Antwort der Bundesregierung auf die Kleine Anfrage der Abgeordneten Karlheinz Busen, Frank Sitta, Dr. Gero Clemens Hocker, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der FDP – Drucksache 19/15950 – Klimaschutzleistungen der Waldbesitzer V o r b e m e r k u n g d e r F r a g e s t e l l e r Wälder als Kohlenstoffspeicher rücken in der Klimadebatte immer mehr in den Fokus. Seit Langem sind Wälder fester Bestandteil verschiedener Klimaschutzmaßnahmen . Durch privat finanzierte Aufforstungen, Baumpflanzungen oder Baumpatenschaften engagieren sich bereits große Teile der Bevölkerung für den Erhalt einer funktionierenden Kohlenstoffsenke (www.ruhrnachrich ten.de/herbern/auf-rekordkurs-sv-herbern-pflanzt-bei-grossaktion-im-jubilaeu msjahr-100-baeume-1465071.html; www.landeszeitung.de/blog/lokales/26433 91-auf-in-den-blaetterwald). Insbesondere die Waldbesitzer, die selbstständig Forstwirtschaft betreiben, haben den Waldumbau bereits seit Jahren im Blick. Aufforstungen, Waldpflege und Bewirtschaftung sind wesentlich zum Erhalt ihrer forstwirtschaftlichen Existenz. Die weitsichtige Eigeninitiative vieler privater und kommunaler Waldbewirtschafter in der Vergangenheit resultiert heute in einer funktionierenden Kohlenstoffsenke „Wald“, von der die gesamte Gesellschaft profitiert (www.wp.de/staedte/wittgenstein/den-wald-sich-selbst-zu-ueberlassen-istreine -oeko-romantik-id227276919.html ; www.augsburger-allgemeine.de/iller tissen/Unterrother-Gemeindewald-bekommt-Bestnoten-id55852076.html). 1. Welchen wirtschaftlichen Wert hat nach Auffassung der Bundesregierung die Speicherleistung des Waldes für Kohlenstoff? 2. Welchen Ansatz zur Inwertsetzung der Speicherleistung des Waldes für Kohlenstoff ist nach Ansicht der Bundesregierung derzeit möglich (bitte die verschiedenen Ansätze, die die Speicherleistung des Waldes je Hektar ökonomisch bewerten können, darstellen)? Die Fragen 1 und 2 werden aufgrund des Sachzusammenhangs gemeinsam beantwortet . Da die Speicherleistung des Waldes für Kohlenstoff auf nationalstaatlicher Ebene , nicht aber auf Betriebsebene festgestellt wird, hat die Speicherleistung des Deutscher Bundestag Drucksache 19/16239 19. Wahlperiode 23.12.2019 Die Antwort wurde namens der Bundesregierung mit Schreiben des Bundesministeriums für Ernährung und Landwirtschaft vom 20. Dezember 2019 übermittelt. Die Drucksache enthält zusätzlich – in kleinerer Schrifttype – den Fragetext. Waldes keinen wirtschaftlichen Wert für den Waldbesitzer. Dem entsprechend existiert auch kein Ansatz zur Inwertsetzung. 3. Inwieweit und seit wann wird der Waldsektor mit seiner Senkenleistung in der Treibhausgasbilanz Deutschlands berücksichtigt (bitte die von Deutschland ratifizierten Übereinkommen, die den Wald bis dato als Kohlenstoffsenke anerkannt haben, nennen und den Einfluss des Waldsektors auf die Treibhausgasbilanz Deutschlands darstellen)? Mit dem Beitritt Deutschlands zur Klimarahmenkonvention der Vereinten Nationen (Gesetz zu dem Rahmenübereinkommen der Vereinten Nationen vom 9. Mai 1992 über Klimaänderungen (BGBl. 1993 II S. 1783)) hat sich Deutschland verpflichtet, u. a. über die Emissionswirkung der deutschen Wälder zu berichten . Nach Ausarbeitung der entsprechenden Berichtsvorgaben erfolgt diese Berichterstattung seit 2003 (https://unfccc.int/process/transparency-and-repor ting/reporting-and-review-under-the-convention/greenhouse-gas-inventories/su bmissions-of-annual-greenhouse-gas-inventories-for-2017/submissions-of-annu al-ghg-inventories-2003) jährlich jeweils für den Berichtszeitraum von 1990 bis zum aktuellen Berichtsjahr. Die Waldbewirtschaftung in Deutschland wird seit Anfang 2008 aufgrund des Kyoto-Protokolls, ratifiziert mit Gesetz zu dem Protokoll von Kyoto vom 11. Dezember 1997 zum Rahmenübereinkommen der Vereinten Nationen über Klimaänderungen (Kyoto-Protokoll) vom 27. April 2002 (BGBl. II S. 966) mit den Bereichen Aufforstung, Entwaldung und Waldbewirtschaftung auf die nationale Treibhausgasbilanz angerechnet. Laut aktuell letztem vorliegenden Bericht (Nationaler Inventarbericht 2019, www.umweltbundesamt.de/publikationen/berichterstattung-unter-der-klimarah menkonvention-4) betrugen die Emissionen aus den Wäldern (Berichtskategorie 4.A) im Jahre 2017 -57.591 kt CO2-Äquivalente bei einer Gesamtemissionsmenge aller Sektoren von 891.426 kt CO2-Äquivalenten. 4. Welche Gründe haben aus Sicht der Bundesregierung bisher dafür gesprochen , dass europaweit oder bundesweit kein Handel mit Senkengutschriften geschaffen werden konnte (www.waldwissen.net/wald/klima/wandel_ co2/lwf_co2_speicher_forst/index_DE)? Mit der Verabschiedung der EU-Verordnung 2018/841 über die Einbeziehung der Emissionen und des Abbaus von Treibhausgasen aus Landnutzung, Landnutzungsänderungen und Forstwirtschaft in den Rahmen für die Klima- und Energiepolitik bis 2030 wurde die Möglichkeit geschaffen, ab dem Jahr 2021 für den Fall, dass Lastschriften entstehen, diese u. a. dadurch auszugleichen, dass Emissionszuweisungen (Land Mitigation Units) von anderen EU- Mitgliedstaaten zugekauft werden (Artikel 12, Absätze 1 und 2). Im Rahmen der Verordnung 2018/842 zur Festlegung verbindlicher nationaler Jahresziele für die Reduzierung der Treibhausgasemissionen im Zeitraum 2021 bis 2030 als Beitrag zu Klimaschutzmaßnahmen zwecks Erfüllung der Verpflichtungen aus dem Übereinkommen von Paris können die Mitgliedstaaten für den gesamten Zeitraum 2021 bis 2030 Gutschriften im Landnutzungssektor in Höhe von 280 Millionen Tonnen nutzen, um ihre nationalen Ziele zu erreichen. Hierdurch werden Anreize geschaffen, die Senkenfunktion in diesem Sektor zu stärken. Drucksache 19/16239 – 2 – Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode 5. Inwieweit sieht die Bundesregierung die forstliche Arbeit von aktiven Waldbesitzern als ursächlich für die Senkenfunktion des Waldes für Kohlenstoff ? Welche betriebswirtschaftlichen Aufwendungen der Waldbewirtschafter müssen nach Ansicht der Bundesregierung zur Erhaltung der Senkenfunktion des Waldes für Kohlenstoff aufgebracht werden? Waldbesitzer sind durch ihr Tun oder Unterlassen ursächlich für die Wirkungen und Leistungen ihres Waldes. Zu den betriebswirtschaftlichen Aufwendungen der Waldbewirtschafter zur Erhaltung der Senkenfunktion des Waldes liegen der Bundesregierung keine Informationen vor. 6. Sind nach Auffassung der Bundesregierung Waldeigentümer in der Vergangenheit in dem Maße honoriert worden, wie ihre aktive Waldbewirtschaftung zur Treibhausgasbilanz beigetragen hat? Eine Honorierung der Waldeigentümer für ihren Beitrag zur Treibhausgasbilanz ist nicht vorgesehen. Auf die Antwort zu den Fragen 1 und 2 wird verwiesen. 7. Welche Projekte werden derzeit von der Bundesregierung unterstützt, um die Senkenleistung des Waldes für Kohlenstoff zu erforschen? Welche Verfahren und methodischen Ansätze werden dazu verwendet? Die Bundesregierung fördert neben vier weiteren Schwerpunkten die Speicherund Senkenleistung des Waldes durch die Richtlinie zur Förderung von Maßnahmen zum Erhalt und Ausbau des CO2 -Minderungspotenzials von Wald und Holz sowie zur Anpassung der Wälder an den Klimawandel vom 3. Dezember 2015 (Förderrichtlinie Waldklimafonds – WKF). Dadurch wird insbesondere der Kohlenstoffspeicher von Wald und Holzprodukten betrachtet, um mit Forschungs- und Modellvorhaben einen Beitrag zum Klimaschutz zu leisten. Seit dem Start des WKF am 1. Januar 2014 wurden 232 Vorhaben mit einem Fördervolumen von 78,5 Mio. Euro gefördert. Aktuell laufen 41 Vorhaben mit einem Fördervolumen in Höhe von 12,7 Mio. Euro, die direkt zum Ziel einer Senkenleistung des Waldes, aber auch der langfristigen Kohlenstoffbindung durch Holzprodukte, beitragen. Grundsätzlich leisten alle im WKF geförderte Vorhaben einen Beitrag zur Sicherung des Waldes als Kohlenstoffsenke und der Holznutzung als Kohlenstoffspeicher. Durch eine an den Klimawandel angepasste Waldbewirtschaftung wird die Klimaschutzleistung des Waldes auch für die Zukunft gesichert. Beispielhafte Projekte zur Leistung des Waldes als Kohlenstoffsenke sind: • MoorWaldBilanz – Kohlenstoffbilanzen bei der Renaturierung von Moorwäldern am Beispiel des Nationalpark Hunsrück-Hochwald • FOMOSY-KK – Entwicklung eines forstlichen Monitoringsystems unter Berücksichtigung von Kohlenstoffspeicherung und Klimaanpassung • Alpenhumus – Alpenhumus als klimasensitiver C-Speicher und entscheidender Standortfaktor im Bergwald • SpeicherWald – Regionaler Klimaschutzbeitrag von Wäldern ohne forstliche Nutzung • HolzStrategie – Holzbau im Einfluss des Klimawandels – Entwicklung von Strategien zur Sicherung der Gebrauchstauglichkeit Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode – 3 – Drucksache 19/16239 • KalKo – Waldbodenkalkung als Maßnahme zur Erhöhung der Anpassungsfähigkeit der Wälder an den Klimawandel und zur Sicherung und Erhöhung der CO2-Speicher- und Senkenfunktion der Wälder • Holzbau-GIS – Einsparungen von Treibhausgasen durch Bauen und Sanieren mit Holz • Auswirkungen natürlicher Waldentwicklung auf Kohlenstoffspeicherung und Biodiversität • Klimaschutzbeitrag von Wäldern mit multifunktionaler und nachhaltiger Bewirtschaftung. 8. Welche Menge an CO2 ist nach Kenntnis der Bundesregierung in den letzten 50 Jahren durch den Wald gebunden worden, und welche Faktoren haben dabei eine wesentliche Rolle gespielt (bitte die wesentlichen forstlichen Faktoren, die eine Kohlenstoffspeicherung fördern, darstellen)? Die Emissionsberichterstattung erfasst den Zeitraum ab 1990. Zwischen 1990 und 2017 lag die Senkenwirkung der Wälder laut letztem vorliegendem Inventarbericht 2019 bei 1.734.672 kt CO2-Äquivalente. Für den Zeitraum vor 1990 liegen keine Angaben vor. Die Senkenwirkung ist abhängig von der (Brutto-)Einbindung, also dem Zuwachs und der Produktion von Holzprodukten einerseits und dem Abbau von Speichern andererseits, also dem Abgang von Biomasse (durch Holznutzung im Wald) und dem Verlust von Speicherleistung nach Ende der Nutzungsdauer von Holzprodukten. Wesentliche Einflussfaktoren auf den Zuwachs sind die Entwicklung der Altersklassenstruktur und der Baumartenzusammensetzung in Wäldern, aber auch Veränderungen des Baumwachstums durch veränderte Umweltbedingungen (Klimawandel). Der Abbau von Speichern wird hauptsächlich beeinflusst von der Entwicklung der Holznutzungsmengen und der Struktur der Holzverwendung. 9. Leisten nach Ansicht der Bundesregierung stillgelegte Wirtschaftswälder, die nach ihrer Stilllegung ihre Holzvorräte sukzessive abbauen, einen Beitrag zur Einsparung von Kohlenstoffemissionen vor dem Hintergrund des Pariser Klimaabkommens? Auf die Antwort der Bundesregierung zu Frage 2 der Kleinen Anfrage der Fraktion der FDP „Aktive Waldbewirtschaftung als Beitrag zu Klimaschutz“ auf Bundestagsdrucksache 19/13188 wird verwiesen. Drucksache 19/16239 – 4 – Deutscher Bundestag – 19. Wahlperiode Gesamtherstellung: H. Heenemann GmbH & Co. KG, Buch- und Offsetdruckerei, Bessemerstraße 83–91, 12103 Berlin, www.heenemann-druck.de Vertrieb: Bundesanzeiger Verlag GmbH, Postfach 10 05 34, 50445 Köln, Telefon (02 21) 97 66 83 40, Fax (02 21) 97 66 83 44, www.betrifft-gesetze.de ISSN 0722-8333