Antwort der Bundesregierung auf die Kleine Anfrage der Abgeordneten Frank Schäffler, Christian Dürr, Dr. Florian Toncar, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der FDP – Drucksache 19/15499 – Steuerliche Regelungen rund um das Weihnachtsgeschäft V o r b e m e r k u n g d e r F r a g e s t e l l e r Das Weihnachtsgeschäft (meist definiert als der Zeitraum zwischen November und Dezember) ist für viele Branchen und Geschäfte oftmals der verkaufsstärkste und damit auch finanziell bedeutendste Jahresabschnitt. V o r b e m e r k u n g d e r B u n d e s r e g i e r u n g Bei der Einführung des Umsatzsteuersystems zum 1. Januar 1968 hat der Gesetzgeber ein Gesamtkonzept für alle Bereiche des täglichen Lebens entwickelt, in dem den Vergünstigungen durch Steuerbefreiungen und -ermäßigungen die Besteuerung mit dem allgemeinen Steuersatz gegenübersteht. Dabei wurden die verschiedensten Zielrichtungen einbezogen, die von der Berücksichtigung sozialer Belange über die Förderung von Kultur und Bildung bis hin zur Stärkung der Land- und Forstwirtschaft reichten. Die überwiegende Anzahl der aktuell geltenden Steuerermäßigungen hat dort ihren Ursprung. Nach den für die Mitgliedstaaten der Europäischen Union verbindlichen Vorgaben des Unionsrechts dürfen die Mitgliedstaaten nur auf Umsätze von ausdrücklich genannten Gegenständen und auf ausdrücklich genannte Dienstleistungen einen oder zwei ermäßigte Steuersätze anwenden (vgl. Richtlinie 2006/112/EG des Rates vom 28. November 2006 (Mehrwertsteuer-Systemrichtlinie ; MwStSystRL)). Der deutsche Gesetzgeber hat von dieser Möglichkeit Gebrauch gemacht und gewährt in § 12 Absatz 2 Umsatzsteuergesetz (UStG) auf die abschließend aufgezählten Umsätze einen ermäßigten Steuersatz von 7 Prozent. Dieser gilt nach § 12 Absatz 2 Nummer 1 und 2 UStG auch für die Lieferungen, die Einfuhr, den innergemeinschaftlichen Erwerb und die Vermietung der in Anlage 2 zum UStG bezeichneten Gegenstände. Ausgenommen sind die in der Nummer 49 Buchstabe f, den Nummern 53 und 54 der Anlage 2 des UStG genannten Gegenstände. Hierfür findet nach § 12 Absatz 2 Nummer 12 und 13 UStG der ermäßigte Steuersatz nur noch in eingeschränktem Umfang Anwendung. Deutscher Bundestag Drucksache 19/15896 19. Wahlperiode 12.12.2019 Die Antwort wurde namens der Bundesregierung mit Schreiben des Bundesministeriums der Finanzen vom 10. Dezember 2019 übermittelt. Die Drucksache enthält zusätzlich – in kleinerer Schrifttype – den Fragetext. Nach dem Gesetzeswortlaut und in Übereinstimmung mit der Richtlinie 2006/112/EG des Rates vom 28. November 2006 wird der Anwendungsbereich der Steuerermäßigung nach Gattungsbegriffen abgegrenzt. Zur Bestimmung der im Einzelnen begünstigten Gegenstände hat der Gesetzgeber auch für das UStG auf die Vorschriften des Zolltarifs zurückgegriffen, in dem alle handelbaren Gegenstände aufgelistet sind. In der Anlage 2 zum UStG ist jeweils nur die betreffende Nummer des Kapitels, der Position oder der Unterposition des Zolltarifs aufgeführt. Fällt ein Gegenstand in ein Kapitel, eine Position oder eine Unterposition des Zolltarifs, auf die in der Anlage 2 zum UStG verwiesen wird, so unterliegt er automatisch der Steuerermäßigung. Das BMF-Schreiben vom 5. August 2004 – IV B 7 – S 7220 – 46/04 – erläutert den Inhalt der jeweils genannten Position bzw. Unterposition des Zolltarifs. Der Anwendungsbereich der Umsatzsteuerermäßigung – und damit auch der Inhalt des BMF-Schreibens – liegt im ausdrücklichen Willen des Gesetzgebers. 1. Hat die Bundesregierung Kenntnisse darüber, welchen Umsatz der Einzelhandel in Deutschland im Weihnachtsgeschäft erzielt, und wie hoch der entsprechende Umsatzsteueranteil für diesen Zeitraum ausfällt? a) Welchen Anteil macht das Weihnachtsgeschäft am Jahresumsatz des Einzelhandels aus? b) Welchen Anteil hat der Online-Handel am Umsatz des Einzelhandels (am Jahresumsatz und im Weihnachtsgeschäft)? Die Fragen 1a und 1b werden wegen ihres Sachzusammenhanges zusammen beantwortet. Der Anteil des Weihnachtsgeschäfts (Umsätze im November und Dezember) macht etwa 18,6 Prozent des Umsatzes im Jahr 2018 aus. Im Jahr davor betrug der Anteil des Weihnachtsgeschäftes am Jahresumsatz des Einzelhandels noch 18,9 Prozent. Unter Online-Handel ist die Tätigkeit von Unternehmen zu verstehen , deren wirtschaftlicher Schwerpunkt im Versand- und Interneteinzelhandel (WZ08-47.91) liegt. Der Umsatzanteil des Online-Handels am Einzelhandel war im Jahr 2018 rund 11,7 Prozent. Sein Anteil am Weihnachtsgeschäft des Einzelhandels 2018 lag bei 13,1 Prozent. Statistische Daten zum Umsatzsteueranteil im Weihnachtsgeschäft liegen nicht vor. c) Wie viel Spielzeug wird jährlich nach Deutschland importiert? d) Wie viel Spielzeug wird jährlich aus Deutschland exportiert? Die Fragen 1c und 1d werden wegen ihres Sachzusammenhanges zusammen beantwortet. Die Daten für die Jahre 2017 und 2018 können der Tabelle zur deutschen Ausund Einfuhr nach dem Warenverzeichnis der Außenhandelsstatistik (8-Steller) in Anlage 1 entnommen werden. e) Welche Steuereinnahmen werden durch den Verkauf sowie durch die Zolleinnahmen von Spielzeug jährlich generiert? Hierzu liegen der Bundesregierung keine Erkenntnisse vor. Allgemein sei darauf hingewiesen, dass sofern sich Waren bereits im zoll- und steuerrechtlich freien Verkehr befinden und aus einem anderen EU-Mitgliedstaat als sog. Unionswaren nach Deutschland verbracht werden, keine Abfertigung und damit auch keine Abgabenerhebung durch die Zollverwaltung erfolgt. Bei einer Abfertigung zum freien Verkehr in Deutschland werden zwar Einfuhrabgaben Drucksache 19/15896 – 2 – Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode durch die Zollverwaltung erhoben. Zölle fließen jedoch als „traditionelle Eigenmittel “ als Einnahmen in den Haushalt der Europäischen Union. f) Wie viele Süßigkeiten bzw. Schokoladenprodukte werden jährlich nach Deutschland importiert? g) Wie viele Süßigkeiten bzw. Schokoladenprodukte werden jährlich aus Deutschland exportiert? Die Fragen 1f und 1g werden wegen ihres Sachzusammenhanges zusammen beantwortet. Die Daten für Schokoladenprodukten für die Jahre 2017 und 2018 können der Tabelle zur deutschen Aus- und Einfuhr nach dem Warenverzeichnis der Außenhandelsstatistik (8-Steller) in Anlage 2 entnommen werden. Der Begriff „Süßigkeiten“ ist nicht eindeutig abgrenzbar, insofern können hierzu auch keine Daten genannt werden. h) Welche Steuereinnahmen werden durch den Verkauf sowie durch die Zolleinnahmen von Süßigkeiten bzw. Schokoladenprodukten jährlich generiert? Hierzu liegen der Bundesregierung keine Erkenntnisse vor. Im Übrigen wird auf die Antwort zu 1e verwiesen. 2. Plant die Bundesregierung, die Besteuerung von Weihnachtsbäumen anzupassen ? a) Wenn nicht, wie begründet es die Bundesregierung, dass für frische Weihnachtsbäume der ermäßigte Umsatzsteuersatz gilt, aber nicht bei Plastiktannen sowie für fertig geschmückte Weihnachtsbäume? b) Wenn nicht, wie begründet es die Bundesregierung, dass bei wildwachsenden Weihnachtsbäumen von pauschalierenden Landwirten der Umsatzsteuersatz nur 5,5 Prozent beträgt, bei von pauschalierenden Landwirten und in einer Großkultur großgezogenen Weihnachtsbäumen 10,7 Prozent, aber bei Gewerbetreibenden 7 Prozent? c) Wenn nicht, wie begründet es die Bundesregierung, dass entsprechend vier verschiedene Umsatzsteuersätze (5,5 Prozent, 7 Prozent, 10,7 Prozent und 19 Prozent) bei unterschiedlichen Weihnachtsbäumen zustande kommen? Hält die Bundesregierung die verschiedenen Ermäßigungen für angemessen ? Das Umsatzsteuergesetz enthält keine besonderen Regelungen für die Besteuerung von Umsätzen mit Weihnachtsbäumen. Die unterschiedliche Besteuerung ist lediglich das Ergebnis der Anwendung verschiedener Regelungssysteme, die jedoch nicht ausschließlich für Weihnachtsbäume gelten. Die unterschiedliche Höhe der umsatzsteuerlichen Belastung ist dabei den objektiven Unterschieden der Erzeugnisse (Buchstabe a) bzw. der Anwendung spezieller Regelungen für die Land- und Forstwirtschaft (Buchstabe b) geschuldet. So kommt es bei einem regelbesteuernden Land- und Forstwirt sowie bei einem Gewerbetreibenden gemäß § 12 Absatz 2 Nummer 1 UStG i. V. m. Nummer 9 der Anlage 2 des UStG zur Anwendung des ermäßigten Steuersatzes. Bei einem pauschalierenden Land- und Forstwirt ist danach zu differenzieren, ob der Weihnachtsbaum ein Nebenprodukt zur forstwirtschaftlichen Nutzung (5,5 Prozent) oder ein sonstiges Produkt der land- und forstwirtschaftlichen Produktion (10,7 Prozent) ist. Im Übrigen wird auf die Ausführung in der Vorbemerkung verwiesen (Be- Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode – 3 – Drucksache 19/15896 zugnahme auf den Zolltarif). Die Bundesregierung hält die verschiedenen Ermäßigungen auch weiterhin für angemessen. 3. Plant die Bundesregierung, den Steuersatz für unterschiedlich verarbeitete Adventkränze anzupassen? Wenn nicht, wie begründet es die Bundesregierung, dass für Adventskränze mit frischen Tannenzweigen der ermäßigte Umsatzsteuersatz gilt, aber nicht für Adventskränze aus überwiegend trockenem Material und mit Verzierungen? Wie in der Vorbemerkung der Bundesregierung ausgeführt, richtet sich die Abgrenzung der begünstigten Gegenstände ausschließlich nach den gesetzlichen Vorgaben (Bezugnahme auf den Zolltarif). Gemäß § 12 Absatz 2 Nummer 1 UStG i. V. m. Nummer 9 der Anlage 2 UStG sind Adventskränze aus frischen Materialien ermäßigt zu besteuern. Aus den in der Vorbemerkung der Bundesregierung genannten Gründen plant die Bundesregierung keine Anpassung des Umsatzsteuersatzes für Adventskränze. 4. Plant die Bundesregierung, den Steuersatz für Mandeln bzw. Kekse anzupassen ? Wenn nicht, wie begründet es die Bundesregierung, dass für Mandeln und Marzipan der ermäßigte Umsatzsteuersatz gilt, aber nicht für Kekse? Nein. Wie in der Vorbemerkung ausgeführt, richtet sich die Abgrenzung der begünstigten Gegenstände ausschließlich nach den gesetzlichen Vorgaben (Bezugnahme auf den Zolltarif). Gemäß § 12 Absatz 2 Nummer 1 UStG i. V. m. Nummer 11 und Nummer 29 der Anlage 2 des UStG sind Mandeln bzw. Marzipan ermäßigt zu besteuern. Im Übrigen sind auch Kekse als Backwaren nach § 12 Absatz 2 Nummer 1 UStG i. V. m. Nummer 31 der Anlage 2 des UStG ermäßigt zu besteuern. 5. Plant die Bundesregierung den Steuersatz bei der Gastronomie anzupassen? Wenn nicht, wie begründet es die Bundesregierung, dass für den Verkauf von Bratwürstchen der ermäßigte Umsatzsteuersatz gilt, solange keine Tische und Sitzgelegenheiten bereitstehen, aber nicht, wenn entsprechende Vorrichtungen bestehen? Wie begründet es die Bundesregierung, dass für den Verkauf von Glühwein immer der höhere Umsatzsteuersatz gilt? Die Lieferung von Bratwürstchen, auch wenn sie verzehrfertig zubereitet sind, unterliegt nach § 12 Absatz 2 Nr. 1 UStG i. V. m. Nummer 28 der Anlage 2 des UStG dem ermäßigten Steuersatz. Sonstige Leistungen (Dienstleistungen) sind dagegen von der Umsatzsteuerermäßigung ausgeschlossen, auch wenn ein Teil dieser Leistungen in der Abgabe von Lebensmitteln besteht. Nach der Rechtsprechung des EuGH und des BFH liegt eine dem allgemeinen Umsatzsteuersatz von 19 Prozent unterliegende sonstige Leistung vor, wenn der leistende Unternehmer neben der Abgabe von Lebensmitteln Dienstleistungen erbringt, die sich von denen unterscheiden, die notwendig mit der Vermarktung der Speisen verbunden sind und diese Dienstleistungselemente das Lieferelement qualitativ überwiegen. Zu diesen Dienstleistungen gehören beispielsweise die Bereitstellung von Tischen und Stühlen sowie die Reinigung des Mobiliars und des benutzten Geschirrs bzw. Bestecks nach dem Verzehr. In diesen Fällen bie- Drucksache 19/15896 – 4 – Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode tet der Unternehmer eine weit über die bloße Abgabe von Speisen hinausgehende Leistung an. Entsprechend den Ausführungen in der Vorbemerkung hat sich der Gesetzgeber dafür entschieden, Getränke mit wenigen Ausnahmen wie Leitungswasser , Milch und bestimmte Milchmischgetränke mit dem Regelsteuersatz zu belegen. Die Bundesregierung beabsichtigt keine Anpassung des Steuersatzes für die genannten Umsätze. 6. Plant die Bundesregierung, den Steuersatz für Brennholz bzw. Holzhackschnitzel anzupassen? Wenn nicht, wie begründet es die Bundesregierung, dass für Brennholz in Form von Rundlingen, Scheiten, Zweigen der ermäßigte Umsatzsteuersatz gilt, aber nicht für Holzhackschnitzel? Wie in der Vorbemerkung ausgeführt, richtet sich die Abgrenzung der begünstigten Gegenstände ausschließlich nach den gesetzlichen Vorgaben (Bezugnahme auf den Zolltarif). Gemäß § 12 Absatz 2 Nummer 1 UStG i. V. m. Nummer 48 der Anlage 2 des UStG unterliegen Lieferungen von „Holz in Form von Sägespänen , Holzabfällen und Holzausschuss, auch zu Pellets, Briketts, Scheiten oder ähnlichen Formen zusammengepresst“ der Unterpositionen 4401 30 des Zolltarifs dem ermäßigten Steuersatz. Sog. Holzhackschnitzel aus Altholz können je nach Beschaffenheit entweder in die Unterpositionen 4401 21 oder 4401 22 (=> Umsatzsteuersatz 19 Prozent) oder in die Unterpositionen 4401 31 oder 4401 39 (=> Umsatzsteuersatz 7 Prozent) eingeordnet werden. Aufgrund neuer Rechtsprechung überprüft die Bundesregierung zurzeit die Anwendung des ermäßigten Steuersatzes bei Holzhackschnitzel. Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode – 5 – Drucksache 19/15896 Drucksache 19/15896 – 6 – Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode – 7 – Drucksache 19/15896 Gesamtherstellung: H. Heenemann GmbH & Co. KG, Buch- und Offsetdruckerei, Bessemerstraße 83–91, 12103 Berlin, www.heenemann-druck.de Vertrieb: Bundesanzeiger Verlag GmbH, Postfach 10 05 34, 50445 Köln, Telefon (02 21) 97 66 83 40, Fax (02 21) 97 66 83 44, www.betrifft-gesetze.de ISSN 0722-8333