Antwort der Bundesregierung auf die Kleine Anfrage der Abgeordneten Katrin Helling-Plahr, Stephan Thomae, Grigorios Aggelidis, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der FDP – Drucksache 19/15663 – Mögliche rechtspolitische Schlussfolgerungen aus der Veröffentlichung des Thesenpapiers der Arbeitsgruppe Sorge- und Umgangsrecht V o r b e m e r k u n g d e r F r a g e s t e l l e r Im April 2018 wurde im Bundesministerium der Justiz und für Verbraucherschutz eine Arbeitsgruppe, bestehend aus acht im Bereich des Familienrechts tätigen Sachverständigen aus Rechtwissenschaft, Justiz und Anwaltschaft, eingesetzt , um den Reformbedarf im Sorge- und Umgangsrecht, auch im Hinblick auf eine gesetzliche Abbildung des Wechselmodells, umfassend zu erörtern . Am 29. Oktober 2019 wurde das Ergebnis in Form eines Thesenpapiers auf der Homepage des Bundesministeriums der Justiz und für Verbraucherschutz veröffentlicht (www.bmjv.de/SharedDocs/Downloads/DE/Ne ws/Artikel/102919_Thesen_AG_SorgeUndUmgangsrecht.pdf?__blob=publica tionFile&v=2). Die Experten konnten zu insgesamt 50 Thesen u. a. aus den Bereichen Reformbedarf, Leitsätze einer Reform und Betreuung des Kindes durch die gemeinsam sorgeberechtigten Eltern, ihr Votum abgeben. Zu dem mehrheitlich getragenen, wesentlichen Ergebnis der Arbeitsgruppe zählte vor allem der Bedarf für eine grundlegende Reform im Bereich des Kindschaftsrechts. Die Sachverständigen haben diverse Vorschläge zur Reform des Sorge- und Umgangsrechts formuliert, so etwa zur gemeinsamen elterlichen Sorge bei Geburt auch bei unverheirateten Eltern. Ferner kamen sieben der acht Experten zu dem Schluss, dass die Pflege der Beziehung des Kindes zu beiden Eltern in der Regel dem Wohl des Kindes diene und deshalb als ein Leitgedanke vorangestellt werden sollte und zumindest geltende Regelungen dahingehend anzupassen seien, dass sie auch für eine geteilte Betreuung des Kindes bis hin zu einer hälftigen Betreuung passen. Für das Wechselmodell , als gesetzliches Leitbild, konnte dennoch keine Mehrheit gefunden werden. Deutscher Bundestag Drucksache 19/16184 19. Wahlperiode 19.12.2019 Die Antwort wurde namens der Bundesregierung mit Schreiben des Bundesministeriums der Justiz und für Verbraucherschutz vom 17. Dezember 2019 übermittelt. Die Drucksache enthält zusätzlich – in kleinerer Schrifttype – den Fragetext.  1. Beabsichtigt die Bundesregierung, die Ergebnisse der Arbeitsgruppe zur Reform des Sorge- und Umgangsrechts ganz oder teilweise umzusetzen? a) Wenn ja, inwieweit ist eine Umsetzung geplant? b) Wenn ja, wann soll ein entsprechender Gesetzentwurf vorliegen? c) Wenn nein, mit welcher Begründung soll nicht oder nur anteilig umgesetzt werden? Die Arbeitsgruppe hat sich mehrheitlich auf Thesen verständigt. Diese Thesen werden derzeit von der zuständigen Fachabteilung des Bundesministeriums der Justiz und für Verbraucherschutz geprüft und bewertet. Der Meinungsbildungsprozess in der Bundesregierung ist dementsprechend noch nicht abgeschlossen. Genaue zeitliche und inhaltliche Planungen bezüglich eines Referentenentwurfs stehen daher noch nicht fest.  2. Ist die Bundesregierung der Ansicht, dass die elterliche Sorge den rechtlichen Eltern eines Kindes von Anfang an gemeinsam zustehen sollte?  3. Ist die Bundesregierung der Ansicht, dass zwischen dem Status der elterlichen Sorge und deren Ausübung differenziert werden sollte?  4. Hält die Bundesregierung es für angemessen, wenn die Inhaberschaft der elterlichen Sorge nicht mehr entzogen werden kann?  5. Teilt die Bundesregierung die Sichtweise, dass Eltern nicht mehr nur auf ein bloßes Umgangsrecht verwiesen werden können sollen?  6. Ist die Bundesregierung der Auffassung, dass dem Elternteil, der das Kind vereinbarungsgemäß oder aufgrund gerichtlicher Entscheidung betreut , jeweils die Alltagsentscheidungsbefugnis zustehen sollte und das Gericht im Falle eines Elternkonflikts lediglich die Betreuungszeiten beider Eltern festlegen sollte?  7. Ist es aus Sicht der Bundesregierung geboten, ein gesetzliches Leitbild für ein bestimmtes Betreuungsmodell festzulegen? Wenn nein, warum nicht?  8. Wie beurteilt die Bundesregierung die Überlegung, alle Betreuungsformen bis hin zum Wechselmodell im Rahmen einer am Kindeswohl orientierten Einzelfallentscheidung anordnen zu können?  9. Inwieweit würde eine solche Regelung nach Frage 8 nach Auffassung der Bundesregierung eine Änderung zum gesetzlichen Status quo dar darstellen (bitte begründen)? 10. Besteht aus Sicht der Bundesregierung die Notwendigkeit für explizite Regelungen für das Wechselmodell? 11. Ist die Bundesregierung der Auffassung, dass das Gesetz derzeit zwar kein gesetzliches Leitbild explizit formuliert, diverse Normen aber vom Residenzmodell als Regelmodell ausgehen? Wenn ja, plant die Bundesregierung, diese Regelungen zu eliminieren? 12. Ist der Bundesregierung bekannt, ob die Arbeitsgruppe bei ihrer Arbeit Erfahrungswerte zum Wechselmodell aus anderen Ländern mit einbezogen hat? Drucksache 19/16184 – 2 – Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode 13. Teilt die Bundesregierung die Ansicht, dass der Wille des Kindes bei der Entscheidung über die Betreuung stärker als bisher berücksichtigt werden sollte? 14. Teilt die Bundesregierung die Ansicht, dass Kindern bei gerichtlichen Entscheidungen, die die höchstpersönliche Angelegenheit des Kindes betreffen und für das Kind von besonderer Bedeutung sind, ein eigenes Antragsrecht zukommen sollte? 15. Worin liegt aus Sicht der Bundesregierung der in These 9 und These 5 des Thesenpapiers gemachte Unterschied zwischen einem Leitsatz und einem Leitbild? 16. Warum sollte nach Ansicht der Bundesregierung ein durch die Expertengruppe getragener Leitsatz nicht auch als gesetzliches Leitbild dienen? 17. Ist die Bundesregierung ebenfalls der Auffassung, dass die Beratungsmöglichkeiten für Kinder und Jugendliche zu verbessern sind? Wenn ja, auf welche Weise sollten sie verbessert werden? 18. Befürwortet die Bundesregierung, dass Anlaufstellen für Kinder geschaffen werden sollten, an die sich die Kinder wenden können, um ein gerichtliches Verfahren einzuleiten? 19. Hält die Bundesregierung es für angemessen, Eltern zu verpflichten, an einer Beratung oder Mediation teilzunehmen? 20. Hält die Bundesregierung es für sachgerecht, dass alle von den Eltern getroffenen Einigungen zur Ausübung der elterlichen Sorge unter den Voraussetzungen des § 156 Absatz 2 des Gesetzes über das Verfahren in Familiensachen und in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit (FamFG) durch gerichtlichen Beschluss gebilligt werden können sollen? Die Fragen 2 bis 20 werden aufgrund des Sachzusammenhangs zusammen beantwortet . Die Fragen befassen sich mit den von der Arbeitsgruppe aufgestellten Thesen und deren Beurteilung durch die Bundesregierung. Diese Thesen werden derzeit von der zuständigen Fachabteilung des Bundesministeriums der Justiz und für Verbraucherschutz geprüft und bewertet. Der Meinungsbildungsprozess in der Bundesregierung ist dementsprechend noch nicht abgeschlossen. 21. Sollten nach Ansicht der Bundesregierung die bisher geltenden Kindeswohlmaßstäbe beibehalten werden? Die zuständige Fachabteilung des Bundesministeriums der Justiz und für Verbraucherschutz bezieht in die Prüfung und Bewertung der Thesen eine Prüfung der Kindeswohlmaßstäbe ein. Auch hierzu ist der Meinungsbildungsprozess noch nicht abgeschlossen. Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode – 3 – Drucksache 19/16184 Gesamtherstellung: H. Heenemann GmbH & Co. KG, Buch- und Offsetdruckerei, Bessemerstraße 83–91, 12103 Berlin, www.heenemann-druck.de Vertrieb: Bundesanzeiger Verlag GmbH, Postfach 10 05 34, 50445 Köln, Telefon (02 21) 97 66 83 40, Fax (02 21) 97 66 83 44, www.betrifft-gesetze.de ISSN 0722-8333