Antwort der Bundesregierung auf die Kleine Anfrage der Abgeordneten Dr. Bruno Hollnagel, Albrecht Glaser, Stefan Keuter, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der AfD – Drucksache 19/15498 – Risiken im Bankensektor V o r b e m e r k u n g d e r F r a g e s t e l l e r Die European Banking Authority (EBA) veröffentlichte ihren Stresstest 2016 mit der Überschrift „EBA sees high NPL [Non-Performing Loan] levels and low profitability as the main risks for EU banks“ (www.eba.europa.eu/-/ebasees -high-npl-levels-and-low-profitability-as-the-main-risks-for-eu-banks). Die Banco Popular Español wurde notverkauft und die Norddeutsche Landesbank benötigt dringend eine Kapitalerhöhung (vgl. www.nwzonline.de/wirt schaft/santander-kauft-banco-popular-espanol-fuer-einen-euro_a_31,3,637098 760.html; www.sueddeutsche.de/wirtschaft/nord-lb-krise-rettung-1.4377256). Dabei liegen die CET1-Quoten (CET1 = hartes Kernkapital) der beiden Banken in einem unauffälligen Bereich (www.eba.europa.eu/documents/10180/15 32819/2016-EU-wide-stress-test-Results.pdf, Seiten 33/34 und www.eba.euro pa.eu/documents/10180/2419200/2018-EU-wide-stress-test-Results.pdf, Seiten 49 bis 51). Die EBA-Berichte differenzieren aus Sicht der Fragesteller offensichtlich unzureichend und unterschätzen den Kapitalbedarf der Banken. Darauf weisen die Kurs-Buchwert-Verhältnisse der Banken als auch international bekannte Experten hin. Acharya, Pierret und Steffen ermitteln für eine Krisenfestigkeit ein Eigenkapitaldefizit in Höhe von882 Mrd. Euro (www.pages.stern.nyu.edu/ ~sternfin/vacharya/public_html/pdfs/shortfalls_v27July2016%20(1).pdf, Seite 18). Viele Autoren sehen die Geldpolitik der Europäischen Zentralbank (EZB) als ursächlich (www.pages.stern.nyu.edu/~sternfin/vacharya/public_html/pdfs/ MEFI24.pdf). Die Bundesregierung orientiert sich bei der Entscheidung über eine Bankenunion an den von der EBA ermittelten NPL-Beständen (www.de.reuters.com /article/deutschland-eu-einlagensicherung-idDEKBN1JG1TM). So fordert sie Obergrenzen von 5 Prozent brutto bzw. 2,5 Prozent netto (www.boersen-zei tung.de/index.php?li=1&artid=28876&titel=Obergrenzen-fuer-faule-Kreditegefordert ). Deutscher Bundestag Drucksache 19/15890 19. Wahlperiode 12.12.2019 Die Antwort wurde namens der Bundesregierung mit Schreiben des Bundesministeriums der Finanzen vom 10. Dezember 2019 übermittelt. Die Drucksache enthält zusätzlich – in kleinerer Schrifttype – den Fragetext. 1. Hat die Bundesregierung Erkenntnisse, dass die Nullzinspolitik der EZB ursächlich für die Ertragsprobleme der Banken ist, und wenn ja, welche Erkenntnisse hat sie über die weitere Entwicklung der Ertragssituation der Banken? Die Ertragslage der Kreditinstitute wird von diversen Faktoren beeinflusst. Zu den einflussnehmenden Faktoren gehört zunächst das institutsindividuelle Geschäftsmodell insbesondere bezüglich der Bedeutung der Zins- und Provisionseinkommen und der Aktivität im Kredit- und Kapitalmarktbereich und den daraus entstehenden Risiken. Weitere Faktoren sind die Wachstumsdynamik in einer Volkswirtschaft insbesondere in Bezug auf die Kreditnachfrage, der demographischen Wandel mit seinen Auswirkungen u. a. auf das Filialnetz, die Nachfrage nach digitalen Angeboten sowie der Wettbewerb unter den Kreditinstituten . Nicht zuletzt hängt die Ertragslage von den Verwaltungskosten im Verhältnis zum operativen Ertrag und von der Nutzung digitaler Strukturen mit dem Ziel der Effizienzsteigerung ab. Das zinsabhängige Geschäft wird vom vorherrschenden Zinsniveau beeinflusst. Dabei spielen – neben den wirtschaftlichen Bedingungen – die von der unabhängigen Europäischen Zentralbank (EZB) festgelegten Leitzinsen eine Rolle. Die Leitzinsen beeinflussen über die Interbanken- und Marktzinssätze das allgemeine Zinsniveau in der Eurozone und in Deutschland. Nach Einschätzung der Deutschen Bundesbank in ihrem Monatsbericht vom September 2019 lag der Zinsüberschuss als Saldo aus Zinserträgen und Zinsaufwendungen trotz Ausweitung des Kreditgeschäfts einiger Bankengruppen und trotz günstiger Finanzierungskonditionen unter seinem langfristigen Durchschnitt. Andererseits wirken die niedrigen Zinsen auf der Verbraucherseite in Richtung einer Stabilisierung der Kreditnachfrage insbesondere in Form einer tendenziellen Erhöhung der Nachfrage nach langfristigen Krediten. Die künftige Ertragsentwicklung deutscher Banken wird zum einen von der allgemeinen wirtschaftlichen Entwicklung einschließlich der Entwicklung der Inflation und zum anderen von der geschäftspolitischen Ausrichtung der Banken selbst abhängen. 2. Hat die Bundesregierung Kenntnisse über das Volumen der Kredite, die aufgrund der extrem niedrigen Zinsen keine NPL sind? Welche Quellen werden genutzt, um die EBA-Berichte zu verifizieren? Zum Volumen der Kredite, die aufgrund der extrem niedrigen Zinsen keine notleidenden Kredite (non performing loans, NPLs) sind, liegen der Bundesregierung derzeit keine Kenntnisse vor. Die EBA ist eine EU-Behörde, deren Aufgabe es ist, ein wirksames und kohärentes Maß an Regulierung und Beaufsichtigung im europäischen Bankensektor zu gewährleisten. Um sicherzustellen, dass die EBA ihren Pflichten und Aufgaben auf wirksame und transparente Weise nachkommt, werden von der Behörde erarbeiteten Ergebnisse in Arbeitsgruppen und Ausschüssen erörtert, in denen auch die nationalen Behörden Beiträge leisten können. 3. Hat die Bundesregierung Kenntnisse, in welchem Umfang die EZB Forderungen aus NPL-Krediten angekauft hat? Bei den innerhalb des Eurosystems aufgelegten erweiterten Programm zum Ankauf von Vermögenswerten (Expanded Asset Purchase Programme) ist kein Erwerb von Kreditforderungen vorgesehen. Vielmehr geht es um den Ankauf Drucksache 19/15890 – 2 – Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode gedeckter Schuldverschreibungen und von Wertpapieren. Einzelheiten zu den Programmen können auf der Internetseite der Europäischen Zentralbank oder auf der Internetseite der Deutschen Bundesbank abgerufen werden. 4. Welche Position vertritt die Bundesregierung hinsichtlich einer europäischen Bad Bank? 5. Sieht die Bundesregierung eine rechtliche Grundlage für eine Finanzierung einer europäischen Bad Bank durch die EZB? Wenn ja, welche ist dies, und wie begründet die Bundesregierung dies? Die Frage 4 und 5 werden zusammen beantwortet. Die Bundesregierung lehnt eine europäische Bad Bank beim derzeitigen Stand der Risikoreduktion ab. Die Frage einer Rechtsgrundlage für eine Finanzierung einer europäischen Bad Bank durch die EZB stellt sich aus Sicht der Bundesregierung daher nicht. 6. Wurden Pläne zu einer Bankenrettung, die über den aktuellen institutionellen Rahmen hinausgehen, auf europäischen Treffen besprochen? Seit geraumer Zeit wird in der Eurogruppe und ihren nachgeordneten Gremien über die Errichtung einer sog. Letztsicherung für den einheitlichen Abwicklungsfonds des einheitlichen Abwicklungsmechanismus verhandelt. Die Verhandlungen dauern an. Dazu wird dem Bundestag regelmäßig Bericht erstattet. 7. Wie schätzt die Bundesregierung die Möglichkeit eines Aufkaufs der problembehafteten Vermögenswerte bzw. einer Rekapitalisierung der Banken durch die EZB ein? In dem in der Antwort zu Frage 3 erwähnten Programm zum Ankauf von Vermögenswerten werden handelbare (notenbankfähige und Euro-denominierte) Wertpapiere angekauft. Dabei werden an zulässige Schuldner von Wertpapieremissionen Mindestanforderungen in Bezug auf deren Bonität gestellt. Ein Bestandteil des erweiterten Ankaufprogramms ist das Programm zum Ankauf von Wertpapieren des Unternehmenssektors (Corporate Sector Purchase Programme ), bei dem das Eurosystem seit Juni 2016 auch Anleihen von Unternehmen im Euro-Währungsgebiet ankauft. Anleihen von Kreditinstituten sind von dem Programm jedoch ausgeschlossen. 8. Hat die Bundesregierung Kenntnisse über das Volumen der tilgungsfreien Kredite im Bankensystem der Eurozone? Wenn ja, wie hoch sind diese in den jeweiligen Staaten? Zum gegenwärtigen Zeitpunkt liegen der Bundesregierung hierzu keine Erkenntnisse vor. 9. Gibt es Pläne der Bundesregierung, nicht mehr am Markt finanzierbare Banken mit EZB-Liquidität zu versorgen? Gemäß Artikel 130 des Vertrages über die Arbeitsweise der Europäischen Union dürfen weder die Europäische Zentralbank (EZB) noch eine nationale Zentralbank noch ein Mitglied ihrer Beschlussorgane bei der Wahrnehmung der Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode – 3 – Drucksache 19/15890 ihnen durch die Verträge übertragenen Befugnisse Weisungen von Regierungen der Mitgliedstaaten einholen oder entgegennehmen. Dies gilt auch für die Bundesregierung. 10. Erwägt die Bundesregierung weitere Verstaatlichungen von Banken, wie dies der Fall mit der Hypo Real Estate im Jahr 2009 war (www.tages schau.de/wirtschaft/hre314.html)? Nein. Drucksache 19/15890 – 4 – Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode Gesamtherstellung: H. Heenemann GmbH & Co. KG, Buch- und Offsetdruckerei, Bessemerstraße 83–91, 12103 Berlin, www.heenemann-druck.de Vertrieb: Bundesanzeiger Verlag GmbH, Postfach 10 05 34, 50445 Köln, Telefon (02 21) 97 66 83 40, Fax (02 21) 97 66 83 44, www.betrifft-gesetze.de ISSN 0722-8333