Die Antwort wurde namens der Bundesregierung mit Schreiben des Bundesministeriums für Wirtschaft und Energie vom 3. April 2018 übermittelt. Die Drucksache enthält zusätzlich – in kleinerer Schrifttype – den Fragetext. Deutscher Bundestag Drucksache 19/1600 19. Wahlperiode 06.04.2018 Antwort der Bundesregierung auf die Kleine Anfrage der Abgeordneten Katharina Dröge, Kerstin Andreae, Oliver Krischer, weiterer Abgeordneter und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Drucksache 19/1239 – Erwerb von Anteilen Kritischer Infrastruktur durch ausländische Investoren am Übertragungsnetzbetreiber 50Hertz V o r b e m e r k u n g d e r F r a g e s t e l l e r Das Unternehmen 50Неrtz Transmission GmbH ist einer von vier in Deutschland tätigen Übertragungsnetzbetreibern. Übertragungsnetzbetreiber stellen sogenannte Hochspannungsgleichstromübertragungsleitungen (HGÜ-Leitungen) zur Verfügung und sorgen dafür, dass Strom verlustfrei über weite Strecken transportiert werden kann. Sie leisten damit einen wesentlichen Beitrag zum Gelingen der Energiewende. Anfang Februar 2018 wurde bekannt, dass die State Grid Corporation of China (SGCC) 20 Prozent der Unternehmensanteile der belgischen Eurogrid International CVBA übernehmen möchte (www.handelsblatt.com/my/unternehmen/ energie/investor-steigt-bei-50hertz-ein-china-kapert-das-deutsche-stromnetz/ 20941270.html?ticket=ST-4315187-Xb6Ioqn0vKOixegAE9h9-ap4). Eurogrid International CVBA ist die mittelbare Alleingesellschafterin der 50Нertz Transmission GmbH. Somit würde SGCC die Kontrolle über einen großen Teil des Übertragungsnetzbetreibers 50Hertz erlangen. Das chinesische Staatsunternehmen SGCC wird in der Rangliste „Fortune Global 500“ als zweitgrößtes Unternehmen der Welt aufgeführt und verfolgt die Strategie, China in vielen Schlüsselbranchen weltweit eine Führungsrolle zu verschaffen. Die Bundesregierung hat bestätigt, dass es sich bei der geplanten Übernahme um eine Kritische Infrastruktur handelt (Antwort auf die Schriftliche Frage 57 im Februar 2018 der Abgeordneten Ingrid Nestle auf Bundestagsdrucksache 19/775). Das bedeutet, dass dem Übertragungsnetz eine wichtige Bedeutung für das staatliche Gemeinwesen zukommt und dessen Beeinträchtigung oder Ausfall dramatische Folgen hätte. Ausländische Direktinvestitionen setzen in der Regel willkommene Impulse für Innovationen und sichern Arbeitsplätze. Der Erwerb einer Kritischen Infrastruktur durch Investoren mit möglicherweise politisch-strategischen Zielen muss jedoch kritisch hinterfragt werden. Trotz der Schärfung der Außenwirtschaftsverordnung im Juli 2017 (9. Verordnung zur Änderung der Außenwirtschaftsverordnung ) liegt der Schwellenwert, ab dem eine Prüfung des ausländischen Engagements möglich wird, noch immer bei 25 Prozent der Stimmrechte. Der Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Drucksache 19/1600 – 2 – Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode Kauf von 20 Prozent der Anteile an der 50Неrtz Transmission GmbH durch SGCC lässt sich somit nicht auf Grundlage der Außen-Wirtschaftsverordnung überprüfen. 1. Wie bewertet die Bundesregierung die geplante Übernahme von 20 Prozent der Anteile der 50Hertz Transmission GmbH durch die SGCC? Die 50Hertz Transmission GmbH betreibt eine Kritische Infrastruktur im Sinne von § 2 Absatz 10 des Gesetzes über das Bundesamt für Sicherheit in der Informationstechnik . Direktinvestitionen, durch die ein unionsfremder Erwerber die Kontrolle über mindestens 25 Prozent der Stimmrechte am Betreiber einer Kritischen Infrastruktur erlangt, werden wegen ihrer besonderen Bedeutung für die Bundesrepublik Deutschland grundsätzlich daraufhin geprüft, ob von dem Erwerb eine mögliche Gefährdung der öffentlichen Ordnung oder Sicherheit ausgeht . Vor diesem Hintergrund wurde 2017 eine Meldepflicht für solche Erwerbe neu in die Außenwirtschaftsverordnung aufgenommen. Nach Kenntnis der Bundesregierung hat der belgische Netzbetreiber elia am 23. März 2018 angekündigt, sein Vorkaufsrecht an den in Bezug genommenen Anteilen der belgischen Eurogrid International CVBA auszuüben. Zu einem Erwerb dieser Anteile durch die State Grid Corporation of China wird es daher voraussichtlich nicht kommen. 2. Teilt die Bundesregierung die Befürchtung, dass es sich bei dem oben genannten angestrebten Kauf von 50Hertz-Anteilen durch SGCC um eine strategisch -politisch motivierte Investition in Kritische Infrastruktur handelt, und a) falls ja, welche konkreten Anhaltspunkte sprechen dafür, b) falls nein, warum nicht? Über die Motivation des versuchten Erwerbs liegen der Bundesregierung keine gesicherten Erkenntnisse vor. Im Übrigen wird auf die Antwort zu Frage 1 verwiesen . 3. Ist die Bundesregierung der Auffassung, dass der geplante Anteilskauf an 50Hertz durch SGCC eine potentielle Gefährdung für die Versorgungssicherheit mit Strom in Ostdeutschland darstellen könnte (bitte begründen)? Aktuell liegen keine Erkenntnisse vor, die darauf hindeuten, dass durch den Anteilskauf eine potentielle Gefährdung für die Versorgungssicherheit bestanden hätte. Übertragungsnetzbetreiber sind nach dem Energiewirtschaftsgesetz verpflichtet , ein sicheres, zuverlässiges und leistungsfähiges Energieversorgungsnetz zu betreiben und werden dabei von der Bundesnetzagentur beaufsichtigt. Soweit Bestimmungen des Energiewirtschaftsgesetzes nicht eingehalten werden, kann die Bundesnetzagentur geeignete Maßnahmen ergreifen. 4. Welche Handlungsmöglichkeiten bieten sich der Bundesregierung, um den geplanten Anteilskauf von SGCC an 50Hertz zu beeinflussen oder zu verhindern , und wird sie diese ergreifen (bitte begründen)? 5. Welche konkreten Schritte hat die Bundesregierung bereits unternommen, und welche Schritte plant die Bundesregierung, um den Einstieg von SGCC bei 50Hertz zu beeinflussen oder zu verhindern? Die Fragen 4 und 5 werden zusammen beantwortet. Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode – 3 – Drucksache 19/1600 Auf die Antwort zu Frage 1 wird Bezug genommen. Grundsätzlich hat die Bundesregierung die Möglichkeit, Erwerbe nach Maßgabe der geltenden Gesetze zu prüfen. Für den Betrieb von Energieversorgungsnetzen und einen sicheren Netzbetrieb gelten besondere gesetzliche Vorgaben einschließlich spezieller Sicherheitsanforderungen . Der Betrieb eines Transportnetzes bedarf nach den Regelungen der §§ 4a ff. des Energiewirtschaftsgesetzes der Zertifizierung durch die Bundesnetzagentur . Unabhängig davon kann der Erwerb auch der außenwirtschaftsrechtlichen Investitionskontrolle unterliegen. 6. Mit welcher konkreten Begründung hat das Bundeskartellamt die Freigabe für den Kauf von 20 Prozent der Anteile durch SGCC begründet? Die State Grid International Development Limited, Hong Kong (SGI), hat am 2. Februar 2018 beim Bundeskartellamt den mittelbaren Erwerb von 20 Prozent der Anteile an Eurogrid International CVBA, Brüssel, angemeldet. Letztere kontrolliert mittelbar den deutschen Übertragungsnetzbetreiber 50Hertz. Die kartellrechtliche Prüfung des Vorgangs ergab keine durch den Zusammenschluss entstehende Behinderung wirksamen Wettbewerbs. Insbesondere hätte der Zusammenschluss nicht zur Begründung oder Verstärkung einer marktbeherrschenden Stellung geführt. Dabei war insbesondere zu berücksichtigen, dass die Übertragungsnetzbetreiber in Deutschland einer umfassenden Regulierung und Aufsicht durch die Bundesnetzagentur unterliegen. SGI ist in Deutschland bislang nicht im Bereich des Betriebs von Übertragungsnetzen in Deutschland tätig. Das Zusammenschlussvorhaben war demnach nicht zu untersagen und wurde vom Bundeskartellamt mit Schreiben vom 26. Februar 2018 freigegeben. 7. Welche Gespräche (siehe www.handelsblatt.com/my/unternehmen/energie/ investor-steigt-bei-50hertz-ein-china-kapert-das-deutsche-stromnetz/20941 270.html?ticket=ST-3463778-Yr6PqpnL5NYJgBFsjB22-ap4) gab es zwischen der Bundesregierung und SGCC (bitte unter Angabe des Datums, der Teilnehmer/-innen und des Inhalts der Gespräche)? Die Bundesregierung pflegt aufgabenbedingt Kontakte zu einer Vielzahl von Unternehmen . Eine Verpflichtung zur Erfassung entsprechender Daten (z. B. Erfassung sämtlicher Veranstaltungen, Sitzungen und Einzelgespräche) besteht nicht, und eine solche umfassende Dokumentation wurde auch nicht durchgeführt. Eine lückenlose Aufstellung von sämtlichen Kommunikationsvorgängen einschließlich der tatsächlichen Gesprächsinhalte kann daher grundsätzlich nicht übermittelt werden. Es kann auch nicht ausgeschlossen werden, dass es am Rande von Veranstaltungen oder sonstigen Terminen zu persönlichen Kontakten mit Vertreterinnen und Vertretern der genannten Unternehmen gekommen ist. In diesem Zusammenhang ist zudem darauf hinzuweisen, dass Lücken bei der Beantwortung u. a. deshalb nicht ausgeschlossen werden können, dass Vertreterinnen und Vertreter der genannten Unternehmen z. B. auch als Gast oder Beauftragte eines Dritten an einer Gremiensitzung oder einer Veranstaltung ohne Teilnehmerliste teilgenommen haben und bei dieser Gelegenheit mit Mitgliedern der Bundesregierung in Kontakt getreten sein können. Die Bundesregierung hat vor diesem Hintergrund die erbetene Abfrage durchgeführt, wobei Gespräche auf Leitungsebene mit den in der Frage genannten Unternehmen nachvollzogen wurden. Die nachstehenden Angaben erfolgen auf der Grundlage der vorliegenden Erkenntnisse sowie vorhandener Unterlagen und Aufzeichnungen. Kurzfristige Änderungen können nicht mehr in jedem Einzelfall nachvollzogen werden. Für den Zeitraum ab Mitte Dezember 2017 konnte folgender Termin ermittelt werden: Staats- Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Drucksache 19/1600 – 4 – Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode sekretär Matthias Machnig hat am 11. Januar 2018 ein Gespräch mit Werner Kerschl und Lars Bespolka von IFM Investors sowie mit Li Lequan, Wang Xinglei und Dai Tiantian von der State Grid Corporation of China (SGCC) geführt, um sich über Absichten und Ziele einer Beteiligung von SGCC an der Eurogrid International CVBA zu informieren. 8. Welche Informationen liegen der Bundesregierung über ein mögliches Vorkaufsrecht des belgischen Versorgungsunternehmens Elia an 50Hertz konkret vor, und wie bewertet sie dies? 9. Ist es richtig, dass Bundeskanzleramt und Bundesministerium für Wirtschaft und Energie derzeit sondieren, ob das belgische Versorgungsunternehmen Elia bereit ist, seine 60-Prozent-Beteiligung an 50Hertz aufzustocken (Handelsblatt , 22. Februar 2018) und den Einstieg von SGCC zu verhindern, und falls ja, welche Gespräche gab es dazu mit Elia (bitte unter Angabe der Teilnehmer -/innen und des Inhalts der Gespräche)? Die Fragen 8 und 9 werden zusammen sowie unter Bezugnahme auf die Ausführungen in den Antworten zu den Fragen 1 und 7 beantwortet. Die angekündigte Ausübung des Vorkaufsrechts durch elia ist eine unternehmensinterne Entscheidung, die von der Bundesregierung nicht kommentiert wird. Staatssekretär Matthias Machnig hat am 17. Januar, am 13. Februar, am 9. März und am 13. März 2018 Gespräche mit Chris Peeters von elia geführt, um sich über den Stand des Verfahrens zu informieren. 10. Welche Informationen hat die Bundesregierung über den von SGCC gebotenen Kaufpreis für die Übernahme der 50Hertz-Anteile, und wie schätzt sie diesen relativ zum Marktwert der Anteile ein? Der Bundesregierung liegen keine über die Berichterstattung in den Medien hinausgehenden Informationen zum gebotenen Kaufpreis und keine Informationen zum Marktwert der Eurogrid International CVBA vor. 11. Wie begründet die Bundesregierung, dass eine Prüfung ausländischer Direkt -investitionen, auch im Bereich der sogenannten Kritischen Infrastruktur , erst ab einem Erwerb von 25 Prozent der Stimmrechte erfolgen kann, vor dem Hintergrund, dass nach Definition der Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD) ausländische Direktinvestitionen bereits ab einem Anteilskauf von 10 Prozent als strategisch motiviert gelten? Die Bundesregierung prüft ausländische Direktinvestitionen auf Grundlage des geltenden Rechts. Das Außenwirtschaftsrecht nimmt insoweit Anleihe an der gesellschaftsrechtlichen Sperrminorität (25 Prozent der Stimmrechte), da ein potentieller Erwerber ab dieser Beteiligungshöhe Maßnahmen der Geschäftsführung blockieren und auf diese Weise Einfluss ausüben kann. Unabhängig davon überprüft die Bundesregierung immer wieder die rechtlichen Grundlagen im Hinblick auf eventuell erforderliche Anpassungen. Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode – 5 – Drucksache 19/1600 12. Sind der Bundesregierung, abgesehen von 50Hertz, Fälle bekannt, in denen sie eine Investitionsprüfung für angemessen gehalten hätte, bei denen der Anteil der erworbenen Stimmrechte jedoch den Schwellenwert für eine Prüfung unterschritten hat? Das geltende Außenwirtschaftsrecht enthält keine Regelungen für Anteilserwerbe , bei denen die Prüfeintrittsschwelle nicht erreicht wird. Erwerbsvorgänge unterhalb dieser Schwelle sind der Bundesregierung nur aus öffentlich zugänglichen Quellen bekannt. Mit Ausnahme von 50Hertz war keiner dieser Vorgänge Gegenstand der vertieften Diskussion innerhalb der Bundesregierung. 13. Gibt es in der Bundesregierung Überlegungen, den Schwellenwert von 25 Prozent der Stimmrechte für eine Überprüfung von Unternehmenserwerben a) bei der sektorübergreifenden Investitionsprüfung abzusenken, b) bei der sektorspezifischen Investitionsprüfung abzusenken (bitte jeweils begründen)? Die Bundesregierung überprüft die rechtlichen Grundlagen für die Investitionsprüfung regelmäßig im Hinblick auf eventuell erforderliche Anpassungen. Im Übrigen wird auf die Antwort zu Frage 11 verwiesen. 14. Wird sich die Bundesregierung für die Übernahme in Staatseigentum von neuen HGÜ-Leitungen bzw. Offshore-Leitungen einsetzen, um den schnellen Ausbau zu sichern, und falls nein, warum nicht? Die Bundesregierung plant nicht, sich für eine Übernahme solcher Leitungen in Staatseigentum einzusetzen, um einen zügigen Netzausbau zu sichern. Die Übertragungsnetze sind ein sogenanntes natürliches Monopol und werden entsprechend reguliert, so dass ein diskriminierungsfreier Zugang zum Netz und eine effiziente Erfüllung der Aufgaben sichergestellt werden kann; dies steht einem zügigen Netzausbau grundsätzlich nicht entgegen. Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Satz: Satzweiss.com Print, Web, Software GmbH, Mainzer Straße 116, 66121 Saarbrücken, www.satzweiss.com Druck: Printsystem GmbH, Schafwäsche 1-3, 71296 Heimsheim, www.printsystem.de Vertrieb: Bundesanzeiger Verlag GmbH, Postfach 10 05 34, 50445 Köln, Telefon (02 21) 97 66 83 40, Fax (02 21) 97 66 83 44, www.betrifft-gesetze.de ISSN 0722-8333