Antwort der Bundesregierung auf die Kleine Anfrage der Abgeordneten Markus Tressel, Tabea Rößner, Stefan Schmidt, Katharina Dröge und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Drucksache 19/15342 – Kundengeldabsicherung bei Pauschalreisen V o r b e m e r k u n g d e r F r a g e s t e l l e r Die Insolvenz des Reisekonzerns Thomas Cook und seiner deutschen Tochterunternehmen hat nach Ansicht der Fragesteller gezeigt, dass Verbraucherinnen und Verbraucher, die eine Pauschalreise buchen, in Deutschland für einen solchen Fall nur unzureichend abgesichert sind. Zwar legt die EU- Pauschalreiserichtlinie fest, dass Reiseveranstalter sich für den Fall der eigenen Zahlungsunfähigkeit versichern müssen, um ihren Kunden den im Voraus gezahlten Reisepreis zu erstatten oder Leistungen wie die Rückbeförderung vom Urlaubsort zu erbringen, die dafür in Deutschland festgesetzte Haftungshöchstsumme von 110 Mio. Euro erweist sich jedoch als nicht ausreichend. Der Versicherer der deutschen Töchter der Thomas-Cook-Gruppe hat bereits erklärt, dass die Sicherungssumme nicht ausreichen werde, um alle Kunden in vollem Umfang zu entschädigen (vgl. fvw 22/2019, S. 16). Die Insolvenzsicherungspflicht für Veranstalter von Pauschalreisen ist Teil der Richtlinie (EU) 2015/2302 über Pauschalreisen und verbundene Reiseleistungen , die eine ältere Richtlinie aus dem Jahr 1990 ersetzt. Der Unionsgesetzgeber erklärt dabei in Erwägungsgrund 39 seine Intention „Reisende, die eine Pauschalreise erwerben, vor der Insolvenz des Reiseveranstalters in vollem Umfang“ zu schützen. Reiseveranstalter müssen sich zu diesem Zweck nach Artikel 17 der Richtlinie für den Fall der eigenen Insolvenz absichern, um den Reisepreis erstatten und gegebenenfalls einen Rücktransport der Reisenden vom Urlaubsort abwickeln zu können. Dem nationalen Gesetzgeber wird bei der Umsetzung ein gewisser Gestaltungsspielraum zugebilligt. So heißt es im Erwägungsgrund 40 der Pauschalreiserichtlinie , die Haftungssumme müsse „sehr unwahrscheinliche Risiken“ nicht berücksichtigen, „wie beispielsweise die gleichzeitige Insolvenz mehrerer der größten Reiseveranstalter“. Die Umsetzung der Insolvenzsicherung in nationales Recht erfolgt in § 651 r des Bürgerlichen Gesetzbuchs (BGB). Darin werden Reiseveranstalter verpflichtet , bei einem Kundengeldabsicherer, also einem Versicherungs- oder Kreditunternehmen, eine entsprechende Versicherung abzuschließen. Der Gesetzgeber hat in § 651 r Absatz 3 BGB den jährlichen Höchstbetrag, mit dem ein Kundengeldabsicherer haftet, auf 110 Mio. Euro begrenzt. Deutscher Bundestag Drucksache 19/15995 19. Wahlperiode 16.12.2019 Die Antwort wurde namens der Bundesregierung mit Schreiben des Bundesministeriums der Justiz und für Verbraucher schutz vom 13. Dezember 2019 übermittelt. Die Drucksache enthält zusätzlich – in kleinerer Schrifttype – den Fragetext. In der Begründung zum Gesetzentwurf zum Dritten Gesetz zur Änderung reiserechtlicher Vorschriften (Bundestagsdrucksache 18/10822) vom 11. Januar 2017 heißt es bezüglich der Haftungssumme: „Die Entwicklung des Reiseund Versicherungsmarktes sollte aber sehr genau beobachtet werden, um auch künftig sicherzustellen, dass Reisende richtlinienkonform entschädigt werden.“ Im Rahmen dieses Gesetzgebungsverfahrens machten sowohl der Bundesrat in einer Empfehlung (Bundesratsdrucksache 652/16 (Beschluss)) als auch mehrere Sachverständige in einer Anhörung des Ausschusses für Recht und Verbraucherschutz des Deutschen Bundestages (128. Sitzung am 23. Januar 2017, www.bundestag.de/ausschuesse/ausschuesse18/a06/anhoerungen/Archi v/stellungnahmen-489284) deutlich, dass sie den Haftungshöchstbetrag von 110 Mio. Euro pro Absicherer nicht für ausreichend halten. Auch die fragestellende Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN hat mit ihrem Antrag „Pauschalreisende bei Insolvenzen wirksam schützen“ (Bundestagsdrucksache 19/8565) die Bundesregierung zur Nachbesserung aufgefordert. Der Deutsche Bundestag hat diesen am 26. September 2019 mit den Stimmen der Fraktionen der CDU/CSU, SPD und AfD bei Stimmenthaltung der Fraktion der FDP (vgl. Bundestagsdrucksache 19/13584) abgelehnt. Es stellt sich nun nach Ansicht der Fragesteller die Frage, inwieweit die Umsetzung der Pauschalreiserichtlinie in deutsches Recht im Rahmen des Ermessensspielraums des Gesetzgebers korrekt in deutsches Recht umgesetzt wurde, oder ob eine fehlerhafte Umsetzung der Richtlinie gegebenenfalls Haftungsansprüche betroffener Pauschalreisekundinnen und Pauschalreisekunden gegenüber der Bundesrepublik begründen. Der Wissenschaftliche Dienst des Deutschen Bundestages kommt in einer Ausarbeitung (PE – 3000 – 093/19) zu dem Schluss, dass die Nichtanpassung der Haftungsbegrenzung europarechtlich problematisch ist. 1. Wie hat sich das Marktvolumen der Pauschalreisebranche seit 1994 nach Kenntnissen der Bundesregierung entwickelt? In der folgenden Tabelle sind, basierend auf Daten des Deutschen Reiseverbandes (DRV), Zahlen zum Umsatz der Pauschalreisebranche seit dem Jahr 2000 aufgeführt. Ältere Daten liegen der Bundesregierung nicht vor. Jahr Umsatz (Mrd. €) 2018 36,00 2017 33,70 2016 30,17 2015 30,76 2014 29,36 2013 28,01 2012 27,06 2011 25,65 2010 23,66 2009 23,08 2008 23,79 2007 22,55 2006 21,78 2005 21,57 2004 20,64 2003 19,75 2002 21,01 2001 22,23 2000 21,17 Drucksache 19/15995 – 2 – Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode 2. Warum wurde die Haftungsgrenze bei der Kundengeldabsicherung seit ihrer Einführung 1994 niemals angehoben? Die Bundesregierung hat sich im Zuge der Umsetzung der Richtlinie (EU) 2015/2302 über Pauschalreisen und verbundene Reiseleistungen intensiv mit der Frage der Insolvenzsicherung im Reiserecht auseinandergesetzt und ihre Erwägungen hierzu in der Begründung des Regierungsentwurfs eines Dritten Gesetzes zur Änderung reiserechtlicher Vorschriften dargestellt (Bundestagsdrucksache 18/10822, S. 89). Auf diese Ausführungen, die auch die Erwägungen früherer Gesetzgeber ansprechen, wird Bezug genommen. 3. Was hat die Bundesregierung seit Einführung der Insolvenzabsicherung in der ersten Pauschalreiserichtlinie im Jahr 1994 unternommen, um den Reisemarkt zu beobachten und die Angemessenheit der Haftungssumme zu überprüfen? Gab es dazu regelmäßige Berichte oder Treffen? Wenn ja, wann, und in welcher Form? Die Bundesregierung beobachtet den Markt für Pauschalreisen fortlaufend. Auch fand im Zuge der Umsetzung der Richtlinie (EU) 2015/2302 eine umfassende Anhörung der Interessenverbände aus der Reise- und Versicherungswirtschaft sowie dem Verbraucherschutz zu dem Gesetzentwurf statt. 4. Hat die Bundesregierung das Risiko der Insolvenz eines der größten Reiseveranstalter als sehr unwahrscheinliches Risiko bewertet, und wie kam sie zu diesem Ergebnis? Auf die Antwort zu Frage 2 wird verwiesen. 5. Sieht die Bundesregierung schon die Insolvenz eines der größten Reiseveranstalter als sehr unwahrscheinliches Risiko im Sinne von Erwägungsgrund 40 der Pauschalreiserichtlinie an? 6. Ist die Bundesregierung der Ansicht, dass im Rahmen der Vorsorge im Allgemeinen nur solche Risiken abgesichert werden müssen, die bereits einmal eingetreten sind, wenn die Bundesregierung als Begründung für das Festhalten an der Höchsthaftungssumme anführt, dass „in den Jahren seit 1994 […] der höchste durch die Insolvenz eines Reiseveranstalters eingetretene Versicherungsschaden rund 30 Mio. Euro.“ (Bundestagsdrucksache 18/10822, S. 89) betrug? Die Fragen 5 und 6 werden wegen des Sachzusammenhangs gemeinsam beantwortet. Die Insolvenz der Thomas Cook-Tochtergesellschaften hat Anlass gegeben, die Insolvenzsicherung im Reiserecht zukunftsorientiert zu überprüfen. Auf die Antworten zu den Fragen 8, 17 und 18 wird verwiesen. 7. Hat die Bundesregierung das Risiko der Insolvenz eines großen Pauschalreiseanbieters neu bewertet, nachdem Thomas Cook im Jahr 2012 schon einmal in Schieflage geraten war (vgl. Handelsblatt Nummer 105 vom 1. Juni 2012, S. 14)? Auf die Antwort zu Frage 2 wird verwiesen. Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode – 3 – Drucksache 19/15995 8. Warum liegt das Forschungsvorhaben zur Höhe der Haftungssumme, „das zeitnah nach der Umsetzung der Richtlinie“ beauftragt werden sollte (vgl. Bundestagsdrucksache 18/10822, S. 125), bis heute noch nicht vor (vgl. fvw 22/2019, S. 23)? Wann hat die Bundesregierung welche Schritte zur Erstellung des Gutachtens eingeleitet, und wann wird das Gutachten der Bundesregierung vorliegen? Der in der Frage genannte Forschungsauftrag ist aus Anlass der Insolvenz des Reiseveranstalters Thomas Cook noch vor der Vergabe aufgehoben worden. Durch die Insolvenz des britischen Mutterkonzerns und der deutschen Thomas Cook-Gesellschaften hatten sich die Voraussetzungen des Forschungsvorhabens grundlegend geändert. Eine Durchführung des Forschungsvorhabens war aus zeitlichen und wirtschaftlichen Gründen nicht mehr zu vertreten. Stattdessen wird für die zeitnahe Überprüfung der Insolvenzsicherung und das Aufzeigen effektiver Alternativen zum bestehenden System noch im laufenden Jahr die erforderliche externe Expertise durch die Inanspruchnahme von Beratungsleistungen aus einem zwischen der Bundesregierung und der Boston Consulting Group bestehenden Rahmenvertrag eingeholt.  9. Stimmt die Bundesregierung der Einschätzung der Fragesteller zu, dass der Insolvenzschutz im Fall der Thomas-Cook-Insolvenz aufgrund der Haftungsbegrenzung nicht ausreichen wird, sodass die Kundinnen und Kunden nicht die volle Summe von der Versicherung zurückerstattet bekommen ? 10. Hat die Bundesregierung bei der Thomas-Cook-Gruppe, dem Insolvenzverwalter oder dem Versicherer Informationen über die zu erwartenden Schäden eingeholt, um für den Fall einer Staatshaftung das Ausmaß der Ansprüche abschätzen zu können? Wenn ja, mit welchem Ergebnis? Wenn nein, warum nicht? 11. Hat die Bundesregierung Erkenntnisse darüber, wie viel Prozent die Thomas-Cook-Kundinnen und Thomas-Cook-Kunden von dem Versicherer zurückbezahlt bekommen? Die Fragen 9 bis 11 werden wegen des Sachzusammenhangs gemeinsam beantwortet. Die tatsächlichen und rechtlichen Aspekte der Insolvenz der deutschen Thomas Cook-Töchter sind zum Zeitpunkt der Beantwortung noch Gegenstand laufender Beratungen. 12. Welche Voraussetzungen bestehen für einen unionsrechtlichen Staatshaftungsanspruch aufgrund fehlerhafter Umsetzung einer Richtlinie, und welche dieser Voraussetzungen sieht die Bundesregierung gegebenenfalls als erfüllt an? Ein unionsrechtlicher Staatshaftungsanspruch setzt einen hinreichend qualifizierten Verstoß gegen eine Rechtsnorm des Unionsrechts, die die Verleihung von Rechten an Einzelne bezweckt, sowie einen Kausalzusammenhang zwischen diesem Verstoß und einem entstandenen Schaden voraus. Die Bundesregierung geht davon aus, dass kein hinreichend qualifizierter Verstoß gegen die Richtlinie (EU) 2015/2302 vorliegt. Drucksache 19/15995 – 4 – Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode 13. Kennt die Bundesregierung die Bewertung des Wissenschaftlichen Dienstes des Deutschen Bundestages (PE – 3000 – 093/19), dass die Nichtanpassung der Haftungsbegrenzung europarechtlich problematisch ist, und welche Schlüsse zieht sie daraus? Die Bewertung des Wissenschaftlichen Dienstes des Bundestages (PE-3000-093/19) ist der Bundesregierung bekannt. Diese enthält keine abschließende Beurteilung dazu, ob bei der Umsetzung von Artikel 17 Absatz 2 der Richtlinie (EU) 2015/2032 mit der Aufnahme der Regelung in § 651r Absatz 3 Satz 3 des Bürgerlichen Gesetzbuchs (BGB) gegen das Unionsrecht verstoßen wurde. 14. Geht die Bundesregierung weiterhin davon aus, die Pauschalreiserichtlinie korrekt umgesetzt zu haben? 15. Wie hoch schätzt die Bundesregierung das Risiko einer Staatshaftung im Fall Thomas-Cook-Insolvenz ein? Die Fragen 14 und 15 werden wegen des Sachzusammenhangs gemeinsam beantwortet . Auf die Antwort zu Frage 12 wird verwiesen. 16. Wird die Bundesregierung, wie von der Verbraucherzentrale Bundesverband gefordert, Rücklagen für eine etwaige Entschädigung anlegen (www.morgenpost.de/wirtschaft/article227470241/Thomas-Cook-Pleite- Urlauber-kriegen-kein-Geld-zurueck-Regierung-soll-helfen.html)? Auf die Antwort zu den Fragen 9 bis 11 wird verwiesen. 17. Wird die Bundesregierung infolge der Thomas-Cook-Insolvenz die Insolvenzabsicherung für Pauschalreisen neu regeln, und wenn ja, durch welche Regelungen, und mit welchem konkreten Zeitplan? Die Bundesregierung prüft eine Neuregelung der Insolvenzsicherung im Reiserecht . Es ist vorgesehen, konkrete Reformpläne bereits im ersten Quartal 2020 vorzulegen. 18. Prüft die Bundesregierung in diesem Zusammenhang neben der Anhebung des jährlichen Höchstbetrags, mit dem ein Kundengeldabsicherer im Falle von Insolvenzen haftet, auch alternative Systeme zur Kundengeldabsicherung , beispielsweise einen Absicherungsfonds, und wie bewertet sie diese alternativen Systeme? Die Prüfung ist noch nicht abgeschlossen. Es werden Alternativen zum derzeit bestehenden System der Insolvenzsicherung im Reiserecht geprüft. Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode – 5 – Drucksache 19/15995 19. Teilt die Bundesregierung die Ansicht der Fragesteller, dass die betroffenen Kundinnen und Kunden von der Thomas-Cook-Insolvenz bei der Frage der Staatshaftung trotz der Musterfeststellungsklage keine kollektiven Klageinstrumente zur Verfügung haben? Hat die Bundesregierung die Absicht, diesen Umstand zu ändern? Mit der Musterfeststellungsklage können die Haftungsvoraussetzungen speziell für Ansprüche von Verbraucherinnen und Verbrauchern gegen ein Unternehmen festgestellt werden. Aber auch außerhalb des Anwendungsbereichs der Musterfeststellungsklage gibt es im gerichtlichen Verfahren zivilprozessuale Instrumente , die grundsätzlich eine gebündelte Rechtsdurchsetzung ermöglichen, wie etwa die Streitgenossenschaft, die Klageverbindung sowie die Einziehungsklage im Sinne von § 79 Absatz 2 Nummer 3 der Zivilprozessordnung. 20. Hat die Bundesregierung sich bezüglich der Frage der Europarechtswidrigkeit der Haftungsbegrenzung und etwaiger Staatshaftungsansprüche von externen Dienstleistern (z. B. Anwaltskanzleien) beraten lassen, oder gedenkt sie dies zu tun? Falls ja, von wem, was sind die Ergebnisse dieser Beratung, und wann wird die Bundesregierung sie veröffentlichen? Das Bundesministerium der Justiz und für Verbraucherschutz hat im Zusammenhang mit möglichen Staatshaftungsansprüchen die Kanzlei GSK Stockmann Rechtsanwälte Steuerberater Partnerschaftsgesellschaft mbB beauftragt. Endgültige Ergebnisse der beauftragten Prüfung liegen noch nicht vor. Die daraus gewonnenen Erkenntnisse wird die Bundesregierung in die weiteren Beratungen zum Umgang mit möglichen Staatshaftungsansprüchen einfließen lassen. 21. Ist die Bundesregierung der Auffassung, dass der in § 651 r Absatz 3 BGB festgelegte jährliche Höchstbetrag sich sowohl auf die Kosten des Rücktransports als auch auf die Rückerstattung von angezahlten Kundengeldern erstreckt? Die Bundesregierung ist der Auffassung, dass die gemäß § 651r Absatz 3 BGB zulässige Begrenzung der Haftung des Kundengeldabsicherers sich lediglich auf die Erstattungsansprüche der Kunden erstreckt. Die Rückbeförderung und die Beherbergung bis zum Zeitpunkt der Rückbeförderung nach § 651r Absatz 1 BGB sind davon unabhängig sicherzustellen. 22. Wurde das Bundesministerium der Justiz und für Verbraucherschutz vor der Thomas-Cook-Insolvenz oder im Rahmen der Umsetzung der Pauschalreiserichtlinie von Abgeordneten der CDU/CSU-Fraktion zur Prüfung oder Erarbeitung einer Anpassung der gesetzlichen Versicherungssumme aufgefordert? Nein, eine solche Bitte oder Aufforderung seitens der CDU/CSU-Fraktion ist dem Bundesministerium der Justiz und Verbraucherschutz nicht bekannt. Drucksache 19/15995 – 6 – Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode 23. Wie bewertet die Bundesregierung die Ausgabe von Sicherungsscheinen für Pauschalreisen von anderen ebenfalls bei der Zurich AG versicherten Anbietern im Zeitraum zwischen der Insolvenz der Thomas Cook und dem Ende des Geschäftsjahres am 31. Oktober 2019 vor dem Hintergrund , dass der Haftungshöchstbetrag der Zurich AG in diesem Zeitraum absehbar schon ausgereizt war (fw 22/2019, S. 16 und S. 18)? Die Ausgabe von Sicherungsscheinen ist in § 651r Absatz 4 BGB geregelt, während sich die Vorgaben für die Entgegennahme von Vorauszahlungen aus § 651t BGB ergeben. Verstöße gegen die zuletzt genannte Vorschrift können von den zuständigen Landesbehörden nach § 147b der GewO mit einem Bußgeld sanktioniert werden. 24. Welche Konsequenzen zieht die Bundesregierung aus der Praxis einiger Kundengeldabsicherer, eine Erstattung fälliger Beträge erst nach Ablauf des (Geschäfts-)Jahres, in dem der Versicherungsfall eingetreten ist, vorzunehmen , insbesondere vor dem Hintergrund, dass nach § 651 r Absatz 3 BGB der Anspruch „unverzüglich zu erfüllen“ ist? Der Versicherer hat den Erstattungsanspruch unverzüglich zu erfüllen, nachdem dies der Reisende verlangt. Der konkrete Zeitpunkt bestimmt sich dabei nach den Umständen des Einzelfalls. 25. Erwägt die Bundesregierung, im Zuge der Neugestaltung der Kundengeldabsicherung bei der Pauschalreise auch für Insolvenzen von Fluggesellschaften eine vergleichbare Kundengeldabsicherung einzuführen? Die Bundesregierung vertritt zur Frage eines Insolvenzschutzes für Flugreisende die Auffassung, dass der Schutz von Flugreisenden, deren Luftbeförderung nicht Teil einer Pauschalreise ist, verbessert werden kann. Europäische Lösungen sind dabei allerdings vorzugswürdig, denn sie gewährleisten ein einheitliches europäisches Verbraucherschutzniveau und sind wettbewerbsneutral. Die Bundesregierung steht dazu mit der Europäischen Kommission im Dialog. Im Dezember 2018 hat die Europäische Kommission eine umfassende Studie zu den Fluggastrechten initiiert, in die auch die Notwendigkeit eines Insolvenzschutzes für Flugreisende einbezogen ist. Ergebnisse dieser Studie sind von der EU- Kommission für Dezember 2019 angekündigt. 26. Hat die Bundesregierung Kenntnisse über die Nutzung und Probleme des Chargeback-Verfahrens von Kundinnen und Kunden von Thomas Cook, wenn sie die Reise via Kreditkarte gebucht haben, und wenn ja, welche? 27. Welche Schlüsse zieht die Bundesregierung aus Berichten, dass etliche Banken trotz eindeutiger Chargeback-Regularien von Mastercard und Visa ihren Kundinnen und Kunden im Fall der Thomas-Cook-Insolvenz kein Chargeback ermöglichen (vgl. www.test.de/Thomas-Cook-Insol venz-Banken-lassen-Kunden-im-Stich-5532014-0/)? Sieht die Bundesregierung hier Handlungsbedarf? Die Fragen 26 und 27 werden wegen des Sachzusammenhangs gemeinsam beantwortet. Gesetzliche Ansprüche gegen die eigene Bank oder das Kreditkartenunternehmen auf Rückerstattung einer mit einer Kreditkarte durchgeführten Zahlung allein wegen der Insolvenz des Zahlungsempfängers bestehen grundsätzlich nicht. Zahlungsdiensterechtlich hat der Zahler lediglich dann Ansprüche auf Er- Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode – 7 – Drucksache 19/15995 stattung seiner Zahlung, wenn es sich um einen nicht autorisierten (bspw. bei missbräuchlicher Nutzung des Zahlungsinstruments) oder um einen fehlerhaft ausgeführten Zahlungsvorgang handelt. Manche Kreditkartenunternehmen haben darüberhinausgehende Verfahren zur Rückabwicklung von Zahlungen (das sogenannte Chargeback) auch für den Fall entwickelt, dass die mit der Kreditkarte bezahlte Gegenleistung eines Anbieters fehlerhaft ist oder ausbleibt. Grundlage hierfür sind die unterschiedlich ausgestalteten Regelwerke der Kreditkartenunternehmen. Teilweise ist dort vorgegeben , dass bei Ausbleiben einer Reiseleistung vor einem Chargeback versucht werden muss, Deckung von der für die Insolvenzabsicherung zuständigen Versicherung zu erhalten. Ob und inwieweit Chargeback-Verfahren auch im Fall der Insolvenz eines Reiseunternehmens zur Verfügung stehen und ob Kundinnen und Kunden dies erfolgreich durchführen können, hängt von der Ausgestaltung der jeweiligen Verträge , den Bedingungen der Kreditkartenunternehmen, aber auch von den konkreten Umständen des Einzelfalls ab. Pauschale Aussagen können daher nicht getroffen werden. Wenn aber Reisenden hiernach ein Chargeback-Verfahren zur Wiedererlangung des vollständigen oder teilweisen Reisepreises zur Verfügung steht, sollten Reisende dieses nach Auffassung der Bundesregierung unbedingt nutzen, um einen Schaden zu verhindern oder jedenfalls gering zu halten. Drucksache 19/15995 – 8 – Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode Gesamtherstellung: H. Heenemann GmbH & Co. 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