Antwort der Bundesregierung auf die Kleine Anfrage der Abgeordneten Kay Gottschalk, Franziska Gminder und der Fraktion der AfD – Drucksache 19/15384 – Einheitlicher Steuersatz in der Gastronomie, im Einzelhandel und im Lebensmittelhandwerk V o r b e m e r k u n g d e r F r a g e s t e l l e r Im Bereich der Gastronomie gibt es nach Ansicht der Fragesteller in Deutschland einen signifikanten Wettbewerbsnachteil, vor allem im Vergleich zum Lebensmitteleinzelhandel , welcher sein Essensangebot immer weiter ausbaut. Für verzehrfertige Speisen zum Mitnehmen gilt in Deutschland nämlich ein Umsatzsteuersatz von 7 Prozent, während für Speisen im Restaurant 19 Prozent Umsatzsteuer berechnet wird (www.dehoga-bundesver-band.de/filead min/Startseite/06_Presse/Publikationen/7__auf_Essen_RZ.pdf). Aus diesem Grund hat der Deutsche Hotel- und Gaststättenverband e. V. (DEHOGA) eine Kampagne mit dem Titel „Gleiche Steuern für Essen. Fair schmeckt’s besser!“ gestartet, die dieses nach Ansicht der Fragesteller undurchsichtige Steuersystem anhand von Beispielen offenlegt (www.dehoga-bu ndesverband.de/branchenthemen/mehrwertsteuer/fair-schmeckts-besser/). V o r b e m e r k u n g d e r B u n d e s r e g i e r u n g § 12 des Umsatzsteuergesetzes (UStG) sieht zwei Steuersätze vor, den allgemeinen Steuersatz (19 Prozent) und den ermäßigten Steuersatz (7 Prozent). Welche Produkte ermäßigt besteuert werden und welche nicht, hat der Gesetzgeber im Wesentlichen bereits bei Schaffung des Mehrwertsteuersystems im Jahr 1968 im Rahmen einer Gesamtabwägung festgelegt. In eingehenden Beratungen wurde eine Gesamtkonzeption für die Besteuerung der Umsätze im Nahrungsmittelbereich entwickelt. Damals wurde entschieden, die Lieferung von Lebensmitteln (auch wenn verzehrfertig zubereitet) grundsätzlich mit einem Umsatzsteuersatz von 7 Prozent ermäßigt zu besteuern, um den Grundbedarf zu sichern. Sonstige Leistungen (Dienstleistungen) sind von dieser Begünstigung ausgeschlossen , auch wenn ein Teil dieser Leistungen in der Abgabe von Lebensmitteln besteht. Nach der Rechtsprechung des EuGH und des BFH liegt eine dem allgemeinen Umsatzsteuersatz von 19 Prozent unterliegende sonstige Leistung Deutscher Bundestag Drucksache 19/15805 19. Wahlperiode 11.12.2019 Die Antwort wurde namens der Bundesregierung mit Schreiben des Bundesministeriums der Finanzen vom 9. Dezember 2019 übermittelt. Die Drucksache enthält zusätzlich – in kleinerer Schrifttype – den Fragetext. vor, wenn der leistende Unternehmer neben der Abgabe von Lebensmitteln Dienstleistungen erbringt, die sich von denen unterscheiden, die notwendig mit der Vermarktung der Speisen verbunden sind und diese Dienstleistungselemente das Lieferelement qualitativ überwiegen. Zu diesen Dienstleistungen gehören beispielsweise die Bereitstellung von Tischen und Stühlen sowie die Reinigung des Mobiliars und des benutzten Geschirrs bzw. Bestecks nach dem Verzehr. In diesen Fällen bietet der Unternehmer eine weit über die bloße Abgabe von Speisen hinausgehende Leistung an. 1. Aus welchen Gründen hat sich Deutschland bisher bei der Einführung gleicher Umsatzsteuersätze im Gastronomiebetrieb, Einzelhandel und Lebensmittelhandwerk enthalten, während 17 der 28 EU-Staaten mit nach Ansicht der Fragesteller gutem Beispiel vorangegangen sind und einen einheitlichen Umsatzsteuersatz eingeführt haben, nachdem 2009 durch die EU-Finanzminister gesetzliche Voraussetzungen geschaffen wurden, dass die Lebensmittel fair und einheitlich besteuert werden können (www.deho ga-bundesver-band.de/fileadmin/Startseite/05_Themen/Steuer/ Mehrwertsteuer/7__auf_Essen.pdf)? Wie in der Vorbemerkung der Bundesregierung ausgeführt handelt es sich bei der unterschiedlichen Besteuerung der Lieferung von Lebensmitteln auf der einen Seite und den Restaurationsdienstleistungen auf der anderen Seite um eine Wertungsentscheidung des Gesetzgebers. Aus Sicht der Bundesregierung geht es um unterschiedliche Leistungsformen, die auch im täglichen Leben keineswegs vergleichbar sind. Die Inanspruchnahme von Restaurationsdienstleistungen kann auch nicht dem Grundbedarf der Bürgerinnen und Bürger zugerechnet werden. Im Übrigen ist anzumerken, dass Gastronomiebetriebe den ermäßigten Steuersatz von 7 Prozent unter den gleichen Bedingungen wie der Lebensmitteleinzelhandel in Anspruch nehmen können, z. B. bei Außer-Haus-Verkäufen, Catering oder Lieferserviceangeboten. 2. Ist die in der Vorbemerkung der Fragesteller benannte Kampagne des DE- HOGA der Bundesregierung bekannt? Sieht die Bundesregierung eine Notwendigkeit, dass diese unterschiedlichen Umsatzsteuersätze in Zukunft einheitlich geregelt werden sollten? Die Kampagne der DEHOGA ist der Bundesregierung bekannt. Aus den in der Vorbemerkung sowie in der Antwort zur Frage 1 genannten Gründen, sieht die Bundesregierung nach wie vor keine Notwendigkeit, die Inanspruchnahme von Restaurationsdienstleistungen wie die Lieferung von Lebensmitteln ermäßigt zu besteuern. 3. Gibt es Pläne seitens der Bundesregierung, in Zukunft Lebensmittel in Mensen von Kindertagesstätten, Schulen, Krankenhäusern und Altersheimen , die aktuell mit 19 Prozent versteuert werden, dem Umsatzsteuersatz von Essen in Mensen von Universitäten, welches mit 7 Prozent versteuert wird, anzupassen (vgl. Verlinkung in der Vorbemerkung der Fragesteller)? Die Bundesregierung beabsichtigt keine Anpassung des Steuersatzes in den genannten Bereichen. Bereits nach geltendem Recht gibt es ausreichend Möglichkeiten , auch in Kitas, Schulen, Krankenhäusern und Altersheimen eine Essensversorgung je nach gewählter Organisationsform zum ermäßigten Steuersatz oder auch ganz umsatzsteuerbefreit anzubieten. Drucksache 19/15805 – 2 – Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode Werden von Drittunternehmern Speisen verzehrfertig an die genannten Einrichtungen geliefert, so findet der ermäßigte Umsatzsteuersatz Anwendung, sofern lediglich eine reine Lebensmittellieferung durch den Caterer erfolgt (also keine Essenausgabe vom Caterer mit eigenem Personal, Reinigung des Geschirrs oder der Räumlichkeiten u. Ä.). Die Abgabe von Speisen in Schulen, Kitas, Krankenhäusern und Altersheimen kann darüber hinaus dem ermäßigten Umsatzsteuersatz nach § 12 Absatz 2 Nummer 8 Buchstabe a UStG unterliegen, wenn sie durch eine gemeinnützige Körperschaft (z. B. Eltern- oder Förderverein) im Rahmen eines Zweckbetriebs nach den §§ 65 bis 68 der Abgabenordnung vorgenommen wird. 4. Erachtet es die Bundesregierung für möglich, dass durch Verringerung und Vereinheitlichung der Steuersätze auf 7 Prozent neue Arbeitsplätze im Gastronomiegewerbe entstehen und die Investitionsvolumen in diesem Bereich steigen können, so wie dies in der oben benannten Kampagne als Argument (ebd. S. 4) aufgeführt wird? Welche Auswirkungen eine Steuersatzsenkung hätte, hängt von einer Vielzahl von Faktoren ab. 5. Wie hoch wären die Steuermindereinnahmen für den Haushalt, wenn eine Vereinheitlichung der betreffenden Steuersätze auf 7 Prozent stattfindet? Eine belastbare Berechnung potentieller Steuermindereinnahmen liegt der Bundesregierung nicht vor. Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode – 3 – Drucksache 19/15805 Gesamtherstellung: H. Heenemann GmbH & Co. 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