Antwort der Bundesregierung auf die Kleine Anfrage der Abgeordneten Niema Movassat, Dr. André Hahn, Gökay Akbulut, weiterer Abgeordneter und der Fraktion DIE LINKE. – Drucksache 19/15540 – Verschreibung von Opioiden in Deutschland V o r b e m e r k u n g d e r F r a g e s t e l l e r Die USA befinden sich seit einigen Jahren in einer verheerenden Opioid- Krise. Täglich sterben dort etwa 170 Menschen an Opioiden. Bereits in den 1990er Jahren begann in Amerika die massenhafte, nicht sachgerechte Verschreibung von starken opioidhaltigen Schmerzmitteln (www.zeit.de/wissen/g esundheit/2018-04/opioid-krise-usa-donald-trump-strategie/komplettansicht), die weit weniger reglementiert sind als in Deutschland. Doch auch hier soll der Pro-Kopf-Verbrauch von Opioiden inzwischen beinahe so hoch wie in den USA sein und es werden in Deutschland bereits Befürchtungen vor einer Opioid-Krise laut (www.welt.de/wirtschaft/article174541537/Schmerzmittel-I n-Deutschland-droht-eine-Opioid-Epidemie-wie-in-den-USA.html). Seit Mitte der 1990er Jahre nimmt die Verordnung von Opioiden in Deutschland kontinuierlich zu. Lange gab es in Deutschland aber eine Unterversorgung mit Opioiden. Dass schwerkranke Menschen heute einen besseren Zugang zu schmerzlindernden Opioiden haben, ist als Fortschritt zu bewerten. Dennoch gibt es Veränderungen in der Verschreibungspraxis. Während Opioide früher vor allem bei Tumorpatientinnen und Tumorpatienten verschrieben wurden, erfolgt die Verordnung heute hauptsächlich bei chronischen nichttumorbedingten Schmerzen (www.aerzteblatt.de/archiv/167272/Opioide-Morphi ne-werden-immer-sorgloser-verschrieben). Daraus lässt sich nach Ansicht der Fragesteller das Drohen einer Opioid-Krise noch nicht ableiten – solange eine sachgerechte und patientenorientierte Verschreibungspraxis gewährleistet ist. Zu unterscheiden ist nach Ansicht der Fragesteller bei der Verordnung zwischen schwachen und starken Opioiden. Unter erstere fallen Wirkstoffe wie Tramadol, Codein oder Tilidin. Zu den starken Opioiden gehören Wirkstoffe wie Morphin, Oxycodon, Hydromorphon, Buprenorphin, Fentanyl und Levomethadon . Wie viele Menschen durch ärztlich verordnete Opioide bereits eine Abhängigkeit entwickelt haben, wird unterschiedlich bewertet. Die Schätzungen liegen zwischen 300.000 von starken Schmerzmittel abhängigen Patienten (DHS Jahrbuch Sucht 2017, S. 101) und über 600.000 Langzeit-Opioid-Patienten (www.zeit.de/2018/04/opioide-usa-drogen-tote-schmerztabletten-mittel schicht/seite-7). Deutscher Bundestag Drucksache 19/15967 19. Wahlperiode 13.12.2019 Die Antwort wurde namens der Bundesregierung mit Schreiben des Bundesministeriums für Gesundheit vom 11. Dezember 2019 übermittelt. Die Drucksache enthält zusätzlich – in kleinerer Schrifttype – den Fragetext. V o r b e m e r k u n g d e r B u n d e s r e g i e r u n g Die Bundesregierung verfolgt die Entwicklung der sogenannten „Opioid-Krise“ in Nordamerika aufmerksam. Durch den in ihrer Vorbemerkung zuletzt gesetzten Hinweis auf die Wochenzeitschrift „DIE ZEIT“ (Onlineausgabe vom 17. Januar 2018, Artikel „Betäubte Bürger“) benennen die Fragesteller bestimmte Ursachen dieser Entwicklung in den Vereinigten Staaten von Amerika (USA) wie folgt bereits selbst. Die dortige Analyse der chronologischen Entwicklung beschreibt ein wissenschaftlich und medizinisch fragliches Vorgehen, mit einem Einsatz von Opioid- Arzneimitteln eine völlige Schmerzfreiheit allein medikamentös zu erreichen, welches in den USA zu einem Qualitätskriterium der Versorgung erhoben wurde . In Folge dessen wurde in den USA, einhergehend mit weiteren, wirtschaftlich begründeten Erwägungen, Schmerz beziehungsweise die Freiheit von Schmerzen in Krankheitsfällen als fünftes Vitalzeichen zu einem Standard bei der Honorierung von Krankenhausleistungen durch die staatlichen Versicherungen Medicaid und Medicare erhoben. Gleichzeitig war ein stark wirtschaftsorientiertes Marketing der pharmazeutischen Unternehmen bei Opioid-Arzneimitteln zu beobachten, mit Verordnungsanreizen für Ärztinnen und Ärzte und sowie auch Patientinnen und Patienten, u. a. das Angebot „Rabattcoupons“ mit der Funktion einer Werbemaßnahme beim Behandlungseinstieg. Dies hat in den USA zu einer zunehmenden Verschreibungshäufigkeit beziehungsweise Verstetigung der Verschreibung von opioidhaltigen Arzneimitteln beigetragen. Das ärztliche Verschreibungsverhalten betäubungsmittelhaltiger Arzneimittel in Deutschland gründet auf einem rechtlich strengeren Verschreibungsregime nach Maßgabe der Regelungen des Betäubungsmittelrechts. Dabei ist festzuhalten , dass das in die Nationale Strategie der Bundesregierung zur Drogen- und Suchtpolitik eingebettete betäubungsrechtliche deutsche Regulierungsregime insbesondere im Interesse einer angemessenen Versorgung der Bevölkerung mit betäubungsmittelhaltigen Arzneimitteln auf die Sicherheit und Kontrolle des legalen Betäubungsmittelverkehrs ausgerichtet ist. Zudem erlaubt es keine Publikumswerbung für verschreibungsfähige Betäubungsmittel gegenüber Patienten. Dieser regulatorische Ansatz geht einher mit einer stark an wissenschaftlich konsentierten Leitlinien ausgerichteten ärztlichen Behandlungspraxis. Schließlich sind Ärztinnen und Ärzte in Deutschland bei der Verschreibung betäubungsmittelhaltiger Arzneimittel an den strafbewehrten Subsidiaritätsgrundsatz nach § 13 Absatz 1 des Betäubungsmittelgesetzes (BtMG) gebunden. Danach muss die Anwendung von Betäubungsmitteln der Anlage III BtMG begründet sein. Nicht begründet ist diese, wenn der beabsichtigte Zweck auf andere Weise erreicht werden kann. Gleichwohl haben es diese Regelungen ermöglicht, dass der medizinische Versorgungsbedarf der Bevölkerung mit diesen wichtigen Arzneimitteln in Deutschland zum Vorteil zahlreicher Patientinnen und Patienten erheblich verbessert werden konnte. Die bloße Anzahl an ärztlich veranlassten Verschreibungen von Betäubungsmitteln ist kein Indikator für einen Opioidmissbrauch. Hierauf weist eine neue Publikation im British Medical Journal deutlich hin (BMJ. 2019 Nov 12;367:l6452. doi: 0.1136/bmj.l6452. Rising opioid prescriptions may not be a crisis. Radbruch-L.). Dort wird insbesondere erläutert, dass die Anzahl der von Opioiden abhängig gewordenen oder noch schwerer, bis hin zum Todesfall, geschädigten Menschen zunächst separat von den Verordnungszahlen zu betrachten ist. Erst aus dem Verhältnis der ärztlichen Verordnungszahlen und der opio- Drucksache 19/15967 – 2 – Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode idbedingten Abhängigkeitsraten und -folgen könne ein aussagekräftiger Vergleich verschiedener Regionen hinsichtlich problematischer Auswirkungen von Opioidverschreibungen gezogen werden. Wie auch von den Fragestellern angemerkt gelangt die wissenschaftliche Literatur in dieser Frage, anscheinend abhängig von regionalen Faktoren, zu einem gewissen Bewertungsspektrum. Die Spannbreite von Prävalenzraten wird, wissenschaftlich betrachtet, auf das Fehlen einheitlicher Definition von Fehlgebrauch, Missbrauch und Abhängigkeit zurückgeführt (Schmerz 2018; 32:419 – 426; Häuser, Schubert, Scherbaum, Tölle). Im Übrigen weist die Bundesregierung auf das – für eine angemessene medizinische Anwendung von betäubungsmittelhaltigen Arzneimitteln wichtige – aktuelle Verfahren zur Neufassung der Leitlinie zur Langzeitanwendung von Opioiden hin, auf das auch das Deutsche Ärzteblatt Bezug nimmt: (www.aerzte blatt.de/nachrichten/107968/Leitlinie-zur-Langzeitanwendung-von-Opioiden-a ktualisiert?rt=63af651cfcf624c3d7b78911e71d37f3). Demnach findet hierzu gegenwärtig das öffentliche Konsultations- und Kommentierungsverfahren zur Leitlinie statt. In der Einleitung des Leitlinienentwurfs werden als Gründe für die Aktualisierung genannt: „Die Opioid-Epidemie in Nordamerika (steigende Verordnungen von Opioiden für Menschen, assoziiert mit einem Anstieg der missbräuchlichen/süchtigen Verwendung, notfallmäßiger Krankenhausaufnahmen wegen Überdosierungen und Todesfällen mit verordneten Opioiden) (Okie, 2010) weist auf die Notwendigkeit hin, den Stellenwert von Opioiden in der Therapie von chronischen nicht-tumorbedingten Schmerzen [CNTS] kritisch zu überprüfen.“ Die Autoren gehen in der Aktualisierung der Leitlinie dabei auch auf die Frage ein, ob es in Deutschland eine „Opioidepidemie“ gibt, wie sie aus den USA berichtet wird. Dabei kommen sie zu dem wichtigen und von der Bundesregierung geteilten Schluss: „Evidenzbasierte Feststellung: Es gibt keine Hinweise auf eine Opioidepidemie in Deutschland.“ Ferner folgern die Autoren des im Entwurf erwähnten epidemiologischen Suchtsurveys, dass „in Deutschland keine Opioidepidemie vergleichbar den USA vorliegt“. Ergänzend weisen die Leitlinienautoren darauf hin, dass die Daten des jetzt veröffentlichten Leitlinienentwurfes die von der Bundesregierung bereits in ihrer Antwort auf die Kleine Anfrage der Fraktion der FDP auf Bundestagsdrucksache 19/9122 gegebene Einschätzung unterstützen. Nach alledem deutet die Betrachtung der Gesamtsituation in Deutschland auch aus Sicht der Bundesregierung nicht auf eine aktuell drohende oder sich für die absehbare Zukunft abzeichnende Problematik durch unangemessene ärztliche Verschreibungen von Opioiden hin. Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode – 3 – Drucksache 19/15967 1. Wie viele Opioide wurden nach Kenntnis der Bundesregierung jährlich verordnet (Zeitraum 2010 bis 2018 mit Angabe der einzelnen Opioide)? Für welche dieser Substanzen müssen Verordnung, Bezug und Abgabe der Bundesopiumstelle angezeigt werden (Dokumentation nach der Betäubungsmittel-Verschreibungsverordnung – BtMVV)? Die ärztliche Verordnung opioidhaltiger Arzneimittel unterliegt nicht einer Anzeigepflicht gegenüber der für den legalen Verkehr mit Betäubungsmittel zuständigen Bundesopiumstelle des Bundesinstitutes für Arzneimittel und Medizinprodukte , so dass die Bundesregierung keine eigenen Register oder Statistiken zu einzelnen ärztlichen Verschreibungen von Betäubungsmitteln nach der Betäubungsmittel-Verschreibungsverordnung führt. Soweit in der Frage die Formulierung „Bezug und Abgabe“ als Daten über den Binnenhandel mit Betäubungsmitteln verstanden wird, sind der Bundesopiumstelle aus Gründen der Sicherheit und Kontrolle des Betäubungsmittelverkehrs jeweils sogenannte „Abgabebelege“ vorzulegen. Diese Daten sind jedoch nicht geeignet, um Informationen isoliert über das ärztliche Verordnungsgeschehen zu erhalten. Aus der nachfolgenden Tabelle der Kassenärztlichen Bundesvereinigung kann die Anzahl an Verordnungen von Opioiden zu Lasten der gesetzlichen Krankenversicherung entnommen werden. Gesonderte Angaben zur Anzahl ärztlicher Verordnungen einzelner opioidhaltiger Arzneimittel liegen nicht vor. Opioide (ATC* N02A): Verordnungen 2010 bis 2018 Jahr Anzahl Verordnungen 2010 15.092.733 2011 15.226.220 2012 15.410.491 2013 15.206.084 2014 15.711.429 2015 15.850.789 2016 16.185.029 2017 16.393.509 2018 16.485.238 Quelle: Kassenärztliche Bundesvereinigung *ATC = Die ATC(Anatomisch-Therapeutisch-Chemische)-Klassifikation ist eine amtliche Klassifikation für pharmakologische Wirkstoffe. Für die private Krankenversicherung stellt sich die Anzahl an verordneten Packungen wie folgt dar: Daten zu allen Opioiden (ATC-Code: N02A) von Privatversicherten nach Jahr. Jahr PKV-Ausgaben [€] Packungen 2011 65.813.000 1.039.000 2012 68.062.000 1.053.000 2013 67.041.000 1.009.000 2014 64.506.000 969.000 2015 66.748.000 965.000 2016 66.563.000 981.000 2017 65.399.000 960.000 2018 64.984.000 968.000 Quelle: Wissenschaftliches Institut der PKV. Gesonderte Angaben zur Anzahl ärztlicher Verordnungen einzelner opioidhaltiger Arzneimittel liegen nicht vor. Drucksache 19/15967 – 4 – Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode 2. Wie bewertet die Bundesregierung diese Entwicklung? Rechtliche Grundsatzvorgabe für eine ärztliche, zahnärztliche oder tierärztliche Verordnung betäubungsmittelhaltiger Arzneimittel ist das Subsidiaritätsprinzip nach § 13 Absatz 1 BtMG. Demnach darf eine ärztliche Verordnung nur erfolgen , wenn der beabsichtigte Zweck nicht auf andere Weise erreicht werden kann. Zudem sind betäubungsmittelhaltige Arzneimittel leitliniengerecht und entsprechend der jeweiligen Indikation zu verordnen. Die Bundesregierung geht davon aus, dass diese Vorgaben von den verordnenden Ärztinnen und Ärzten im Rahmen ihrer ärztlichen Berufsfreiheit grundsätzlich eingehalten werden . Folgt man zudem den Ausführungen im aktuellen Arzneiverordnungsreport (Schwabe, Paffrath, Ludwig, Klauber 2019; Springer), so nimmt die Zahl der Verordnungen opioidhaltiger Arzneimittel in den letzten 10 Jahren jährlich um weniger als ein Prozent zu. Danach waren die Zahlen in den Jahren 2016 bis 2018 im Übrigen nahezu unverändert. Vor diesem Hintergrund besteht Anlass zu der Annahme, dass die Ärzteschaft bei der Verschreibung von opioidhaltigen Arzneimitteln in Deutschland in diesem Bereich sensibilisiert ist. Im Übrigen wird auf die Vorbemerkung der Bundesregierung verwiesen. 3. Wie hat sich die Zahl der Opioid-Verordnungen nach Kenntnis der Bundesregierung in den einzelnen Indikationen entwickelt (Zeitraum 2010 bis 2018)? Der Bundesregierung liegen hierzu keine Daten vor. 4. Inwiefern besteht nach Kenntnis der Bundesregierung in Deutschland insgesamt eine Situation der Über- oder der Unterversorgung mit Opioiden? Nach Aussagen einzelner schmerzmedizinischer Fachgesellschaften gibt es weiterhin eine Unterversorgung von Patientinnen und Patienten mit chronischen Schmerzen (Berufsverband der Ärzte und Psychologischen Schmerztherapeuten in der Schmerz- und Palliativmedizin, Weißbuch Schmerzmedizin 2019). Inwieweit es daneben eine Unterversorgung mit starken Schmerzmitteln wie Opioiden gibt, lässt sich aus dieser Aussage nicht ableiten. Der Bundesregierung liegen keine Kenntnisse über versorgungsrelevante Lieferengpässe bei Opioiden vor. 5. Welche Maßnahmen gibt es von Seiten der Bundesregierung, um eine Über- oder Unterversorgung zu verhindern oder zu bekämpfen? Auf die Antwort zu Frage 4 wird verwiesen. 6. Wie hat sich nach Kenntnis der Bundesregierung das Verordnungsvolumen von Opioiden zur Behandlung von Menschen am Lebensende entwickelt (bitte wenn möglich jährliche Zahlen aus den vergangenen zehn Jahren angeben)? Der Bundesregierung liegen hierzu keine Daten vor. Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode – 5 – Drucksache 19/15967 7. Wie hat sich nach Kenntnis der Bundesregierung das Verordnungsvolumen von Opioiden in der nichtpalliativmedizinischen Behandlung entwickelt (bitte wenn möglich jährliche Zahlen aus den vergangenen zehn Jahren angeben)? Der Bundesregierung liegen hierzu keine Daten vor. 8. Wie hat sich nach Kenntnis der Bundesregierung das Verordnungsvolumen von Opioiden in der Langzeitbehandlung entwickelt (bitte wenn möglich jährliche Zahlen aus den vergangenen zehn Jahren angeben)? Die „Langzeitbehandlung“ wurde wie folgt operationalisiert: Patientinnen und Patienten mit Opioid-Verordnungen über mindestens drei Quartale wurden als Patientinnen und Patienten in Langzeitbehandlung gewertet. Nachstehender Tabelle für die Jahre 2010 bis 2018 kann entnommen werden, dass der Anteil von Menschen mit Opioid-Verordnungen in Langzeitbehandlung (entsprechend der o. g. Operationalisierung) – zuletzt 35 Prozent – über die betrachteten Jahre hinweg relativ konstant bleibt. Patienten mit Opioiden in der Langzeitbehandlung Jahr Anzahl Patienten mit Langzeitverordnung (mind. 3 Quartale eines Jahres) Anteil an allen Patienten mit Opioidverordnung 2018 1.273.501 35 % 2017 1.259.486 35 % 2016 1.331.701 37 % 2015 1.293.817 36 % 2014 1.264.939 36 % 2013 1.205.638 35 % 2012 1.180.787 34 % 2011 1.130.745 33 % 2010 1.075.356 32 % Quelle: Kassenärztliche Bundesvereinigung Für die private Krankenversicherung liegen der Bundesregierung keine Daten vor. Drucksache 19/15967 – 6 – Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode 9. Welche Kenntnis hat die Bundesregierung über das Suchtrisiko verschiedener Opioid-Analgetika? Opioidanalgetika weisen aufgrund ihres pharmakologischen Wirkmechanismus ein substanzbezogenes Risiko für das Hervorrufen einer Abhängigkeit auf. Aus diesem Grund unterliegen solche Wirkstoffe in Deutschland den Vorschriften des Betäubungsmittelrechts und dürfen nach § 13 BtMG ausschließlich verschrieben werden, wenn ihre Anwendung begründet ist und der beabsichtigte therapeutische Zweck nicht auf andere Weise erreicht werden kann. Der Einsatz von Opioidanalgetika ist in der Behandlung starker und chronischer Schmerzen ein wichtiger Baustein. Bei der Arzneimittelzulassung wird eine Nutzen-Risiko Abwägung getroffen und bei Opioiden auch die Frage eines Suchtrisikos gegenüber der therapeutischen Bedeutung in die Bewertung einbezogen . Insbesondere bei nicht sach- und indikationsgemäßer Anwendung haben Opioidanalgetika ein sehr hohes Suchtpotenzial, das grundsätzlich allen Opioiden innewohnt . Deshalb ist die richtige Indikationsstellung sowie eine umfassende Aufklärung der Patientinnen und Patienten über den korrekten Einsatz dieser Medikamente erforderlich. Dementsprechend werden bei deren Zulassung die Fach- und die Patienteninformation geprüft und entsprechende Hinweise aufgenommen , um möglichen Suchtrisiken entgegenzuwirken. 10. Welche Kenntnis hat die Bundesregierung über die Anzahl der Opioidabhängigen Schmerzpatientinnen und Schmerzpatienten? Der Bundesregierung liegen hierzu keine eigenen Erkenntnisse vor. Insofern wird auf die in der Vorbemerkung der Bundesregierung erwähnten einschlägigen wissenschaftlichen Publikationen und konsentierten therapeutischen Leitlinien verwiesen. 11. Wie schätzt die Bundesregierung das Risiko in Deutschland für eine Opioid-Krise wie in den USA ein? Auf die Vorbemerkung der Bundesregierung wird verwiesen. 12. Welche Maßnahmen bestehen nach Ansicht der Bundesregierung, um eine Situation wie in den USA zu verhindern? Auf die Vorbemerkung der Bundesregierung wird verwiesen. Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode – 7 – Drucksache 19/15967 13. Welche Arzneimittelkosten entstehen nach Kenntnis der Bundesregierung durch die Verordnung von Opioiden (aufgelistet nach Wirkstoff)? Nachfolgende Übersicht zeigt die Arzneimittelkosten für Opioidverordnungen des Jahres 2018 zu Lasten der gesetzlichen Krankenversicherung, geordnet nach einzelnen Betäubungsmitteln (Wirkstoff), Anzahl der Verordnungen und der definierten Tagesdosis (DDD). Berücksichtigt sind alle Opioid- Verordnungen mit dem ATC-Code* ATC N02A. Buprenorphin und Levomethadon werden auch zur Substitutionsbehandlung Opioidabhängiger verwendet, haben dafür aber einen separaten ATC-Code. Angaben zu dieser Behandlungsart sind nicht enthalten. Jahr ATC* Wirkstoff Anzahl Verordnungen Kosten in Euro (AVP) DDD** 2018 N02AB03 Fentanyl 1.880.089 240.984.572,12 57.064.372 2018 N02AX51 Tilidin und Naloxon 5.447.075 214.989.706,63 167.803.871 2018 N02AA03 Hydromorphon 1.081.240 182.510.922,43 29.843.198 2018 N02AA05 Oxycodon 1.327.919 158.768.779,87 25.859.613 2018 N02AA55 Oxycodon und Naloxon 1.109.776 156.304.332,51 16.598.546 2018 N02AX06 Tapentadol 669.992 149.001.441,21 12.898.372 2018 N02AE01 Buprenorphin 567.855 67.909.940,99 12.059.083 2018 N02AX02 Tramadol 2.796.594 65.082.389,21 65.284.534 2018 N02AA01 Morphin 902.321 54.485.188,19 15.915.892 2018 N02AJ06 Codein und Paracetamol 375.518 6.371.832,71 2.871.179 2018 N02AJ13 Tramadol und Paracetamol 199.434 5.873.673,76 1.420.060 2018 N02AA08 Dihydrocodein 11.916 2.340.349,71 373.081 2018 N02AJ05 Codein und Diclofenac 40.738 2.059.886,74 1.164.260 2018 N02AC06 Levomethadon 33.866 1.675.349,44 1.217.845 2018 N02AC03 Piritramid 16.126 1.118.888,48 141.619 2018 N02AB02 Pethidin 13.451 679.672,45 82.475 2018 N02AJ09 Codein und andere nichtopioide Analgetika 7.671 138.594,57 62.506 2018 N02AJ07 Codein und Acetylsalicylsäure 3.407 73.995,24 13.419 2018 N02AF02 Nalbufin 189 22.660,44 1.263 2018 N02AX05 Meptazinol 60 2.916,38 82 2018 N02AB07 Sufentanil 1 14,49 20 Quelle: Kassenärztliche Bundesvereinigung * ATC = Die ATC(Anatomisch-Therapeutisch-Chemische)-Klassifikation ist eine amtliche Klassifikation für pharmakologische Wirkstoffe. ** DDD: Defined Daily Dose; definierte Tagesdosis. Für die private Krankenversicherung liegen der Bundesregierung keine Daten vor. Drucksache 19/15967 – 8 – Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode Gesamtherstellung: H. Heenemann GmbH & Co. KG, Buch- und Offsetdruckerei, Bessemerstraße 83–91, 12103 Berlin, www.heenemann-druck.de Vertrieb: Bundesanzeiger Verlag GmbH, Postfach 10 05 34, 50445 Köln, Telefon (02 21) 97 66 83 40, Fax (02 21) 97 66 83 44, www.betrifft-gesetze.de ISSN 0722-8333