Antwort der Bundesregierung auf die Kleine Anfrage der Abgeordneten Karlheinz Busen, Frank Sitta, Dr. Gero Clemens Hocker, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der FDP – Drucksache 19/15678 – Homöopathie in der Nutztierhaltung V o r b e m e r k u n g d e r B u n d e s r e g i e r u n g Die besonderen Therapierichtungen, zu denen die Anthroposophie, Homöopathie und Phyto-therapie zählen, unterscheiden sich in methodischer Hinsicht von der sogenannten „Schulmedizin“, d. h. Therapieformen, bei denen die medikamentöse Behandlung durch allopathische Tierarzneimittel erfolgt. Die Bundesregierung begrüßt die therapeutische Vielfalt im Bereich der Tierheilkunde . So gehört es z. B. zum Konzept des ökologischen Landbaus, dem Einsatz von Naturheilverfahren Vorrang zu geben vor dem Einsatz chemischsynthetischer Tierarzneimittel. Es liegt grundsätzlich in der Verantwortung der Tierhalter und behandelnden Tierärzte, sich im Rahmen der arzneimittelrechtlich zulässigen Behandlungsmöglichkeiten für allopathische und/oder alternative Tierarzneimittel zu entscheiden. In Deutschland befinden sich verschiedene homöopathische Tierarzneimittel auf dem Markt, welche sowohl in der Kleintier- als auch in der Nutztierpraxis zur Anwendung kommen. Mit Blick auf das Ziel, die therapeutische Vielfalt zu erhalten, sehen die arzneimittelrechtlichen Regelungen für Arzneimittel der besonderen Therapierichtungen bestimmte Erleichterungen vor. So bietet das Arzneimittelgesetz (AMG) für homöopathische Tierarzneimittel unter bestimmten Voraussetzungen die Möglichkeit der Registrierung. Bei der Beantragung der Registrierung sind u. a. Unterlagen zur Qualität und Unbedenklichkeit, jedoch keine Angaben über Wirkungen und Anwendungsgebiete beizufügen, dementsprechend sind auch keine Studien zur Wirksamkeit vorzulegen. Für die im Rahmen der Verlängerung der Zulassung nach § 105 AMG zugelassenen homöopathischen Tierarzneimittel mussten gemäß § 105 Absatz 4a AMG ebenso keine Ergebnisse pharmakologischer und toxikologischer Versuche, klinischer Prüfungen oder tierärztlicher Erprobung vorgelegt werden. Für homöopathische Tierarzneimittel besteht ferner die Möglichkeit der Zulassung mit Nennung von durch wissenschaftliches Erkenntnismaterial belegten Anwendungsgebieten. Bei der Beantwortung der nachfolgenden Fragen wird davon ausgegangen, dass mit dem verwendeten Begriff der „Nutztiere“ lebensmittelliefernde Tiere gemeint sind. Deutscher Bundestag Drucksache 19/16219 19. Wahlperiode 20.12.2019 Die Antwort wurde namens der Bundesregierung mit Schreiben des Bundesministeriums für Ernährung und Landwirtschaft vom 18. Dezember 2019 übermittelt. Die Drucksache enthält zusätzlich – in kleinerer Schrifttype – den Fragetext. 1. Gibt es nach Kenntnis der Bundesregierung bundesweite Forschungsprojekte , die mögliche Wirkungen tierhomöopathischer Mittel erforschen, und wenn ja, welche (bitte genau aufschlüsseln inklusive Angabe zur Höhe der Aufwendungen)? Die Bundesregierung fördert derzeit keine speziell auf die Anwendung von Homöopathika bei Nutztieren ausgerichteten Forschungsprojekte. 2. Bei welchen Nutztierarten werden nach Kenntnis der Bundesregierung homöopathische Mittel bzw. frei verkäufliche Arzneimittel eingesetzt? Nach § 56a Absatz 2 Satz 5 des Arzneimittelgesetzes (AMG) dürfen registrierte homöopathische Arzneimittel bei lebensmittelliefernden Tieren nur unter der Voraussetzung verschrieben, abgegeben oder angewendet werden, dass die darin enthaltenen Wirkstoffe ausschließlich im Anhang der Verordnung (EU) Nr. 37/2010 über pharmakologisch wirksame Stoffe und ihre Einstufung hinsichtlich der Rückstandshöchstmengen in Lebensmitteln tierischen Ursprungs aufgeführte Stoffe, für die eine Festlegung von Höchstmengen nicht erforderlich ist, sind. Für frei verkäufliche Arzneimittel gilt diese Regelung analog, d. h. der darin enthaltene pharmakologisch aktive Wirkstoff muss in Tabelle 1 des Anhangs der genannten Verordnung aufgeführt sein. Diese Anforderung begrenzt den Umfang der zulässigen Möglichkeiten der Behandlung lebensmittelliefernder Tiere mit homöopathischen Arzneimitteln und freiverkäuflichen Arzneimitteln . In Deutschland sind derzeit 118 homöopathische Tierarzneimittel für lebensmittelliefernde Tiere registriert, das betrifft die Tierarten Rind, Schwein, Pferd, Schaf, Ziege, Taube, Pute, Huhn, Gans, Ente, Kaninchen und Wachtel sowie die Kategorien Geflügel und Fisch. Diese Registrierungen gelten dabei nur für die jeweils festgelegten Zieltierarten bzw. -kategorien. Diese 118 homöopathischen Tierarzneimittel sind – in Abhängigkeit von ihrer Verkaufsabgrenzung – verschreibungspflichtig (3) oder apothekenpflichtig (115). Zusätzlich zu den genannten registrierten gibt es derzeit noch weitere 35 homöopathische Tierarzneimittel, die im Rahmen der Nachzulassung nach § 105 AMG für die Anwendung bei den lebensmittelliefernden Tierarten Pferd, Rind, Schwein, Schaf, Ziege, Ente, Gans, Huhn und Pute zugelassen wurden. Für alle gilt die Apothekenpflicht. Dem für die Zulassung oder Registrierung von homöopathischen Tierarzneimitteln in Deutschland zuständigen Bundesamt für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit sind daher derzeit keine freiverkäuflichen homöopathischen Tierarzneimittel bekannt, die für lebensmittelliefernde Tiere zugelassen oder registriert sind. Nicht-homöopathische, freiverkäufliche Tierarzneimittel sind für die lebensmittelliefernden Tierarten Rind, Pferd, Schaf, Schwein, Ziege, Biene, Kaninchen, Huhn, Ente und Gans zugelassen. 3. Wie hoch waren die in Deutschland abgesetzten Mengen an homöopathischen Mitteln bzw. frei verkäuflichen Arzneimitteln in der Nutztierhaltung nach Kenntnis der Bundesregierung in den vergangenen fünf Jahren? Hierzu liegen der Bundesregierung keine Angaben vor, da sich die nach dem Arzneimittelgesetz und der Verordnung über das datenbankgestützte Informationssystem über Arzneimittel des Deutschen Instituts für Medizinische Dokumentation und Information (DIMDI-Arzneimittelverordnung) bestehende Verpflichtung für pharmazeutische Unternehmer und Großhändler, die Abgabemenge für Tierarzneimittel dem Deutschen Institut für Medizinische Dokumen- Drucksache 19/16219 – 2 – Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode tation und Information zu übermitteln, ausschließlich auf Tierarzneimittel mit antimikrobiellen Wirkstoffen bezieht. Die Verpflichtung umfasst faktisch somit weder homöopathische Tierarzneimittel noch frei verkäufliche Tierarzneimittel. 4. Welche homöopathischen Mittel, die in der Nutztierhaltung nur im Rahmen einer tierärztlichen Behandlung eingesetzt werden dürfen, sind der Bundesregierung bekannt? Derzeit sind drei homöopathische Tierarzneimittel aufgrund ihrer Applikationsart (intravenös oder intramuskulär zu verabreichen) und der daraus folgenden Verschreibungspflicht ausschließlich für die tierärztliche Nutzung freigegeben. Es handelt sich dabei um Revet® RV 6, RV 12 und RV 15. Sie können u. a. für die lebensmittelliefernden Tierarten Rind, Schwein, Schaf, Ziege, Pferd, Kaninchen und Taube verwendet werden, RV 6 zusätzlich auch für Enten, Gänse, Hühner, Puten und Fische. 5. Wie hoch waren die Abgabemengen der homöopathischen Mittel, die in der Nutztierhaltung nur im Rahmen einer tierärztlichen Behandlung eingesetzt werden dürfen, nach Kenntnis der Bundesregierung in den vergangenen fünf Jahren (bitte nach einzelnen Nutztierarten aufschlüsseln)? Auch hierzu liegen der Bundesregierung keine Angaben vor, da die Abgabemengen der in der Frage angesprochenen Mittel nicht erfasst werden. Auf die Antwort zu Frage 3 wird verwiesen. 6. Zu welchen Zwecken bzw. zur Behandlung welcher Krankheiten werden homöopathische Mittel in der Nutztierhaltung nach Kenntnis der Bundesregierung eingesetzt? Die Produktinformationen registrierter homöopathischer Tierarzneimittel enthalten aus den in der Vorbemerkung genannten Gründen keine Angaben zu Anwendungsgebieten oder Wirkungen. Die Anwendungsgebiete leiten sich von den veterinär-homöopathischen Arzneimittelbildern ab. Bezüglich der derzeit 35 für lebensmittelliefernde Tiere zugelassenen homöopathischen Tierarzneimittel sind Anwendungsgebiete definiert. Dies betrifft u. a. den Einsatz bei Erkrankungen der Luftwege, des Urogenitaltraktes, der Verdauungsorgane, des Bewegungsapparates, der Haut, des Auges sowie den Einsatz bei Fruchtbarkeitsstörungen , Fieber oder Koliken oder zur Wundbehandlung. 7. Welche Erkenntnisse zur Wirksamkeit der am häufigsten eingesetzten homöopathischen Mittel in der Nutztierhaltung liegen der Bundesregierung vor? Auf die Vorbemerkung der Bundesregierung wird verwiesen. Dem für die Registrierung und Zulassung von homöopathischen Tierarzneimitteln in Deutschland zuständigen Bundesamt für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit sind derzeit keine Studien bekannt, in denen die Wirksamkeit von Homöopathie bei Tieren nach wissenschaftlichen Standards belegt wurde. Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode – 3 – Drucksache 19/16219 8. Wie hat sich seit Verabschiedung der letzten AMG-Novelle (AMG = Arzneimittelgesetz ) der Absatz homöopathischer Mittel bzw. frei verkäuflicher Arzneimittel in den einzelnen Nutztierkategorien absolut und relativ nach Kenntnis der Bundesregierung verändert? Diese Daten liegen der Bundesregierung nicht vor. Auf die Antworten zu den Fragen 3 und 5 wird verwiesen. 9. Wie hoch sind nach Kenntnis der Bundesregierung die durchschnittlichen Nutztierverluste in ökologisch bzw. konventionell wirtschaftenden Betrieben je Nutztierart (insbesondere angeben für Kälber, Saugferkel, Aufzuchtferkel , Mastschweine, Legehennen, Mastgeflügel)? Eine amtliche Statistik zu durchschnittlichen Nutztierverlusten in den genannten Betrieben wird nicht geführt. Drucksache 19/16219 – 4 – Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode Gesamtherstellung: H. Heenemann GmbH & Co. KG, Buch- und Offsetdruckerei, Bessemerstraße 83–91, 12103 Berlin, www.heenemann-druck.de Vertrieb: Bundesanzeiger Verlag GmbH, Postfach 10 05 34, 50445 Köln, Telefon (02 21) 97 66 83 40, Fax (02 21) 97 66 83 44, www.betrifft-gesetze.de ISSN 0722-8333