchenbekämpfung. c) Auf welche Art und Weise und durch wen wird der Krisenplan eindeutig koordiniert? Zur Vorbereitung der Beschlüsse der Task Force wurde ein Arbeitsstab der Länder eingerichtet, der räumlich beim Tierseuchen-Krisenzentrum angesiedelt wurde. Der Arbeitsstab bearbeitet seit seiner Einführung schwerpunktmäßig die Vernetzung der einzelnen Länderressourcen sowie die Beschaffung und den Betrieb eines Mobilen Bekämpfungszentrums (MBZ) für die Länder. Darüber hinaus hat der Arbeitsstab folgende Aufgaben: • Koordination der Arbeitsgruppen zur Fortentwicklung der Tierseuchenbekämpfungshandbücher , • Erstellung detaillierter Übersichten über die Tierkörper-Beseitigungskapazitäten der Länder, • Erstellung detaillierter Übersichten über die Tötungskapazitäten der Länder, • Erstellung detaillierter Übersichten über die diagnostischen Kapazitäten der Länder, • Erstellung von Expertenlisten für den Einsatz im Tierseuchenfall sowie • Mitwirkung in zahlreichen Arbeitsgruppen. Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode – 9 – Drucksache 19/15727 d) Welche Ressourcen werden für die Umsetzung des Krisenplans verwendet (bitte Aufstellung des Personaleinsatzes und der Mittel, die in diesem Zusammenhang eingesetzt werden)? Die Umsetzung des Krisenplanes und der Maßnahmen auf dieser Grundlage erfolgt in Anpassung an die landesspezifischen Bedürfnisse durch die Länder. Insofern kann die Bundesregierung hierzu keine Angaben machen. Drucksache 19/15727 – 10 – Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode Gesamtherstellung: H. Heenemann GmbH & Co. KG, Buch- und Offsetdruckerei, Bessemerstraße 83–91, 12103 Berlin, www.heenemann-druck.de Vertrieb: Bundesanzeiger Verlag GmbH, Postfach 10 05 34, 50445 Köln, Telefon (02 21) 97 66 83 40, Fax (02 21) 97 66 83 44, www.betrifft-gesetze.de ISSN 0722-8333