Antwort der Bundesregierung auf die Kleine Anfrage der Abgeordneten Reinhard Houben, Michael Theurer, Grigorios Aggelidis, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der FDP – Drucksache 19/15844 – Sichere Luftfahrt in Europa V o r b e m e r k u n g d e r F r a g e s t e l l e r Seit dem Absturz einer Boeing 737 Max in Äthiopien gilt ein Flugverbot für die Maschinen dieses Flugzeugtyps. Bevor dieses Verbot aufgehoben wird, müssen die Luftfahrtbehörden zustimmen. Von Deutschland und den anderen EU-Mitgliedstaaten sowie einigen europäischen Nicht-EU-Staaten ist die Flugsicherheitsbehörde EASA (European Union Aviation Safety Agency) beauftragt worden, solche Zertifizierungen durchzuführen. Neben dem Exekutivdirektor steht der Verwaltungsrat der Behörde vor. Dort sitzen Vertreter aller Mitgliedstaaten der Europäischen Union, der Europäischen Kommission sowie Norwegens, Islands, Liechtensteins und der Schweiz. Für Deutschland erfüllt diese Aufgabe Johann Friedrich Colsman. Die EASA hat bilaterale Abkommen mit den Flugsicherheitsbehörden der USA (FAA), Canada (TCCA) und Brasilien (ANAC). Diese ermöglichen es beiden Seiten, Zertifizierungen der jeweils anderen Behörde ohne eigene Überprüfung zu übernehmen. Stichprobenprüfungen sind jedoch möglich. Im Zuge der Affäre um die Boeing 737 Max hat die EASA angekündigt, eigene Testflüge mit dem Flugzeugtyp durchzuführen, bevor sie den Typ in Europa wieder zulässt. Zudem kritisierte EASA-Chef Patrick Ky, die FAA habe bei der Zulassung der Boeing 737 MAX zu viele Schritte an Boeing ausgelagert und später weitgehend ungeprüft abgezeichnet (www.ainonline.com/a viation-news/air-transport/2019-09-03/ky-warns-max-crisis-could-alter-faa-ea sa-relationship). An den bilateralen Abkommen der Flugsicherheitsbehörden hat sich aber grundsätzlich nichts geändert. Um Vertrauen wieder herzustellen, haben Fluggesellschaften wie Tuifly und SunExpress mitgeteilt, dass bei den ersten Flügen mit der wieder zugelassenen Boeing 737 Max Top-Manager der Unternehmen mit an Bord sein werden (www.handelsblatt.com/unternehmen/handel-konsumgueter/luftfahrt-warum-d er-neustart-mit-boeings-ungluecksjet-737-max-so-schwierig-ist/25187778 .html). Andere Fluggesellschaften wie United haben angekündigt, bei Flügen die Flugzeugtypen anzuzeigen, und kostenlose Umbuchungen vorzunehmen, wenn ein Passagier sich dabei unwohl fühlen sollte, mit einer Boeing 737 Max zu fliegen (www.focus.de/finanzen/boerse/modell-wird-angezeigt-nach-endedes -groundings-united-weist-passagiere-auf-max-fluege-hin_id_11334881 .html). Deutscher Bundestag Drucksache 19/16237 19. Wahlperiode 23.12.2019 Die Antwort wurde namens der Bundesregierung mit Schreiben des Bundesministeriums für Verkehr und digitale Infrastruktur vom 19. Dezember 2019 übermittelt. Die Drucksache enthält zusätzlich – in kleinerer Schrifttype – den Fragetext. 1. Welche Informationen hat die Bundesregierung bezüglich geplanter Veränderungen der bilateralen Abkommen zwischen der EASA, FAA, ANAC und TCCA? Das bilaterale Abkommen zwischen der Europäischen Union (EU) und den Vereinigten Staaten zur Zusammenarbeit im Bereich der Flugsicherheit wird um zwei neue Anhänge in den Bereichen private Pilotenlizenzen und Flugsimulatoren erweitert, die 2020 in Kraft treten sollen. Das Abkommen der EU mit Brasilien wird im Anhang B über Instandhaltungsverfahren angepasst, die Änderungen sollen ebenfalls 2020 in Kraft treten. Das Abkommen zwischen der EU und der Volksrepublik China ist im Mai 2019 unterschrieben worden und tritt in Kraft, sobald das Ratifizierungsverfahren abgeschlossen ist. 2. Welche Schlüsse hat die Bundesregierung aus den Erfahrungen mit der Boeing 737 Max bezüglich der bilateralen Abkommen zwischen EASA, FAA, ANAC und TCCA gezogen? Die bilateralen Abkommen zur Zusammenarbeit im Bereich der Flugsicherheit sind wichtige Instrumente in der globalen Luftfahrt. Es besteht die Möglichkeit, den Umfang der Validierung der von den für die Musterzulassung zuständigen Stellen geleisteten Arbeiten jederzeit anzupassen. 3. Welche Art von Einfluss kann die Bundesregierung auf den EASA-Verwaltungsrat über ihren Vertreter nehmen? Der deutsche Vertreter im Verwaltungsrat der Europäischen Agentur für Flugsicherheit (EASA) verfügt wie die Vertreter der anderen Mitgliedstaaten und der Vertreter der Europäischen Kommission, über eine Stimme (Artikel 99 Absatz 1 der Verordnung (EU) 2018/1139). 4. Inwiefern hat die Bundesregierung seit der Boeing-737-Max-Krise, im Rahmen ihrer Möglichkeiten, Einfluss auf die bilateralen Abkommen der EASA genommen? Inwiefern wird die Bundesregierung Einfluss nehmen? Die Bundesregierung wirkt im Rahmen der institutionellen Verfahren an der Entwicklung und der Änderung bilateraler Abkommen mit. 5. Wie bewertet die Bundesregierung die Kritik des EASA-Chefs Patrick Ky an der Methodik der FAA-Zertifizierungen? Die Bundesregierung begrüßt, dass sich die EASA und die Federal Aviation Administration (FAA) im Rahmen des durch das EU-USA-Abkommen etablierten Gemeinsamen Ausschusses und über andere Mittel über die Möglichkeiten einer Optimierung der Verfahren austauschen. Drucksache 19/16237 – 2 – Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode 6. Inwiefern sollte der Auftrag der EASA seit der Boeing-737-Max-Krise, nach Ansicht der Bundesregierung, verändert oder präzisiert werden? Welche Gespräche fanden diesbezüglich mit anderen EASA-Mitgliedstaaten statt? Die Bundesregierung sieht keinen Bedarf, den Auftrag der EASA zu verändern oder zu präzisieren. Kein anderer EU-Mitgliedstaat hat ein solches Anliegen vorgetragen. Inwiefern Anpassungen im Arbeitsprogramm der EASA oder bei der Priorisierung ihrer Aufgaben erforderlich sind, wird in den dafür zuständigen Arbeitsgruppen diskutiert, wenn die EASA eine entsprechende Bewertung eines besonderen Ereignisses vorlegt. 7. Welche Berichte hat das Bundesverkehrsministerium zum Thema der Boeing 737 Max-Krise von der EASA angefordert? Das Bundesministerium für Verkehr und digitale Infrastruktur (BMVI) wird von der EASA im Verwaltungsrat und im sog. Member State Advisory Body wie alle Mitgliedstaaten regelmäßig über die Entwicklungen zum Thema Boeing 737 Max unterrichtet. 8. Welche Informationen hat die Bundesregierung bezüglich Erstflügen mit der wieder zugelassenen Boeing 737 Max von Top-Managern deutscher Fluggesellschaften ähnlich wie sie bei Tuifly und Sunexpress stattfinden sollen? Hierzu liegen der Bundesregierung keine eigenen Informationen vor. 9. Wie bewertet die Bundesregierung die Initiative mancher Fluggesellschaften besorgten Passagieren kostenlose Umbuchungen bei Boeing 737 Max Flügen zu ermöglichen? Hierzu liegen der Bundesregierung keine eigenen Informationen vor. 10. Welche Gespräche fanden zwischen dem Bundesministerium für Verkehr und digitale Infrastruktur und der EASA oder/und dem Vertreter der Bundesregierung Johann Friedrich Colsman bzw. seinen Mitarbeitern seit dem Absturz der Boeing 737 Max in Äthiopien statt? Neben den Beratungen der in der Antwort zu Frage 7 genannten Gremien fanden Gespräche zwischen dem BMVI und der EASA in Bezug auf die von der EASA veröffentliche Lufttüchtigkeitsanweisung (sog. Airworthiness Directive) statt. Darin wurde der Betrieb von Luftfahrzeugen des Typs Boeing 737 Max in Europa untersagt. 11. Inwiefern überprüft die Bundesregierung, ob die EASA Überprüfungen für Airbus-Maschinen an Airbus auslagert oder ausgelagert hat? Airbus ist ein von der EASA gemäß Abschnitt J des Teils 21 der Verordnung (EU) Nr. 748/2012 anerkannter Entwicklungsbetrieb (sog. Design Organisation (DO)). Im Vorfeld der Erteilung einer solchen Genehmigung wird die Einhaltung der EU-rechtlichen Vorgaben umfassend geprüft. Auch nach der Erteilung der Anerkennung durch die EASA bestehen engmaschige Verfahren im Rahmen der behördlichen Aufsicht, die sicherstellen, dass die Einhaltung der Vor- Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode – 3 – Drucksache 19/16237 gaben mindestens alle drei Jahre geprüft wird. Besonderer Wert wird auf solche Verfahren gelegt, anhand derer ein genehmigter Entwicklungsbetrieb bestimmte Sicherheitsbewertungen vornehmen kann. Im Rahmen eines Risiko-basierten Ansatzes verifiziert die EASA solche Bewertungen, die sich auf neue, besonders komplexe oder besonders sicherheitsrelevante Aspekte beziehen. Die Bundesregierung wird über die Entwicklungen regelmäßig im Verwaltungsrat der EASA informiert. 12. Ist die Bundesregierung der Ansicht, dass die EASA bei einem Aussetzen ihrer bilateralen Abkommen ein größeres Budget benötigt, um ihren Auftrag erfüllen zu können? 13. Inwiefern würde sich die Bundesregierung, bei einem Aussetzen der bilateralen Abkommen der EASA, für ein größeres EASA-Budget einsetzen ? Die Fragen 12 und 13 werden aufgrund ihres Sachzusammenhangs gemeinsam beantwortet. Nein. 14. Wie bewertet die Bundesregierung die Ankündigung Boeings, ab Januar 2020 mit der Überprüfung des Trainings für Flugcrews beginnen zu wollen ? Zusätzliche Schulungen der Crews sind eine wirksame Maßnahme zur Erhöhung der Flugsicherheit. Vor dem Hintergrund begrüßt die Bundesregierung entsprechende Maßnahmen des Herstellers, aber auch anderer Beteiligter. 15. Rechnet die Bundesregierung mit einer Wiederaufnahme des Flugbetriebs der Boeing 737 Max Anfang nächsten Jahres? Nein. Drucksache 19/16237 – 4 – Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode Gesamtherstellung: H. Heenemann GmbH & Co. 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