Die Antwort wurde namens der Bundesregierung mit Schreiben des Bundesministeriums des Innern, für Bau und Heimat vom 5. April 2018 übermittelt. Die Drucksache enthält zusätzlich – in kleinerer Schrifttype – den Fragetext. Deutscher Bundestag Drucksache 19/1575 19. Wahlperiode 09.04.2018 Antwort der Bundesregierung auf die Kleine Anfrage der Abgeordneten René Springer, Dr. Gottfried Curio, Dr. Christian Wirth, Lars Herrmann und der Fraktion der AfD – Drucksache 19/1325 – Personenkontrollen am Sicherheitsbereich an Flughäfen in Deutschland und im Schengen-Raum V o r b e m e r k u n g d e r F r a g e s t e l l e r In den letzten Jahren wurden an Flughäfen in Deutschland und im Schengen- Raum Ganzkörper-Sicherheitsscanner zur standardmäßigen Fluggastkontrolle eingeführt. Mit dieser Technik sollen beispielsweise Waffen oder Sprengstoffe sichtbar gemacht werden können, was dem Schutz vor Angriffen auf die Sicherheit des Luftverkehrs, insbesondere vor Flugzeugentführungen, Sabotageakten und terroristischen Anschlägen dienen soll. Die Bundesregierung informiert Fluggäste und die Öffentlichkeit zu diesen Sicherheitskontrollen wie folgt: „Vor der Kontrolle mit dem Sicherheitsscanner sind sämtliche Überbekleidungen, wie z. B. Jacken, Mäntel und Westen sowie Schals, Mützen und Hüte, abzulegen. Größere Schmuckstücke und Gürtel sind auf Weisung des Kontrollpersonals abzulegen.“ (www.bundespolizei.de/ Web/DE/01Sicher-auf-Reisen/01Mit-dem-Flugzeug/01Sicherheitskontrolle/ sicherheitskontrolle_node.html). In der Praxis scheinen jedoch Ausnahmen gemacht zu werden. So müssen offenbar „Mützen und Hüte“ nicht in jedem Fall abgelegt werden, sofern es sich um Kopfbedeckungen handelt, die aus religiösen Gründen getragen werden. Nach Angaben der Bundesregierung auf derselben Webseite können ersatzweise auch manuelle Kontrollen o. Ä. durchgeführt werden. Sofern „eine Kontrolle nicht erfolgen oder nicht zu Ende gebracht werden kann“, dürfe demnach der Fluggast den Sicherheitsbereich nicht betreten. Auf Bundestagsdrucksache 19/812 vom 20. Februar 2018 nennt die Bundesregierung für den Flughafen Frankfurt, dass in den Jahren 2013 bis 2017 1 450 Tests und Luftsicherheitsinspektionen im Rahmen regelmäßiger Qualitätskontrollmaßnahmen durchgeführt wurden. Nach Dafürhalten der Fragesteller besteht öffentlich Unklarheit über die konkreten Vorschriften der Bundesregierung und deren Einhaltung. Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Drucksache 19/1575 – 2 – Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode 1. Welche Erkenntnisse hat die Bundesregierung, dass weibliche Mitglieder /Sympathisanten/Abhängige des Islamischen Staates (IS) oder anderer religiös ähnlich orientierter Vereinigungen bei Sicherheitskontrollen an Flughäfen unter ihren Kopfbedeckungen (z. B. Kopftuch, Burka, Chimar, Hidschab , Niqab, Tschador) verbotene Gegenstände (gemäß § 11 des Luftsicherheitsgesetzes – LuftSiG) an Bord eines Flugzeugs bringen wollen oder gebracht haben (bei Flügen von und nach Deutschland/Schengen-Raum seit 2015 bis heute)? Der Bundesregierung liegen hierzu keine Erkenntnisse vor. 2. Besteht nach Erkenntnissen der Bundesregierung ein höheres Risiko für die Luftsicherheit in Deutschland und im Schengen-Raum, wenn während der Sicherheitskontrolle der Kopfbereich ganz oder teilweise (z. B. Haarbereich) durch Textilien (z. B. Basecap, Kopftuch, Burka, Chimar, Hidschab, Niqab, Tschador, Dastar oder Turban) bedeckt ist? Luftsicherheitskontrollen in Deutschland umfassen die Kontrolle von Fluggästen Handgepäck und aufgegebenem Gepäck und sind so durchzuführen, dass hinreichend sichergestellt ist, dass Fluggäste keine verbotenen Gegenstände mitführen. Hierbei stehen dem Kontrollpersonal neben der Nutzung von Kontroll- und Detektionstechnik die Durchsuchung von Hand und Inaugenscheinnahme von Personen und Sachen zur Verfügung. Es entspricht der Lebenswirklichkeit, dass Situationen entstehen, die eine individuelle und auf besondere Umstände ausgelegte Anwendung der zur Verfügung stehenden Kontrollmethoden erfordern. Hierzu zählen beispielsweise Gipsverbände und medizinische Prothesen ebenso wie religiöse Kopfbedeckungen und Menschen mit eingeschränkter Mobilität. Die durch das Kontrollpersonal zu wählenden Kontrollmethoden müssen hinreichend sicherstellen, dass auch solche Fluggäste keine verbotenen Gegenstände mitführen . Gipsträger, Träger von Prothesen wie auch Träger religiöser Kopfbedeckungen können in extra hierfür vorgesehenen Kontrollkabinen und Diskretionsbereichen kontrolliert werden, wo Kopfbedeckungen beispielsweise abgenommen und kontrolliert werden können. Ein höheres Risiko besteht insofern nicht. 3. Sind der Bundesregierung Fälle bekannt, in denen versucht wurde, die nach § 11 LuftSiG verbotenen Gegenstände unter einer Kopfbedeckung an Bord eines Flugzeuges zu bringen oder in denen diese Gegenstände tatsächlich an Bord gebracht wurden? Der Bundesregierung ist ein Fall eines Fluggastes bekannt, bei dem unter der Kopfbedeckung ein verbotener Gegenstand nach § 11 des Luftsicherheitsgesetzes (LuftSiG) im Rahmen der Luftsicherheitskontrolle festgestellt wurde. 4. Wenn ja, wie viele dieser Fälle sind der Bundesregierung bekannt? Auf die Antwort zu Frage 3 wird verwiesen. 5. Welche Maßnahmen hat die Bundesregierung ergriffen, um diese Fälle im deutschen Hoheitsbereich sowie im Schengen-Raum in Zukunft zu vermeiden ? Auf die Antwort zu Frage 2 wird verwiesen. Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode – 3 – Drucksache 19/1575 6. In welcher Hinsicht unterscheidet die Bundesregierung bei den Vorgaben für die Fluggastkontrollen, ob Kopfbedeckungen aus a) persönlichen b) kulturellen c) weltanschaulich religiösen d) weltanschaulich nichtreligiösen e) medizinischen oder f) anderen Gründen vom Fluggast getragen werden? Die Vorgaben unterscheiden für die Durchsuchung zwischen Bereichen an Körper und Kleidung, an denen eine Durchsuchung von Hand nicht zweckmäßig und/oder nicht wünschenswert ist (z. B. bei religiösen Kopfbedeckungen wie Turbane oder medizinische Kopfverbände). In diesen Fällen müssen diese Bereiche mit Sprengstoffspurendetektoren in Kombination mit Metalldetektorhandgeräten kontrolliert werden. 7. Ist nach Kenntnis der Bundesregierung das Sicherheitskontrollverfahren mit Kopfbedeckung am Körper des Fluggastes ebenso sicher wie bei Ablegen der Kopfbedeckung vor dem Sicherheitsscanner (falls ja, bitte den Vorgang beschreiben, wie sichergestellt wird, dass die gewählte Kontrollmethode der Bundespolizei im Rahmen der Fach- und Rechtsaufsicht über die Durchführung der Sicherheitskontrollen durch die beliehenen Luftsicherheitsassistenten des Sicherheitsdienstleisters hinreichend gewährleistet, dass keine verbotenen Gegenstände an Bord eines Flugzeugs gebracht werden)? Sicherheitsscanner erkennen unter der Kopfbedeckung verborgene Gegenstände genauso wie unter Pullovern, Hemden und Hosen, welche grundsätzlich auch nicht abzulegen sind. Im Übrigen wird auf die Antworten zu den Fragen 2 und 6 verwiesen. 8. Enthalten die Vorgaben der Bundesregierung für die privaten Sicherheitsdienstleister und die Vorgaben an die beliehenen Luftsicherheitsassistenten eine „Null-Toleranz“-Klausel (Pflicht, dass Fluggäste, die beim Passieren des Sicherheitsscanner ihre Kopfbedeckung anbehalten, zu 100 Prozent alternativ kontrolliert werden), um zu verhindern, dass eine gleichwertige Kontrolle entfällt (z. B. aus wirtschaftlichen Gründen)? Für die Bundesregierung steht die Luftsicherheit an erster Stelle. Die Vorgaben sehen Ausnahmen im Sinne der Fragestellung nicht vor. Im Übrigen wird auf die Antwort zu Frage 6 verwiesen. 9. Welcher zusätzliche Zeit- und Kostenaufwand ist nach Kenntnis der Bundesregierung damit verbunden, wenn der Fluggast die Kopfbedeckung anbehält , und in Alternative oder Ergänzung zum Sicherheitsscanner z. B. eine manuelle Kontrolle in einem separaten Raum durchgeführt werden muss (mit der Bitte um präzise Angaben zu den Kontrollmethoden und der Quantifizierung des Aufwandes)? Die Bundesregierung erhebt keine statistischen Daten im Sinne der Fragestellung. Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Drucksache 19/1575 – 4 – Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode 10. Wie definiert die Bundesregierung den Begriff „Kontrolle“ im Zusammenhang mit Kopfbedeckungen in dem Satz „Kann eine Kontrolle nicht erfolgen oder nicht zu Ende gebracht werden, darf der Fluggast den Sicherheitsbereich nicht betreten.“? Nach der hier maßgeblichen europarechtlichen Definition ist eine Kontrolle in diesem Zusammenhang der Einsatz technischer oder sonstiger Mittel, die dazu dienen, verbotene Gegenstände zu identifizieren und/oder aufzuspüren. Kann das Kontrollpersonal nicht ermitteln, ob ein Fluggast verbotene Gegenstände mit sich führt oder nicht, so ist dem Fluggast der Zugang zu Sicherheitsbereichen zu verwehren oder er ist bis zu einem zufriedenstellenden Ergebnis erneut zu kontrollieren . 11. In wie vielen Fällen wurde 2017 den Fluggästen das Passieren des Sicherheitsscanners mit Kopfbedeckung erlaubt (wenn diese Daten nur in einer Stichprobe, z. B. von einer Pilotierung, vorliegen, bitte den Ort, den entsprechenden Zeitraum und die entsprechenden Gesamtpassagierzahlen nennen)? Der Bundesregierung liegen hierzu keine Erkenntnisse vor. 12. Können nach Kenntnis der Bundesregierung von Fluggästen bei Sicherheitskontrollen (für Flüge von und nach Deutschland/Schengen-Raum) bestimmte Kopfbedeckungen anbehalten werden, die für andere Kopfbedeckungen nicht gestattet werden (wenn ja, welche Kenntnis hat die Bundesregierung zu den Kriterien für diese Ausnahmen)? Für Flüge nach Deutschland richten sich die Kontrollverfahren an den jeweiligen Abflughäfen nach den nationalen Bestimmungen. Der Bundesregierung liegen keine Erkenntnisse hierzu im Sinne der Fragestellung vor. Für Abflüge von deutschen Flughäfen gelten die europäischen Vorgaben und nationale Ergänzungen. Im Übrigen wird auf die Antworten zu den Fragen 2, 6 und 8 verwiesen. 13. Inwieweit sind nach Kenntnis der Bundesregierung die Vorschriften zum Ablegen oder Nichtablegen von Kopfbedeckungen bei der Sicherheitskontrolle mit den USA harmonisiert oder zu harmonisieren? Das Bundesministerium des Innern, für Bau und Heimat steht in regelmäßigem Austausch mit US-amerikanischen Sicherheitsbehörden über Art und Umfang von Luftsicherheitskontrollmaßnahmen. Eine Harmonisierung im Sinne der Frage war bisher nicht Gegenstand dieses Austauschs. 14. Gab es nach Kenntnis der Bundesregierung in der Vergangenheit (seit dem 11. September 2001) Kontrollvorschriften für Flughäfen in Deutschland in der Hinsicht, dass sämtliche Kopfbedeckungen bei Sicherheitskontrollen abzunehmen waren, und wenn ja, in welcher Vorschrift? 15. Wurden Kontrollvorschriften in den letzten Jahren gelockert und Ausnahmen realisiert, sodass nicht mehr sämtliche Kopfbedeckungen bei Sicherheitskontrollen abzunehmen sind? Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode – 5 – Drucksache 19/1575 16. Wenn ja, sind diese Ausnahmen im Rahmen der Luftsicherheit präzisiert und abgewogen zwischen der Religionsfreiheit des einzelnen Fluggastes und dem Recht auf Leben und körperliche Unversehrtheit der anderen Fluggäste sowie weiterer Dritter (bitte aufschlüsseln wann, mit welcher Begründung und in welcher Vorschrift)? Aufgrund des Sachzusammenhangs werden die Fragen 14 bis 16 zusammen beantwortet . Art und Umfang von Luftsicherheitskontrollen richten sich nach der jeweiligen Gefährdungslage und der Entwicklung technischer Detektionsmöglichkeiten. Hierbei steht die Sicherheit an oberster Stelle. Eine frühere Vorgabe zum Absetzen eines Turbans bei Auslösen eines Alarms beim Durchschreiten der Metalldetektorschleuse wurde durch Anordnung des BMI im Jahr 2016 aufgehoben. Im Übrigen sind der Bundesregierung keine Kontrollvorschriften im Sinne der Frage bekannt. 17. Plant die Bundesregierung, Ausnahmen bei den Vorschriften zur Abnahme von Überbekleidungen zu realisieren, sodass manche oder sämtliche Kopfbedeckungen nicht mehr bei Sicherheitskontrollen abzunehmen sind (wenn ja, ab wann sollen diese Ausnahmen gelten, sind sämtliche Kopfbedeckungen erfasst, und was sind die Kriterien für die Ausnahmen)? Die Bundesregierung plant derzeit nicht, derartige Ausnahmen zu realisieren. 18. Wie viele mündliche und schriftliche Hinweise von Fluggästen sind der Bundesregierung bekannt, wonach sich diese diskriminiert gefühlt haben, weil sie ihre nichtreligiöse Kopfbedeckung (z. B. Basecap) bei der Kontrolle durch den Sicherheitsscanner abnehmen mussten, währenddessen andere Fluggäste mit religiöser Kopfbedeckung nicht zur Abnahme ihrer Kopfbedeckung verpflichtet worden sind? Dem Bundesministerium des Innern, für Bau und Heimat liegt eine Beschwerde im Zusammenhang mit der Fragestellung vor. 19. Wurden bezogen auf Bundestagsdrucksache 19/812 auch der Transport von verbotenen Gegenständen (vgl. § 11 LuftSiG) unter Kopfbedeckungen an Bord von Flugzeugen durch die Simulation von aggressiv auftretenden Einzelpersonen und Gruppenreisenden getestet, und wenn ja, was waren die Ergebnisse ? Sicherheitstests als Qualitätskontrollmaßnahme dienen dem Zweck, die Wirksamkeit von Luftsicherheitsmaßnahmen und Sicherheitskontrollen zu prüfen, um zu gewährleisten, dass Fluggäste keine verbotenen Gegenstände mitführen. Die Simulation aggressiv auftretender Einzelpersonen und Gruppenreisenden ist nicht Gegenstand der Testszenarien. Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. 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