Antwort der Bundesregierung auf die Kleine Anfrage der Abgeordneten Manfred Todtenhausen, Michael Theurer, Grigorios Aggelidis, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der FDP – Drucksache 19/15468 – Digitalisierung und Vereinfachung des Vergabewesens V o r b e m e r k u n g d e r F r a g e s t e l l e r Mehr als 460 Mrd. Euro an Investitionsgeldern vergeben Bund, Länder und Kommunen jährlich über öffentliche Aufträge an die Privatwirtschaft. Das entspricht rund 15 Prozent des Bruttoinlandsprodukts und entfaltet in seiner Summe eine große wirtschaftliche Bedeutung und Marktmacht. Gleichzeitig werden Mittel im Bundesetat in Höhe von mehr als 15 Mrd. Euro nicht abgerufen , weil die Beantragung und der folgende Abruf dieser Mittel gerade den inländischen mittelständischen Anbietern mit Fachexpertise und Fachprodukten zu kompliziert und aufwändig erscheinen (vgl. Rheinische Post vom 28. September 2019). Öffentliche Auftraggeber haben nach Kenntnis der Fragesteller schon länger das Problem, dass Unternehmen wegen des organisatorischen und administrativen Aufwands nur noch selten bereit sind, sich an öffentlichen Ausschreibungen zu beteiligen. Um der Entwicklung entgegenzutreten und die Vergabeverfahren zu vereinfachen und zu beschleunigen, soll der Abruf öffentlicher Mittel zunehmend digitalisiert werden. Die gesetzliche Verpflichtung von öffentlichen Auftraggebern und Unternehmen zur grundsätzlichen Nutzung von elektronischen Kommunikationsmitteln und damit die elektronische Vergabe (sog. E-Vergabe) wurde hierzu bereits im April 2016 für Vergaben oberhalb der EU-Schwellenwerte im Gesetz gegen Wettbewerbsbeschränkungen (GWB) und in den darauf aufbauenden Rechtsverordnungen verankert. Die Vergabeunterlagen, insbesondere die Leistungsbeschreibung, müssen dabei frei zugänglich und kostenlos über das Internet verfügbar sein. Auch die Unternehmen als Auftragnehmer müssen seit dem 18. Oktober 2018 ihre Angebote elektronisch abgeben. Im Bereich der Vergaben von Liefer- und Dienstleistungsaufträgen durch Bundesbehörden unterhalb der EU- Schwellenwerte besteht die Pflicht zur Einreichung elektronischer Angebote ab Januar 2020 für den Fall, dass bestimmte Auftragswerte erreicht werden. Bei der E-Vergabe im Bereich des Bundes werden Ausschreibungen und Angebote elektronisch über eine Internetplattform des Beschaffungsamtes des Bundesministeriums des Innern, für Bau und Heimat abgewickelt. Deutscher Bundestag Drucksache 19/16029 19. Wahlperiode 17.12.2019 Die Antwort wurde namens der Bundesregierung mit Schreiben des Bundesministeriums für Wirtschaft und Energie vom 10. Dezember 2019 übermittelt. Die Drucksache enthält zusätzlich – in kleinerer Schrifttype – den Fragetext. Dass es weiterhin Verbesserungsbedarf bei dem digitalen Angebot und entsprechender Nachfrage gibt – schließlich werden unabhängig von den bisherigen Reformen viele Ausschreibungen noch immer überwiegend mit Papier abgewickelt –, bestätigt auch eine aktuelle Mitgliederumfrage des Deutschen Vergabenetzwerkes (DVNW). Demnach melden zwar 69 Prozent der befragten öffentlichen Auftraggeber, dass sie die rechtlichen Vorgaben für die E- Vergabe vollständig umgesetzt zu haben. Bei 23 Prozent der Befragten ist das aber noch nicht der Fall. 90 Prozent der befragten öffentlichen Auftraggeber glauben zudem, dass das Vergaberecht für die Bieter aus der Privatwirtschaft zu kompliziert sei. 69 Prozent geben außerdem zu, dass die Vorgaben auch für sie selbst zu kompliziert seien (Handelsblatt online vom 21. Oktober 2019). V o r b e m e r k u n g d e r B u n d e s r e g i e r u n g Die öffentliche Hand in Deutschland vergibt Aufträge im Umfang von geschätzt 280 bis 350 Mrd. Euro pro Jahr, nach neueren Schätzungen der OECD sogar im Umfang von bis zu 500 Mrd. Euro. Die Regeln, nach welchen Verfahren unter Beachtung der Grundsätze der Wettbewerblichkeit, Transparenz, Nichtdiskriminierung und Gleichbehandlung öffentliche Aufträge vergeben werden, legt das Vergaberecht fest. Das Vergabeverfahren ab Erreichen der EU- Schwellenwerte ist dabei bundesweit einheitlich in Teil 4 des Gesetzes gegen Wettbewerbsbeschränkungen (GWB) und den auf dieser Grundlage erlassenen Rechtsverordnungen geregelt. Diese Vorschriften beruhen auf europarechtlichen Vorgaben (insb. der drei EU-Vergaberichtlinien 2014/23/EU, 2014/24/EU und 2014/25/EU) und können vom nationalen Gesetzgeber nur im europarechtlich zulässigen Rahmen gestaltet werden. Die Regelungen für Vergaben unterhalb der EU-Schwellenwerte werden traditionell dem Haushaltsrecht zugeordnet, für das die drei staatlichen Ebenen Bund, Länder und Kommunen selbst verantwortlich zeichnen. Um dennoch eine gewisse Einheitlichkeit – insbesondere im Interesse der betroffenen Wirtschaftsunternehmen – sicherzustellen , haben Bund und Länder im Jahr 2017 die Unterschwellenvergabeordnung (UVgO) für die Vergabe von Liefer- und Dienstleistungen entwickelt . Diese sieht einheitliche Vergaberegelungen auch im Unterschwellenbereich vor. Sie muss jedoch wegen der Kompetenzverteilung von Bund, Ländern und Kommunen separat in Kraft gesetzt werden. Der Bund hat dies für seinen Bereich im Februar 2017 getan; der Großteil der Länder sind diesem Schritt bereits gefolgt. In einigen Ländern stehen entsprechende Umsetzungsschritte aber noch aus. Die Vergabe von Bauleistungen richtet sich auch hier nach der Vergabe- und Vertragsordnung für Bauleistungen (VOB), Teil A, 1. Abschnitt, der in allen Ländern eingeführt ist. Die konkrete Beschaffung und damit auch die Durchführung eines Vergabeverfahrens erfolgt im Verantwortungsbereich eines jeden öffentlichen Auftraggebers selbst (sog. Beschaffungsautonomie). Es gibt daher in Deutschland keine zentrale Stelle, die die Einhaltung des Vergaberechts überwachen würde und im Falle von Verstößen mit Sanktionsbefugnissen ausgestattet wäre. Sofern sich Unternehmen als Bewerber und Bieter um öffentliche Aufträge in ihren Rechten verletzt fühlen, steht ihnen bei Vergaben ab Erreichen der EU-Schwellenwerte nach Nachprüfungsverfahren vor den Vergabekammern des Bundes und der Länder und damit ein wirksames und bewährtes Rechtsschutzinstrument offen. Darüber hinaus sichert der Weg zu den Oberlandesgerichten als zweiter Instanz die Rechtsstaatlichkeit der Verfahren. Drucksache 19/16029 – 2 – Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode 1. Welche Erkenntnisse hat die Bundesregierung über die Beteiligung von kleinen und mittleren Unternehmen (KMU) an öffentlichen Ausschreibungen des Bundes (Vergleichszahlen der letzten zehn Jahre)? Die Bundesregierung verfügt noch nicht über eine valide Vergabestatistik, um die Beteiligung von KMU an öffentlichen Ausschreibungen des Bundes systematisch zu erfassen. Derzeit erstreckt sich die zentrale statistische Erfassung der öffentlichen Auftragsvergabe auf ein beschränktes Set an Daten. Die Daten der meldepflichtigen Stellen werden im Unterschwellenbereich (nur Bundesressorts ) in aggregierter Form, im Oberschwellenbereich des Vergaberechts in Form von Einzeldatensätzen pro durchgeführtem Vergabeverfahren an das Bundesministerium für Wirtschaft (BMWi) und Energie übermittelt. Es handelt sich bislang weder um ein elektronisches noch automatisiertes Verfahren. Daher ergeben die auf der Basis der bisherigen statistischen Pflichten erhobenen Daten ein nur sehr unvollständiges und wenig valides Bild zu den öffentlichen Aufträgen. Im Rahmen der Vergaberechtsreform von 2016 wurde mit der Vergabestatistikverordnung (VergStatVO) aber erstmals die Grundlage für den Aufbau einer allgemeinen bundesweiten Vergabestatistik geschaffen, in deren Rahmen eine Einzeldatensatz-Erfassung für jedes durchgeführte Vergabeverfahren vorgesehen ist. Dabei soll künftig für Vergaben oberhalb wie auch unterhalb der EU-Schwellenwerte erfasst werden, wie viele KMU sich bei einer Ausschreibung beteiligt haben und ob der Zuschlagsempfänger für den Auftrag ein KMU ist. Seit dem Erlass der Verordnung befindet sich die Statistik im Aufbau beim Statistischen Bundesamt. Während der Aufbauphase hat sich gezeigt, dass aufgrund verschiedener technischer und rechtlicher Anforderungen weitere Konkretisierungen an den rechtlichen Vorgaben der Statistik erforderlich sind. Vor diesem Hintergrund hat das Bundeskabinett am 30. Oktober 2019 den Entwurf eines Gesetzes zur beschleunigten Beschaffung im Bereich Verteidigung und Sicherheit und zur Optimierung der Vergabestatistik verabschiedet, der die notwendigen Konkretisierungen und Anpassungen an der VergStatVO enthält. Der Gesetzentwurf befindet sich in der parlamentarischen Beratung. Nach Abschluss des Gesetzgebungsverfahrens und der umfangreichen und komplexen Vorbereitungsarbeiten – insbesondere mit Blick auf den Aufbau der IT-Infrastruktur − wird die Datenerfassung voraussichtlich im Jahr 2020 beginnen. Erste belastbare Daten können für das Jahr 2021 erwartet werden. 2. Teilt die Bundesregierung die Ansicht öffentlicher Auftraggeber, die laut einer DVNW-Umfrage zu 85 Prozent urteilen, dass die Privatwirtschaft über zu wenig Kenntnis des Vergaberechts verfüge, um erfolgreich den Weg zum öffentlichen Auftrag zu finden? Damit Unternehmen der Privatwirtschaft an Vergabeverfahren teilnehmen können , sind keine detaillierten Kenntnisse des Vergaberechts erforderlich. Entscheidend ist vielmehr, dass öffentliche Auftraggeber in ihren Vergabeunterlagen alle Angaben veröffentlichen, die erforderlich sind, um den Unternehmen eine Entscheidung zur Teilnahme am Vergabeverfahren zu ermöglichen. Dazu gehört insbesondere die Beschreibung der Einzelheiten der Durchführung des Verfahrens (Bewerbungsbedingungen), der Leistungsbeschreibung, der Vertragsbedingungen und der Eignungs- und Zuschlagskriterien. Alle Aspekte, die der Bewerber oder Bieter zur Teilnahme an dem Vergabeverfahren wissen muss, sind damit über die Vergabeunterlagen als geschlossenes Informationspaket erhältlich. Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode – 3 – Drucksache 19/16029 Öffentliche Auftraggeber haben ihre Absicht, einen öffentlichen Auftrag zu vergeben, grundsätzlich in einer Auftragsbekanntmachung öffentlich mitzuteilen . Aufträge ab Erreichen der EU-Schwellenwerte werden dabei öffentlich einsehbar in einer Datenbank des Amtes für Veröffentlichungen der Europäischen Union veröffentlicht. Bei Liefer- und Dienstleistungsaufträgen unterhalb der EU-Schwellenwerte hat dies elektronisch auf den Internetseiten des Auftraggebers oder auf Internetportalen zu erfolgen. Bund und Länder benutzen dabei eine Reihe von öffentlich zugänglichen Ausschreibungsplattformen; diejenige des Bundes ist unter www.evergabe-online.de kostenfrei jederzeit einsehbar . 3. Wie hoch ist der Anteil der öffentlichen Vergabestellen, die ihre Prozesse bereits vollständig gemäß den Vorgaben des Vergaberechts im Bereich der Vergabe von Liefer- und Dienstleistungsaufträgen (Beschaffung) unterhalb der EU-Schwellenwerte digitalisiert haben? Der Bundesregierung liegen keine statistischen Informationen darüber vor, wie hoch der Digitalisierungsgrad der öffentlichen Auftraggeber ist. Es liegt jedoch nahe, dass der Anteil im Vergleich zu den Vorjahren gestiegen ist, da öffentliche Auftraggeber bei Oberschwellenvergaben bereits seit Mitte Oktober 2018 verpflichtet sind, diese in der Regel vollelektronisch durchzuführen. Wenn eine Vergabestelle für oberschwellige Vergaben die E-Vergabe nutzt, sprechen Praktikabilitätsgründe dafür, Vergabeverfahren für den Unterschwellenbereich ebenfalls vollelektronisch durchzuführen. Für die Vergabe öffentlicher Liefer- und Dienstleistungsaufträge unterhalb der EU-Schwellenwerte gilt zudem auch die rechtliche Verpflichtung zur elektronischen Kommunikation auf der Basis der UVgO ab dem 1. Januar 2020. 4. Welche Erkenntnisse hat die Bundesregierung darüber, wie hoch der Anteil der Bieter ist, die alle Voraussetzungen für die E-Vergabe ab Januar 2020 erfüllen? Es wird auf die Antwort zu Frage 3 verwiesen. 5. Was hat die Bundesregierung unternommen, um insbesondere kleine und mittelständische Bieter auf die E-Vergabe vorzubereiten (Informationen, Förderprogramme etc.)? Unternehmen der Privatwirtschaft erhalten die notwendigen Informationen zur elektronischen Teilnahme an Vergabeverfahren über die vom öffentlichen Auftraggeber zu veröffentlichenden Vergabeunterlagen (siehe Antwort zu Frage 2). Dabei erfolgt der Zugang im Unterschied zur postalischen Versendung der Teilnahme- und Angebotsunterlagen in der Regel über eine vom Auftraggeber verwendete Vergabeplattform. Der Upload der Teilnahmeanträge und Angebote erfolgt dann direkt über ein Internetbrowser-gestütztes System oder über einen zuvor installierten Bieter-Client. Alle Systeme informieren den Interessenten ausreichend und umfassend über die Nutzungsmöglichkeiten und notwendigen Arbeitsschritte. Drucksache 19/16029 – 4 – Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode 6. Wie hoch ist der Anteil der Vergabe an Bundesaufträgen über die Internetplattform des Beschaffungsamtes des Bundesinnenministeriums? Seit April 2016 ist die Bundesverwaltung vollständig an die Vergabeplattform des Beschaffungsamtes des Bundesministeriums des Innern, für Bau und Heimat (BMI) (BeschA; www.evergabe-online.de) angebunden. Im Jahr 2017 wurden über die vorgenannte e-Vergabe-Plattform des BeschA für den öffentlichen Auftraggeber Bund (§ 99 Nummer 1 GWB) im Bereich der Liefer- und Dienstleistungen 2.308 Vergabeverfahren im Oberschwellenbereich und 17.381 Vergabeverfahren unterhalb des EU-Schwellenwertes bekannt gemacht. Ausweislich der jährlichen statistischen Gesamtaufstellung nach § 8 VergStatVO wurden in 2017 durch den Bund (§ 99 Nummer 1 GWB) 1.486 Liefer- und Dienstleistungsaufträge im Oberschwellenbereich vergeben. Im Unterschwellenbereich liegen keine Daten zur Anzahl der vergebenen Liefer- und Dienstleistungsaufträge vor. Auf die Antwort zu Frage 1 wird insoweit Bezug genommen . Der Unterschied der Anzahl der Bekanntmachungen im Verhältnis zur Anzahl der im Betrachtungszeitraum vergebenen Aufträge ist unter anderem darin begründet , dass der Zeitpunkt der Auftragserteilung im Einzelfall mit Blick auf die Verfahrensdauer erst im Folgejahr liegt, nicht alle bekanntgemachten Vergabeverfahren mit einem Zuschlag abgeschlossen werden können (z. B. bei Aufhebung durch die Vergabestelle) oder einzelne Vergabeverfahren mehrfach (z. B. bei Änderungsbekanntmachungen) statistisch erfasst werden. Die vorliegenden Zahlen sprechen jedenfalls im Oberschwellenbereich für eine weit überwiegende Bekanntmachung der Vergabeverfahren des Bundes über www.e vergabe-online.de. Bundesaufträge im Baubereich werden von den in Organleihe oder im Rahmen der Auftragsverwaltung tätigen Länder auch über deren eigene e-Vergabe-Plattformen abgewickelt. 7. Wie hoch ist der Anteil der E-Vergabe in den Bundesländern bzw. den Kommunen in Deutschland? Es wird mit Blick auf die Kompetenzverteilung im Vergaberecht auf die Vorbemerkung und im Übrigen auf die Antwort zu Frage 1 verwiesen; der Bundesregierung liegen keine statistischen Informationen darüber vor, wie hoch der Digitalisierungsgrad der öffentlichen Auftraggeber auf Landes- oder Kommunalebene ist. Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode – 5 – Drucksache 19/16029 8. Welche Reformen im Bereich der Vergabe (Anhebung der Schwellenwerte , Angleichung der Modalitäten) hat es im Bereich des Bundes und der Bundesländer in den vergangenen fünf Jahren gegeben? Auf Bundesebene wurde der vergaberechtliche Rahmen in den vergangenen fünf Jahren wie folgt geändert und reformiert: April 2016 Reform des Vergaberechts zur Umsetzung der EU-Vergaberichtlinien 2014/23/EU, 2014/24/EU und 2014/25/EU: Neufassung des Teil 4 des Gesetzes gegen Wettbewerbsbeschränkungen (GWB); Erlass mehrerer Rechtsverordnungen auf dieser Grundlage Oktober 2016 Bekanntmachung und Inkraftsetzung der im Nachgang zur Reform des Vergaberechts (s. o.) angepassten VOB/A, 1. Abschnitt Februar 2017 Bekanntmachung der Unterschwellenvergabeordnung (UVgO) im Bundesanzeiger; Inkraftsetzung auf Bundesebene durch Anpassung der Verwaltungsvorschriften zu § 55 der Bundeshaushaltsordnung Juli 2017 Gesetz zur Einrichtung und zum Betrieb eines Registers zum Schutz des Wettbewerbs um öffentliche Aufträge und Konzessionen (Wettbewerbsregistergesetz – WRegG) Februar/März 2019 Bekanntmachung und Inkraftsetzung einer überarbeiteten VOB/A 2019 und Inkraftsetzung des 1. Abschnitts Juli 2019 Inkraftsetzung der den Oberschwellenbereich betreffenden Abschnitte 2 und 3 VOB/A 2019 durch Änderung der Vergabeverordnung (VgV) und der Vergabeverordnung Verteidigung und Sicherheit (VSVgV). Die jeweils anzuwendenden Schwellenwerte werden von der Europäischen Kommission turnusmäßig alle zwei Jahre auf der Grundlage des Beschaffungsübereinkommens der Welthandelsorganisation unmittelbar durch eine Durchführungsverordnung angepasst. Sie müssen damit nicht in nationales Recht umgesetzt werden. Die Länder haben in den vergangenen Jahren den vergaberechtlichen Rahmen in ihrem Kompetenzbereich (siehe Vorbemerkung) insbesondere mit Blick auf die Anwendung der UVgO, der VOB, Teil A, 1. Abschnitt reformiert und Regelungen zur Beachtung der Tariftreue im Vergaberecht und zur Berücksichtigung von Nachhaltigkeitsaspekten angepasst. 9. Welche Initiativen gibt es innerhalb der Bundesregierung, um die durchgehende Digitalisierung der Vergabe über alle föderalen Ebenen voranzutreiben und anzugleichen? Im Rahmen der IT-fachlichen Bund-Länder-Zusammenarbeit unterstützt die Bundesregierung bereits seit mehreren Jahren u. a. auch Vorhaben, die auf eine durchgehend medienbruchfreie, national ebenenübergreifende und EU-weit harmonisierte Digitalisierung des öffentlichen Einkaufs gerichtet sind. Praxisrelevante Impulse gehen dabei insbesondere von Maßnahmen zur Förderung der Standardisierung von Datenübermittlungsformaten sowie von der Beteiligung von Bundesbehörden an ausgewählten Einzelprojekten mit Pilotcharakter aus. Besonderes Augenmerk wird dabei auf „EU-Kompatibilität“ der ausgewählten Standards gelegt. Drucksache 19/16029 – 6 – Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode Das BMI wirkt aktuell als zuständiges Ressort in einem Bund-Länder Kooperationsprojekt zur Förderung einer standardbasierten Digitalisierung des öffentlichen Einkaufs- und Beschaffungsprozesses sowie zur Umsetzung der Onlinezugangsgesetz mit (Geschäftslage „Ausschreibung und öffentliche Aufträge“; vgl. Entscheidung des IT-Planungsrates 2019/29). 10. Was hat die Bundesregierung über die Aspekte der Digitalisierung hinaus unternommen, um Vergabeprozesse effektiver und effizienter zu gestalten und Betriebe von bürokratischem Aufwand zu entlasten? Mit einer umfassenden Reform, die im April 2016 in Kraft getreten ist, wurde der Rechtsrahmen für die Vergabe öffentlicher Aufträge ab Erreichen der EU- Schwellenwerte reformiert und umfassend modernisiert. Öffentliche Auftraggeber und Unternehmen haben hierdurch mehr Flexibilität bei der Vergabe öffentlicher Aufträge erhalten. Durch die Reform wurden drei EU-Richtlinien von 2014 über die Vergabe von öffentlichen Aufträgen und Konzessionen umgesetzt . Der reformierte Rechtsrahmen ermöglicht es den Vergabestellen, die Auftragsvergabe stärker zur Unterstützung strategischer Ziele zu nutzen. Dazu gehören vor allem soziale, ökologische und innovative Aspekte. Die Gefahr, dass Auftraggeber zu hohe Anforderungen an die Eignung von Unternehmen stellen und damit insbesondere KMU vom Wettbewerb ausschließen, wurde begrenzt. Zudem wurde die Digitalisierung von Vergabeverfahren umfassend geregelt, von der Veröffentlichung der Auftragsbekanntmachung und Vergabeunterlagen im Internet über die elektronische Einreichung von Teilnahmeanträgen und Angeboten bis hin zur digitalen Zuschlagserteilung. 11. Welche Ressorts innerhalb der Bundesregierung sind mit der Planung und der administrativen wie technischen Umsetzung der Digitalisierung der Vergabeverfahren betraut? Die durchgängige, ressortübergreifende Digitalisierung des öffentlichen Einkaufs wird laut der Umsetzungsstrategie der Bundesregierung zur Gestaltung des digitalen Wandels gemeinschaftlich durch BMI und BMWi getragen. Die administrativ-projektorganisatorische Federführung obliegt dabei dem BMI. 12. Welche Bestrebungen gibt es seitens der Bundesregierung, die Vergabeverfahren und Vergaberichtlinien zusammen mit den Bundesländern stärker zu koordinieren und zu vereinheitlichen, um insbesondere für mittelständische Bieter einen fairen Wettbewerb im Vergleich zu Großunternehmen zu ermöglichen? Für den Bereich ab Erreichen der EU-Schwellenwerte gilt ein einheitlicher Rechtsrahmen (insb. Teil 4 des GwB), vgl. die Ausführungen in der Vorbemerkung . Trotz der zwischen Bund, Länder und Kommunen aufgeteilten Zuständigkeiten im Bereich unterhalb der EU-Schwellenwerte treffen die Unternehmen auf einen weitgehend einheitlichen Rahmen zur Abwicklung der Vergabeverfahren . Dies wird durch die Anwendung UVgO (für Liefer- und Dienstleistungen ) und der VOB, Teil A, 1. Abschnitt (für Bauleistungen) sichergestellt . Zudem findet ein regelmäßiger Austausch mit den Ländern statt. Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode – 7 – Drucksache 19/16029 13. Wie weit ist der Stand der Umsetzung der sich im Aufbau befindlichen bundesweiten Vergabestatistik, über die Daten über öffentliche Beschaffungen vollständig elektronisch erhoben werden sollen? Es wird auf die Antwort zu Frage 1 verwiesen, in der der Aufbau der Vergabestatistik ausführlich dargestellt wird. 14. Gibt es schon Eckpunkte der angekündigten konkretisierenden Rechtsverordnung , um den öffentlichen Auftraggebern einfach, zuverlässig und bundesweit Informationen über etwaige Rechtsverstöße zu liefern, die zum Ausschluss vom Vergabeverfahren führen können? Die Bundesregierung hat mit dem Wettbewerbsregistergesetz (WRegG) ein wichtiges Zeichen gesetzt, dass sie die Bekämpfung der Wirtschaftskriminalität ernst nimmt. Das Wettbewerbsregister soll ein modernes elektronisches Register werden, das die öffentlichen Auftraggeber einfach und ohne Zeitverlust abfragen können, um zuverlässig die (von den Strafverfolgungsbehörden und den zur Verfolgung von Ordnungswidrigkeiten berufenen Behörden gemeldeten) Informationen über das Vorliegen von vergaberechtlichen Ausschlussgründen zu erhalten. Der Aufbau des Wettbewerbsregisters beim Bundeskartellamt (Registerbehörde), bei dem das Register geführt werden wird, läuft derzeit noch. Das Wettbewerbsregister soll möglichst bis Ende 2020 seinen Betrieb aufnehmen. Vorbereitungsarbeiten von besonderer Komplexität betreffen insbesondere die Konzeption und Erstellung der erforderlichen IT-Infrastruktur. Zur Konkretisierung des WRegG wird parallel eine Rechtsverordnung erarbeitet. Ein paralleles Vorgehen im Hinblick auf den technischen Aufbau einerseits und die Erarbeitung der Rechtverordnung andererseits hat sich als besonders praktikabel erwiesen . Auf diese Weise kann den spezifischen Gegebenheiten und Erfordernissen , die sich aus dem technischen Aufbau ergeben, in der Rechtsverordnung bestmöglich Rechnung getragen werden. Die Inbetriebnahme des Wettbewerbsregisters ist an das Inkrafttreten der Rechtsverordnung geknüpft (§ 12 WRegG). Darin sollen unter anderem Einzelheiten der elektronischen Kommunikation mit der Registerbehörde (Datenerfassung, -speicherung, datenschutzrechtliche Vorgaben) geregelt werden. Drucksache 19/16029 – 8 – Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode Gesamtherstellung: H. Heenemann GmbH & Co. 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