Die Antwort wurde namens der Bundesregierung mit Schreiben des Bundesministeriums des Innern, für Bau und Heimat vom 9. April 2018 übermittelt. Die Drucksache enthält zusätzlich – in kleinerer Schrifttype – den Fragetext. Deutscher Bundestag Drucksache 19/1606 19. Wahlperiode 11.04.2018 Antwort der Bundesregierung auf die Kleine Anfrage der Abgeordneten Beatrix von Storch und der Fraktion der AfD – Drucksache 19/1397 – Festnahme eines IS-Terroristen in Ludwigsburg (Baden-Württemberg) V o r b e m e r k u n g d e r F r a g e s t e l l e r Am 4. August 2015 wurde in einer Unterkunft für Asylbewerber im Landkreis Ludwigsburg (Baden-Württemberg) auf Ersuchen der spanischen Behörden eine Person unter dem Verdacht festgenommen, im Auftrag des „Islamischen Staates“ Terrorakte in Europa zu begehen. Die Person, die vom Innenministerium Baden-Württemberg als „A. M.“ bezeichnet wird, war marokkanischer Staatsbürger und hatte einen Asylantrag in Deutschland unter einer falschen Identität gestellt, die vom Innenministerium Baden-Württemberg als „B. B.“ bezeichnet wird. Die verdächtige Person wurde nach ihrer Festnahme den spanischen Behörden übergeben (www.landtag-bw.de/files/live/sites/LTBW/files/ dokumente/WP16/Drucksachen/3000/16_3417_D.pdf). Nach Angaben der spanischen Zeitung „EL MUNDO“ vom 21. Februar 2017 wurde die entsprechende Person mittlerweile von einem spanischen Gericht schuldig gesprochen und aufgrund terroristischer Aktivitäten zu acht Jahren Haft verurteilt. Die Zeitung berichtet weiterhin, dass der Mann versucht habe, eine in Deutschland lebende Frau dazu zu bewegen, sich als „Führerin des IS in Deutschland“ darstellen zu lassen (www.elmundo.es/espana/2017/02/21/58ac 678fca47414e4f8b4626.html). Da die deutsche Öffentlichkeit lediglich über die Festnahme dieser Person, nicht aber über den weiteren Verlauf des Prozesses informiert wurde, es sich hier aber potentiell um eine Gefährdungslage der Sicherheit in Europa mit Bezug zur Bundesrepublik Deutschland handelt, wollen die Fragesteller wissen, welche Erkenntnisse die Bundesregierung zu diesem Fall hat. 1. Welche Identitäten unter Nennung von Namen, Geburtsdatum, Geburtsort, Staatsbürgerschaft und Volkszugehörigkeit sind der Bundesregierung in Bezug auf den IS-Terroristen A. M. bekannt, der am 4. August 2015 im Landkreis Ludwigsburg (Baden-Württemberg) mit einem spanischen Haftbefehl wegen des Verdachts auf terroristische Aktivitäten festgenommen wurde? Den Bundesbehörden liegen zu der am 4. August 2015 in Ludwigsburg (Baden- Württemberg) auf Grundlage eines europäischen Haftbefehls festgenommenen Person folgende Personalien vor: Ayoub M., alias Bilal B. Unter Beachtung des Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Drucksache 19/1606 – 2 – Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode Grundrechts des Betroffenen auf informationelle Selbstbestimmung (Artikel 2 Absatz 1 i. V. m. Artikel 1 Absatz 1 des Grundgesetzes – GG) können keine weiteren personenbezogenen Informationen zu der Person erteilt werden. Dies ergibt sich aus einer Abwägung zwischen dem Recht des Betroffenen auf informelle Selbstbestimmung – hier konkret dem Geheimhaltungsinteresse des Betroffenen hinsichtlich seiner personenbezogenen Daten – und dem verfassungsrechtlichen Frage- und Informationsrecht des Deutschen Bundestages. 2. Welche Erkenntnisse liegen der Bundesregierung über eine Verurteilung des Mannes in Spanien vor, insbesondere zum Strafmaß, den Straftaten wegen derer er verurteilt wurde und der Frage, inwiefern er Straftaten auf deutschem Boden oder mit Hilfe von damals oder derzeit in Deutschland lebenden Personen begangen, versucht oder vorbereitet hatte? Die spanischen Behörden haben gegen M. ein Ermittlungsverfahren wegen Aktivitäten /Tätigkeiten für den sog. Islamischen Staat (IS) geführt. In diesem Zusammenhang wurde M. in Spanien zu einer achtjährigen Haftstrafe verurteilt. Aufgrund der Angabe falscher Personalien (siehe Alias-Personalien unter Frage 1) im Zuge der Asylantragstellung leitete die zuständige Staatsanwaltschaft Stuttgart gegen M. ein Ermittlungsverfahren wegen des Verdachts der mittelbaren Falschbeurkundung und Betruges zum Nachteil der öffentlichen Hand ein (Az. 3 Js 77435/15). 3. Ist der Bundesregierung bekannt, ob die Personalien des Mannes und insbesondere biometrische Merkmale wie seine Fingerabdrücke in die einschlägigen europäischen Datenbanken der Verbrechens- und Terrorismusbekämpfung aufgenommen wurden? Eine Beantwortung der Frage kann nicht in offener Form erfolgen. Daten, die in den einschlägigen europäischen Datenbanken der Verbrechens- und Terrorismusbekämpfung eingegeben sind, enthalten sicherheitsrelevante Erkenntnisse über Personen. Sie sind unter der Maßgabe der vertraulichen Behandlung eingestellt worden. Die Missachtung dieser zugesagten und vorausgesetzten Vertraulichkeit würde die Zusammenarbeit zwischen den europäischen Sicherheitsbehörden erschweren . Eine Offenlegung, ob und inwieweit eine Person in entsprechenden Datenbanken erfasst ist, wäre für die Sicherheit und die Interessen der Bundesrepublik Deutschland nachteilig. Überdies greift die Auskunft über die Speicherung konkreter personenbezogener Daten auch in das Recht auf informationelle Selbstbestimmung des Betroffenen ein. Daher ist die Antwort nach Abwägung zwischen dem parlamentarischen Fragerecht und den hier vorliegenden Geheimhaltungsinteressen als Verschlusssache gemäß der Allgemeinen Verwaltungsvorschrift des Bundesministeriums des Innern zum materiellen und organisatorischen Schutz von Verschlusssachen (VS-Anweisung – VSA) mit dem Geheimhaltungsgrad „VS – Nur für den Dienstgebrauch“ eingestuft.* 4. Welche Angaben machte A. M. in Bezug auf die Gründe, die seinem Antrag nach einen Schutzstatus in der Bundesrepublik Deutschland rechtfertigen würden? Eine schriftliche oder persönliche Asylantragstellung erfolgte beim Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (BAMF) nicht. Informationen über Angaben zu Gründen, die einen Schutzstatus rechtfertigen würden, liegen daher nicht vor. * Das Bundesministerium des Innern, für Bau und Heimat hat die Antwort als „VS – Nur für den Dienstgebrauch“ eingestuft. Die Antwort ist im Parlamentssekretariat des Deutschen Bundestages hinterlegt und kann dort von Berechtigten eingesehen werden. Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode – 3 – Drucksache 19/1606 5. Welche Kenntnis hat die Bundesregierung zur Vita des Terroristen A. M., insbesondere in Bezug auf die Erlangung eines Aufenthaltstitels in der EU? Der Bundesregierung ist bekannt, dass die Person seit dem 28. September 2010 im Besitz einer dauerhaften spanischen Aufenthaltsgenehmigung war. 6. Welche Kenntnis hat die Bundesregierung zur vorgeblichen und zur tatsächlichen Einreiseroute des A. M. in die Bundesrepublik Deutschland? Den der Bundesregierung vorliegenden Erkenntnissen zufolge reiste die Person von Spanien über Frankreich in die Bundesrepublik Deutschland ein. 7. Hatten die Behörden des Bundes oder nach Kenntnis der Bundesregierung eines Landes vor der Übermittlung des spanischen Haftbefehls gegen A. M. Kenntnisse oder Anhaltspunkte dafür, dass es sich bei A. M. um einen politischen oder religiösen Extremisten, Gefährder oder Terroristen handeln könnte? Die Bundesregierung erhielt erstmals über den Verbindungsbeamten des Bundeskriminalamtes (BKA) in Madrid am 10. Juli 2015 Kenntnis von dem gegen M. bestehenden Tatvorwurf der spanischen Behörden. 8. Waren den Behörden des Bundes oder nach Kenntnis der Bundesregierung den Behörden eines Landes vor der Übermittlung des spanischen Haftbefehls gegen A. M. Anhaltspunkte dafür bekannt, die auf eine Verwendung einer falschen Identität durch A. M. alias B. B. hinwiesen, und welche Maßnahmen wurden deswegen von den Behörden des Bundes oder von Landesbehörden nach Kenntnis der Bundesregierung veranlasst? Vor der Kontaktaufnahme durch die spanischen Behörden lagen der Bundesregierung keine Erkenntnisse im Sinne der Fragestellung vor. 9. Ist der Bundesregierung bekannt, ob und wegen welcher Straftaten sowie unter welchem Aktenzeichen gegen den an Spanien übergebenen A. M. Anklage in Spanien erhoben und ein Urteil gefällt wurde? Auf die Antwort zu Frage 2 wird hingewiesen. 10. Ist der Bundesregierung bekannt, ob es zutrifft, dass A. M. eine in Deutschland lebende Frau dazu aufforderte, sich als „Führerin des IS in Deutschland“ propagandistisch zu inszenieren? Der Bundesregierung liegen keine Erkenntnisse dazu vor, dass die Person eine in Deutschland lebende Frau aufgefordert habe, sich als „Führerin des IS in Deutschland“ propagandistisch zu inszenieren. Nach hiesiger Übersetzung des zitierten EL MUNDO-Artikels soll sich M. einer jungen Frau gegenüber als „Repräsentant von Daesh in Deutschland“ erklärt haben. Hierzu liegen der Bundesregierung keine bestätigenden Hinweise vor. Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Drucksache 19/1606 – 4 – Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode 11. Welche näheren Angaben zu der thematisierten Frau sind der Bundesregierung bezüglich des Bundeslandes ihres Aufenthalts, Alter, Volkszugehörigkeit , Geburtsland, Staatsbürgerschaft, Aufenthaltstitel und politischen oder religiösen Engagements bekannt? 12. Wird die thematisierte Frau in der Bundesrepublik Deutschland als Gefährderin geführt, oder sind Kontakte der Frau zu Gefährdern oder extremistischen Kreisen bekannt? Die Fragen 11 und 12 werden gemeinsam beantwortet. Hierzu liegen der Bundesregierung keine Erkenntnisse vor. Auf die Antwort zu Frage 10 wird hingewiesen. 13. Weshalb ging die Bundesregierung in Kenntnis der Festnahme in Ludwigsburg am 4. August 2015 davon aus, dass es bis zur Anschlagsserie in Paris am 13. November 2015 keine bestätigten Hinweise darauf gegeben hätte, dass der IS über den Zustrom von Flüchtlingen auch Schläferzellen nach Europa einschleusen würde, wie es in der Antwort der Bundesregierung zu Frage 1 auf Bundestagsdrucksache 18/8382 heißt, und teilt die jetzige Bundesregierung die damalige Einschätzung? Der Sachverhalt war nicht geeignet, eine Änderung der seinerzeit gültigen Bewertung der Bundessicherheitsbehörden herbeizuführen. Die Person ist offensichtlich mit legalem spanischem Aufenthaltstitel nach Deutschland eingereist. Sie war seit dem 28. September 2010 im Besitz einer dauerhaften spanischen Aufenthaltsgenehmigung . Es liegen keine Hinweise darauf vor, dass M. einer „Schläferzelle “ angehörte. 14. Teilt die jetzige Bundesregierung die auf Bundestagsdrucksache 18/8382 getätigte Einschätzung, dass die Einschleusung von als Flüchtlingen getarnten Terroristen als wenig wahrscheinlich eingeschätzt wird, und wenn ja, aus welchen Gründen erscheinen ihr andere Einreisemöglichkeiten plausibler? Die Antwort der Bundesregierung auf die zitierte Kleine Anfrage (Bundestagsdrucksache 18/8382) wird verkürzt wiedergegeben. Schon damals wurde seitens der Bundesregierung die Aussage getroffen, dass die Methodik, Kämpfer des IS unter dem Deckmantel des Flüchtlingsstromes nach Deutschland zu schleusen, „als grundsätzlich möglich erachtet“ wird. Seitdem sind die Sprachregelungen der Bundesregierung fortgeschrieben worden. Aktuell gilt Folgendes: „Die Migrationsbewegungen nach Deutschland stellen die deutschen Sicherheitsbehörden weiterhin vor vielseitige Herausforderungen. Deutschland ist das Ziel einer hohen Anzahl von Menschen, die unter anderem aus Krisengebieten des Nahen Ostens und Afrikas stammen. Unter ihnen befinden sich zum Teil Personengruppen, die die gesetzliche Aufgabenwahrnehmung der Sicherheitsbehörden berühren. Ein besonderes Augenmerk kommt der Einreise von Mitgliedern, Unterstützern und Sympathisanten islamistischer Terrororganisationen zu. Dazu zählen Personen, die vor ihrer Flucht im Herkunftsland in unterschiedlichem Maße in jihadistische Organisationen eingebunden gewesen sein sollen. Bisweilen offenbaren sie diese Aktivitäten im Kontakt mit deutschen Behörden. Dabei schildern sie beispielsweise den Aufenthalt in einem islamistisch terroristischen Trainingslager oder die Teilnahme an gewaltsamen Auseinandersetzungen mit Regierungskräften des Herkunftslandes. Aufklärung erfordern darüber hinaus die Aktivitäten von Personen, die auch nach ihrer Flucht Verbindungen zu jihadistischen Organisation aufweisen sollen. So gehen die deutschen Sicher- Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode – 5 – Drucksache 19/1606 heitsbehörden Hinweisen zu Personen nach, die unter dem Deckmantel von Migrationsbewegungen zur Erfüllung eines terroristischen Auftrags nach Europa gelangen . Sofern die Erkenntnislage einen Anfangsverdacht begründet, werden Ermittlungsverfahren eingeleitet.“ Vorabfassung - w ird durch die lektorierte Version ersetzt. Satz: Satzweiss.com Print, Web, Software GmbH, Mainzer Straße 116, 66121 Saarbrücken, www.satzweiss.com Druck: Printsystem GmbH, Schafwäsche 1-3, 71296 Heimsheim, www.printsystem.de Vertrieb: Bundesanzeiger Verlag GmbH, Postfach 10 05 34, 50445 Köln, Telefon (02 21) 97 66 83 40, Fax (02 21) 97 66 83 44, www.betrifft-gesetze.de ISSN 0722-8333