Antwort der Bundesregierung auf die Kleine Anfrage der Abgeordneten Dr. Roland Hartwig, Armin-Paulus Hampel, Petr Bystron, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der AfD – Drucksache 19/15096 – Internationale und ausländische Organisationen in Deutschland V o r b e m e r k u n g d e r F r a g e s t e l l e r Der Deutsche Bundestag hat am 18. Oktober 2019 das Gesetz über Vorrechte, Immunitäten, Befreiungen und Erleichterungen in der Bundesrepublik Deutschland als Gaststaat internationaler Organisationen (Gaststaatgesetz – GstG) verabschiedet (Plenarprotokoll 19/118, S. 14565). Die Ansiedlung von internationalen Einrichtungen in Deutschland kann für die Bundesrepublik Deutschland von besonderem nationalen Interesse sein. Sie dient der Völkerverständigung und dem diplomatischen Austausch gleichermaßen. Als unmittelbares Nachbarland kann die Schweiz bereits seit 2007 auf ein einheitliches Gaststaatgesetz zurückgreifen (www.admin.ch/opc/de/classified-compilation/2 0061778/200801010000/192.12.pdf) und damit internationalen Organisationen , ihren Angestellten und Bediensteten attraktive Vorrechte, Immunitäten, Befreiungen und Erleichterungen für eine Niederlassung bieten. Für die Standortentwicklung, das Wachstum der Wirtschaft und das Ansehen Deutschlands in der Welt kann das Gaststaatgesetz daher nach Ansicht der Fragesteller ein Gewinn sein. Laut dem beschlossenen Gesetzentwurf soll das Gaststaatgesetz „bei Ansiedlungsentscheidungen fehlende Transparenz und Vorhersehbarkeit der rechtlichen Rahmenbedingungen mit Blick auf Status, Vorrechte, Immunitäten, Befreiungen und Erleichterungen herstellen“ (Bundestagsdrucksache 19/1719). Gerade unter dem Gesichtspunkt der Transparenz besteht aus Sicht der Fragesteller Handlungsbedarf. Unter den Begriff der internationalen Einrichtungen fallen auch etliche internationale Nichtregierungsorganisationen (NRO; engl. NGO), darunter viele, die finanzielle Zuwendungen aus dem Ausland erhalten. Aus Anfragen von Medien und verschiedenen Bundestagsfraktionen (zuletzt der Fraktion der FDP in einer Reihe von Kleinen Anfragen unter dem Titel „Zusammenarbeit von Bundesregierung und externen Interessenträgern“, exemplarisch die Bundestagsdrucksachen 19/9865, 19/9357, 19/2484) geht hervor, dass die Bundesregierung beispielsweise im Jahr 2018 rund 15,5 Mrd. Euro aus Steuermitteln an Vereine, Stiftungen und NGOs (www.welt.de/politik/deutschland/plus1934 68095/NGOs-Die-guten-Meinungsmacher-die-niemand-waehlt.html) zahlte, die ihre Wurzeln zum Teil im Ausland haben. Welche Organisationen aller- Deutscher Bundestag Drucksache 19/15900 19. Wahlperiode 12.12.2019 Die Antwort wurde namens der Bundesregierung mit Schreiben des Auswärtigen Amts vom 10. Dezember 2019 übermittelt. Die Drucksache enthält zusätzlich – in kleinerer Schrifttype – den Fragetext. dings diese 15,5 Mrd. Euro erhalten, und was sie mit dem Geld genau tun, ließe sich „kaum nachvollziehen“ (ebd.). Auch ausländische Organisationen – staatliche wie nichtstaatliche – haben sich in Deutschland niedergelassen. So wichtig ihr Beitrag für eine pluralistische Demokratie und eine lebendige Zivilgesellschaft in Deutschland sein kann, so dürfen dieselben nach Ansicht der Fragesteller keineswegs als durchweg positiv angesehen und ihr Einfluss auf die inneren Angelegenheiten der Bundesrepublik Deutschland unterschätzt werden (vgl. insbesondere die Bundestagsdrucksachen 18/13362, 18/13658, 19/8415 sowie 19/9415 über den Einfluss ausländischer Staaten auf Religionsgemeinschaften und Vereine in Deutschland). Im Zuge einer immer schnelleren Globalisierung sind mächtige, transnationale Organisationen entstanden, deren Finanzströme und damit einhergehende Interessen immer schwieriger nachzuvollziehen sind. Nach Ansicht der Fragesteller haben die Bundesregierung, der Deutsche Bundestag und die deutsche Öffentlichkeit ein fundamentales Interesse daran, Auskunft über die konkrete Anzahl, die Interessen und die Finanzierung internationaler und ausländischer Organisationen in Deutschland zu erlangen. V o r b e m e r k u n g d e r B u n d e s r e g i e r u n g Das Gesetz über Vorrechte, Immunitäten, Befreiungen und Erleichterungen in der Bundesrepublik Deutschland als Gaststaat internationaler Organisationen (im Folgenden Gaststaatgesetz genannt) bietet ab dem Zeitpunkt seines Inkrafttretens einen einheitlichen Rechtsrahmen für die Anerkennung internationaler Organisationen, weiterer internationaler Einrichtungen sowie internationaler Nichtregierungsorganisationen und regelt, unter welchen Bedingungen diesen Organisationsformen Privilegien gewährt werden können. Für den Bereich der Vereinten Nationen und ihrer Sonderorganisationen ergeben sich die anwendbaren Vorrechte und Immunitäten bereits aus dem Übereinkommen über die Vorrechte und Immunitäten der Vereinten Nationen vom 13. Februar 1946 sowie dem Abkommen über die Vorrechte und Befreiungen der Sonderorganisationen der Vereinten Nationen vom 21. November 1947, die mit dem Gesetz zu dem Übereinkommen über die Vorrechte und Immunitäten der Vereinten Nationen vom 13. Februar 1946 vom 16. August 1980 und dem Gesetz über den Beitritt der Bundesrepublik Deutschland zum Abkommen über die Vorrechte und Befreiungen der Sonderorganisationen der Vereinten Nationen vom 21. November 1947 und über die Gewährung von Vorrechten und Befreiungen an andere zwischenstaatliche Organisationen vom 22. Juni 1954 in Kraft gesetzt worden sind. Bei anderen internationalen Organisationen werden anwendbare Vorrechte und Immunitäten aus dem mit der internationalen Organisation abzuschließenden Sitzabkommen hergeleitet, das im Rahmen eines Vertragsgesetzes im Sinne des Artikels 59 Absatz 2 Satz 1 des Grundgesetzes beziehungsweise einer Rechtsverordnung in das deutsche Recht umgesetzt wird. In Teil 3 des Gaststaatgesetzes werden unter dem Oberbegriff der weiteren internationalen Einrichtungen neue Organisationsformen wie die internationale Institution, die quasizwischenstaatliche Organisation und die sonstige internationale Einrichtung erstmalig als Kategorien der internationalen Zusammenarbeit in das deutsche Recht eingeführt. Auch die Kategorie der internationalen Nichtregierungsorganisation wird erstmalig mit dem Gaststaatgesetz in das deutsche Recht eingeführt. Drucksache 19/15900 – 2 – Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode 1. Welche konkreten Gründe waren dafür verantwortlich, dass die Bundesregierung bislang keinen Handlungsbedarf für ein Gaststaatgesetz sah, obwohl einige europäische Nachbarländer seit Jahren jeweils über ein entsprechendes Gesetz verfügen (vgl. Vorbemerkung der Fragesteller)? Die Bundesregierung arbeitet seit einiger Zeit an einem Gaststaatgesetz, um eine einheitliche Rechtsgrundlage für die Anerkennung internationaler Organisationen , weiterer internationaler Einrichtungen sowie internationaler Nichtregierungsorganisationen und für die Gewährung von Vorrechten und Befreiungen an diese zu schaffen. Aufgrund der Komplexität der Materie gelang es erst in der laufenden Legislaturperiode, das Gesetzgebungsverfahren zu einem erfolgreichen Abschluss zu bringen. 2. Wie hat sich die Anzahl der internationalen Einrichtungen, die sich seit 1949 in Deutschland angesiedelt haben, bis heute entwickelt (bitte nach internationalen Organisationen, internationalen Institutionen, quasizwischenstaatlichen Organisationen, sonstigen internationalen Organisationen bzw. Einrichtungen, internationalen Nichtregierungsorganisationen, ausländischen Nichtregierungsorganisationen und ausländischen Regierungsorganisationen aufschlüsseln)? Hinsichtlich der internationalen Organisationen wird auf die als Anlage 1 beigefügte Übersicht verwiesen, die die Ansiedlung der Büros dieser Organisationen in Deutschland in chronologischer Reihenfolge darstellt. Bis heute haben danach 20 Büros von internationalen Organisationen ihren Sitz in Deutschland genommen. Auf die Vereinten Nationen, ihre Organe, Sonderorganisationen und sonstigen Einrichtungen findet das Gaststaatgesetz nach seinem § 1 Absatz 3 keine Anwendung. Es wird auf die Vorbemerkung der Bundesregierung verwiesen . Hinsichtlich internationaler Institutionen, quasizwischenstaatlicher Organisationen und internationaler Einrichtungen wird auf die Antworten zu den Fragen 6 bis 8 verwiesen. 3. Bei welchen konkreten der seit 1949 in Deutschland angesiedelten internationalen Einrichtungen kam es zu einer Beendigung der Gewährung von Vorrechten, Immunitäten, Befreiungen und Erleichterungen a) aufgrund des Nichteinhaltens der geltenden Gesetze in der Bundesrepublik Deutschland, b) aufgrund des Einmischens in die inneren Angelegenheiten der Bundesrepublik Deutschland, c) aufgrund eines negativen Ergebnisses im Verfahren zur Beilegung von Streitigkeiten? Nach Kenntnis der Bundesregierung wurden bislang bei keiner internationalen Organisation die gewährten Vorrechte, Immunitäten, Befreiungen und Erleichterungen aus den in der Fragestellung genannten Gründen beendet. 4. Welche staatlichen Institutionen der Bundesrepublik Deutschland wachen bislang über das Fortbestehen der Voraussetzungen der gewährten Vorrechte , Immunitäten, Befreiungen und Erleichterungen? Das Auswärtige Amt betreut die Büros der internationalen Organisationen in Deutschland protokollarisch, einschließlich in Bezug auf die Voraussetzungen der ihnen in den jeweiligen Sitzabkommen gewährten Vorrechte, Immunitäten, Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode – 3 – Drucksache 19/15900 Befreiungen und Erleichterungen. Hierzu stimmt sich das Auswärtige Amt mit den zuständigen Ressorts ab. 5. Wie viele internationale Organisationen sind zum Stichtag 18. Oktober 2019 in Deutschland angesiedelt (bitte nach Name, Rechtsform, Tätigkeitsfeld , Hauptsitz bzw. Zweigsitz der Organisation in Deutschland, Datum der Anerkennung durch die Bundesrepublik Deutschland oder ggf. durch die EU, Datum der Ansiedlung der Organisation in Deutschland oder ggf. in der EU, Höhe des Jahresbudgets aus Zuwendungen der letzten zehn Jahre von den Mitgliedstaaten und/oder von weiteren Zuwendungsgebern aufschlüsseln)? Hierzu wird auf die als Anlage 1 beigefügte Übersicht der in Deutschland angesiedelten Büros der internationalen Organisationen verwiesen. Über Zuwendungen anderer Mitgliedstaaten kann die Bundesregierung keine Auskunft erteilen. 6. Wie viele internationale Institutionen sind zum Stichtag 18. Oktober 2019 in Deutschland angesiedelt (bitte nach Name, Rechtsform, Tätigkeitsfeld, Hauptsitz bzw. Zweigsitz der Institution in Deutschland, Datum der Anerkennung durch die Bundesrepublik Deutschland, Datum der Ansiedlung der Institution in Deutschland, Höhe der jährlichen finanziellen Zuwendungen der letzten zehn Jahre von Mitgliedstaaten, internationalen Organisationen und/oder anderen Völkerrechtsubjekten aufschlüsseln)? 7. Wie viele quasizwischenstaatliche Organisationen sind zum Stichtag 18. Oktober 2019 in Deutschland angesiedelt (bitte nach Name, Rechtsform , Tätigkeitsfeld, Hauptsitz bzw. Zweigsitz der Organisation in Deutschland, Datum der Anerkennung durch die Bundesrepublik Deutschland , Datum der Ansiedlung der Organisation in Deutschland, Höhe der jährlichen finanziellen Zuwendungen der letzten zehn Jahre aus den Mitgliedstaaten , staatlichen Stellen oder internationalen Organisationen aufschlüsseln )? 8. Wie viele sonstige internationale Einrichtungen sind zum Stichtag 18. Oktober 2019 in Deutschland angesiedelt (bitte nach Name, Rechtsform, Tätigkeitsfeld , Hauptsitz bzw. Zweigsitz der Organisation in Deutschland, Datum der Anerkennung durch die Bundesrepublik Deutschland, Datum der Ansiedlung der Organisation in Deutschland, Höhe der jährlichen finanziellen Zuwendungen der letzten zehn Jahre aufschlüsseln)? Die Fragen 6 bis 8 werden gemeinsam beantwortet. Es sind keine Einrichtungen, Organisationen oder internationale Einrichtungen im Sinne der Fragestellung in Deutschland angesiedelt. 9. Wie viele ausländische Nichtregierungsorganisationen sind zum Stichtag 18. Oktober 2019 in Deutschland angesiedelt (bitte nach Name, Rechtsform , Tätigkeitsfeld, Hauptsitz bzw. Zweigsitz der Organisation in Deutschland, Datum der Anerkennung durch die Bundesrepublik Deutschland , Datum der Ansiedlung der Organisation in Deutschland, Höhe der jährlichen finanziellen Zuwendungen der letzten zehn Jahre aus dem Ausland , Höhe der jährlichen Zuwendungen der letzten zehn Jahre aus Bundesmitteln aufschlüsseln)? Mit Inkrafttreten des Gaststaatgesetzes am 6. Dezember 2019 kann zukünftig eine Anerkennung der Rechtsstellung als internationale Nichtregierungsorganisation im Sinne von Teil 4 des Gaststaatgesetzes erfolgen. Drucksache 19/15900 – 4 – Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode 10. Auf Grundlage welchen Gesetzes kann die Bundesregierung eine Organisation eines ausländischen Staates, eine internationale oder eine ausländische Nichtregierungsorganisation zu einer Offenlegung einer Spende oder Zuwendung veranlassen? In welchen konkreten Fällen hat die Bundesregierung davon Gebrauch gemacht? Eine solche Gesetzesgrundlage besteht nicht. 11. Welche staatlichen Organe der Bundesrepublik Deutschland entscheiden bislang auf welcher Rechtsgrundlage jeweils über die Ansiedlung einer der in den Fragen 5 bis 10 genannten Organisationen? Die Zuständigkeit für den Abschluss eines Sitzabkommens liegt bei der Bundesregierung. Sofern die Bundesregierung nicht ermächtigt worden ist, ein solches Sitzabkommen durch Rechtsverordnung in Kraft zu setzen, bedarf es gemäß Artikel 59 Absatz 2 Satz 1 des Grundgesetzes ebenfalls der Zustimmung oder der Mitwirkung der weiteren, jeweils für die Bundesgesetzgebung zuständigen Körperschaften in der Form eines Bundesgesetzes. 12. Welche der in den Fragen 5 bis 10 genannten Organisationen wurden automatisch durch welche Organe der Bundesrepublik Deutschland anerkannt , nachdem eine Anerkennung derselben bereits durch die EU erfolgte ? Es wurden keine Organisationen im Sinne der Fragestellung anerkannt. 13. Wie stellt die Bundesregierung sicher, dass aus denen unter Teil 2 Kapitel 2 § 10 Absatz 2 bis 4 GstG genannten Vermögen und Guthaben der internationalen Organisationen keine Unterorganisationen in Deutschland finanziert werden, die Auslandsspionage betreiben, nicht auf dem Boden der freiheitlichen demokratischen Grundordnung stehen oder gar terroristische Ziele verfolgen? Das Gaststaatgesetz verpflichtet die Bundesregierung in § 38 Absatz 1, über das Fortbestehen der Voraussetzungen der gemäß diesem Gesetz gewährten Vorrechte, Immunitäten und Befreiungen zu wachen und die erforderlichen Maßnahmen zu ergreifen, falls sie einen Missbrauch feststellt. Die Bundesregierung nimmt diese Verpflichtung ernst. Sollte sie in einem konkreten Fall zu der Erkenntnis gelangen, dass eine internationale Organisation durch die in der Frage erwähnten Handlungen die in der Bundesrepublik Deutschland geltenden Gesetze und Vorschriften verletzt, wird sie die erforderlichen Maßnahmen ergreifen. Neben dem im Gaststaatgesetz für diesen Zweck vorgesehenen Verfahren zur Beilegung von Streitigkeiten zwischen der internationalen Organisation und der Bundesrepublik Deutschland kann die Bundesregierung auch weitergehende Maßnahmen ergreifen, um einen Missbrauch von Vorrechten, Immunitäten und Befreiungen zu unterbinden. Im Übrigen wird auf die Antwort zu Frage 4 verwiesen. Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode – 5 – Drucksache 19/15900 Drucksache 19/15900 – 6 – Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode – 7 – Drucksache 19/15900 Drucksache 19/15900 – 8 – Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode – 9 – Drucksache 19/15900 Gesamtherstellung: H. Heenemann GmbH & Co. KG, Buch- und Offsetdruckerei, Bessemerstraße 83–91, 12103 Berlin, www.heenemann-druck.de Vertrieb: Bundesanzeiger Verlag GmbH, Postfach 10 05 34, 50445 Köln, Telefon (02 21) 97 66 83 40, Fax (02 21) 97 66 83 44, www.betrifft-gesetze.de ISSN 0722-8333