Antwort der Bundesregierung auf die Kleine Anfrage der Abgeordneten Karlheinz Busen, Frank Sitta, Nicole Bauer, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der FDP – Drucksache 19/15382 – Auswirkungen der steigenden Wolfspopulation auf die Pferdehaltung V o r b e m e r k u n g d e r F r a g e s t e l l e r Wölfe reißen nicht nur kleinere Weidetiere wie Ziegen oder Schafe, sondern auch Pferde (www.spiegel.de/wissenschaft/natur/niedersachsen-woelfe-toetenpferd -streit-um-abschuss-a-1253065.html). Verursachen Nutztiere einen Schaden , gilt für den Halter gemäß § 833 Satz 2 des Bürgerlichen Gesetzbuchs (BGB) eine Verschuldenshaftung, die eine Pflichtverletzung des Halters voraussetzt. Bei aus Liebhaberei gehaltenen Pferden gilt dagegen die verschuldensunabhängige Gefährdungshaftung des Halters nach § 833 Satz 1 BGB. Pferde sind Fluchttiere. Dringt ein Wolf auf eine Pferdekoppel, kann dies den Fluchtinstinkt von Pferden auslösen. So aufgescheuchte Pferde können nach Ansicht der Fragesteller dann leicht Schäden verursachen, zum Beispiel Unfälle im Straßenverkehr. 1. Wie viele Pferde wurden nach den Erhebungen der Dokumentations- und Beratungsstelle des Bundes über den Wolf in den Jahren 2013 bis 2019 jährlich von Wölfen angegriffen, und wie viele Pferde davon wurden vom Wolf getötet oder mussten nachträglich eingeschläfert werden? Der Dokumentations- und Beratungsstelle des Bundes zum Thema Wolf (DBBW) wurden im Zeitraum 2013 bis 2018 zehn Übergriffe von Wölfen auf Pferde durch die Länder gemeldet. In mindestens sechs der zehn Fälle handelte es sich um Fohlen, in einem Fall um ein Shetlandpony. In den Jahren 2013, 2014 und 2016 wurden keine Übergriffe von Wölfen auf Pferde an die DBBW gemeldet. Im Jahr 2015 wurden drei, im Jahr 2017 zwei und im Jahr 2018 fünf Übergriffe von Wölfen auf Pferde von den Ländern an die DBBW gemeldet. Getötet oder nachträglich eingeschläfert wurden im Jahr 2015 ein Pferd und in den Jahren 2017 und 2018 jeweils zwei Pferde. In den übrigen fünf Fällen wurden die Pferde verletzt. Deutscher Bundestag Drucksache 19/15749 19. Wahlperiode 10.12.2019 Die Antwort wurde namens der Bundesregierung mit Schreiben des Bundesministeriums für Ernährung und Landwirtschaft vom 9. Dezember 2019 übermittelt. Die Drucksache enthält zusätzlich – in kleinerer Schrifttype – den Fragetext. Die Sicherheit, Übergriffe dem Wolf zuzuordnen, variiert zwischen den Ländern aufgrund unterschiedlicher Handhabungen (s. Bericht der DBBW „Wolfsverursachte Schäden, Präventions- und Ausgleichszahlungen in Deutschland 2017“, abrufbar unter www.dbb-wolf.de/mehr/literatur-download/berichte-zupraevention -und-nutztierschaeden). So werden in einigen Ländern auch solche Fälle mitgezählt, in denen Wölfe als Verursacher von Übergriffen nicht ausgeschlossen werden können. Die Daten zu wolfsverursachten Nutztierrissen für das noch laufende Kalenderjahr 2019 werden derzeit von den Ländern zusammengestellt und im Anschluss an die DBBW zur deutschlandweiten Auswertung übermittelt. Sobald alle Daten der Bundesländer vorliegen, werden diese bis voraussichtlich zum nächsten Herbst durch die DBBW zusammengeführt und veröffentlicht. 2. Lässt sich eine naturnahe Haltung von Pferden aus Sicht der Bundesregierung mit der weiteren Ausbreitung des Wolfes vereinbaren? Wenn ja, welche Herausforderungen sieht die Bundesregierung für die Halter von Pferden, und wie will sie denen begegnen? Wenn nein, welche Maßnahmen plant die Bundesregierung, um eine naturnahe Haltung von Pferden weiter zu ermöglichen? Die Fragen 2, 4 und 5 werden aufgrund des Sachzusammenhangs gemeinsam beantwortet. Eine naturnahe Haltung von Pferden, also eine Haltung mit Weidegang, lässt sich grundsätzlich mit der weiteren Ausbreitung des Wolfes vereinbaren. In Offenhaltungen mit Kleinstpferden und Abfohlungen im Freien ist es grundsätzlich sinnvoll, eine wolfsabweisende Zäunung vorzunehmen. Ansonsten sind Pferde für den Wolf keine primären Beutetiere. Allerdings kann sich durch eine vom Wolf hervorgerufene Panikreaktionen von Pferden eine Gefährdungssituation ergeben (siehe dazu auch Antwort zu Frage 3). Insofern sind insbesondere geeignete Zäune für Pferdeweiden erforderlich . Zum einen sollte das Eindringen des Wolfes in die Weide durch einen wolfsabweisenden Außenzaun verhindert werden und zum anderen gilt es, das Pferd mit einem fundierten Außenzaun in der zu beweidenden Fläche zu halten. Beides gibt jedoch keine Garantie, Zwischenfälle komplett zu vermeiden. Auf der Grundlage von laufenden Forschungsprojekten sollen weitere und gezieltere Maßnahmen zum Schutz von Pferden geprüft und ggf. entwickelt werden . Bis weitere Forschungserkenntnisse vorliegen, kann zu Fragen der Hütesicherheit zunächst die Broschüre 1132/2016 des AID Infodienst Ernährung, Landwirtschaft, Verbraucherschutz e.V. auf den Seiten 29 bis 31 herangezogen werden. Drucksache 19/15749 – 2 – Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode 3. Plant die Bundesregierung, die verschuldensunabhängige Gefährdungshaftung gemäß § 833 Satz 1 BGB bei mittelbar durch Wölfe und unmittelbar durch sog. Luxustiere verursachten Schäden durch eine spezialgesetzliche Haftungsprivilegierung dahingehend einzuschränken, dass bei durch Wölfe mittelbar verursachten Schäden (z. B. durch Aufscheuchen von aus Liebhaberei gehaltenen Pferden) eine Verschuldenshaftung gilt? Wenn ja, im Rahmen welcher Gesetzesinitiative soll die Haftungsprivilegierung eingeführt werden? Wenn nein, warum nicht? Eine Änderung der in § 833 Satz 1 BGB geregelten Gefährdungshaftung des Tierhalters für Schäden, die durch sog. Luxustiere entstehen oder verursacht werden, ist mit Blick auf Fallgestaltungen, in denen Schäden mittelbar durch Wölfe ausgelöst wurden, derzeit nicht veranlasst. So haben beispielsweise mit dem Eindringen eines Wolfs in eine Pferdekoppel verbundene Herdenausbrüche keine andere (zusätzliche) Qualität als die von wildernden Hunden ausgehenden gleichgelagerten Gefahren, oder auch die mit Wetterunbilden oder Rowdytum verbundenen Risiken. Die spezifische Tiergefahr, d. h. die Unberechenbarkeit tierischen Verhaltens (hier von Pferden als Fluchttieren), realisiert sich in den genannten Fällen gleichermaßen. 4. Wie bewertet die Bundesregierung das „Weiderisiko“ im Zusammenhang mit Wolfsangriffen auf große Weidetiere wie beispielsweise Pferde? 5. Wodurch kann nach Ansicht der Bundesregierung eine ausreichende Hütesicherheit in der Pferdehaltung erreicht werden? Auf die Antwort zu Frage 2 wird verwiesen. Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode – 3 – Drucksache 19/15749 Gesamtherstellung: H. 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